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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: 1 Ss 52/06
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 79 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ss 52/06

In dem Bußgeldverfahren gegen

wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz

hier: Rechtsbeschwerde

hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler, den Richter am Oberlandesgericht Maurer und den Richter am Landgericht Jung

am 30. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 14. Februar 2005 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unbegründet verworfen.

Gründe:

Im Bußgeldbescheid der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 5. Dezember 2005 wurde dem Betroffenen zur Last gelegt, Konten bei der Kreis- und Stadtsparkasse ..... und der Volksbank ........ eingerichtet und darauf Spendengelder zur Verteidigung von Slobodan Milosevic gesammelt zu haben. Er habe ordnungswidrig gehandelt, weil er wissentlich und absichtlich an Maßnahmen teilgenommen habe, deren Ziel es gewesen sei, Gelder bereitzustellen, die Milosevic zumindest indirekt zugute kommen sollten ((Art. 2 Abs. 1 VO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2488/2000 (Abl. EG Nr. L 287 vom 14. November 2000 S. 19) geändert durch VO (EG) Nr. 1205/2001 (Abl. EG Nr.L 163 vom 20. Juli 2001 S. 14) i.V.m. § 33 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz i.V.m. § 70 Abs. 5d Nr.2 Außenwirtschaftsverordnung)).

Zudem wurde die Einziehung der gepfändeten und beschlagnahmten Forderung des Betroffenen an die Sparkasse ........ angeordnet.

Das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße hat den Betroffenen durch Beschluss vom 14. Februar 2006 freigesprochen und die Beschlagnahme aufgehoben.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom 27. Februar 2006.

Das gemäß § 79 Abs. 1 Nr.1 OWiG zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts konnte über die Guthaben auf den vorbezeichneten Konten nur der Betroffene selbst verfügen, weder Milosevic noch ihm nahe stehende Personen im Sinne des Anhangs zur Verordnung (EG) Nr. 1205/2001 vom 19. Juni 2001 hatten hierauf Zugriff. Die Gelder waren in einem Rechtshilfefonds gebunden, der die Verteidigung Milosevics in dem gegen ihn vor dem internationalen Gerichtshof geführten Strafverfahren finanzieren sollte.

Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2488/2000 des Rates über die Aufrechterhaltung des Einfrierens von Geldern betreffend Milosevic und seines Umfeldes und die Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1294/1999 und (EG) Nr. 607/2000 sowie des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 926/98 werden "alle Gelder außerhalb des Staatsgebietes der Bundesrepublik Jugoslawien, die Herrn Milosevic und in Anhang I genannten natürlichen Personen gehören, eingefroren".

Absatz 2 dieses Artikels lautet: "Es werden keine Gelder mehr bereitgestellt, die einer der in Absatz 1 genannten Personen direkt oder indirekt zugute kommen".

In Absatz 3 werden die Begriffe "Gelder" und "Einfrieren von Geldern" näher definiert.

Gemäß Artikel 2 der Verordnung ist "die wissentliche und absichtliche Teilnahme an damit in Verbindung stehenden Maßnahmen, deren Ziel oder Folge direkt oder indirekt die Förderung der in Artikel 1 genannten Transaktionen oder Aktivitäten oder die Umgehung dieser Richtlinie ist", untersagt. Artikel 4 Abs.2 b ermächtigt die Kommission "ausnahmsweise Befreiungen von Artikel 1 zu streng humanitären Zwecken zu gewähren ".

Zu Recht hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dem Betroffenen kein Verstoß gegen Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2488/2000, der das Einfrieren von Milosevic gehörenden Geldern regelt, zur Last liegt. Inhaber bezüglich der Bankkonten war einzig der Betroffene selbst, so dass diese Konten nicht von der Regelung des Absatz 1 erfasst wurden.

Das Sammeln der Gelder stellt auch nicht ein "Bereitstellen" von Geldern dar, die Milosevic direkt oder indirekt zugute kommen. Denkbar wäre zwar eine Auslegung der weit gefassten Vorschrift dahingehend, dass die geplante Finanzierung der Verteidigung Milosevics ein indirektes Bereitstellen von Geldern sein könnte, die ihm letztendlich, zum Beispiel durch die Befreiung von einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber dem Verteidiger, wieder zugute kommen könnten.

Einer solchen Auslegung widerspricht jedoch die Intention der Regelung. In der Begründung des Rates der europäischen Union zur Verordnung (EG) Nr. 2488/200 wird ausgeführt, dass die zugrunde liegende Verordnung (EG) Nr. 1294/1999 über das Einfrieren von Geldern und ein Investitionsverbot betreffend die Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) " aufgrund der fortdauernden Verletzung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch die Regierung jenes Landes" ergangen ist. Nachdem im Zuge der Wahlen vom 24. September 2000 ein neuer Präsident der BRJ demokratisch gewählt und offiziell in sein Amt eingeführt worden war, hat der Rat am 9. Oktober 2000 einer Erklärung zugestimmt, wonach alle seit 1998 gegen die BRJ verhängten Maßnahmen mit Ausnahme derjenigen, die den ehemaligen Präsidenten der BRJ Slobodan Milosevic und Personen seins Umfeldes betreffen, aufzuheben seien. Der Geltungsbereich dieses Rechtsrahmens über das Einfrieren der Auslandsguthaben der Regierungen der BJR und der Republik Serbien sollte, so die Ausführungen des Rates zur Begründung der Verordnung (EG) Nr. 2488/200, lediglich auf Milosevic und Personen seines Umfeldes beschränkt werden.

In diesen Erwägungen des Rates zeigt sich deutlich, dass die Sanktionen ursprünglich zur Verhinderung weiterer Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch die Regierung der BJR dienen sollten. Nach der Wahl eines demokratischen Präsidenten entfiel dieser Sanktionsgrund, lediglich das Einfrieren der Gelder Milosevic und sein Umfeld betreffend blieb beibehalten. Als Begründung hierfür wird in dem Gemeinsamen Standpunkt (GASP) des Rates vom 10. November 2000 (Amtsblatt Nr. L 287 vom 14. November 2000, S. 0001) unter (1) ausgeführt:

"In der Erklärung, die der Rat am 9. Oktober 2000 in Luxemburg angenommen hat, wurde festgehalten, dass die Union beschlossen hat, sämtliche Sanktionen aufzuheben, die seit 1998 gegen die BJR verhängt worden sind, mit Ausnahme der Bestimmungen die den ehemaligen Präsidenten der BJR, Herrn Slobodan Milosevic, und die Personen seines Umfelds betreffen, da diese weiterhin eine Bedrohung für die Festigung der Demokratie in der BJR darstellen".

Das Sammeln von Spenden, die in einem Rechtshilfefonds gebunden für die Finanzierung der Verteidigung Milosevics verwendet werden sollten und über die Milosevic selbst keinerlei Verfügungsmöglichkeit hatte, lässt weder eine fortdauernde Verletzung von Menschenrechten oder humanitärem Völkerrecht besorgen noch stellt dies eine Bedrohung für die Festigung der Demokratie in der BJR dar.

Da der Sinn und Zweck vorgenannter Regelungen ein Erfassen des Spendensammelns unter den weiten, auslegungsbedürftigen Begriff des "Bereitstellens von Geldern" nicht gebietet, lag ein ordnungswidriges Verhalten des Betroffenen nicht vor. Fehlte es an einem solchen Verhalten, war auch die Einziehung der beschlagnahmten und gepfändeten Forderung aufzuheben.

Ende der Entscheidung

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