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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 10.02.2006
Aktenzeichen: 2 U 3/05
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 2 U 3/05

Verkündet am: 10. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes aus fehlerhafter Beratung,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten, die eine Wirtschafts- und Steuerberatersozietät führen, Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einem Unternehmensverkauf im Jahr 1997.

Seinerzeit veräußerten der Kläger, seine Ehefrau und deren Tochter ihre Gesellschafteranteile an den Firmen B............. GmbH und M.............. GmbH an die Firma B.......... GmbH & Co. KG. Der Kläger war bei beiden Firmen Geschäftsführer. Zu seinen Gunsten bestanden bei diesen Firmen Pensionsansprüche, die in eine feste Zeitrente mit 10-jähriger Laufzeit umgewandelt wurden. Die beiden veräußerten Firmen hatten danach an den Kläger von Januar 1998 bis Dezember 2007 eine monatliche Rente von 14 450,00 DM (entspricht 7 388,17 EUR) zu zahlen. Diese Ansprüche wurden durch eine Eigentümergrundschuld mit Nennwert von 1 Mio. DM, eingetragen im Grundbuch von Frankenthal (Pfalz) Bl. 12637 sowie hinsichtlich eines weiteren Betrages von 315 634,00 DM durch eine bis Ende 2000 befristete Bürgschaft der Stadtsparkasse F.................. gesichert. Die veräußerten Firmen bzw. deren Rechtsnachfolgerin kamen der Rentenzahlungsverpflichtung bis einschließlich März 2004 in vollem Umfang und im April 2004 teilweise nach. Sodann wurde die Zahlung eingestellt. Die Eröffnung des wegen Zahlungsunfähigkeit der Rentenschuldnerin eingeleiteten Insolvenzverfahrens wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 8. Juli 2004 mangels Masse abgelehnt.

Die zur Sicherung abgetretene Eigentümergrundschuld ist auf zwei Grundstücke bezogen, die durch die vorhandene Bebauung mit einem Geschäftshaus miteinander verbunden sind. Hinsichtlich eines Grundstückes (rd. 270 m²) steht die Grundschuld an erster Rangstelle, hinsichtlich des zweiten Grundstückes (rd. 2 154 m²) ist sie viertranging; voreingetragen sind Grundschulden zugunsten der Sparkasse F.................. im Nennwert von 4 Mio. DM. Aufgrund vom Kläger beantragter Zwangsverwaltung hinsichtlich des kleineren Grundstückes wurden an ihn in 2005 in drei Teilbeträgen insgesamt Mieterlöse in Höhe von 10 000,00 EUR ausgekehrt.

Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner hinsichtlich der ausgefallenen Rentenansprüche auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte zu 4) habe ihn seinerzeit im Rahmen des Unternehmensverkaufs umfassend beraten und die gesamten Vertragsverhandlungen für ihn geführt. Er habe daher die ungenügende Sicherung seiner Rentenansprüche zu vertreten. Seine Schadensersatzansprüche seien auch nicht verjährt. Zum einen komme nicht die kurze Verjährungsfrist des § 68 StBerG, sondern die nach alten Recht geltende 30-jährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung zur Anwendung. Zum anderen sei sein Schaden nicht bereits mit Vertragsschluss, sondern erst aufgrund des Zahlungsverzuges der Rentenschuldnerin entstanden. Auch sei den Beklagten das Berufen auf die Verjährungseinrede verwehrt.

Die Beklagten treten dem Schadenersatzbegehren entgegen. Eine möglicherweise ungenügende Besicherung der Rentenansprüche des Klägers im Rahmen des Unternehmensverkaufs sei nicht von ihnen zu verantworten. Die Beklagte zu 4) habe den Kläger entsprechend dem ihm erteilten Auftrag im Rahmen des Unternehmensverkaufes lediglich in steuerlicher Hinsicht beraten. Mit den darüber hinausgehenden vertraglichen Regelungen habe er nichts zu tun gehabt, die Verhandlungen seien vom Kläger in eigener Regie und Verantwortung geführt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers gegenüber den Beklagten seien vor Einreichung der (alsbald zugestellten) Klageschrift verjährt gewesen. Den Beklagten sei die Erhebung der Verjährungseinrede nicht verwehrt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung vom 8. Juli 2005 nebst (fristgerechter) Ergänzung mit Schriftsatz vom 29. Juli 2005.

Er erklärt die Hauptsache in Höhe der im Rahmen der Zwangsverwaltung insgesamt beigetriebenen 10 000,00 EUR für erledigt und beantragt im Übrigen,

das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 24.05.2005 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner neben der Firma M................... GmbH, ............................................... zu verurteilen, an ihn

a) 60 589,98 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage vom 21. November 2004,

b) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 monatlich 7 388,17 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem ersten jedes Kalendermonats aus je 7 388,17 € abzüglich der Teilzahlungen, die in dem Zwangsverwaltungsverfahren des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) gegen M...... (M...) B........, W.............., ........................., Az: 5 L 31/04 aufgrund des Teilungsplanes des Amtsgerichts vom 24. Mai 2005, berichtigt am 10. Juni 2005, künftig an ihn ausgeschüttet werden Zug um Zug gegen Teilabtretungen seiner Ansprüche aus der im Grundbuch von Frankenthal (Pfalz) Blatt 12637 in Abt. III Ziff. 4 eingetragenen Briefgrundschuld im jeweiligen Teilwert der von den Beklagten geleisteten Beträge zu bezahlen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagten ihm als Gesamtschuldner den Schaden zu ersetzen haben, der dadurch entstanden ist und weiter entstehen wird, dass sein Rentenanspruch von monatlich 7 388,17 € gegen die M................... GmbH, ................................................, gemäß notarieller Urkunde Nr. S 1130 der Urkundenrolle 1997 des Notars ........... S......., ..........., vom 24. Juni 1997 für die Zeit vom 01.04.2004 - 31.12.2007 mit Ausnahme eines Teilbetrages von 5 910,55 € nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird, soweit die Zwangsvollstreckung aus der im Grundbuch von Frankenthal Bl. 12637 Abt. III Ziff. 4 eingetragenen Brief-Grundschuld den Schaden nicht oder nicht rechtzeitig ausgleicht.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen und beantragen deren Abweisung nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 19. August 2005.

Zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Beklagten sind dem Kläger nach Aktenlage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Ersatz des geltend gemachten Schadens verpflichtet.

Dabei kann dahinstehen, ob - wie das Erstgericht angenommen hat - etwaige Schadenersatzansprüche infolge der von den Beklagten erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchgesetzt werden können. Denn es kann schon nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 4), für dessen etwaige vertragliche Pflichtverletzung die Beklagten zu 1) bis 3) als weitere Gesellschafter der in Form einer GbdR betriebenen Sozietät gesamtschuldnerisch mithaften, den Ausfall des Klägers mit den Rentenzahlungen seit April 2004 zu verantworten hat.

Grundlage einer Haftung der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung (Rechtszustand vor Modernisierung des Schuldrechtes zum 1. Januar 2002) ist der zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 4) geschlossene Beratervertrag. Aus diesem ergeben sich Inhalt und Umfang der geschuldeten Tätigkeit. Besteht hierüber Streit - behauptet also der Mandant einen weitergehenden Auftrag, während der Steuerberater lediglich die Erteilung eines eingeschränkten Mandates zugesteht - so muss der Mandant, der eine Schadensersatzverpflichtung aus behaupteter Falschberatung im außerhalb des zugestandenen Mandatsumfang liegenden Bereich geltend macht, darlegen und nachweisen, dass er den umfassenderen Auftrag erteilt hat bzw. widerlegen, dass nur eine eingeschränkte Auftragserteilung erfolgt ist. Vor außerhalb des Auftrages liegenden steuerlichen Fehlentscheidungen muss ein nur eingeschränkt beauftragter Steuerberater den Mandanten nur dann warnen, wenn sie ihm bekannt oder für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick erkennbar sind (BGHZ 128, 358; WM 1991, 1303 [1304]) und der Mandant nicht anderweit fachkundig beraten ist (BGH WM 2000, 1591 [1593] und 2005, 1904).

Hier hatte der Kläger den Beklagten zu 4) unstreitig mit der steuerrechtlichen Beratung im Zusammenhang mit den geplanten (und durchgeführten) Unternehmensverkäufen beauftragt. Beratungsfehler in steuerlicher Hinsicht sind aber nicht Gegenstand des Schadensersatzbegehrens des Klägers. Die - aus seiner Sicht - unzureichende Besicherung seiner Rentenansprüche ist wirtschaftlicher und daneben ggfs. auch allgemein rechtlicher Natur.

Ein über die steuerrechtliche Beratung und Begleitung des Unternehmensverkaufs hinausgehender ausdrücklicher Auftrag ist dem Beklagten zu 4) seitens des Klägers unstreitig weder schriftlich noch mündlich erteilt worden. Soweit der Kläger - auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis des Erstgerichtes - eine konkludente Auftragserteilung für die (umfassende) Mitwirkung beim Unternehmenskauf anlässlich eines gemeinsamen Seminarbesuches in Frankfurt im Oktober 1996 behauptet, hat er dies nicht durch ausreichenden Tatsachenvortrag untermauert. Will ein Mandant seinem Steuerberater einen über die steuerrechtliche Beratung hinausgehenden Auftrag erteilen, so muss er dies klar und eindeutig zum Ausdruck bringen. Der Steuerberater muss erkennen können, dass der Mandant eine über berufsspezifische Fragestellungen hinausgehende Beratung und Betreuung verlangt und erwartet. Nur dann kann ein Stillschweigen des Steuerberaters als (konkludente) Annahme eines konkludent erteilten Angebotes in Betracht kommen. Aufgrund welcher tatsächlichen Umstände, welcher Verhaltensweisen oder Handlungen im Rahmen des gemeinsamen Seminarbesuches ein über die steuerliche Beratung hinausgehender Beratungsvertrag zwischen ihm und dem Beklagten zu 4) zustande gekommen sein soll, hat der Kläger nicht dargelegt. Der gemeinsame Besuch des Seminars an sich gibt für einen weitergehenden Auftrag nichts her. Gegenstand des Seminars waren (unstreitig) auch steuerrechtlich relevante Fragen im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen.

Der Kläger hat auch nicht hinreichend konkret darzulegen vermocht, dass der Beklagte zu 4) in der Folgezeit für ihn an der Gestaltung des Unternehmensverkaufes in einem Umfang mitgewirkt habe, der eine steuerrechtliche Beratung und Betreuung übertraf und ihm durch ein solches Verhalten Anlass zur Annahme gegeben habe, dass er die Interessen des Klägers nicht nur in steuerrechtlicher Hinsicht, sondern auch darüber hinaus - insbesondere auch in Bezug auf die Modalitäten der Besicherung der Rentenansprüche - wahrnehme.

Der Kläger hat zwar behauptet, der Beklagte zu 4) habe den Unternehmensverkauf zusammen mit dem Steuerberater der Käuferin vorbereitet, beide Steuerberater hätten den Vertragstext ausgehandelt und die Textentwürfe - auch dem Notar - zur Verfügung gestellt, beide Steuerberater hätten den Unternehmenskauf "gemanaged". Dieses Vorbringen ist aber lediglich in allgemeiner, nicht hinreichend substantiierter Form gehalten. Es ist nicht geeignet, eine konkludente Auftragserteilung darzulegen.

Soweit der Kläger darauf verweist, der Beklagte zu 5) habe die Unternehmensbilanz 1995 sowie die für einen Unternehmenskauf relevanten Zahlen erläutert und als Grundlage der Kaufpreisermittlung die Abrechnungsbilanz 1996 erstellt, handelt es sich um Tätigkeiten des Beklagten zu 4) die allesamt im Rahmen der ihm übertragenen steuerrechtlichen Aufgaben angefallen sind. Anhaltspunkte für ein weiter reichendes Beratungsmandat des Beklagten zu 4) ergeben sich aus diesen Tätigkeiten nicht.

Solche Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht daraus, dass der Beklagte zu 4) an der Besprechung des Klägers mit dem Mitarbeiter der Beratungsgesellschaft für betriebliche Altersversorgung teilgenommen hat. Der Anlass für die Besprechung bestand nach Darlegung des Klägers darin, dass in dem Seminar vom Oktober 1996 auf unterschiedliche steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vereinbarung von Rentenleistungen im Rahmen der Veräußerung von Unternehmen hingewiesen worden war. Bei der Besprechung mit dem Mitarbeiter der Beratungsgesellschaft wurden solche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Pensionsansprüche des Klägers erläutert. Wenn der Beklagte zu 4) im Anschluss an diese Erläuterung zur Vereinbarung einer 10-jährigen Zeitrente geraten hat (was er bestreitet), so war dem Rat aus Sicht eines verständigen Empfängers nicht mehr zu entnehmen, als dass aus der - fachlichen - Sicht des Beklagten die Umwandlung der betrieblichen Versorgungszusage in eine Zeitrente steuerunschädlich, für den Kläger also nicht mit steuerlichen Nachteilen verbunden war. Konkrete Umstände, aufgrund derer er diesem Rat eine über die steuerrechtliche Beurteilung hinausgehende Reichweite hätte beimessen dürfen, hat der Kläger nicht dargelegt.

Schließlich kann auch dem vom Beklagten zu 4) erklärten Einverständnis mit der treuhänderischen Verwahrung des Grundschuldbriefes nichts für eine weitergehende Beratung und Mitwirkung des Beklagten zu 4) und der Vertragsgestaltung hergeleitet werden.

Der ergänzende Sachvortrag des Klägers zum behaupteten umfassenden Beratungsauftrag des Beklagten zu 4) bzw. zur vom Beklagten zu 4) im Rahmen des Unternehmensverkaufes entfalteten Tätigkeit in der Berufungsbegründung ist nicht zuzulassen (§§ 520 Abs. 3 Nr. 4, 531 Abs. 2 ZPO). Bereits das Erstgericht hat auf das Erfordernis konkreteren Vortrags hingewiesen (Verfügung vom 15. März 2005 - Bl. 107 ff d.A.). Gründe, aus denen er sein Vorbringen gleichwohl ohne Nachlässigkeit hätte zurückhalten dürfen, hat der Kläger nicht aufgezeigt (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Davon abgesehen vermag das ergänzende Vorbringen aber auch in der Sache keine über die steuerrechtliche Beratung hinausgehende Auftragserteilung bzw. Beratungstätigkeit zu begründen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil war gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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