Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 2 UF 182/07
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 b
BGB § 1587 h
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
Allein der Umstand, dass dem Ausgleichspflichtigen nach Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nur noch Alterseinkünfte bleiben, die den nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu belassenden Selbstbehalt nur unwesentlich übersteigen, rechtfertigt keine Kürzung der Ausgleichsrente im Hinblick auf die aus der Betriebsrente zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, wenn sich die Alterseinkünfte des Ausgleichsberechtigten nicht deutlich günstiger darstellen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 182/07

In der Familiensache

wegen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners vom 13. September 2007, eingegangen am 14. September 2007 gegen den ihm am 15. August 2007 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 2. August 2007 nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 2. August 2007 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zum Ausgleich seiner betrieblichen Altersversorgung bei der Firma B... eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von

- 273,13 Euro für Juni 20007 und

- monatlich 272,88 Euro ab Juli 2007

zu zahlen.

Die künftig fällig werdenden Ausgleichsrenten sind jeweils im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zu zahlen.

2. Der Antragsgegner hat seine Betriebsrentenansprüche gegenüber der Fa. B... in dem in Ziffer 1 genannten Umfang für die Zeit ab 1. Januar 2008 an die Antragstellerin abzutreten.

II. Die weitergehende befristete Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es beim Kostenausspruch im angefochtenen Beschluss.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1 000,00 Euro festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am ... geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Antragsgegner am 21. April 1998 zugestellten Antrag durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 20. Dezember 2000 (Az.: 1 F 86/00) geschieden.

Im Rahmen des Scheidungsverbundes wurde der Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass vom Versorgungskonto des Antragsgegners Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 846,09 DM (zum Ausgleich der Wertdifferenz der beiderseitigen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung) und 86,80 DM (zum Teilausgleich der betrieblichen Altersversorgung des Antragsgegners bei der Firma B...) , jeweils bezogen auf den 31. März 1998, auf das Versorgungskonto der Antragstellerin übertragen worden sind. Der Ausgleich der verbleibenden Anwartschaften des Antragsgegners auf Betriebsrente wurde dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Der Antragsgegner erhält bereits seit 1. Juni 1999 Rente. Die Antragstellerin bezieht seit 1. Oktober 2002 Altersrente für Frauen (Rentenbescheid vom 23. Oktober 2002 - Bl. 22 ff d.A.).

Mit dem Antragsgegner am 30. Mai 2007 zugestellten Antrag begehrt die Antragstellerin die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bezüglich der Betriebsrente.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner zur Zahlung einer monatlichen Ausgleichsrente in Höhe von 273,13 Euro seit 1. Juni 2007 sowie zur Abtretung seiner Rentenansprüche gegenüber der Versorgungsträgerin in Höhe des Ausgleichsbetrages an die Antragstellerin verpflichtet.

Mit seiner hiergegen eingelegten befristeten Beschwerde erstrebt der Antragsteller eine Reduzierung der Ausgleichsverpflichtung.

Die Berechnungsweise des Familiengerichtes trage dem Gedanken einer versorgungsrechtlichen Gleichstellung der Parteien für die Ehezeit nicht hinreichend Rechnung. Ihm bleibe von den während der Ehezeit erwirtschafteten Versorgungsanrechten weniger als der Antragstellerin, weil er aus der gesamten Bruttobetriebsrente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Sterbekasse erbringen müsse, während die Antragstellerin die Ausgleichsrente in vollem Umfang behalten dürfe. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung müsse der an die Antragstellerin zu zahlende Ausgleichsbetrag daher entsprechend korrigiert werden, zumal auch ansonsten die Vermögensverhältnisse der Parteien gleichwertig seien.

Die Antragstellerin tritt einer Kürzung der vom Antragsgegner an sie zu zahlenden Ausgleichsrente entgegen. Das Familiengericht sei bei seiner Berechnung zutreffend von den Bruttobeträgen der schuldrechtlich auszugleichenden Betriebsrente des Antragsgegners ausgegangen. Dem Umstand, dass der Antragsgegner weiterhin Sozialversicherungsbeiträge aus der gesamten betrieblichen Altersversorgung zu zahlen habe, könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur im Ausnahmefall durch Kürzung der Ausgleichsrente Rechnung getragen werden. Ein solcher Ausnahmefall sei vorliegend nicht gegeben, da die ungekürzte Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs weder zu einer Gefährdung des angemessenen Unterhaltes des Antragsgegners führe noch zu deutlich günstigeren wirtschaftlichen Verhältnisse auf ihrer Seite.

II.

Die befristete Beschwerde des Antragsgegners ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache führt das Rechtsmittel lediglich zu einem geringen Erfolg.

Mit Rücksicht auf den zum 1. Juli 2007 gestiegenen aktuellen Rentenwert erhöht sich der bereits im Scheidungsverbund ausgeglichene Teil der Betriebsrente des Antragsgegners, so dass ab diesem Zeitpunkt ein etwas geringerer Ausgleichsanspruch der Antragstellerin gemäß § 1587 g Abs. 1 S. 1 BGB verbleibt (1).

Eine Kürzung des Anspruches der Antragstellerin auf Zahlung der Ausgleichsrente im Hinblick auf die vom Antragsgegner auch künftig aus der gesamten Betriebsrente zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge nach § 1587 h Nr. 1 BGB kommt dagegen nicht in Betracht (2).

(1) Bei der Bemessung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente ist - wie im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich (§ 1587 a BGB) vom Bruttobetrag der Rente des Ausgleichspflichtigen auszugehen (§ 1587 g Abs. 2 Satz 1 BGB - BGH FamRZ 2001, 25). Nach Ehezeitende eingetretene Veränderungen, insbesondere Rentensteigerungen sind zu berücksichtigen (§ 1587 g Abs. 2 Satz 2 BGB).

Der Antragsgegner bezieht seit dem 1. Januar 2007 und damit auch für den hier maßgeblichen Zeitraum ab 1. Juni 2007 (vgl. § 1587 k Abs. 1 i. V. m. § 1585 b Abs. 2 BGB) eine Bruttobetriebsrente der Firma BASF AG in Höhe von monatlich 641,89 Euro. Diese Rentenleistung beruht auf einer Betriebszugehörigkeit, die insgesamt in der Ehezeit liegt und unterfällt damit dem Versorgungsausgleich in voller Höhe. Zugunsten der Antragstellerin auszugleichen sind mithin (641,89 Euro : 2 =) gerundet 320,95 Euro.

Bereits öffentlich-rechtlich gemäß 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen wurden im Rahmen des Scheidungsverbundes betriebliche Anwartschaften in Höhe von monatlich 86,80 DM, bezogen auf das Ehezeitende = 31. März 1998. Dieser auf der Grundlage der damals geltenden, zwischenzeitlich außer Kraft getretenen, Barwertverordnung errechnete Teilbetrag ist wegen der zwischenzeitlichen Wertsteigerungen auf den aktuellen Nominalbetrag hochzurechnen und in dieser Höhe vom schuldrechtlich auszugleichenden Gesamtbetrag in Abzug zu bringen (BGH FamRZ 2007, 363 und zuletzt 1545).

Der Rentenwert bei Ehezeitende lag bei 47,44 DM; der bezogen auf das Ehezeitende ausgeglichene Betrag von 86,80 DM entsprach mithin (86,80 DM : 47,44 DM =) 1,8297 Entgeltpunkten. Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von 26,13 Euro für Juni 2007 ist daher von der Betriebsrente für diesen Monat bereit ein Teilbetrag von 47,81 Euro öffentlich-rechtlich ausgeglichen. Ab Juli 2007 beläuft sich der aktuelle Rentenwert auf 26,27 Euro; bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichen ist damit ein Teilbetrag von 48,07 Euro.

Schuldrechtlich auszugleichen sind daher lediglich noch

- (320,95 Euro ./. 47,81 Euro =) 273,13 Euro für Juni 2007 und

- (320,95 Euro ./. 48,07 Euro =) 272,88 Euro ab Juli 2007.

In diesem Umfang ist der Antragsgegner zur Zahlung einer monatlichen Ausgleichsrente gemäß § 1587 g Abs. 1 S. 1 BGB an die Antragstellerin verpflichtet. Er hat auf entsprechenden Antrag in Höhe dieses Betrages seine Betriebsrentenansprüche an die Antragstellerin abzutreten (§ 1587 i Abs. 1 BGB); da die Betriebsrente insgesamt von der Fa. B... ausgezahlt wird, bedarf es hinsichtlich der Abtretung keiner Differenzierung zwischen der Pensionskassenrente und der Firmenrente.

2. Eine Kürzung der Ausgleichsrente im Hinblick auf die vom Antragsgegner auch weiterhin aus der gesamten Betriebsrente zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat (Beschlüsse vom 10. Januar 2007 - 2 UF 203/06 und vom 11. Dezember 2007 - 2 UF 8/06) nicht vorzunehmen.

Dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ist in der Regel auch dann die Bruttobetriebsrente zu Grunde zu legen, wenn der Ausgleichspflichtige nach den sozialrechtlichen Regelungen auf den Ausgleichsbetrag weiterhin Versicherungsbeiträge in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe des vollen Beitragssatzes (§ 248 SGB V) zahlen muss, während die dem Ausgleichsberechtigten im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zugeflossene Ausgleichsrente bei der Bemessung der von ihm zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge unberücksichtigt bleibt.

Nur bei evidenten und unter Berücksichtigung der gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien nicht mehr hinnehmbaren Verstößen gegen den Halbteilungsgrundsatz kann dieser einseitigen Mehrbelastung des Ausgleichspflichtigen durch Anwendung des § 1587 h Nr. 1 BGB begegnet werden (BGH FamRZ 2005, 1963; 2006, 323; 2007, 121 und 1547). Eine generelle Korrektur von Ungleichbehandlungen der (früheren) Ehegatten, wie sie mit der schematischen Durchführung des Versorgungsausgleichs typischerweise verbunden sind, kann über die allein der Abwendung unbilliger Härten im Einzelfall dienende Ausnahmeregelung des § 1587 h BGB dagegen nicht erfolgen.

Eine Kürzung der Ausgleichsrente in Anwendung des § 1587 h Nr. 1 BGB kommt etwa dann in Betracht, wenn dem Ausgleichspflichtigen bei Zahlung der ungekürzten Ausgleichsrente lediglich Einkünfte verbleiben, die seinen angemessenen Unterhalt allenfalls geringfügig übersteigen, während auf Seiten des Ausgleichsberechtigten deutlich günstigere Einkommensverhältnisse gegeben sind.

Das ist hier nicht der Fall.

Zwar verbleiben dem Antragsgegner bei Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs lediglich noch Alterseinkünfte in Höhe von rund 1 165,00 Euro monatlich (ab Juli 2007) und damit nicht wesentlich mehr als der ihm im Verhältnis zur Antragstellerin nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu belassende Selbstbehalt:

- Der Antragsgegner hat in der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt 57,4774 Entgeltpunkte erworben (Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 13. Juni 2007).

- Davon sind im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs auf die Antragsgegnerin insgesamt (846,09 Euro + 86,80 Euro =) 932,89 Euro übertragen worden; das entspricht - bezogen auf das Ehezeitende - 19,6646 Entgeltpunkten (Anlage 5 Seite 1 des Rentenbescheides für die Antragstellerin vom 23. Oktober 2005 - von der Versorgungsträgerin mit Auskunft vom 19. Juni 2007 vorgelegt).

- Dem Antragsgegner verbleiben damit noch 37,8128 Entgeltpunkte; das entspricht - für die Zeit ab Juli 2007 - einer monatlichen Bruttorente von (37,8128 x 26,27 Euro =) 993,34 Euro. Nach Abzug der von ihm aufzubringenden Anteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (14,1 % : 2 + 1,7 % = 8,75 % bzw. 86,92 Euro) verbleibt eine Nettorente von monatlich 906,42 Euro.

- Die Netto-Betriebsrente des Antragsgegners beläuft sich nach der mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Abrechnung der B... auf monatlich 531,65 Euro, nach Abzug der an die Antragstellerin zu zahlenden Ausgleichsrente von 272,88 Euro (ab Juli 2007) verbleibt dem Antragsgegner ein Betrag von monatlich 258,77 Euro.

Allerdings lebt auch die Antragstellerin nicht in deutlich günstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen. Ihre Alterseinkünfte belaufen sich ab Juli 2007 auf insgesamt rund 1 154,00 Euro.

- Sie bezieht eine gesetzliche Rente aus insgesamt 368,434 Entgeltpunkten (Anlage 1 Seite 1 des Rentenbescheides vom 23. Oktober 2002); dies entspricht ab Juli 2007 einer monatlichen Bruttorente von (36,8434 x 26,27 Euro =) 967,88 Euro. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (14,5 % : 2 + 1,7 % = 8,95 % bzw. 86,63 Euro) bleibt eine monatliche Nettorente von 881,25 Euro.

- Hinzu kommt die vom Antragsgegner zu zahlende monatliche Ausgleichsrente von 272,88 Euro.

Bei im Übrigen in etwa gleichen Vermögensverhältnissen der Parteien (Beschwerdebegründung Seite 3) sind die Voraussetzungen für eine Kürzung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1587 h Abs. 1 Nr. 1 BGB (die unter Nrn. 2 und 3 der Vorschrift genannten Voraussetzungen sind hier nicht einschlägig) daher nicht gegeben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 a, 3 KostO, 13 a Abs. 1 FGG.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 KostO festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück