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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: 2 UF 12/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
Zur Beiordnung eines bei dem Prozessgericht nicht zugelassenen Anwalts "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts", jedoch unter Erstreckung auf Fahrtkosten dieses Anwalts zum Termin

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken - 2. Zivilsenat - Familiensenat Beschluss vom 27. Juni 2001 - 2 UF 12/01 - (nicht anfechtbar)


Aktenzeichen: 2 UF 12/01 5 d F 288/00 Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In der Familiensache

betreffend die Regelung der elterlichen Sorge für

hier: Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll

ohne mündliche Verhandlung am 27. Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Dem Antragsgegner wird zur Durchführung der befristeten Beschwerde gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 10. November und B. Dezember 2000 Prozesskostenhilfe bewilligt.

Zugleich wird die Zahlung monatlicher Raten auf die Prozesskosten in Höhe von 120,-- DM, beginnend ab dem 1. August 2001, angeordnet.

Dem Antragsgegner wird die von ihm ausgesuchte, das Mandat bereits innehabende Rechtsanwältin J..., E..., zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet. Mit Wirkung ab dem 18. April 2001 erstreckt sich die Beiordnung auch auf Fahrtkosten der Rechtsanwältin zu (einem) etwaigen künftigen Termin(en), jedoch begrenzt auf die bei Beiordnung eines Verkehrsanwalts diesem zu erstattenden Kosten.

2. Der Antragstellerin wird zur Verteidigung gegen die befristete Beschwerde des Antragsgegners Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.

Ihr wird die von ihr ausgesuchte, das Mandat bereits ausübende Rechtsanwältin H..., M..., zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts beigeordnet.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird vorläufig auf 5 000,-- DM festgesetzt.

Gründe

1. Im Interesse der Entlastung der Staatskasse von Mehrkosten, die auch eine vermögende Partei verständigerweise vermeiden würde, ist gemäß § 121 Abs. 3 ZPO (hier anwendbar nach §§ 621 a Abs. 1 ZPO, 14 FGG) einer bedürftigen Partei ein nicht beim Prozess- bzw. Verfahrensgericht zugelassener Rechtsanwalt als Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigter nur beizuordnen, wenn dadurch weitere Kosten - gemeint sind in erster Linie Reisekosten des Rechtsanwalts - nicht entstehen.

Die eingeschränkte Beiordnung kann nur im Einverständnis des beizuordnenden Rechtsanwalts erfolgen; erteilt er diese nicht, so ist seine Beiordnung abzulehnen (ganz herrschende Meinung, vgl. zum Meinungsstand: Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., Rdnr. 12; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 121 Rdnr. 62).

Daneben kann der bedürftigen Partei auf besonderen Antrag ein Verkehrsanwalt beigeordnet werden, wenn und soweit dies aufgrund - von der Partei darzulegender - besonderer Umstände erforderlich ist (§ 121 Abs. 4 ZPO).

Unter Zugrundelegung dieser Regelungen und bei Berücksichtigung des Zweckes der einschränkenden Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO kann nach Ansicht des Senats bei Vorlage der Voraussetzungen für die Bestellung eines Verkehrsanwalts und entsprechender Antragstellung die Beiordnung eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen Prozessanwalts auf dessen Reisekosten zum Prozessgericht bis zur Höhe der Verkehrsanwaltskosten erstreckt werden, da dann und insoweit durch dessen Beiordnung vermeidbare Mehrkosten nicht anfallen.

2. Ausgehend von diesen allgemeinen Grundsätzen waren vorliegend den beteiligten Eltern die von ihnen ausgewählten, nicht beim Pfälzischen Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwältinnen mit deren im Schriftsatz vom 15. Januar 2001 - hinsichtlich der Bevollmächtigten des Antragsgegners - bzw. im Anhörungstermin vom 30. März 2000 - hinsichtlich der Bevollmächtigten der Antragstellerin - erklärten Einverständnis zu den Bedingungen ortsansässiger Rechtsanwälte beizuordnen.

Soweit die vom Antragsgegner ausgewählte Rechtsanwältin im Schriftsatz vom 17. April 2001 ihre uneingeschränkte Beiordnung ("mit Fahrtkostenerstattung") beantragt hat, liegt darin nach Ansicht des Senats - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines solchen - kein Widerruf ihres zuvor erklärten Einverständnisses mit der beschränkten Beiordnung mit der Folge, dass die Beiordnung als solche insgesamt zu versagen wäre. Nach der Begründung zielt das Begehren der vom Antragsgegner ausgewählten Rechtsanwältin vielmehr zweifelsfrei darauf ab, ihre Beiordnung als Verfahrensbevollmächtigte (ausnahmsweise) auch auf die Fahrtkosten vom am Wohnort des Antragsgegner gelegenen Kanzleisitz zum Gerichtsort zu erstrecken, weil ansonsten für den Antragsgegner aufgrund von in seiner Person liegenden besonderen Umständen die (zusätzliche) Beiordnung eines Verkehrsanwalts neben einem am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt erforderlich wäre. Dass die Bevollmächtigte des Antragsgegners für den Fall, dass der Senat die Voraussetzungen für eine Erstreckung der Beiordnung auch auf ihre Fahrtkosten unter Berücksichtigung der von ihr hierfür vorgebrachten Gründe nicht bejaht, nicht zumindest ihre eingeschränkte Beiordnung entsprechend ihrem ursprünglichen Antrag weiterverfolgen will, kann bei dieser Sachlage nicht angenommen werden. Eine derartige Annahme liefe dem Interesse der Bevollmächtigten zuwider.

Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts für den Antragsgegner sind nach dessen Darlegung im Schriftsatz vom 17. April 2001 gegeben. Der Antragsgegner ist ausländischer Staatsangehöriger und beherrscht nach seinem Vorbringen die deutsche Sprache nur bedingt. Er kommt aus einem völlig anderen Kulturkreis und ist muslimischer Religionszugehörigkeit, so dass die Vermittlung deutscher Rechtsgrundsätze, insbesondere im Familienrecht, intensiver Beratung durch den Rechtsanwalt bedarf, die wegen der großen räumlichen Distanz zwischen dem Wohnort des Antragsgegners und dem Sitz des Prozessgerichts nicht von einem bei Letzterem ansässigen Rechtsanwalt geleistet werden kann.

Bis zur Höhe der Verkehrsanwaltsgebühren kommt daher grundsätzlich die Erstreckung der Beiordnung der vom Antragsgegner ausgewählten, an seinem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwältin auf die Reisekosten in Betracht. Die Bewilligung kann jedoch - wie Prozesskostenhilfe generell - erst mit Wirkung ab Eingang des den Antrag (auf Erstreckung der Beiordnung) enthaltenden Schriftsatzes vom 17. April 2001 bei Gericht am 18. April 2001 und damit erst für etwaige nach diesem Zeitpunkt erforderlich werdende Reisen der beigeordneten Rechtsanwältin zu Gerichtsterminen im - derzeit ruhenden - Beschwerdeverfahren erfolgen (vgl. Zöller, aaO, Rdnr. 18; Baumbach/Lauterbach aaO, § 119 Rdnr. 10 ff). Die Reisekosten der Bevollmächtigten des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Anhörungstermins vor dem Senat vom 30. März 2001 sind davon nicht umfasst.

3. Dem Antragsgegner war - mit der entsprechend obigen Ausführungen gebotenen Einschränkung - die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die befristete Beschwerde gegen die Entscheidung des Familiengerichts zu bewilligen. Die hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels war aufgrund der fehlerhaften Auslegung des vom Antragsgegner im Anhörungstermin vor dem Erstgericht vom 10. November 2000 erklärten Einverständnisses in der angefochtenen Entscheidung gegeben. Dieses Einverständnis bezog sich lediglich auf einen Teilbereich der elterlichen Sorge, nämlich darauf, dass die Kinder bei der Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben sollen, nicht aber auf die Übertragung der elterlichen Sorge insgesamt auf die Antragstellerin.

4. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen war dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe nur bei gleichzeitiger Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen. ....

5. Der Antragstellerin war zur Verteidigung gegen das Rechtsmittel des Antragsgegners gemäß § 14 FGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe unabhängig von der Prüfung etwaiger Erfolgsaussichten zu bewilligen. Sie bezieht Sozialhilfe und kann daher die Prozesskosten, auch nicht in Raten, aufbringen.

6. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 30 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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