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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 15.06.2001
Aktenzeichen: 2 UF 176/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1576
BGB § 1572
BGB §§ 1576, 1572

Nachehelicher Unterhalt aus Billigkeitsgründen nach § 1576 BGB kommt in Betracht, wenn die Zubilligung eines Unterhalts wegen Krankheit lediglich am Einsatzzeitpunkt scheitert (im Anschluss an BGH FamRZ 1990, 496, 499). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Revision zugelassen.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 2 UF 176/00 5 c F 263/98

Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein

Verkündet am 15. Juni 2001

Sander, Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Familiensache

wegen Ehegattenunterhalts (Abänderung)

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Burger sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll

auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 4. August 2000 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte wird in Abänderung von Ziff. 2 des Verbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 19. Januar 1998 (5 c F 68/96) verurteilt, an die Beklagte als nachehelichen Unterhalt folgende monatliche, monatlich im Voraus zahlbare, Unterhaltsrenten zu zahlen:

1. für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 1998

- 1 213,32 DM Elementarunterhalt,

- 373,84 DM Altersvorsorgeunterhalt,

- 186,71 DM Krankenvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 773,87 DM;

2. für die Zeit vom 1. November 1998 bis 31. Dezember 1998

- 1 222,31 DM Elementarunterhalt,

- 191,-- DM Altersvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 413,31 DM;

3. für die Zeit vom 1. Januar bis 9. September 1999

- 1 262,31 DM Elementarunterhalt,

- 151,-- DM Altersvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 413,31 DM;

4. für die Zeit vom 10. September 1999 bis 31. Dezember 1999

- 1 145,-- DM Elementarunterhalt,

- 145,-- DM Altersvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 290,-- DM;

5. für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2000

- 1 175,-- DM Elementarunterhalt,

- 150,-- DM Altersvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 325,-- DM;

6. für die Zeit ab 1. Juli 2000

- 1 312,66 DM Elementarunterhalt,

- 225,06 DM Altersvorsorgeunterhalt,

- 217,89 DM Krankenvorsorgeunterhalt,

insgesamt also 1 755,61 DM.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den in erster Instanz angefallenen Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4, von denen des Berufungsverfahrens die Klägerin 3/10 und der Beklagte 7/10 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung des Beklagten (hinsichtlich der Kosten) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1 500,-- DM abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Dem Beklagten bleibt vorbehalten, die (weitere) Vollstreckung der Klägerin betreffend die Kosten des Rechtsstreits und den Unterhaltsrückstand von Juli 2000 bis Juni 2001, soweit er monatlich 1 325,-- DM übersteigt, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9 400,-- DM, betreffend die laufenden Unterhaltszahlungen von mehr als monatlich 1 325,-- DM ab Juli 2001 durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

V. Für den Beklagten wird die Revision zugelassen, soweit er seine Verurteilung zur Zahlung von (ergänzendem) Unterhalt gemäß § 1576 BGB ab Juli 2001 zur Überprüfung durch den Bundesgerichtshof stellen will.

Tatbestand:

Beide Parteien begehren die Abänderung des Verbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 19. Januar 1998, soweit darin der Beklagte zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an die Klägerin verurteilt wurde.

Die Parteien haben am 17. August 1968 geheiratet. Sie sind seit 18. März 1998 rechtskräftig geschieden. Sie haben einen gemeinsamen Sohn, geboren am 1. Dezember 1974. Dieser absolviert seit September 1999 eine Lehre als Hotelfachmann. Ein vor der Trennung der Parteien aufgenommenes Studium brach er im Frühjahr 1998 ab; in der Zeit vom 20. Oktober 1998 bis August 1999 arbeitete er bei der BASF. Seine monatliche Ausbildungsvergütung beläuft sich auf 815,-- DM im ersten, 887,-- DM im zweiten und 978,-- DM im dritten Lehrjahr. Seit September 1999 erhält er das staatliche Kindergeld. Er lebt im Haushalt des Beklagten, der früheren Ehewohnung.

Die am 28. Februar 1948 geborene Klägerin (jetzt 53 Jahre alt) hat keinen Beruf erlernt. Sie war während der Ehe überwiegend nicht erwerbstätig; aus einer etwa 1989 aufgenommenen Teilzeittätigkeit im Umfang von 10 bis 12 Wochenstunden bezog sie ein Einkommen im versicherungsfreien Bereich. Diese Beschäftigung bestand - mit einer Unterbrechung von September 1997 bis Juli 1998 - bis einschließlich September 1999. In der Zeit von Oktober 1999 bis Juni 2000 war sie aufgrund eines zunächst bis März 2000 befristeten, dann um drei Monate verlängerten, Arbeitsverhältnisses halbschichtig bei der Firma Real-Markt tätig bei einem Bruttoeinkommen von zunächst 1 400,-- DM, ab April 2000 1 500,-- DM monatlich zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Wegen einer Tumorerkrankung ist sie seit Juli 2000 erwerbsunfähig.

Der heute 54 Jahre alte Beklagte ist als Meister für Netz- und Regelungstechnik bei der BASF beschäftigt. Die Höhe seines Einkommens ist streitig.

Die Parteien haben während des Zusammenlebens eine etwa 100 qm große Wohnung im Anwesen der Mutter des Beklagten bewohnt, an welcher für den Beklagten ein Nießbrauchsrecht bestellt ist. Diese Wohnung wird seit dem Auszug der Klägerin Ende Mai 1998 vom Beklagten gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin bewohnt.

Im Scheidungsverbundurteil wurde der Klägerin nachehelicher Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit in Höhe von monatlich 1 413,31 DM (852,76 DM Elementarunterhalt - nach Kürzung um 500,-- DM wegen des Wohnvorteils, 186,71 DM Krankenvorsorgeunterhalt und 383,84 DM Altersvorsorgeunterhalt) zuerkannt.

Die Klägerin hat vorgetragen,

infolge des Auszuges aus der vormaligen Ehewohnung und damit Wegfall des Wohnvorteiles stehe ihr ab Juni 1998 auf der Grundlage des Ausgangsurteils ein monatlich 500,-- DM höherer Elementarunterhaltsanspruch zu. Seit November 1998 habe sie wegen Wegfalles der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem nicht mehr bedürftigen Sohn insgesamt einen höheren Unterhaltsanspruch. Das durchschnittliche monatliche Nettoerwerbseinkommen des Beklagten belaufe sich mindestens auf 4 860,-- DM. Für sie bestehe eine über die Tätigkeit bei Radio RPR hinausgehende Erwerbsobliegenheit nicht; sie sei insbesondere nicht verpflichtet, eine Tätigkeit als Reinigerin aufzunehmen. Eine ihr zumutbare Erwerbstätigkeit könne sie nach den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt angesichts ihres Alters und der fehlenden Berufsausbildung nicht erlangen. Ab November 1998 habe sie daher Anspruch auf Elementarunterhalt von 1 441,-- DM, Krankenvorsorgeunterhalt von 305,50 DM und Altersvorsorgeunterhalt von 459,38 DM, jeweils monatlich. Insoweit begehre sie die Abänderung des Ausgangsurteils.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat widerklagend die Abänderung des Ausgangsurteils dahingehend begehrt, dass er ab August 1999 zur Zahlung von Ehegattenunterhalt nicht mehr verpflichtet sei. Die Klägerin müsse für ihren Unterhalt durch Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit selbst sorgen. Da sie sich nicht ausreichend um die Erlangung einer solchen Tätigkeit bemüht habe, seien ihr Einkünfte aus vollschichtiger Tätigkeit fiktiv zuzurechnen. Damit könne sie ihren eheangemessenen Bedarf decken. Sein Einkommen könne künftig nur noch mit monatlich 4 000,-- DM in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden; die bislang gehandhabte pauschale steuerliche Absetzung von Unterhaltsleistungen an die Klägerin sei künftig wegen des eigenen lohnsteuerpflichtigen Einkommens der Klägerin nicht mehr möglich. Bei Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings könne er allenfalls eine saldierte monatliche Steuerersparnis von 287,-- DM erzielen.

Das Familiengericht hat der Klage für die Zeit ab Juli 1998 teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Für Juni 1998 schulde der Beklagte keinen höheren Elementarunterhalt, da die Klägerin ihn nicht wirksam in Verzug gesetzt habe. Demgegenüber ergäben sich für die Zeit ab Juli 1998 höhere Unterhaltsansprüche der Klägerin als. im Ausgangsurteil tituliert. Nach dem im Ausgangsurteil zugrundeliegenden Erwägungen treffe die Klägerin auch für die Zeit ab August 1999 keine über die bei Rechtskraft der Ehescheidung ausgeübte Teilzeittätigkeit hinausgehende Erwerbsobliegenheit, fiktive Einkünfte seien daher nicht zu berücksichtigen. Im Ausgangsurteil sei bindend festgestellt, dass der Klägerin eine ausbildungsunabhängige Tätigkeit aufgrund des Lebenszuschnittes der Parteien während der Ehe nicht zugemutet werden könne. Eine ihr zumutbare Tätigkeit könne die Klägerin, da sie keine Berufsausbildung habe, aber weder halb- noch vollschichtig erlangen. Dem Einkommen des Beklagten sei bis einschließlich Februar 2001 die im März 1996 gezahlte Dienstaltersprämie anteilig hinzuzurechnen sowie die sich aus den Steuerbescheiden ergebenden Steuerrückerstattungen; dagegen seien fiktive Steuervorteile aus Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings wegen der Bindungswirkung der Ausgangsentscheidung nicht zu berücksichtigen. Im übrigen habe die Klägerin auch nicht dargelegt, dass dadurch weitergehende Steuervorteile zu erzielen seien. Zu bereinigen sei das Einkommen des Beklagten um die 5 %-ige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen sowie monatliche Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn in Höhe von 900,-- DM bis einschließlich Oktober 1998 und in Höhe von monatlich 350,-- DM ab September 1999; die monatliche Ausbildungsvergütung des Sohnes belaufe sich nach Abzug der Sozialversicherungsabgaben auf rund 650,-- DM, hinzuzusetzen sei ein geschätztes Trinkgeld von monatlich 50,-- DM, abzusetzen die Ausbildungspauschale von 150,-- DM, so dass monatlich 550,-- DM verblieben und damit ausgehend vom Unterhaltsbedarf von 900,-- DM ein ungedeckter Bedarf von 350,-- DM. Auf Seiten der Klägerin sei bis einschließlich September 1999 ihr Einkommen aus der Aushilfstätigkeit bei Radio RPR, bereinigt um die Mindestpauschale für berufsbedingte Aufwendungen, anzusetzen. Dieses Einkommen von monatlich 525,-- DM sei entsprechend dem Ausgangsurteil nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Ebenso nach der Differenzmethode zu berücksichtigen sei das höhere Einkommen aus der halbschichtigen Erwerbstätigkeit, da diese Tätigkeit nach den Festsetzungen des Ausgangsurteils nicht als überobligationsgemäß anzusehen sei. Für den Zeitraum der halbschichtigen Tätigkeit entfalle wegen der eigenen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit der Klägerin ein Krankenvorsorgeunterhaltsanspruch.

Mit seiner Berufung bekämpft der Beklagte diese Entscheidung, soweit er darin für den Zeitraum von Juli 1998 bis einschließlich 9. September 1999 (= Rechtshängigkeit der Abänderungswiderklage) zu höheren Unterhaltsbeträgen verurteilt wurde, als im Ausgangsurteil tituliert und soweit ab 10. September 1999 seine Widerklage abgewiesen worden ist.

Die Ansicht des Erstgerichtes zur nur eingeschränkten Erwerbsobliegenheit der Klägerin sei unzutreffend. Als Anspruchsgrundlage sei im Ausgangsurteil nur § 1573 Abs. 1 BGB genannt, von einer dauerhaften untervollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Klägerin sei darin mithin nicht ausgegangen. Auch die Klägerin gehe im Übrigen von einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit aus, wie ihr Vortrag zeige, sie bemühe sich nach wie vor um eine Ausweitung der Tätigkeit. Die seitens der Klägerin behaupteten Bemühungen seien allerdings bei weitem nicht ausreichend; es genüge nicht, bei RPR um eine freie Stelle nachzufragen. Aufgrund der Arbeitsaufnahme der Klägerin bei der Firma Real stehe zudem fest, dass die Klägerin in der Lage sei, auch eine umfangreichere Tätigkeit zu finden; zugleich habe die Klägerin damit auch gezeigt, dass sie auch ausbildungsunabhängige Arbeiten als für sich zumutbar empfinde. Das über monatlich 580,-- DM hinausgehende (fiktive) Einkommen der Klägerin sei darüber hinaus im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen; eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit der Klägerin sei in der Lebensplanung der Parteien nicht vorgesehen gewesen. Aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit könne die Klägerin mindestens 2 300,-- DM netto verdienen. Damit sowie mit bedarfsdeckend anzurechnenden Zinseinkünften in Höhe von monatlich mindestens 125,-- DM, resultierend aus dem ihr im Verbundurteil zuerkannten Zugewinnausgleichsbetrag von 30 789,20 DM, könne die Klägerin ihren Unterhaltsbedarf selbst decken. Steuererstattungsbeträge seien auf seiner Seite entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen; insoweit gelte die Bindungswirkung des Ausgangsurteils, er habe auch vor 1998 bereits regelmäßig Steuererstattungen erhalten. Gleiches gelte auch für etwaige Steuervorteile aus der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings, da auch diese im Ausgangsurteil nicht bedacht worden seien.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern, die Klage abzuweisen und das Urteil des Familiengerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19. Januar 1998 - Az. 5 C F 68/96 - dahin abzuändern, dass er der Klägerin ab 10. September 1999 keinen Unterhalt mehr schulde.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

im Vergleich zum Ausgangsurteil seien zahlreiche wesentliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die die ihr zuerkannten höheren monatlichen Unterhaltsbeträge rechtfertigten. Da sei zunächst der auf ihrer Seite ab Juni 1998 weggefallene Wohnvorteil, der in gleicher Höhe nunmehr beim Beklagten einkommenserhöhend zu berücksichtigen sei, weil er nach dem Ausgangsurteil die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe. Hinzu komme der Wegfall der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Sohn. Seit Juni 1998 seien Unterhaltszahlungen an den Sohn seitens des Beklagten nicht mehr geleistet worden, zumindest aber nicht mehr geschuldet. Letzteres gelte auch für die Zeit ab September 1999, selbst wenn trotz vereinnahmter Trinkgelder, die mit monatlich mindestens 100,-- DM in Ansatz gebracht werden müssten, und dem vom Sohn vereinnahmten Kindergeld noch ein geringer ungedeckter Unterhaltsbedarf verbleiben sollte. Der Sohn habe seine Obliegenheit, die Ausbildung zügig zu betreiben, verletzt.

Dagegen sei ihr Einkommen von der Erstrichterin mit Recht in vollem Umfang nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung eingestellt worden; ihre Lebensplanung habe schon während der Ehe auf eine Vollzeitarbeitsstelle hingezielt, die sie jedoch nicht habe erlangen können. Zinseinkünfte müsse sie sich nicht zurechnen lassen; sie habe den Zugewinnausgleichsbetrag zum Bestreiten der Umzugskosten und für ihren Lebensunterhalt verbraucht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, hat in der Sache jedoch lediglich einen Teilerfolg.

Der Beklagte schuldet der Klägerin die im Entscheidungssatz zuerkannten Unterhaltsbeträge. Bis einschließlich Oktober 1998 besteht der im Scheidungsurteil zuerkannte Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 Abs. 1 BGB fort; für den Zeitraum von November 1998 bis Juni 2000 hat die Klägerin Anspruch auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) und für die Zeit ab Juli 2000 aufgrund ihrer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit Anspruch auf Krankheitsunterhalt nach §§ 1572 Nr. 4, 1576 BGB.

Die Abänderungsbegehren beider Parteien sind zulässig. Beide legen Änderungen in den der Verurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse dar, die zu einer wesentlichen Änderung der titulierten Unterhaltsbeträge führen können.

Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte dringen mit ihren Abänderungsverlangen teilweise durch. Die Klägerin hat für die Zeit von Juli 1998 (Juni 1998 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens) bis Oktober 1998 wegen Wegfalls des im Ausgangsurteil auf ihren Unterhaltsbedarf angerechneten Wohnvorteils sowie der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Parteien Anspruch auf höheren Elementarunterhalt zumindest in der vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung zuerkannten Höhe. Für die Zeit von November 1998 bis Juni 2000 ergibt sich dagegen wegen auf den Bedarf der Klägerin fiktiv anzurechnender (Mehr-)Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ein geringerer Unterhaltsanspruch. Die Reduzierung unter die im Ausgangsurteil titulierte Gesamtunterhaltsrente kann der Beklagte jedoch erst ab Rechtshängigkeit seiner Abänderungswiderklage, die mit Zustellung derselben an die Klägerin am 10. September 1999 eingetreten ist (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) verlangen (§ 323 Abs. 3 Satz 1 ZPO); dem hat der Beklagte in der Berufungsinstanz Rechnung getragen. Ab Juli 2000 hat die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung und der dadurch bedingten Erwerbsunfähigkeit Anspruch auf Unterhalt in der ihr vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung ab diesem Zeitpunkt zuerkannten Höhe.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

I. 1. Im Ausgangsurteil, dessen Abänderung beide Parteien begehren, sind der Klägerin Unterhaltsansprüche wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 Abs. 1 BGB zuerkannt worden, da sie - trotz ausreichender Bemühungen - eine ihr zumutbare vollschichtige Erwerbstätigkeit (noch) nicht gefunden hatte und daher ihren Unterhaltsbedarf nicht durch eigene Erwerbseinkünfte decken konnte. Darin ist nicht festgestellt, dass die Klägerin auch künftig keine Obliegenheit zur Ausweitung ihrer zum damaligen Zeitpunkt innegehabten Teilzeittätigkeit treffen wird; lediglich ist eine Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der konkreten Umstände verneint worden. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Formulierungen, "ihr stehe auch nach mehrjähriger Trennung noch ein Unterhaltsanspruch zu" sowie sie sei trotz ernsthafter Bemühungen "bisher über eine Teilzeitbeschäftigung nicht hinausgekommen". Damit ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sich die Klägerin weiterhin um die Erlangung einer ihr zumutbaren vollschichtigen Erwerbstätigkeit bemühen muss.

Unzumutbar sind der Klägerin nach den insoweit bindenden Feststellungen des Ausgangsurteils "mindere ausbildungsunabhängige Tätigkeiten". Diese Formulierung ist auslegungsbedürftig. Sie ist nach Ansicht des Senates nicht dahingehend auszulegen, dass der Klägerin nur Tätigkeiten zuzumuten sind, für die eine Berufsausbildung Voraussetzung ist. Der Begriff "ausbildungsunabhängig" steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Begriff "mindere" Tätigkeit und diente daher ersichtlich nur der Umschreibung dessen, was als "nicht mindere" Tätigkeit anzusehen ist. Darunter versteht man gemeinhin solche Tätigkeiten, für die es keiner Ausbildung bedarf wie etwa Hilfsarbeitertätigkeit oder - bei Frauen - Tätigkeiten im Raumpflegebereich oder auch als Küchenhelferinnen. Solche minderen Tätigkeiten sah das im Ausgangsverfahren erkennende Gericht als der Klägerin nicht zumutbar an. Dass ihr aber gleichwohl Tätigkeiten zumutbar sein sollten, die nicht zwingend eine Berufsausbildung voraussetzen, zeigt der Umstand, dass die seinerzeit von der Klägerin innegehaltene Tätigkeit bei Radio RPR - für die sie eine Ausbildung weder hatte noch benötigte - als ihr zumutbar angesehen wurde. Die Zumutbarkeit dieser Tätigkeit hat die Klägerin im Übrigen auch nie in Abrede gestellt.

Auch die Klägerin hat die im Ausgangsurteil niedergelegte Umschreibung dessen, was ihr an Erwerbstätigkeit zuzumuten ist, offensichtlich nicht dahin verstanden, dass dies nur Tätigkeiten seien, für die eine Berufsausbildung erforderlich sei, wie die von ihr entfalteten Erwerbsbemühungen sowie die im Oktober 1999 von ihr angenommene halbschichtsge Erwerbstätigkeit zeigen. Danach hat sie sich auf Tätigkeiten im Verkauf und im Bereich einfacher Büroorganisation (Telefonverwaltung, Fertigung von Vervielfältigungen) sowie im Bereich der Jugendbetreuung bei der Stadt Ludwigshafen am Rhein beworben, mithin um Tätigkeiten, die nicht im untersten Bereich angesiedelt sind, aber auch keine Berufsausbildung erfordern, sondern auch von nicht ausgebildeten Kräften nach eventueller Einarbeitungs- und Anlernzeit bewältigt werden können.

Gegen eine streng an den Begriff "ausbildungsunabhängige" Tätigkeit angelehnte Auslegung des Ausgangsurteils spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin damals bereits in einem Alter war, in dem Menschen in der Regel keine Berufsausbildung mehr beginnen. Es erscheint daher zweifelhaft, dass der damals erkennende Richter der Klägerin die Aufnahme einer Berufsausbildung hat ansinnen wollen. Da er andererseits aber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sich die Klägerin in der Zukunft weiter um die Erlangung einer (weitergehenden) Erwerbstätigkeit bemühen muss, liegt der Schluss nahe, dass die Verwendung des Begriffes "ausbildungsunabhängige nur der Umschreibung und Verdeutlichung dessen dienen sollte, was unter "nicht mindere" Tätigkeit zu verstehen sei.

Mithin kann sich die Klägerin nicht darauf zurückziehen, sie habe eine ihr zumutbare Erwerbstätigkeit nicht erlangen können, weil sie über keine Berufsausbildung verfüge. Da die Klägerin sich nicht hinreichend um die Erlangung einer ihr zumutbaren Erwerbstätigkeit bemüht hat - die von ihr dargelegten Bemühungen sind bei weitem nicht ausreichend (vgl. hierzu Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 5 Aufl., § 4 Rdnr. 111 ff und § 1 Rdnr. 427 ff jew. m.w.N.) - und nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie bei hinreichenden Bemühungen eine ihr zumutbare - nicht mindere, aber auch nicht zwingend eine Berufsausbildung erfordernde - Tätigkeit hätte finden können (vgl. Wendl/Staudigl aaO), muss sich die Klägerin fiktive Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zurechnen lassen. Wegen der bereits im Ausgangsurteil aufgezeigten besonderen Umstände, zu denen noch der - auch auf Drängen des Beklagten - erfolgte Auszug aus der vormaligen Ehewohnung und Umzug in eine Mietwohnung Ende Mai 1998 hinzukam, sieht der Senat eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit allerdings erst ab November 1998 als gegeben an. Erst ab diesem Zeitpunkt entfällt daher der Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1573 Abs. 1 BGB.

2. Auf eine - erstmals mit Schriftsatz vom 11. April 2001 behauptete - Erwerbsunfähigkeit seit Januar 1998 wegen starker Depressionen kann die Klägerin einen - dann auf § 1572 Nr. 1 BGB gründenden - Unterhaltsanspruch nicht mit Erfolg stützen. Zwar wäre sie mit diesem Vortrag nicht präkludiert, da die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit erst nach Schluss der Tatsachenverhandlung im Ursprungsverfahren (= 5. Dezember 1997) eingetreten wäre (§ 323 Abs. 2 ZPO). Jedoch ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert, da die Klägerin zum Krankheitsbild keinen näheren Vortrag gehalten hat, und zudem nicht ausreichend unter Beweis gestellt hat. Die Frage der Erwerbsunfähigkeit oder auch nur eingeschränkten Erwerbsfähigkeit wegen Depressionen ist Sachverständigenfrage. Soweit sich die Klägerin zum Beweis dafür auf das Zeugnis von Nachbarinnen und Bekannten bezogen hat, sind diese Beweismittel daher zur Bestätigung des Beweisthemas ungeeignet. Aber auch ihr Beweisangebot auf Einholung eines - wohl medizinischen - Sachverständigengutachtens ist zur Beweisführung nicht geeignet. Die Klägerin hatte sich seinerzeit wegen der von ihr dargelegten psychischen Beeinträchtigung nicht in ärztliche Behandlung begeben, so dass ärztliche Befunde nicht erhoben wurden. Ohne derartige objektive Grundlagen sind von einem nunmehr zu beauftragenden Sachverständigen gesicherte Feststellungen zu Bestand und Schwere von Depressionen der Klägerin im Jahr 1998 sowie deren Auswirkungen auf ihre Erwerbsfähigkeit nicht zu treffen.

3. Aber auch nach Anrechnung fiktiver Einkünfte aus einer vollschichtigen angemessenen Erwerbstätigkeit bleibt für die Zeit ab November 1998 ein ergänzender Unterhaltsanspruch der Klägerin, da die aus einer solchen Tätigkeit erzielbaren Einkünfte zur Deckung ihres nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessenden Unterhaltsbedarfs (§ 1578 BGB) nicht ausreichen, so genannter Aufstockungsunterhaltsanspruch gemäß § 1573 Abs. 2 BGB.

4. Mit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin infolge ihrer Tumorerkrankung im Juli 2000 entfällt der Aufstokkungsunterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB. Ein solcher setzt nach der Systematik des Gesetzes voraus, dass der geschiedene Ehegatte eine angemessene (vollschichtige) Erwerbstätigkeit ausübt bzw. ihn insoweit eine Erwerbsobliegenheit trifft (BGH FamRZ 88, 265 [266]; 87, 572 [573]). An die Stelle des Aufstockungsunterhaltsanspruchs tritt ab dem Zeitpunkt der Erkrankung ein Anschlussunterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 4 BGB (BGH FamRZ 1988, 701).

Der Anschlussunterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1572 Nr. 4 BGB besteht jedoch nur in dem Umfang weiter, wie er zum Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen für den Aufstockungsunterhaltsanspruch bestanden hat, d. h. in Höhe der Differenz zwischen den fortgeschriebenen Einkünften aus der vollschichtigen Erwerbstätigkeit und dem eheangemessenen Bedarf.

Die Voraussetzungen für einen weitergehenden Unterhaltsanspruch wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nach § 1572 Nr. 4 BGB sind dagegen nicht gegeben. Insoweit fehlt es am Einsatzzeitpunkt. Ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 1 BGB bestand bei Eintritt der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit im Juli 2000 nicht mehr; er war nach dem oben Gesagten bereits Ende Oktober 1998 erloschen. Der Einsatzzeitpunkt des § 1573 Abs. 3 BGB erfasst nur Fälle, in denen im Anschluss an Kindererziehung, Krankheit oder Ausbildung eine Erwerbsfähigkeit vorlag, aber trotz ausreichender Bemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht gefunden werden konnte, bevor die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit eintrat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Aber auch § 1573 Abs. 4 BGB kommt als Einsatzzeitpunkt für einen Krankheitsunterhaltsanspruch nach § 1572 BGB nicht in Betracht, weil die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem eine im November 1998 aufgenommene Erwerbstätigkeit - die wegen der Verletzung der Erwerbsobliegenheit zu unterstellen ist - der Klägerin bereits eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts durch eigene Einkünfte ermöglicht hätte. Für eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts ist grundsätzlich maßgebend, ob die Erwerbstätigkeit des geschiedenen Ehegatten zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme nach objektiven Maßstäben und allgemeiner Lebenserfahrung mit einer gewissen Sicherheit als dauerhaft angesehen werden konnte oder ob befürchtet werden musste, dass der Bedürftige sie durch außerhalb seiner Entschließungsfreiheit liegende Umstände in absehbarer Zeit wieder verlieren würde (BGH FamRZ 1985, 1234). Eine im November 1998 von der Klägerin aufgenommene Erwerbstätigkeit hätte bei Eintritt ihrer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit im Juli 2000 bereits ein Jahr und acht Monate bestanden. Umstände, die einen Verlust der Arbeitsstelle hätten befürchten lassen, sind nicht ersichtlich; zumindest hat die für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ihres Unterhaltsanspruches darlegungs- und beweispflichtige Klägerin solche nicht hinreichend dargetan. Soweit sie vorgetragen hat, sie habe erstmals etwa im Oktober 1999 Knoten im Brustbereich ertastet, rechtfertigt dies eine andere Beurteilung nicht. Auch dieser Zeitpunkt liegt etwa ein Jahr nach der (unterstellten) Aufnahme der Erwerbstätigkeit. Im Übrigen ist ein Zusammenhang zwischen der im November 2000 diagnostizierten Tumorerkrankung und etwa ein Jahr zuvor ertasteten Knoten im Brustbereich nicht zwingend. Knoten im Brustbereich können - insbesondere bei Frauen im Alter der Klägerin - vielfältige Ursachen haben. Der lange Zeitraum zwischen den Feststellungen der Klägerin und der Befunderhebung durch ihren Arzt spricht eher gegen einen Zusammenhang.

5. Neben dem Unterhaltsanspruch aus § 1572 Nr. 4 BGB hat die Klägerin für die Zeit, ab der von ihr wegen der Erkrankung eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, einen ergänzenden Unterhaltsanspruch nach § 1576 BGB. Danach kommt ein - subsidiärer - Unterhaltsanspruch in Betracht, wenn ein vorrangiger Unterhaltsanspruch aus §§ 1570-1573 und 1575 BGB ganz oder teilweise (vgl. MüKo/Maurer, BGB, § 1576 Rdnr. 21; Soergel/Häberle, BGB, § 1576 Rdnr. 11; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdnr. 454) zu versagen ist und diese Versagung unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Ob dies auch für den hier gegebenen Fall einer Erkrankung des bedürftigen Ehegatten außerhalb der gesetzlichen Einsatzzeitpunkte gilt, ist umstritten. In der Literatur wird dies teilweise mit der Begründung abgelehnt, dass insoweit die Vorschrift des § 1572 BGB mit ihren Einsatzzeitpunkten abschließenden Charakter habe und keinen Raum für die Anwendung des § 1576 BGB lasse (Kalthoener/ Büttner aaO, Rdnr. 455; Palandt/Brudermüller, BGB, 59. Aufl., § 1576 Rdnr. 1). Nach anderer Ansicht, der sich auch der Senat anschließt, wird gerade in einer Erkrankung ein schwerwiegender Grund im Sinne dieser Vorschrift gesehen (Soergel/Häberle, BGB, 12. Aufl., § 1576 Rdnr. 10; MüKo/Maurer aaO, Rdnr. 12; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 3. Aufl., Teil IV Rdnr. 337). Der von der Gegenmeinung befürchteten uferlosen Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 1576 BGB kann im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung entgegengewirkt werden; mit zunehmender Entfernung von den Einsatzzeitpunkten werden im Rahmen der Billigkeitsprüfung strengere Anforderungen an die Ausweitung der nachehelichen Solidarität, die dem Anspruch aus § 1576 BGB zugrunde liegt, zu stellen sein (OLG Karlsruhe, FamRZ 1996, 948; OLG Hamm, FamRZ 1997, 819; Schwab aaO, Rdnr. 368). Auch nach BGH FamRZ 1990, 496 [499] sind bei Versagen eines Anspruchs aus den §§ 1570 ff BGB grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1576 BGB zu prüfen.

Vorliegend erschiene die Nichtgewährung höheren Unterhalts, als er der Klägerin nach § 1572 Nr. 4 BGB zusteht, unbillig, da der ihr danach zuzuerkennende Elementarunterhaltsbetrag ihren notwendigen Selbstbehalt nicht deckt, der daneben bestehende Altersvorsorgeunterhaltsanspruch so gering ist, dass damit nennenswerte Altersvorsorge nicht aufgebaut werden kann und Krankenvorsorgeunterhalt gar nicht berücksichtigt ist. Bei der Abwägung der Belange beider Ehegatten sind insbesondere die Ehedauer von knapp 28 Jahren bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bzw. knapp 30 Jahren bis zur Rechtskraft der Ehescheidung zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass die bei Eheschließung erst 20 Jahre alte Klägerin aufgrund der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien die Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Sohnes und die Haushaltsführung übernommen hatte und daher eine eigene berufliche Entwicklung nicht erfahren hat. Dies begründet eine erhöhte nacheheliche Mitverantwortung des Beklagten gegenüber der Klägerin. Es widerspräche jeglichem Gerechtigkeitsempfinden, der Klägerin einen den - auch für eine eingeschränkte Lebensführung nicht ausreichenden Unterhalt, wie er ihr nach § 1572 Nr. 4 BGB zusteht, übersteigenden Unterhalt zu versagen, zumal der Beklagte aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unschwer in der Lage ist, den Unterhalt zu zahlen, den die Klägerin zur Deckung ihres Bedarfs benötigt. Der Senat hält es daher unter Heranziehung des § 1576 BGB für gerechtfertigt, der Klägerin einen Unterhaltsanspruch jedenfalls in der Höhe zuzuerkennen, wie er durch die angefochtene Entscheidung zuerkannt wurde (1 312,66 DM Elementarunterhalt, 225,06 DM Arbeitslosenunterhalt und 217,89 DM Krankenvorsorgeunterhalt). Mit insgesamt 1 755,61 DM bleibt dieser hinter dem eheangemessenen Unterhaltsanspruch zurück.

II. Bis Juni 2000 bemisst sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin dagegen grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Hierzu gehören auch die ihr bereits im Ausgangsurteil zuerkannten Kranken- und Altersvorsorgeunterhaltsansprüche (§ 1578 Abs. 2 und 3 BGB).

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien waren geprägt durch das Einkommen des Beklagten aus seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit bei der Fa. BASF, das der Klägerin aus ihrer Teilzeittätigkeit, den Gebrauchsvorteil aufgrund des mietfreien Wohnens in der dem Beklagten zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehenden Wohnung sowie den Unterhaltsbedarf des gemeinsamen Sohnes. Diese Umstände sind - unter Berücksichtigung der Bindungswirkung des Ausgangsurteils auch weiterhin der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen.

1. Das Einkommen des Beklagten ist - entsprechend den Feststellungen im Ausgangsurteil - auf der Grundlage der sich aus den Verdienstbescheinigungen ergebenden Abzüge unter Einschluss der Vorteile durch die Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Die Verpflichtung zur Inanspruchnahme der Steuervorteile aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist entgegen der Annahme der Erstrichterin in der angefochtenen Entscheidung dem Beklagten bereits auferlegt worden (Urteil S. 8). Tatsächlich hat der Beklagte von der steuerlichen Entlastungsmöglichkeit durch Unterhaltszahlungen an die Klägerin ausweislich der vorgelegten Steuerbescheide auch Gebrauch gemacht, indem er sie als besondere Belastungen gemäß § 33 a Abs. 1 EStG geltend gemacht hat.

Dagegen sind Steuerrückerstattungen, die dem Beklagten unabhängig von der steuerlichen Entlastung aufgrund der Unterhaltszahlungen an die Klägerin zugeflossen sind, bei der Unterhaltsbemessung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Erhalt des im Ausgangsurteil zugunsten der Klägerin titulierten Unterhaltsbetrages von insgesamt 1 413,31 DM von Bedeutung sind. Der Beklagte hat, wie der von ihm für den Veranlagungszeitraum 1996 vorgelegte Steuerbescheid vom 2. April 1997 belegt, derartige Steuerrückerstattungen bereits vor der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsurteil (= 5. Dezember 1997) erhalten. Da sie dort in die Unterhaltsberechnung keinen Eingang gefunden haben, gilt die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass sich die Klägerin, soweit sie mit ihrer Abänderungsklage die Erhöhung des im Ausgangsurteil titulierten Unterhaltsbetrages anstrebt, hierauf nicht berufen kann, sich damit aber, da die zeitliche Schranke des § 323 Abs. 2 ZPO nur für den Abänderungskläger gilt (BGH FamRZ 1987, 259; 2000, 1499) gegenüber der auf Wegfall des titulierten Unterhalts gerichteten Widerklage des Beklagten verteidigen kann.

Das Einkommen des Beklagten ist, wie bereits im Ausgangstitel, um die 5 %-ige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen.

2. Auf Seiten der Klägerin ist für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs ihr Einkommen aus der Teilzeittätigkeit, bereinigt um den Mindestbetrag von 90,-- DM für berufsbedingte Aufwendungen (vgl. insoweit S. 8 des Ausgangsurteils) bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen, nicht jedoch das Mehreinkommen, das sie im Zeitraum Oktober 1999 bis Juni 2000 aus der halbschichtigen Erwerbstätigkeit tatsächlich bezogen hat bzw. das ihr wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit zuzurechnende fiktive Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien wurden lediglich durch das Einkommen der Klägerin aus der Teilzeittätigkeit geprägt. Fiktive Einkünfte, die keine Grundlage in der tatsächlichen Einkommenssituation der Ehegatten während der Ehe hatten, ihnen also während des Zusammenlebens nie oder jedenfalls nicht nachhaltig zur Verfügung standen, können die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägen (BGH FamRZ 1992, 1045). Aus ihnen kann ein nachehelicher Unterhaltsbedarf daher nicht hergeleitet werden.

Aber auch das in der Zeit von Oktober 1999 bis Juni 2000 infolge der tatsächlichen Ausweitung der Erwerbstätigkeit erzielte Mehreinkommen hat die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt und hat daher auf die Bedarfsbemessung keinen Einfluss.

Soweit die Klägerin in der Berufungserwiderung die vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung mit unzutreffenden Erwägungen befürwortete Anwendung der Differenzmethode auch auf die Mehreinkünfte - die im Ergebnis zu einer Berücksichtigung derselben bei der Bedarfsbemessung führt mit dem Vorbringen zu rechtfertigen sucht, ihre Lebensplanung habe schon während der Ehe auf eine Vollzeitarbeitsstelle gezielt, ist dem nicht zu folgen. Der Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung setzt einen Endpunkt für die Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse. Einkünfte, die nach Rechtskraft der Ehescheidung durch Ausweitung der Erwerbstätigkeit erzielt werden, beeinflussen daher die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich nicht mehr (BGH FamRZ 1981, 539 [541]; 1985, 161 [162]). Dies gilt selbst dann, wenn die Ausweitung der Erwerbstätigkeit der gemeinsamen Planung der Eheleute entsprach (BGH FamRZ 1986, 783 [785]), was vorliegend auch nach dem Vorbringen der Klägerin nicht der Fall war. Einkünfte aus einer erst nach Rechtskraft der Ehescheidung ausgeweiteten Erwerbstätigkeit sind nur dann ausnahmsweise noch als eheprägend anzusehen, wenn die (gemeinsame) Planung bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung wenigstens teilweise verwirklicht worden ist oder die gemeinsam geplante Ausweitung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung verwirklicht werden konnte (BGH FamRZ 1986 aaO, und 1988, 145 [146]). Hier erfolgte die - nicht auf gemeinsamer Planung beruhende - Ausweitung der Erwerbstätigkeit seitens der Klägerin erst gut eineinhalb Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung, so dass der erforderliche zeitliche Zusammenhang nicht mehr gegeben ist.

3. Der Gebrauchsvorteil aufgrund des mietfreien Wohnens hat zweifelsfrei die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt. Hiervon ist auch der erkennende Richter im Ausgangsverfahren ausgegangen (S. 7 des Ausgangsurteils). Da dieser Wohnvorteil in der Ausgangsentscheidung gleichwohl bei der Bedarfsbemessung keine Berücksichtigung gefunden hat (sondern lediglich als die Bedürftigkeit der Klägerin mindernder Umstand), kann der Wohnvorteil wegen der Bindungswirkung des Ausgangsurteils auch nunmehr bei der Bedarfsbemessung nur berücksichtigt werden, soweit dadurch dem mit der Widerklage verfolgte Wegfall des Unterhaltsanspruchs bzw. dessen Reduzierung begegnet wird, während sich die Klägerin zur Begründung eines höheren Unterhaltsanspruchs wegen der Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO darauf nicht berufen kann.

Bei nachehelichem Unterhalt ist als Wohnwert regelmäßig die objektive Marktmiete anzusetzen. Diese bemisst der Senat unter Berücksichtigung der Wohnungsgröße sowie deren Lage im Einzugsgebiet des Großraums Ludwigshafen-Mannheim auf monatlich 1 000,-- DM. Für eine solche Wohnung ist dort nach den Erkenntnissen des Senats aus einer Vielzahl von Verfahren eine Kaltmiete in dieser Höhe zu zahlen.

4. Kindesunterhaltsbedarf für den gemeinsamen Sohn der Parteien ist ab dem hier streitgegenständlichen Zeitraum (Juli 1998) nicht mehr zu berücksichtigen. Insoweit ist in den tatsächlichen Verhältnissen seit Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsurteil eine Veränderung eingetreten, die - da die zunehmende wirtschaftliche Verselbständigung von Kindern und der dadurch bedingte Wegfall der Unterhaltsbedürftigkeit bereits in der Ehe angelegt und Ausfluss der normalen Weiterentwicklung ist - bereits bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen ist.

Eine Unterhaltsverpflichtung der Parteien gegenüber dem gemeinsamen Sohn bestand seit Juli 1998 durchgehend nicht mehr. Der am 1. Dezember 1974 geborene und mithin zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums 23 1/2 Jahre alte Sohn der Parteien hatte sein Studium unstreitig bereits im Frühjahr 1998 abgebrochen. Er war daher ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Dass der Sohn mit der vorübergehenden Aufnahme der Erwerbstätigkeit bei der BASF zur Überbrückung der Wartezeit bis zum Beginn der Ausbildung bis zum 20. Oktober 1998 zugewartet hat, muss sich die Klägerin nicht entgegenhalten lassen. Bei der vom Sohn der Parteien unterhaltsrechtlich zu fordernden Aufnahme einer Erwerbstätigkeit schon vor Juli 1998 hätte dieser seinen Unterhaltsbedarf auch ab diesem Zeitpunkt bereits selbst decken können.

Aber auch mit Beginn der Ausbildung zum Hotelfachmann ab September 1999 besteht ein Unterhaltsanspruch des Sohnes für diese "zweite" Ausbildung nach Abbruch des Studiums erst im höheren Semester nicht (vgl. Wendl/Staudigl aaO, 2 Rdnr. 71). Darüber hinaus verbleibt nach Anrechnung der (bereinigten) Ausbildungsvergütung zuzüglich Trinkgeld und dem an den Sohn ausgezahlten Kindergeld ohnehin lediglich ein geringer Unterhaltsbedarf des Sohnes, den dieser aus Rücklagen der Einkünfte aus der Tätigkeit bei der BASF, zu deren Bildung er unterhaltsrechtlich verpflichtet war, decken kann. Soweit der Beklagte den Sohn gleichwohl seit September 1999 wieder finanziell unterstützt, tut er dies daher freiwillig und ohne Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung; auf eine dadurch bedingte Reduzierung seines Einkommens kann sich der Beklagte gegenüber dem Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht berufen.

5. Der Klägerin sind, wie auch bereits im Ausgangsurteil, neben dem Elementarunterhalt Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhaltsansprüche zuzuerkennen, Krankenvorsorgeunterhalt jedoch nur für die Zeiträume, für die sie sich keine fiktiven Einkünfte aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit zurechnen lassen muss, da sie im Falle der Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit über eine eigene Krankenversicherung verfügt hätte.

Demgegenüber verbleibt auch für diesen Zeitraum ein (ergänzender) Altersvorsorgeunterhaltsanspruch; der Vorsorgebedarf bemisst sich dabei nach dem nach Abzug des fiktiven Mehreinkommens verbleibenden Elementarunterhaltsbedarf ohne Berücksichtigung des Wohnvorteils (BGH FamRZ 1992, 423 FamRZ 2000, 351). In diesem Zeitraum bedarf es keiner mehrstufigen Berechnung des endgültigen Elementarunterhaltsanspruchs, da wegen der Anrechnung des (fiktiven) Einkommens eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes zu Lasten des' Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen ist (BGH FamRZ 1999, 372 [374]). Dagegen verbleibt es für die übrigen Zeiträume, in denen eine Anrechnung nicht prägender Einkünfte auf die Unterhaltsquote nicht erfolgt, bei der zweistufigen Berechnung des neben Kranken- und Vorsorgeunterhalt geschuldeten Elementarunterhaltes zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes (BGH FamRZ 1988, 1145 [1148]).

III. Die Klägerin ist in den Zeiträumen Juli 1998 bis Oktober 1998 sowie ab Juli 2000 in Höhe ihres Unterhaltsbedarfs bedürftig.

Fiktive Zinseinkünfte aus ihr aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung zugeflossenen Kapitalerträgen muss sie sich nicht anrechnen lassen. Der Verbrauch der ihr aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung zugeflossenen rund 30 000,-- DM ist angesichts des Umzuges in die Mietwohnung zum Juni 1998 und der damit verbundenen finanziellen Belastungen, die die Klägerin aus dem gezahlten Elementarunterhalt von rund 850,-- DM und den geringen eigenen Einkünften - insbesondere im Jahr 1998 - nicht decken konnte, unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar, zumal die Klägerin einen Teilbetrag daraus ohnehin nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs einsetzen muss, sondern zum Bestreiten unvorhersehbarer Ausgaben zurückhalten darf.

Für den Zeitraum von November 1999 bis einschließlich Juni 2000 muss sie sich dagegen fiktive Mehreinkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit bedarfsmindernd rechnen lassen. Die Klägerin könnte aus einer ihr zumutbaren (nicht minderen) Erwerbstätigkeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1 900,-- DM erzielen (ausgehend von einem Stundenlohn von 18,-- DM bei einer 37-Stunden-Woche unter Berücksichtigung von gesetzlichen Abzügen nach Steuerklasse I sowie rund 20,5 % Arbeitnehmeranteil an den Sozialleistungen). Das anzurechnende Mehreinkommen beläuft sich damit auf (1 900,-- DM ./. 5 % berufsbedingte Aufwendungen ./. prägendes Einkommen 615,-- DM x 6/7 =) 1 020,-- DM.

Damit ergibt sich für die einzelnen Zeiträume folgende Unterhaltsberechnung:

1. Juli bis Oktober 1998:

- weitergehender Anspruch wegen Erwerbslosigkeit

durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen des Beklagten unstreitig 4 286,25 DM zzgl. anteilige Dienstaltersprämie

(wie Ausgangsurteil) 110,-- DM zzgl. Steuervorteil (nur Realsplitting) rund 515.-- DM 4 911,25 DM ./. Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen rund 245,-- DM ./. Krankenvorsorgeunterhalt Beklagte wie im Ausgangsurteil 186,91 DM ./. Altersvorsorgeunterhalt für Beklagte wie im Ausgangsurteil 373.84 DM = bereinigtes Erwerbseinkommen des Beklagten rund 4 105,-- DM ./.prägendes Einkommen der Klägerin nach Abzug der Mindestpauschale für berufsbedingte Aufwendungen 525.-- DM = Einkommensdifferenz 3 580,-- DM 3/7 = Elementarunterhaltsanspruch rund 1 535,-- DM;

es verbleibt daher für diesen Zeitraum bei den im

- allein vom Beklagten - angefochtenen Urteil zuerkannten Elementarunterhaltsanspruch von monatlich 1 213,32 DM.

2. November 1998 bis Juni 2000

- Aufstockungsunterhaltsanspruch

a) November und Dezember 1998:

durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen des Beklagten (wie vor) 4 286,-- DM

zzgl. anteilige Dienstaltersprämie 110,-- DM

zzgl. Steuererstattung (Grundlage Steuerbescheid für 1997 vom 17.04.1998 - Bl. 134 d.A. - umgelegt auf 12 Monate) 673.-- DM

= Gesamterwerbseinkommen 5 069,-- DM.

./. Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (5 %) 253.-- DM

= bereinigtes Nettoerwerbseinkommen 4 816,-- DM

./. prägendes Einkommen der Klägerin (bereinigt um Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen) 525.-- DM

= Einkommensdifferenz 4 291,-- DM

= Quotenunterhaltsbedarf der Klägerin 1 839,-- DM

./. anzurechnendes fiktives Mehreinkommen (bereinigt) 1 020.-- DM

= verbleibender Unterhaltsbedarf 819,-- DM

daraus Altersvorsorgeunterhaltsanspruch (ermittelt nach der Bremer Tabelle; Zuschlagssatz 15 %, Beitragssatz 20,3 %) rund 191,-- DM

Damit beläuft sich der Elementarunterhaltsanspruch zuzüglich des hälftigen Wohnvorteils auf (819,-- DM + 500,-- DM =) 1 319,-- DM; zuzüglich des Altersvorsorgeunterhaltsanspruches von 191,-- DM ergibt dies einen Gesamtunterhaltsanspruch von 1 510,-- DM.

Soweit danach der Gesamtunterhaltsanspruch die im Ausgangsurteil titulierte Gesamtunterhaltsrente von monatlich 1 413,31 DM übersteigt, beruht dies jedoch ausschließlich auf der Berücksichtigung des Wohnvorteils und des gesamten vom Beklagten vereinnahmten Steuerrückerstattungsbetrages beim Unterhaltsbedarf der Klägerin; diese Umstände können jedoch wegen der Bindungswirkung des Ausgangsurteils nur insoweit Berücksichtigung finden als dadurch eine Reduzierung des im Ausgangsurteil titulierten Unterhaltsbetrages abgewandt wird. Es verbleibt daher für diesen Unterhaltszeitraum bei dem titulierten monatlichen Gesamtunterhalt von 1 413,31 DM, davon 191,-- DM Altersvorsorgeunterhalt, 1 222,31 DM Elementarunterhalt.

b) Januar bis Dezember 1999

monatliches durchschnittliches

Nettoerwerbseinkommen des Beklagten (Grundlage Gehaltsbescheinigung 12/99 - Bl. 166 d.A.) 3 917,32 DM

zzgl. umgelegte Dienstaltersprämie 110,-- DM

zzgl. Steuerrückerstattung (nach Steuerbescheid für 1998 vom 04.05.1999 - Bl. 137 d.A. - umgelegt auf 12 Monate) 616.49 DM

= Gesamterwerbseinkommen 4 643,81 DM

./. Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (5 %) 232.-- DM

= bereinigtes monatliches Nettoerwerbseinkommen rund 4 412,-- DM

./. prägendes Einkommen der Klägerin 525.-- DM

= Einkommensdifferenz 3 887,-- DM

3/7 = Quotenbedarf der Klägerin rund 1 665,-- DM

./. anzurechnendes fiktives Mehreinkommen 1 020.-- DM

= verbleibender Unterhaltsbedarf 645,-- DM

Daraus Altersvorsorgeunterhalt (Zuschlagssatz nach Bremer Tabelle 15 %, Beitragssatz 20,3 % bzw. ab April 19,5 %) rund 151,-- DM im Zeitraum Januar bis März bzw. rund 145,-- DM ab April.

Damit beläuft sich der Elementarunterhaltsanspruch einschließlich des hälftigen Wohnvorteils auf (645,-- DM + 500,-- DM =) 1 145,-- DM; zuzüglich des Altersvorsorgeunterhaltsanspruches von 151,-- DM bzw. 145,-- DM ergibt dies einen Gesamtunterhaltsanspruch von 1 296,-- DM bzw. 1 290,-- DM.

Eine Reduzierung des geschuldeten Unterhaltes unter den im Ausgangsurteil zuerkannten Betrag kommt gemäß § 323 Abs. 3 ZPO erst ab dem 10. September 1999 in Betracht; es verbleibt daher bis einschließlich 9. September 1999 bei den im Ausgangsurteil titulierten 1 413,31 DM Gesamtunterhalt, davon 151,-- DM Altersvorsorgeunterhalt. Für die Zeit ab 10. September 1999 beläuft sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin dagegen entsprechend obiger Berechnung auf (1 145,-- DM + 145,-- DM =) 1 290,-- DM monatlich.

c) Januar bis Juni 2000:

durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen des Beklagten (wie im angefochtenen Urteil errechnet) 3 946,89 DM

zzgl. umgelegte Dienstaltersprämie 110,-- DM

zzgl. Steuerrückerstattung (Steuerbescheid für 1999 vom 31.03.2000 - Bl. 40 d.A. - umgelegt auf 12 Monate 659.-- DM

= Gesamtnettoeinkommen 4 715,89 DM

./. Pauschale für berufsbedingte

Aufwendungen (5 %) 235.80 DM damit bereinigtes Nettoerwerbseinkommen Beklagter rund 4 480,-- DM

./. prägendes Einkommen Klägerin 525.-- DM

= Einkommensdifferenz 3 955,-- DM

3/7 hiervon = Quotenbedarf Klägerin rund 1 695,-- DM

./. anzurechnendes fiktives Mehreinkommen 1 020.-- DM

= verbleibender Unterhaltsbedarf 675,-- DM

daraus Altersvorsorgeunterhalt (Zuschlagssatz nach Bremer Tabelle 15 %, Beitragssatz 19,3 %) rund 150,-- DM

damit ergibt sich einschließlich des Wohnvorteils ein Elementarunterhaltsanspruch von (675,-- DM + 500,-- DM =) 1 175,-- DM;

zuzüglich des Altersvorsorgeunterhaltsanspruches von 150,-- DM mithin ein Gesamtunterhaltsanspruch von 1 325,-- DM.

3. Ab Juli 2000:

- Krankheitsunterhalt (§§ 1572 Nr. 4 1576 BGB)

monatliches durchschnittliches Nettoerwerbseinkommen des Beklagten 3 946,89 DM

zzgl. umgelegte Dienstaltersprämie 110,-- DM

zzgl. Steuererstattung (nur saldiertes Realsplitting) rund 549.-- DM

= 4 606,-- DM

./. Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (5 %) rund 230.-- DM

= bereinigtes Nettoerwerbseinkommen Beklagter rund 4 376,-- DM

./. prägendes Einkommen Klägerin 525.-- DM

= Einkommensdifferenz 3 851,-- DM

3/7 hiervon = vorläufiger Elementarunterhaltsbedarf rund 1 650,-- DM

daraus Krankenvorsorgeunterhaltsbedarf (Beitragssatz 13,5 %) rund 223,-- DM

Altersvorsorgeunterhaltsbedarf: (4 376,-- DM ./. 223,-- DM ./. 525,-- DM x 3/7 =) rund 1 555,-- DM; Zuschlagssatz nach Bremer Tabelle 18 %, Beitragssatz 19,3 % = rund 354,-- DM;

endgültiger Elementarunterhaltsbedarf: 4 376,-- DM ./. 223,-- DM ./. 354,-- DM ./. 525,-- DM x 3/7 = rund 1 405,-- DM.

Gesamtunterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen damit: 1 405,-- DM + 223,-- DM + 354,-- DM = 1 982,-- DM.

Damit bleibt der durch das angefochtene Urteil titulierte Gesamtunterhaltsanspruch mit 1 755,61 DM (Elementarunterhalt 1 312,66 DM, Krankenvorsorgeunterhalt 217,89 DM, Altersvorsorgeunterhalt 225,06 DM) hinter dem eheangemessenen Unterhaltsbedarf der Klägerin zurück; diesen im angefochtenen Urteil titulierten Gesamtunterhaltsanspruch schuldet der Beklagte der Klägerin als angemessenen Krankheitsunterhalt unter Heranziehung des § 1576 BGB ab Juli 2000.

Bei diesem Unterhaltsanspruch verbleibt es auch nach Ablauf des Umlegungszeitraumes für die Dienstaltersprämie Ende Februar 2001; dies wird kompensiert durch den höheren Steuervorteil aus der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings (Verringerung der Steuernachteile für Klägerin wegen Wegfalls des Erwerbseinkommens), so dass das Gesamtnettoeinkommen des Beklagten einschließlich der Vorteile aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch danach nicht geringer ist als durchschnittlich monatlich rund 4 375,-- DM.

V. Der Beklagte ist durchgängig zur Gewährung des Unterhaltes der Klägerin in der Lage, ohne seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden. Er hat auch Einwendungen gegen seine Leistungsfähigkeit nicht erhoben.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit er: gibt sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2000 in vollem Umfang und für die Zeit ab Juli 2000 in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 1 325,-- DM aus §§ 708 Nr. 8, 711, 713 ZPO und für den monatlich 1 325,-- DM übersteigenden Betrag ab Juli 2000 sowie hinsichtlich der Kosten aus §§ 708 Nr. 8, 711 ZPO.

VII. Der Senat lässt gemäß §§ 621 d Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 4, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO die Revision zu, soweit für die Zeit ab Juli 2000 neben dem Anspruch auf Krankheitsunterhalt aus § 1572 Nr. 4 BGB in Höhe des bis dahin bestehenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs (§ 1573 Abs. 2 BGB) ein (ergänzender) Krankheitsunterhalt gemäß § 1576 BGB zuerkannt wurde. Die Frage, ob und inwieweit bei Scheitern eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit am Einsatzzeitpunkt ein solcher nach § 1576 BGB gegeben ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in der zitierten Entscheidung vom 31. Januar 1990 (FamRZ 1990, 496 [499]) offen gelassen. Der Senat hält die Beschränkung der Revision auf den sich aus der Anwendung des § 1576 BGB ergebenden, monatlich 1 325,-- DM übersteigenden Unterhaltsbetrag im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in FamRZ 1979, 233 f und 1982, 684 f, für zulässig. Da insoweit durch die Senatsentscheidung lediglich der Beklagte beschwert ist, ist die Revisionszulassung auf ihn zu beschränken (vgl. Zöller/ Grammer, ZPO, 22. Aufl., § 546 Rdnr. 43 f).

Beschluss:

1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

23 834,72 DM

festgesetzt (Klage: 4 x [1 213,32 DM ./. 852,76 DM] +2 x [1 441,-- DM + 248,26 DM + 443,15 DM ./. 1 413,31 DM] + 8 x [1 405,49 DM + 224,86 DM + 282,28 DM ./. 1 413,31 DM] = 6 875,-- DM; widerklage: 12 x [8523,76 DM + 186,71 DM + 373,84 DM] = 16 959,72 DM).

2. In Abänderung des Senatsbeschlusses vom 2. März 2001 wird der Klägerin Rechtsanwalt B..., beigeordnet.

Ende der Entscheidung

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