Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 2 UF 101/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 c Nr. 1
BGB § 1587 c Nr. 3
Zu den Voraussetzungen eines vollständigen oder teilweisen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs (hier verneint).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 101/06

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen,

hier: Regelung des Versorgungsausgleichs

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die befristete Beschwerde des Antragstellers, eingelegt am 19./20. Juni 2006 und begründet am 19./20. Juli 2006 gegen das ihm am 8. Juni 2006 zugestellte Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 30. Mai 2006 ohne mündliche Verhandlung am 18. Oktober 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die befristete Beschwerde des Antragstellers wird das angefochtene Verbundurteil in seiner Ziffer 2. (Regelung des Versorgungsausgleichs) geändert:

1. Von dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Berlin, werden auf das Versicherungskonto des Antragstellers Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gera, Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 39,89 EUR, bezogen auf den 31. Dezember 2005, übertragen.

2. Die übertragenen Anwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Antragsgegnerin wird zur Verteidigung gegen die befristete Beschwerde des Antragstellers ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Ihr wird die von ihr ausgewählte Rechtsanwältin J..., L..., beigeordnet.

V. Die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers wird zurückgestellt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein hat mit dem - insoweit seit 5. September 2006 rechtskräftigen - Verbundurteil die am ... geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich auf Antrag der ausgleichspflichtigen Ehefrau gemäß § 1587 c Nr. 1 und Nr. 3 BGB ausgeschlossen.

Mit seiner befristeten Beschwerde erstrebt der Antragsteller die Durchführung des Versorgungsausgleiches, weil er die Voraussetzungen für einen Ausschluss als nicht gegeben sieht, während die Antragsgegnerin die erstinstanzliche Entscheidung verteidigt.

II.

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 e, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO).

In der Sache führt sie zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung und Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 c BGB sind nicht gegeben.

Von einer mündlichen Verhandlung (§ 53 b Abs. 1 FGG) hat der Senat abgesehen, da nicht zu erwarten ist, dass dadurch wesentliche neue Gesichtspunkte zutage gefördert werden könnten (BGH FamRZ 1988, 936 [937]).

1. Nach den Auskünften der Versorgungsträger, die im Rahmen richterlicher Nachprüfbarkeit keine Unrichtigkeiten erkennen lassen, hat die Antragsgegnerin während der Ehezeit (... bis ... - § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 286,86 EUR erworben (Auskunft der Beteiligten zu 2 vom 25. April 2006).

Dem stehen auf Seiten des Antragstellers Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 207,08 EUR gegenüber (Auskunft der Beteiligten zu 1 vom 24. Februar 2006).

Damit ist die Antragsgegnerin als Inhaberin der werthöheren Anwartschaften ausgleichspflichtig; der Antragsteller hat Anspruch auf Ausgleich in Höhe des hälftigen Wertunterschiedes, das sind (286,86 EUR ./. 207,08 EUR : 2 =) 39,89 EUR, § 1587 a Abs. 1 BGB.

Der Ausgleich hat gemäß § 1587 b Abs. 1 durch sog. Rentensplitting, also durch Übertragung von Anwartschaften vom Rentenkonto der Antragsgegnerin auf das des Antragstellers zu erfolgen.

Die Umrechnung der zu übertragenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte war gemäß § 1587 b Abs. 6 BGB anzuordnen.

2. Der von der Antragsgegnerin begehrte völlige oder zumindest teilweise Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommt nicht in Betracht, weil die in § 1587 c normierten Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

a) Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 3 BGB setzt voraus, dass der Ausgleichsberechtigte während der Ehe längere Zeit hindurch seine Pflicht zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat. Hierfür genügt es nicht, dass kein Unterhalt geleistet wurde. Es müssen vielmehr darüber hinaus objektive Merkmale vorliegen, die die Nichtleistung als pflichtwidrig erscheinen lassen und dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht verleihen.

Die Regelung in § 1587 c Nr. 3 BGB erfasst ausschließlich während der Ehe begangene Unterhaltspflichtverletzungen gegenüber dem Ehegatten und/oder den gemeinsamen Kindern. Streitig ist, ob hierzu auch die Zeit zwischen Trennung und dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages als dem gemäß § 1587 Abs. 2 BGB für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ehezeitende hinzuzurechnen ist (vgl. hierzu Palandt-Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1587 c Rdnr. 46 m.w.N. sowie Johannsen/Henrich-Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 c Rdnr. 37). Nicht nach § 1587 c Nr. 3 BGB sanktioniert werden können Unterhaltspflichtverletzungen des Ausgleichsberechtigten für die Zeit nach dem Stichtag, da ab diesem Zeitpunkt ohnehin kein Ausgleichsanspruch mehr besteht (Hahne aaO).

Kindesunterhaltszahlungen hat der Antragsteller auch nach dem Sachvortrag der Antragsgegnerin (persönliche Erklärung im Verhandlungstermin vor dem Familiengericht am 30. Mai 2006) bis einschließlich Dezember 2005 erbracht, so dass ihm insoweit eine innerhalb der Ehezeit liegende Pflichtverletzung nicht zum Vorwurf gemacht werden kann.

Die Nichtzahlung von Trennungsunterhalt ab der im Januar 2005 zunächst innerhalb der Ehewohnung und im August 2005 auch räumlich vollzogenen Trennung der Parteien begründet für sich allein gesehen keinen vorwerfbaren Pflichtenverstoß. Der Antragsteller hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit zur Erbringung von Trennungsunterhalt infolge von Arbeitslosigkeit und Bestehens erheblicher gemeinsamer Schulden der Parteien berufen. Dem ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Wenn ihr nach ihrer Auffassung Unterhaltsansprüche zugestanden haben sollten, ist zu fragen warum diese nicht gerichtlich durchgesetzt worden sind.

b) Auch die Voraussetzungen eines teilweisen oder völligen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB sind nicht gegeben. Die - uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs ist nicht grob unbillig.

Grobe Unbilligkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles die Durchführung des Wertausgleiches dem Grundgedanken des Versorgungsausgleiches in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. Hahne aaO, Rdnr. 30 m.w.N.).

Solche Umstände hat die für das Vorliegen der Ausschlussvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegnerin nicht dazulegen vermocht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleiches unzumutbare Nachteile für ihre Altersversorgung hinnehmen müsste. Sie ist derzeit erst ... Jahre alt und erscheint daher - trotz der zeitweiligen durch die Erziehung der gemeinsamen Kinder bedingten Teilzeittätigkeit - in der Lage, sich durch weitere Erwerbstätigkeiten eine insgesamt ausreichende Altersversorgung aufzubauen, ohne hierfür auf die (mit derzeit knapp 40,00 EUR monatlich eher geringe) auszugleichende Anwartschaft angewiesen zu sein.

Dass auch der Antragsteller möglicherweise in Zukunft ausreichende (oder gar höhere) Rentenanwartschaften als die Antragsgegnerin wird erwerben können, rechtfertigt für sich gesehen die Anwendung der Härteklausel ebenfalls nicht.

Soweit die Antragsgegnerin in Frage stellt, dass der Antragsteller mit Blick auf das beabsichtigte Leben und Arbeiten in den USA bei Eintritt in den Ruhestand die gesetzliche Rente überhaupt erhalten wird, vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Der im Inland erworbene Rentenanspruch des Antragstellers bleibt auch bei Wohnungsnahme im Ausland erhalten.

Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin künftig möglicherweise auf Rückführung gemeinsamer Verbindlichkeiten der Parteien in Anspruch genommen werden könnte, verhilft ihrem Begehren auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht zum Erfolg. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit darin ein Fehlverhalten des Antragstellers (der sich unstreitig gegenwärtig mit Hilfe seiner Eltern um die Rückführung der gemeinsamen Verbindlichkeiten bemüht) liegen könnte. Im Übrigen könnte ein etwaiges künftiges persönliches Fehlverhalten, da lange nach der Ehezeit liegend, nur sehr eingeschränkt für eine Prüfung nach § 1587 c Nr. 1 BGB herangezogen werden.

Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin seine Anschrift in den USA nicht bekannt gibt, keinen Ausschluss des Versorgungsausgleiches. Soweit dies - wie die Antragsgegnerin vermutet - zur Verhinderung der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der Kinder und der geschiedenen Ehefrau erfolgen sollte, ist dies für die Frage des Ausschlusses des Versorgungsausgleiches schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine darin liegende etwaige Unterhaltspflichtverletzung nach dem oben Gesagten (unter 2 a) nicht mehr über § 1587 c BGB sanktioniert werden kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 93 a Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes richtet sich nach § 49 Nr. 1 GKG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind (§§ 629 a Abs. 2, 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsgegnerin war die begehrte Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen das Rechtsmittel des Antragstellers zu bewilligen (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO); sie ist aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 114 Satz 1, 115 ZPO).

Die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers wird zurückgestellt, da es noch weiterer Klärung hinsichtlich seiner Bedürftigkeit bedarf, die der Senat zwischenzeitlich veranlasst hat.

Ende der Entscheidung

Zurück