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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.08.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 319/00
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 116 Abs. 1
StVollzG § 70 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ws 319/00 (Vollz) StVK 250/00 (Vollz) LG Frankenthal (Pfalz)

In der Strafvollzugssache

wegen Nichtaushändigung eines CD-Players nebst Kopfhörer;

hier: Rechtsbeschwerde

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel am 14. August 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 17. Mai 2000 aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wurde am 5. April 2000 nach Beendigung einer Berufsausbildungsmaßnahme von der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken in die Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) zurückverlegt. Während ihm die Justizvollzugsanstalt Zweibrücken für deren Bereich die Genehmigung zum Besitz eines Radio-Kassetten-CD-Gerätes "Philips AZ 1202" nebst Kopfhörers "Sennheiser HD 400" erteilt hatte, wurde ihm nach der Rückverlegung von der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) die Aushändigung der Gegenstände aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt versagt. Seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der auf Aushändigung der Geräte gerichtet war, hat die Strafvollstreckungskammer als unbegründet zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen ist formell nicht zu beanstanden. Es ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG gegeben. Die Rechtsbeschwerde ist über den Wortlaut des § 116 Abs. 1 StVollzG hinaus auch dann zulässig, wenn die Verletzung elementarer Rechtsgrundsätze wie etwa des Anspruches auf rechtliches Gehör oder des Amtsermittlungsgrundsatzes vorliegt und die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen kann (OLG Koblenz ZfStrVo 1989, 182; OLG Celle NStZ 1997, 429; OLG Frankfurt NStZ 1989, 295; Schwind/Böhm/Schuler StVollzG 3. Aufl. § 116 Rdn. 7; Callies/Müller-Dietz, StVollzG 7. Aufl. § 116 Rdn. 3).

Eine Verletzung des Anspruches des Gefangenen auf rechtliches Gehör und des Amtsermittlungsgrundsatzes liegt in folgendem: Die Vollzugsanstalt hat in ihrer Stellungnahme vom 10. Mai 2000 die Gefahr der Sicherheit und Ordnung der Anstalt insbesondere damit begründet, die Öffnungen im Gerät bildeten Versteckmöglichkeiten, die nur dann wirksam konntrolliert werden könnten, wenn die Gegenstände bei jeder Kontrolle auseinandergenommen würden. Neben der funktionsnotwendigen Aussparung für die Laserabtastung verfüge das Gerät über vier weitere Öffnungen, die weit ins Gehäuse führten. Diese Öffnungen seien zu großflächig, als dass sie geeignet verschlossen und versiegelt werden könnten. Auf diese Stellungnahme hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12. Mai 2000 ausführlich erwidert. Er hat insbesondere vorgetragen, die Sicherheitsbedenken seien von Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken dahingehend ausgeräumt worden, als er die Geräte ausschließlich in bzw. über die Vollzugsanstalt Zweibrücken bezogen habe und diese dort ordnungsgemäß überprüft und verplombt worden seien. Bis auf zwei relativ kleine Öffnungen seien alle etwaigen Gefahrenherde, welche den Bereich Sicherheit und Ordnung tangieren könnten, verplombt. Die verbleibenden Öffnungen seien, ohne größeren Aufwand treiben zu müssen, relativ leicht zu kontrollieren und ggf. ohne technische Probleme ebenfalls zu verplomben. Das Vorbringen ist von der Kammer, wie die Beschlussgründe zeigen, auch zur Kenntnis genommen worden. Die rechtliche Würdigung legt jedoch ausschließlich den entgegenstehenden tatsächlichen Vortrag der Vollzuganstalt zugrunde, wonach neben der Aussparung für die Laserabtastung vier Öffnungen im Gerät vorhanden seien, die weit ins Gehäuse führten und die zu großflächig seien, als dass sie geeignet verschlossen und versiegelt werden könnten. In diesem ungeprüften Übergehen des Vorbringens des Antragstellers liegt sowohl ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs als auch des Amtsermittlungsgrundsatzes (zu letzterem Schuler a.a.O. § 115 Rdn. 2). Dies begründet die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde und führt zugleich zu ihrem vorläufigen Erfolg. Unabhängig von der Frage, ob von einem Widerruf gemäß § 70 Abs. 3 StVollzG auszugehen ist kann auch bei Annahme einer Neugenehmigung, wovon die Kammer offenbar ausgeht, nicht unberücksichtigt bleiben, ob der Antragsteller das fragliche Gerät über die Justizvollzugsanstalt bezogen hat, in der er sich zuvor befand, und dass dort entsprechende Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung getroffen worden sind (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1989, 343. 344). Der Vortrag des Antragstellers betrifft insbesondere die Frage, ob das Gerät grundsätzlich zur Verplombung und Versiegelung und damit zur Aushändigung an Gefangene geeignet ist. Sofern diese Frage von Sicherheitsbeamten einer anderen Anstalt bejaht worden ist, könnte es unzumutbar sein, den Antragsteller auf die Möglichkeit zu verweisen, durch Vermittlung der Vollzugsanstalt erneut ein anderes Gerät zu beschaffen, das den Vorstellungen der jetzigen Anstalt entspricht. Die Geeignetheit eines Gerätes zur Vornahme der Verplombung dürfte grundsätzlich auch nicht davon abhängig sein, ob in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) ein anderer Sicherheitsstandard als in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken gilt. Die Kammer übergeht damit den für die Entscheidung nicht unerheblichen Vortrag des Antragstellers indem sie entsprechend dem Vorbringen der Anstalt davon ausgeht, das Gerät verfüge über mehrere Öffnungen, die so großflächig sind, dass sie nicht verplombt und versiegelt werden könnten.

Ende der Entscheidung

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