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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: 2 UF 50/06
Rechtsgebiete: BGB,


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 1093
BGB § 1641
BGB § 1642 Abs. 1
BGB § 1821 Nr. 1
BGB § 1909

Entscheidung wurde am 23.11.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete sowie die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurde hinzugefügt
Räumt ein minderjähriger Erbe bei der Auseinandersetzung des Nachlasses nach seinem verstorbenen leiblichen Vater ohne jede Gegenleistung ein Wohnungsrecht zugunsten seiner Mutter und seines Adoptivvaters ein, so liegt darin eine Verfügung über ein Grundstück, die regelmäßig nicht dem Mündelinteresse entspricht.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 50/06

In der Familiensache

betreffend die Bestellung eines Ergänzungspflegers gemäß § 1909 BGB und die familiengerichtliche Genehmigung von Rechtsgeschäften gemäß § 1643 Abs. 1 BGB für die minderjährigen Kinder

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling, die Richterin am Oberlandesgericht Schlachter und den Richter am Oberlandesgericht Kratz auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2) vom 10. März 2006, eingegangen beim Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken am 20. März 2006, gegen den ihnen am 27. Februar 2006 zugestellten Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 23. Februar 2006 ohne mündliche Verhandlung am 19. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Rechtsmittel ist sowohl insoweit als es sich gegen die Ablehnung der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft als auch insoweit als es sich gegen die Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung richtet, als befristete Beschwerde zulässig, §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und 3, 517, 519, 520 ZPO, 19, 20, 57 Abs. 1 Nr. 3, 64 Abs. 3 FGG. Soweit die Beteiligten zu 1 und 2) die Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung angreifen, geht der Senat davon aus, dass sie das Rechtsmittel als gesetzliche Vertreter der allein gemäß § 20 FGG beschwerdebefugten minderjährigen Kinder eingelegt haben (vgl. dazu Palandt/Diederichsen, BGB 65. Aufl. § 1828 Rdn. 17 m.w.N.).

II.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die erweiternde Anordnung einer Ergänzungspflegschaft und die Erteilung entsprechender familiengerichtlicher Genehmigungen im Ergebnis zu Recht verweigert.

1. Soweit für die Erklärung des Minderjährigen J..... H....... die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft begehrt wird, fehlt es schon deshalb an den dafür erforderlichen Voraussetzungen, weil kein Fall des § 181 BGB vorliegt. Die Vorschrift ist nach ihrem Sinn und Zweck dann nicht anwendbar, wenn das Insichgeschäft dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, weil in diesem Falle ein Interessenwiderstreit ausgeschlossen ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 94, 232, 235; Palandt/Heinrichs aaO § 181 Rdn. 9 m.w.N.). So liegen die Dinge auch im hier zu entscheidenden Fall. Der Minderjährige J.... H..... wird durch die Vereinbarungen in der notariellen Urkunde vom 10. August 2005 nur insoweit betroffen, als sie sich auf die Regelungen zur Grundstücksübergabe beziehen. Mit diesen Regelungen wird ihm ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück eingeräumt. Darin liegt ein rechtlicher Vorteil für den Minderjährigen. Soweit er im gleichen Zuge anteilige dingliche Belastungen übernimmt und den Beteiligten zu 1 und 2) ein lebenslängliches Wohnungsrecht i. S. v. § 1093 BGB einräumt, wird der ihm zugewandte Vorteil zwar zum Teil wieder eingeschränkt. Darin liegt - unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der getroffenen Regelungen - aber kein rechtlicher Nachteil für den Minderjährigen (vgl. dazu BGHZ 161, 170, 176 ff. m.w.N.). Auf die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses kann insoweit Bezug genommen werden.

Fehlt es nach alledem am Erfordernis der Anordnung einer (erweiterten) Ergänzungspflegschaft, so bedarf es auch keiner familiengerichtlichen Genehmigung der durch die bestellte Ergänzungspflegerin abgegebenen Erklärungen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Erklärungen, soweit sie über den angeordneten Wirkungskreis hinausgehen, überhaupt genehmigungsfähig wären.

2. Soweit für die Minderjährigen V...... und D.... H..... die (weitere) Anordnung einer Ergänzungspflegschaft und familiengerichtliche Genehmigung der bereits von den Ergänzungspflegerinnen abgegebenen Erklärungen begehrt wird, bezieht sich dies (noch) auf die Regelungen zum Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht in § 5 der notariellen Urkunde. Für diese Regelungen kann keine familiengerichtliche Genehmigung erteilt werden. Infolgedessen fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Anordnung einer entsprechenden Ergänzungspflegschaft (vgl. Palandt/Diederichsen aaO § 1909 Rdn. 7; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 62 jeweils m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin kann hinsichtlich der Minderjährigen V..... und D..... H....... allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass ihnen durch die notariellen Urkunde vom 10. August 2005 nur ein rechtlicher Vorteil zugewandt wird. Anders als der von der Beteiligten zu 1) adoptierten Minderjährige J.... H..... waren V..... und D.... H..... zusammen mit der Beteiligten zu 1) gesetzliche Erben nach ihrem verstorbenen Vater M.... B...... Auf Grund dessen stand ihnen ein Anteil von jeweils 1/4 am Nachlass nach ihrem Vater zu. In diesen Nachlass fiel dessen Hälfteanteil an dem im Grundbuch von Göllheim, Blatt 2248 eingetragenen Grundstück, auf das sich die notarielle Urkunde vom 10. August 2005 bezieht.

Der Beteiligung am Nachlass ist durch die Erbauseinandersetzungsregelung in § 2 der notariellen Urkunde Rechnung getragen, für deren Durchführung Ergänzungspflegschaft angeordnet und die Erklärungen der Ergänzungspflegerinnen bereits durch den Beschluss vom 16. Januar 2006 familiengerichtlich genehmigt wurden. Mit jener Regelung werden den minderjährigen V......... und D..... H......... jeweils 1/8 Miteigentumsanteil an dem Grundstück übertragen. Dies entspricht ihren Erbanteilen und ist für sich gesehen nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus sollen die Minderjährigen V...... und D..... H...... aber auch dazu verpflichtet werden, ihrer Mutter und ihrem Adoptivvater ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnungsrecht i. S. v. § 1093 BGB zur ausschließlichen Benutzung sämtlicher Räume des Wohngebäudes auf dem Grundstück einzuräumen. Im Unterschied zu ihrem Stiefbruder J...... H......, geben sie durch diese Regelung einen Teil der Rechtsposition wieder preis, die ihnen auf Grund des Erbrechts am Nachlass ihres leiblichen Vaters bereits zustand. Darin liegt für die Minderjährigen V...... und D..... H........ ein rechtlicher Nachteil.

Ob in der Zuwendung des Wohnungsrechts nicht ohnehin eine Schenkung zu sehen wäre, die gemäß § 1641 BGB ausgeschlossen und damit von vornherein nicht genehmigungsfähig ist, kann dahinstehen (a.A. wohl BGHZ 82, 354, 357; OLG Hamm NJW-RR 1996, 717, jeweils für die dauerhafte schuldrechtliche Überlassung einer Wohnung). Auch wenn man den Schenkungscharakter verneint, handelt es sich bei der Zuwendung des Wohnungsrechts jedenfalls um eine Verfügung über ein Grundstück i.S.v. § 1821 Nr. 1 BGB (vgl. Palandt/Diederichsen aaO § 1821 Rdn. 13, 15 m.w.N.). Diese Verfügung ist vorliegend jedenfalls in der Sache nicht genehmigungsfähig. Maßgebend für die Genehmigungsfähigkeit ist das Mündelinteresse, wie es sich zur Zeit der Entscheidung über die Genehmigung darstellt. Für die Übertragung des Wohnungsrechts wird den Minderjährigen V...... und D..... H........ keinerlei Gegenleistung zuteil. Sonstige Gründe, aus denen die unentgeltliche Beschränkung ihrer Rechtsposition am Nachlass ihres verstorbenen Vaters zu Gunsten ihrer Mutter und ihres Adoptivvaters aus Sicht der minderjährigen V...... und D..... H........ geboten oder jedenfalls zweckmäßig erscheinen könnte, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dann kann aber nicht angenommen werden, die beabsichtigte Regelung entspreche dem Mündelinteresse.

3. Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO). Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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