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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 16.01.2004
Aktenzeichen: 2 UF 181/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, KostO


Vorschriften:

BGB § 1617 a Abs. 2
BGB § 1618
BGB § 1618 Satz 1
BGB § 1618 Satz 4
ZPO § 621 e Abs. 1
KostO § 131 Abs. 3
Keine gerichtliche Ersetzung der nach § 1618 Satz 1 BGB erforderlichen Einbenennungserklärung des Stiefvaters in analoger Anwendung von § 1618 Satz 4 BGB.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 180/03 2 UF 181/03

In der Familiensache

betreffend die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung zur Namenserteilung hinsichtlich des Jugendlichen

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die Beschwerden der Antragstellerin vom 27. Oktober 2003, eingegangen am 28. Oktober 2003, gegen die ihr am 13. Oktober 2003 zugestellten Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 7. Oktober 2003

ohne mündliche Verhandlung am 16. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.

3. Die Gegenstandswerte der Beschwerden werden auf jeweils 3 000,00 EUR festgesetzt.

4. Dem Antragsgegner wird zur Abwehr der Beschwerden der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwältin ..., ..., beigeordnet. Von der Anordnung von Ratenzahlungen wird abgesehen.

Gründe:

I.

Der betroffene Jugendliche ist das eheliche Kind der Beteiligten zu 1) und 2). Die Ehe seiner Eltern wurde im Mai 1994 geschieden. Die Antragstellerin ist Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge. Der Jugendliche trägt den Familiennamen (früheren Ehenamen) des Antragsgegners. Ein Kontakt zwischen Vater und Sohn besteht seit etwa 1996 nicht mehr. Die Antragstellerin hat am 19. Juni 2000 wieder geheiratet und führt seither den Namen ihres - am 1. Oktober 2000 verstorbenen - Ehemannes als Ehenamen.

Die Antragstellerin betreibt die Einbenennung des Jugendlichen gemäß § 1618 BGB und beantragt, die hierzu erforderliche Erklärung ihres verstorbenen Ehemannes, die dieser nur wegen seines frühen Todes nicht mehr habe abgeben können, und die - nach ihrer Darlegung verweigerte - Zustimmung des Antragsgegners gerichtlich zu ersetzen.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein hat mit der angefochtenen Entscheidung die Ersetzung der zur Einbenennung erforderlichen Erklärungen verweigert. Einer Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners bedürfe es nicht, weil die Voraussetzungen einer Einbenennung auch dann nicht gegeben seien. Es fehle an der erforderlichen Erklärung des Stiefvaters; diese könne nach dessen Tod nicht mehr erfolgen. Sie habe höchstpersönlichen Charakter und könne daher auch nicht durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Für eine analoge Anwendung von § 1618 Satz 4 BGB bestehe kein Anlass. Der Gesetzgeber habe die Ersetzung der Erklärung des Stiefvaters nicht vorgesehen.

II.

Mit ihren als befristeten Beschwerden gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Die Ersetzung der Zustimmungserklärung des Stiefvaters sei in analoger Anwendung von § 1618 Satz 4 BGB geboten. Insoweit bestehe eine durch analoge Gesetzesanwendung zu schließende Lücke. Die restriktive Handhabung der Rechtspflegerin sei mit dem gesetzgeberischen Ziel der Integration von Stiefkindern in die Stieffamilie nicht zu vereinbaren.

Die Rechtsmittel der Antragstellerin sind unbegründet.

1. Das Familiengericht hat mit Recht die Ersetzung der nach § 1618 Satz 1 BGB erforderlichen Einbenennungserklärung des Stiefvaters, die von diesem in der erforderlichen Form (§ 1618 Satz 5 BGB) nicht abgegeben und wegen deren höchstpersönlichen Charakters nach dessen Tod auch nicht mehr wirksam nachgeholt werden kann, verweigert.

Die gerichtliche Ersetzung der für die Einbenennung eines Kindes in die neue Familie nach § 1618 BGB erforderlichen Erklärungen ist lediglich für die - verweigerte - Zustimmung des anderen Elternteiles des Kindes, dessen Namen das Kind noch führt, hier also des Antragsgegners, vorgesehen (Satz 4), nicht aber für die Einwilligung des neuen Ehemannes des betreuenden Elternteiles nach Satz 1 der vorgenannten Vorschrift.

Eine gerichtliche Ersetzung dieser Einbenennungserklärung in analoger Anwendung von Satz 4 kommt nicht in Betracht.

Das Erfordernis der Einwilligung des anderen - nicht betreuenden - Elternteiles in die - von dem betreuenden Elternteil und dessen Ehegatten (Satz 1) und des Kindes, soweit es das 5. Lebensjahr vollendet hat (Satz 4), gewollte - Einbenennung dient ausschließlich dem Schutz des anderen Elternteiles am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und dem Kind (BT-Drucks. 13/4899 S. 92). Eine gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung ist nach ganz herrschender Rechtsprechung, auch der des Senates, nur möglich, wenn die Einbenennung zum Wohl des Kindes unabdingbar notwendig ist. In diesen Fällen muss der Schutz des anderen Elternteiles an der Erhaltung des Namensbandes zurücktreten.

Im Verhältnis zum Stiefelternteil, dessen Namen das Kind erhalten soll, besteht eine solche Konfliktlage nicht. Dieser hat als Träger des Namens, den das Kind erhalten soll (und will), ein freies Entscheidungsrecht darüber, ob er dem Stiefkind seinen Namen geben will oder nicht. Er kann seine Einwilligung in die Einbenennung selbst dann verweigern, wenn alle übrigen Beteiligten mit einer solchen Einbenennung einverstanden sind und die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich wäre. Diese höchstpersönliche - absolut freie - Entscheidung des Stiefelternteiles kann daher auch nicht durch einen Vertreter abgegeben werden. Ebenso verbietet sich eine gerichtliche Ersetzung derselben in Fällen ihrer Verweigerung oder wenn sie vom Stiefelternteil - etwa wegen dessen Geschäftsunfähigkeit oder aber weil dieser, wie hier, verstorben ist - nicht mehr abgeben kann. Die unterbliebene gesetzliche Regelung einer Ersetzungsmöglichkeit der Einbenennungserklärung des Stiefelternteils beruht daher entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht auf einer durch analoge Anwendung zu schließenden Gesetzeslücke.

Die Entscheidungsfreiheit desjenigen, dessen Namen ein Kind erhalten soll, zeigt sich im Übrigen auch an anderer Stelle des Kindesnamensrechtes: § 1617 a Abs. 2 BGB erfordert in Fällen, in denen die Eltern keinen Ehenamen haben und ein Elternteil allein sorgeberechtigt ist, für die Erteilung des Namens des anderen (nicht sorgeberechtigten) Elternteiles ebenso dessen Einwilligung; eine gerichtliche Ersetzung dessen (verweigerter) Einwilligung ist nicht vorgesehen. Ist aber der nicht sorgeberechtigte leibliche Elternteil bereits in seiner Entschließung, ob sein Kind seinen Namen tragen soll, frei, so muss dies erst recht für den Stiefelternteil, mit dem das Kind nicht verwandtschaftlich verbunden ist, gelten.

Gegen eine Ersetzung der Einwilligung des Stiefelternteiles nach dessen Tod spricht im Übrigen auch, dass dadurch der Normzweck des § 1618 BGB - die Integration des Stiefkindes in die neue Stieffamilie, in der es lebt - nicht mehr erreicht werden kann. Eine Einbenennung des Stiefkindes in die neue Familie setzt daher bereits nach dem Gesetzeswortlaut - Erklärung des betreffenden Elternteiles und dessen Ehegatten - voraus, dass die Ehe bei Wirksamwerden der Einbenennung schon und noch besteht. Ist die Ehe durch den Tod des Ehegatten beendet, lässt sich dieser Zweck nicht mehr erreichen. Nach ganz allgemeiner Ansicht (MünchKomm.-von Sachsen Gessaphe, BGB, 4. Aufl., § 1618 Rdnr. 10; ZIP Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1618 Rdnr. 6; Staudinger-Coester, BGB Stand 2000, § 1618 Rdnr. 13), der sich auch der Senat anschließt, ist daher der Fortbestand der (neuen) Ehe Grundvoraussetzung einer Einbenennung. Ob eine Einbenennung auch dann noch erfolgen kann, wenn der Stiefelternteil die Einwilligung bereits vor seinem Tode formgerecht erteilt hat, jedoch bei Wirksamwerden der Erklärung (deren Einreichung beim Standesamt) bereits verstorben ist (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1618 Rdnr. 14 mit Hinweisen auf OLG Frankfurt am Main ZfJ 1962, 270 f), kann dahinstehen, da hier vom Stiefvater eine solche formgerechte Erklärung vor seinem Tod nicht abgegeben worden ist.

2. Da mithin eine Einbenennung des betroffenen Jugendlichen nach § 1618 BGB bereits wegen der fehlenden Erklärung des Stiefvaters nicht mehr erfolgen kann, besteht für eine gerichtliche Ersetzung der (verweigerten) Zustimmung des leiblichen Vaters, dessen Name der Jugendliche trägt, kein Rechtsschutzbedürfnis.

Darüber hinaus wäre die begehrte Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners auch aus sachlichen Gründen zu versagen. Es sind keine hinreichenden Gründe dafür dargetan und ersichtlich, dass die Einbenennung für das Wohl des Jugendlichen unabdingbar notwendig, d. h. zur Abwendung konkreter ihm drohender Schäden, unerlässlich wäre (BGH FamRZ 2002, 94 f, 1330 f und 1330 f). Namensungleichheit von betreuendem Elternteil und Kind und der sich dadurch in bestimmten Lebenssituationen ergebende Erklärungsbedarf gegenüber Dritten können die Erforderlichkeit der Einbenennung ebenso wenig begründen wie der Umstand, dass Einbenennung ebenso wenig begründen wie der Umstand, dass keine persönlichen Kontakte mehr zwischen Vater und Sohn bestehen.

3. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gemäß § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Antragstellerin hat allerdings die dem Antragsgegner durch ihre unbegründeten Rechtsmittel entstandenen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen (§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG).

Die Festsetzung der Gegenstandswerte der Beschwerden beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Dem Antragsgegner war zur Verteidigung gegen die Beschwerden der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da er nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 119 Abs. 1 Satz 2, 114, 115 ZPO).

Ende der Entscheidung

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