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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 12.09.2005
Aktenzeichen: 2 UF 157/03
Rechtsgebiete: ZPO, VAHRG


Vorschriften:

ZPO § 623 Abs. 4
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 2

Entscheidung wurde am 25.01.2006 korrigiert: die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Ist erstinstanzlich im Scheidungsverbund zum Ausgleich von Anrechten aus einer betrieblichen Altersversorgung eine Beitragszahlung nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet worden und entfallen im Laufe des Verfahrens zweiter Instanz die dafür erforderlichen Voraussetzungen, weil der Berechtigte nunmehr die Voraussetzungen für eine Vollrente wegen Alters erfüllt, so ist es zulässig, erstmals im zweiten Rechtszug Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu stellen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 157/03

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen,

hier: Regelung des Versorgungsausgleichs; Gehörsrüge nach § 321 a ZPO,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die Rüge des Antragstellers vom 27. Mai 2005, eingegangen am selben Tag, gegen den ihm am 12. Mai 2005 zugestellten Beschluss des Senats vom 26. April 2005 nach Anhörung des Gegners ohne mündliche Verhandlung am 12. September 2005

beschlossen:

Tenor:

Der angegriffene Beschluss des Senats vom 26. April 2005 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Antragsteller an die Antragsgegnerin die dort (Ziffer I. 2. Absatz) festgelegte monatliche Ausgleichsrente von 47,89 € ab 22. April 2005 (nicht: ab 1. Juni 2004) zu zahlen hat.

Gründe:

Die Gehörsrüge des Antragstellers ist gemäß § 321 a ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Rüge ist auch berechtigt. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 6. Mai 2005, mit dem er Bedenken gegen die Zulässigkeit des seitens der Antragsgegnerin erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sowie gegen den gestellten Antrag als solches angeführt hat, ist am 6. Mai 2005 beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingegangen und hätte noch vor Herausgabe der Entscheidung vom 26. April 2005 am 11. Mai 2005 Berücksichtigung finden können. Da dies mangels Vorlage der Akten nicht geschehen ist, ist dies nunmehr im Abhilfeverfahren nach § 321 a ZPO nachzuholen.

In der Sache führt die Rüge lediglich insoweit zum Erfolg, als die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Betriebsrente des Antragstellers bei der F..., M..., erst ab 22. April 2005 (Zugang des Antrags auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beim Antragsteller) zu erfolgen hat. Soweit sich der Antragsteller dagegen gegen die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt wendet, kann sein Begehren keinen Erfolg haben.

1. Zwar ist dem Antragsteller darin zuzustimmen, dass der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Rahmen des Scheidungsverbundes grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden muss (§ 623 Abs. 4 ZPO).

Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos.

Eine Ausnahme hiervon ist etwa dann zuzulassen, wenn im Urteil erster Instanz zum Ausgleich von Anrechten aus einer betrieblichen Altersversorgung eine Beitragszahlung nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet wurde, im Verlauf des Verfahrens in zweiter Instanz eine solche Beitragszahlung aber nicht mehr angeordnet werden darf, weil der Berechtigte die Voraussetzungen für eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung nunmehr erfüllt. In diesem Fall ist der Antrag zum Ausgleich der Anrechte im Wege des - allein noch möglichen - schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil dieselbe auszugleichende Versorgung betroffen ist und sich lediglich die Form des Ausgleichs verändert (vgl. Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 623 Rdnr. 28).

Die Zulassung der erstmaligen Antragstellung auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von betrieblichen Altersversorgungen im Beschwerdeverfahren ist nach Auffassung des Senats auch in Fällen zuzulassen, in denen dieser Antrag erstmals in der - aus anderen Gründen zulässig eingeleiteten - Beschwerdeinstanz gestellt werden kann, weil bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Voraussetzungen hierfür noch nicht gegeben waren. Auch in diesen Fällen gebietet der Grundsatz der Verfahrensökonomie und des effektiven Rechtsschutzes die Zulassung der erstmaligen Antragstellung auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren. Dem Ausgleichsberechtigten kann nicht zugemutet werden, in diesem Verfahren lediglich den Vorbehalt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches zu erstreben, um dessen Durchführung alsdann in einem erneuten Rechtsstreit zu betreiben.

Einer der letztgenannten Ausnahmefälle ist vorliegend gegeben:

Die Beschwerden des Antragstellers sowie der Beteiligten zu 1) richteten sich gegen die angeordnete, wegen Rentenbezuges der Antragsgegnerin nicht mehr mögliche, Beitragszahlung nach § 3 b Abs 1 Nr 2 VAHRG. Ein vollumfänglicher Ausgleich der Betriebsrente des Antragstellers war daher nur noch im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs möglich. Die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers waren erst mit dessen Renteneintritt zum 1. Juni 2004 (vgl. § 1587 b Abs. 1 Satz 2 BGB) und mithin nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 11. Juli 2003 erfüllt.

2. Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend konkret dargelegt, wie sie sich die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vorstelle, d. h. welche Leistungspflicht des Antragstellers begründet werden solle, ist nicht berechtigt.

Das Verfahren auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ist zwar antragsgebunden. Dieser Antrag ist jedoch lediglich Verfahrensvoraussetzung; die Stellung eines bezifferten (Sach-)Antrags ist nicht erforderlich (vgl. Johannsen-Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 f Rdnr. 19; BGH FamRZ 1989, 950 f). Die Erklärung der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 19. April 2005 erfüllt daher i. V. m. der vorausgegangenen Verfügung des Vorsitzenden des Senates vom 29. März 2005 die Anforderungen einer Antragstellung auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs .

3. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich hinsichtlich der Betriebsrente des Antragstellers ist jedoch entgegen der Entscheidung des Senats vom 26. April 2005 nicht bereits für die Zeit ab Beginn des Rentenbezuges des Antragstellers, sondern erst ab Zugang des Antrags der Antragsgegnerin auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an den Antragsteller, die ausweislich der Erklärung seines Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 27. Mai 2005 am 22. April 2005 erfolgt ist, durchzuführen (§ 1587 h Abs. 1 i. V. m. § 1585 b Abs. 2 BGB, § 189 ZPO).

Insoweit war die Entscheidung des Senats auf die Gehörsrüge des Antragstellers zu korrigieren. Da sich der Antragsteller gegen die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich seiner betrieblichen Anwartschaften insgesamt wendet, war die zeitliche Abänderung von der gerügten Gesetzesverletzung mit umfasst (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, § 321 a Nr. 18).

4. Das erfolgreiche Rügeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Der Vergütungsanspruch des nur für das Rügeverfahren beauftragten Bevollmächtigten der Antragsgegnerin richtet sich nach dem Gegenstandswert des zugrunde liegenden Beschwerdeverfahrens (§ 23 Abs. 2 Satz 3 RVG).

Ende der Entscheidung

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