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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 03.03.2006
Aktenzeichen: 1 U 48/04
Rechtsgebiete: VOB-B
Vorschriften:
VOB-B § 6 Nr. 1 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil
Aktenzeichen: 1 U 48/04
Verkündet am: 3. März 2006 In dem Rechtsstreit wegen restlicher Vergütung aus Werkvertrag, hat der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Morgenroth, sowie die Richter am Oberlandesgericht Klüber und Schwenninger auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2006 für Recht erkannt: Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichtes Kaiserslautern vom 6. Februar 2004 soweit die Klage teilweise abgewiesen wurde, wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 12.271,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. August 2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.
Von den Kosten der ersten Instanz haben zu tragen:
Die Gerichtkosten die Klägerin zu 27% und die Beklagte 73%.
Die außergerichtlichen Kosten die Klägerin zu 20% und die Beklagte zu 80%.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Die Klägerin macht die Bezahlung restlichen Werklohnes geltend.
Im Sommer 2000 war die Klägerin von der Beklagten mit der Modernisierung der Heizungsanlage in der H...schule in K... beauftragt worden. Neben der Anwendung der VOB Teil B und C war zwischen den Parteien unter Ziffer 3 des schriftlichen Bauvertrages eine "verbindliche Ausführungsfrist" vom 26. Juni 2000 bis zum 28. Juli 2000 vereinbart. Als Vertragsstrafe für den Fall der Überschreitung dieser Vertragsfristen waren 0,2 der Bruttoschlussrechnungssumme werktäglich bis zu einer Höchstgrenze von 10% der geschuldeten Vergütung vereinbart.
Nachdem die Vertragsfrist von der Klägerin nicht eingehalten wurde, hat die Beklagte die Vergütung der Klägerin um den Höchstbetrag der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 24.000,00 DM (12.271,01 € gekürzt).
Der Einzelrichter des Landgerichtes Kaiserslautern hat nach Erlass eines Teilanerkenntnisurteiles über einen Betrag von 11.032,91 € am 11. Januar 2002 Beweis erhoben über die Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit der von der Klägerin erbrachten Werkleistung. Danach hat er der Klägerin weitere 2.532,87 € zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Dabei ist der Einzelrichter von der Wirksamkeit des Vertragsstrafenversprechens ausgegangen. Weiter hat er seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen könne, die Verzögerungen seien durch die Beklagte verursacht worden, weil die Klägerin keine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige abgegeben habe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht nach wie vor geltend, dass die Beklagte selbst die Überschreitung der Bauzeit zu vertreten habe und sich deshalb nicht auf die Vertragsstrafenregelung berufen könne. Zudem seien der Beklagten keine erheblichen Nachteile durch die verzögerte Ausführung entstanden. Sie begehrt deshalb die Zahlung des als Vertragsstrafe einbehaltenen Betrages von 12.271,01 € und erstrebt insoweit eine Abänderung des angefochtenen Urteiles.
Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Der Senat hat gemäß Beschluss vom 22. Juni 2005 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P... und M... sowie gemäß Beweisbeschluss vom 9. November 2005 durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen S... vom 9. Dezember 2005, den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 12. Oktober 2005 und des Sitzungsprotokolls vom 8. Februar 2006 verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen begründet.
1. Der Klägerin war es nicht verwehrt, sich auf ein fehlendes Verschulden an der Überschreitung der Ausführungsfrist zu berufen. Auch wenn man davon ausgeht, dass keine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige seitens der Klägerin erfolgt ist, kommt diesem Umstand in Ansehen der in Rede stehenden Vertragsstrafe keine Bedeutung zu. Denn eine Verletzung der Anzeigepflicht aus § 6 Nr. 1 VOB-B führt nicht dazu, dass der Auftragnehmer gegenüber einem Schadenersatzanspruch oder einem Vertragsstrafenanspruch des Auftraggebers nicht geltend machen kann, dass ihn kein Verschulden an der Verzögerung trifft (vgl. BGH NJW 1999 1108, 1109 m.w.N.; Kapellmann/Messerschmidt, VOB-B § 6 Rdnr. 16).
2. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat die Behauptung der Klägerin bestätigt, dass die Überschreitung der Ausführungsfrist aus verschiedenen von der Beklagten zu vertretenden Umständen resultiert.
Zur Überzeugung des Senates steht auf Grund der glaubhaften Angaben des Zeugen P... fest, dass ihm der Montageplan erst auf mehrfache Nachfrage überlassen worden war. Zu erheblichen Verzögerungen war es insoweit aber in erster Linie deshalb gekommen, weil nach den Angaben des Zeugen P..., die insoweit auch durch den Zeugen M... bestätigt wurden, seitens der Beklagten lediglich ein alter Bestandsplan zur Verfügung gestellt worden war. Ein Montageplan im Sinne einer detaillierten Planung, aus der sich die Dimension der einzelnen Heizkörper und des erforderlichen Rohrnetzes ergab, wurde jedoch zu keiner Zeit zur Verfügung gestellt. Vielmehr mussten die entsprechenden Berechnungen erst durch den damals bei der Klägerin beschäftigten Zeugen P... durchgeführt werden, bevor überhaupt eine Bestellung der Heizkörper erfolgen konnte. Soweit der Zeuge M... erklärt hat, dass er zuvor eine "Berechnung" vorgenommen habe, stellte diese nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen S... eine in keiner Weise ausreichende Grundlage für die Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin dar, da sie keine der gesetzlichen und technischen Vorgaben für derartige Erneuerungsmaßnahmen erfüllte. Der Sachverständige bestätigt weiter, dass diese von der Beklagten zu erbringende Planungsleistung, die normalerweise von einem Ingenieur vorgenommen wird, zeitintensiv ist und daher zu erheblichen Verzögerungen auf Seiten der Klägerin geführt haben muss. Dies hat auch der Zeuge P... bekundet.
Selbst die der Klägerin überlassenen Bestandspläne waren insoweit unvollständig, als sie das bestehende Rohrleitungssystem nicht aufzeigten. Aus den Bekundungen des Zeugen P... ergibt sich, dass dieser Umstand im Zusammenhang mit den Gegebenheiten vor Ort dazu führte, dass die Kernbohrungen sich um 2 bis 3 Tage verzögerten, weil nicht erkennbar war, ob an den zur Bohrung vorgesehenen Stellen Leitungen verliefen, die hätten beschädigt werden können. Insoweit ist weiter von Bedeutung, dass der Zeuge M..., der in erster Linie Ansprechpartner der Mitarbeiter der Klägerin vor Ort war, sich in der Zeit vom 17. bis zum 28. Juli 2000 im Urlaub befand. Zwar hat er angegeben, während dieser Zeit immer per Handy erreichbar gewesen zu sein, aus den Angaben des Zeugen P... ergibt sich jedoch, dass häufige Versuche, telefonisch in Kontakt zu treten, erfolglos waren. Unstreitig ist jedenfalls, dass sich letztlich der Architekt einschalten musste, damit weiter gearbeitet werden konnte.
Zu wesentlichen weiteren Verzögerungen ist es dadurch gekommen, dass die Ausführungsplanung für die MSR-Regelungsanlage erst nach Ablauf der Ausführungsfrist zur Verfügung gestellt wurde. Soweit der Zeuge M... erklärt hat, dass eine Planung bereits vorher vorgelegen habe, war zwischen den Parteien unstreitig, dass es sich insoweit um die Planungsunterlagen für einen Schaltschrank, nicht aber für die Regelungsanlage handelte. Die Beklagte konnte sich nicht darauf berufen, dass es Sache der Klägerin gewesen wäre, sich mit der für die Planung verantwortlichen Firma C...-H... in Verbindung zu setzen, da diese von der Klägerin beauftragt worden sei. Auf Frage hat der der Zeuge M... diesbezüglich eingeräumt, dass sich die vertraglichen Beziehungen der Klägerin mit der Firma C...-H... auf die Lieferung von Material bezogen. Die Planung der Regelungsanlage war dagegen von der Beklagten bei dieser Firma in Auftrag gegeben worden. Es war daher Aufgabe der Beklagten für eine rechtzeitige Verfügbarkeit der Planungsunterlagen Sorge zu tragen. Aus diesem Grund geht die mit der verspäteten Zurverfügungstellung der Planung für die MSR-Regelungsanlage einhergehende Verzögerung von etwa drei Monaten zu Lasten der Beklagten.
Hinzu kommt, dass eine weitere Verzögerung von mindestens 10 Tagen dadurch eingetreten ist, dass seitens der Beklagten eine Verwendung von Heizkörpern in einer Sonderfarbe gewünscht wurde. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge P... glaubhaft bestätigt, dass die ursprüngliche zeitliche Planung umgestellt werden musste und zunächst alle an der Baustelle tätigen 4 bis 6 Mitarbeiter nach der Lieferung der Heizkörper von anderen Arbeiten abgezogen wurden, um die Montage der Heizkörper zeitnah abschließen zu können. Auch wenn der Zeuge M... erklärt hat, dass mit ihm eine entsprechende Absprache nicht getroffen worden sei, ändert das nichts daran, dass allein diese Vorgehensweise sinnvoll war, um zumindest die Arbeiten in den Klassenräumen und dem Pausenhof vor Ende der Sommerferien abzuschließen.
Schließlich mussten Heizkörper in einer Nische wunschgemäß umbestellt und folglich später montiert werden, was ebenfalls zu Verzögerungen führte.
Eine weitere Verzögerung von etwa drei Wochen wurde nach den Angaben des Zeugen P... dadurch verursacht, dass der Querschnitt des Kamins, wie er im Leistungsverzeichnis angegeben war, inkompatibel mit den vorgesehenen alternativen Kesselanlagen war. Insoweit musste eine Änderung in Abstimmung mit dem Kaminbauer vorgenommen werden.
Nach alledem kommt den übrigen Verzögerungen, etwa durch das provisorische Befüllen der Heizungsanlage, nur untergeordnete Bedeutung zu.
Im Nachhinein ist es nicht möglich, rechnerisch auf den Tag genau festzustellen, in welchem Umfang die Verzögerungen allein auf die genannten von der Beklagten zu vertretenden Verzögerungen zurückzuführen sind. Fest steht, dass schon wegen der fehlenden Planung für die MSR-Regelungsanlage die Klägerin nicht in der Lage war, die vertraglich vereinbarte Ausführungsfrist einzuhalten. Auch steht fest, dass die Klägerin aufgrund der Vielzahl der zusammentretenden Umstände nicht in der Lage war, ihren gerade in Anbetracht der sehr kurzen Ausführungsfrist essentiellen Zeitplan einzuhalten. Vielmehr musste sie diesen wiederholt neu strukturieren und Arbeitsabläufe umstellen. Damit war ihr die Erfüllung des Zeitplanes unmöglich gemacht worden. Dies hat zur Folge, dass eine Berufung der Beklagten auf die Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich ist (vgl. BGH NJW 1966, 971; BGH BauR 1974, 206; OLG Düsseldorf BauR 1982, 582; Nicklisch/Weick, VOB-B 3. Aufl. § 11 Rdnr. 15; Ganten/Jagenburg/Motzke VOB-B § 11 Rdnrn. 38 - 42; Heiermann/Riedl/Rusam VOB-B 10. Aufl. § 11 Rdnr. 25; Ingenstau/Korbian VOB-B 15. Aufl. § 11 Nr. 1 Rdnr. 8). Dies gilt hier insbesondere, weil der einzig anerkennenswerte Grund für die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, in der Aufnahme des Schulbetriebes nach den Sommerferien lag. Der Schulbetrieb war durch die Überschreitung der Ausführungsfrist indes nicht nennenswert beeinträchtigt. Insbesondere waren keine baulichen Maßnahmen mehr in den Klassenzimmern nötig. Auch der Betrieb der Heizung war zu Beginn der Heizperiode sichergestellt. Hinzu kommt, dass der Beklagten durch die vertraglich nicht geschuldete und nicht vergütete Erbringung der Planungsleistung durch Mitarbeiter der Klägerin nicht unerhebliche Aufwendungen erspart wurden und die Herstellung einer nach geltenden Standards funktionsfähigen Heizungsanlage erst ermöglicht wurde.
Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf die Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Restwerklohnforderung.
3. Der Zinsanspruch besteht in bereits von dem Erstrichter zugesprochener Höhe und Dauer. Insoweit kann auf die Ausführungen des Erstrichters Bezug genommen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 93 ZPO. Dem Erstrichter ist auch insoweit zuzustimmen als er die Voraussetzungen des § 93 ZPO als gegeben erachtet hat. Zwar hat die Beklagte den in dem Teilanerkenntnisurteil vom 11. Januar 2002 titulierten Betrag von 11.032,91 € nicht nach Zustellung der Klage, sondern erst in dem Termin anerkannt. Dieses Anerkenntnis war trotzdem ein sofortiges im Sinne des § 93 ZPO, weil die Forderung in diesem Zeitpunkt noch nicht fällig war, wie der Erstrichter zutreffend ausführt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, ihr Anerkenntnis vor Eintritt der Fälligkeit abzugeben (vgl. Zöller/Herget 25. Aufl. § 93 Rdnr. 6 "Fälligkeit").
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
5. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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