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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.03.2006
Aktenzeichen: 2 UF 201/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 85 Abs. 2 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 324 Abs. 2 | |
ZPO § 520 Abs. 2 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 2 UF 201/05
In der Familiensache
wegen nachehelichen Unterhalts (Abänderung),
hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist,
hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll ohne mündliche Verhandlung am 13. März 2006
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, ihm wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 13. Oktober 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgewiesen. Gründe:
I.
Der Kläger begehrt den Wegfall seiner durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Worms vom 19. Juni 1991 (1 F 189/90) titulierten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Oktober 2005 zugestellte Urteil des Familiengerichts vom 13. Oktober 2005, mit welchem seine Abänderungsklage abgewiesen wurde, legte der Kläger mit Schriftsatz vom 3. November 2005, eingegangen am 8. November 2005, Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2005, eingegangen am selben Tag, beantragte er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Januar 2005.
Mit Verfügung vom 21. Dezember 2005 lehnte der Vorsitzende des Senats die beantragte Fristverlängerung ab, weil die Berufungsbegründungsfrist bereits am 19. Dezember 2005 abgelaufen war. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Januar 2006, eingegangen am selben Tag, ihm wegen Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, und begründete zugleich seine Berufung.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs trägt er vor, die Frist zur Begründung der Berufung sei von der Mitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten, I... W..., unzutreffend auf den 20. Januar 2006 notiert worden. Diese habe sich dabei versehentlich am Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung orientiert, die rechnerisch am 19. November 2005 abgelaufen sei und wegen des Umstandes, dass dieser Tag ein Samstag gewesen sei, das Fristende - sich auch insoweit versehend - auf den 20. Dezember 2005 notiert. Diese Mitarbeiterin sei mit der Fristnotierung betraut. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kontrolliere dies stichprobenartig.
Sein Prozessbevollmächtigter habe eine Vorfrist auf den 13. Dezember 2005 eingetragen. Da es jedoch nicht möglich gewesen sei, die Berufungsbegründung bis zum 20. Dezember 2005 als notiertem Fristende befriedigend fertig zu stellen, habe er dann entsprechend der Fristeintragung im Kalender am 20. Dezember 2005 Verlängerung der Frist der Berufungsbegründung beantragt. Kenntnis davon, dass es sich dabei nicht um den richtigen Tag für das Fristende gehandelt habe, habe sein Prozessbevollmächtigter erst durch das Schreiben des Pfälzischen Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2005, das ihn am 10. Januar 2006 erreicht habe, erlangt.
Das Empfangsbekenntnis zur Verfügung des Vorsitzenden vom 21. Dezember 2005 wurde trotz entsprechender Anforderung (Verfügung vom 30. Januar 2006) nicht zu den Akten zurückgereicht.
II.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht entsprochen werden.
1. Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, eine Notfrist oder eine andere der dort genannten Fristen, zu der auch die Frist zur Begründung der Berufung zählt, einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Fehlleistungen von Angestellten des Prozessbevollmächtigten hat die Partei dagegen nicht zu vertreten, soweit sich darin nicht ein Organisations-, Aufsichts- oder Informationsverschulden des Prozessbevollmächtigten selbst auswirkt (vgl. hierzu etwa Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 233 Rdnr. 19 f).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb eines Monats, nachdem das Hindernis behoben ist, angebracht werden (§ 234 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO).
Er muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§ 236 Abs. 2 ZPO). Hierzu gehört auch der Vortrag, dass der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig nach Behebung des Hindernisses gestellt ist (BGH FamRZ 2001, 416); ein Nachschieben von Gründen ist grundsätzlich nicht möglich.
2. Ursache der Verhinderung des Klägers, die Berufung rechtzeitig zu begründen, war die Unkenntnis darüber, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 19. Dezember 2005 abgelaufen war und damit auch der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist spätestens bis zu diesem Tag hätte gestellt werden müssen.
a) Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses. Deshalb hätte der Kläger bei der Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs die Gründe darlegen müssen, aus denen er bzw. sein Prozessbevollmächtigter bis zur Mitteilung des Vorsitzenden des Senates unverschuldet daran gehindert war, zu erkennen, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 19. Dezember 2005 abgelaufen war (BGHR 2004, 57).
Ein Rechtsanwalt muss bei fristwahrenden Prozesshandlungen selbständig und eigenverantwortlich prüfen, ob die (von ihm oder einer von ihm damit betrauten Mitarbeiterin) berechnete Frist richtig errechnet und im Fristenkalender eingetragen ist (st. Rspr., etwa BGH NJW 2001,2336). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte daher schon bei Unterzeichnung des Verlängerungsantrages am 20. Dezember 2005 erkennen müssen, dass die Frist zur Berufungsbegründung abgelaufen war. Ab diesem Zeitpunkt war das Fortbestehen der Ursache der Verhinderung nicht mehr unverschuldet (BGH FamRZ a.a.O); die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist war in Lauf gesetzt und endete am 20. Januar 2006. Das am 24. Januar 2006 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch war damit nicht rechtzeitig.
b) Darüber hinaus wäre die Fristversäumung aber auch bei rechtzeitiger Antragstellung nicht unverschuldet, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers die fehlerhafte Fristberechnung seiner Angestellten bei Beachtung seiner eigenen Sorgfaltspflichten bereits vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hätte erkennen können:
Zwar ist ein Rechtsanwalt, dem die Akten auf Vorfrist vorgelegt werden, nicht verpflichtet, die Berufungsbegründung alsbald zu fertigen. Dies ändert jedoch nichts an seiner Eigenverantwortung für die Richtigkeit und die Einhaltung der (von ihm oder einer damit betrauten Mitarbeiterin) berechneten Frist, die er im Rahmen der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung (nochmals) zu überprüfen hat (BGHR 2004, 1055). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte daher schon nach Vorlage der Akte zum Zwecke der Berufungsbegründung am 13. Dezember 2005 den Ablauf der Frist selbst nachrechnen müssen und so rechtzeitig vor Fristablauf feststellen können, dass die eingetragene Frist fehlerhaft errechnet war.
c) Schließlich hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch nicht näher dargetan, wie die Überwachung der Büroangestellten, die mit der Führung des Fristenkalenders betraut ist, sichergestellt ist. Zu organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung oder Aufdeckung von Fehlern bei der Behandlung von Fristsachen, insbesondere der - hier zum Tragen gekommenen - fehlerhaften Fristberechnung ist nicht ausreichend vorgetragen.
3. Es verbleibt daher bei dem Beschluss des Senats vom 12. Januar 2006, mit dem die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen wurde, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist (§ 520 Abs. 2 ZPO) begründet worden ist.
Ende der Entscheidung
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