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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 14.11.2003
Aktenzeichen: 2 UF 95/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 291
BGB § 288
BGB § 247
BGB § 284
BGB § 1378 Abs. 3
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht erst mit Beendigung des Güterstandes, bei Anfechtung einer durch Verbundurteil entschiedenen Scheidungsfolgesache erst mit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsmittels in der Scheidungssache (hier: durch Berufungsrücknahme).

Werden sodann Prozesszinsen gesondert mit nachfolgender Klage geltend gemacht, sind die Voraussetzungen des § 291 BGB jedenfalls dann zu bejahen, wenn Fälligkeit und Ende der Rechtshängigkeit zeitgleich eintreten (Abgrenzung zu BVerwG 58, 49, 51).

Der Widerruf einer Prozessaufrechnung durch die beklagte Partei führt nur dann zur materiell-rechtlichen Unwirksamkeit der Aufrechnung als Prozesshandlung, wenn er (auch) gegenüber dem Gericht erklärt wird.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 2 UF 95/03

Verkündet am: 14. November 2003

In der Familiensache

wegen Zinsen aus Zugewinnausgleichsbetrag

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und die Richterin am Oberlandesgericht Schlachter auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a, d. Weinstr. vom 23. April 2003 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Gegenforderung der Beklagten (Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 24. September 2001 bis 28. Februar 2003 = 5 600,08 EUR) auch in Höhe von 2 316,78 EUR (Zinsen aus dem Zugewinnausgleichsbetrag für die Zeit vom 24. August 2001 bis 3. April 2002) erloschen ist.

2. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 46 016,27 EUR seit dem 20. März 2003 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien haben am 31. Mai 1994 geheiratet. Ihre Ehe wurde durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 30. Mai 2001 geschieden. Das Urteil ist - nachdem die Beklagte ihre zunächst hiergegen eingelegte Berufung zurückgenommen hat - seit dem 23. August 2001 rechtskräftig.

Gleichzeitig ist die Beklagte mit vorgenanntem Urteil zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 90 000,00 DM (= 46 016,27 Euro) verurteilt worden. Da sie insoweit keine Zahlungen erbracht hat, beansprucht der Kläger Zinsen aus der Zugewinnausgleichsforderung, und zwar zuletzt noch für die Zeit ab 24. August 2001.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen, soweit Zinsen für die Zeit vor dem 4. April 2002 geltend gemacht werden. Insoweit liege kein Verzug vor. Für die Zeit vom 4. April 2002 bis 19. März 2003 stünden dem Kläger zwar Zinsen zu. Die sich daraus ergebende Forderung (unstreitig 3 245,78 Euro) sei aber durch Aufrechnung mit einem Gegenanspruch der Beklagten auf Zahlung von Nutzungsentschädigung (für die Zeit vom 24. September 2001 bis Ende Februar 2003 in Höhe von monatlich 325,00 Euro = insgesamt 5 600,08 Euro) erloschen.

Hiergegen wendet sich der Kläger im Wege der Berufung, soweit sein Zinsanspruch für die Zeit ab 24. August 2001 bis zum 4. April 2002 in Höhe von 2 316,78 EUR zurückgewiesen wurde. Er macht geltend, ab Rechtskraft des Scheidungsurteils sei die Zugewinnausgleichsforderung in jedem Fall mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

Der Kläger beantragt festzustellen,

dass die Gegenforderung der Beklagten (Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 24. September 2001 bis 28. Februar 2003 = 5 600,08 EUR) auch in Höhe von 2 316,78 EUR (Zinsen aus dem Zugewinnausgleichsbetrag für die Zeit vom 24. August 2001 bis 3. April 2002) erloschen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht zu den Berufungsangriffen geltend, Prozesszinsen hätten nur im Ausgangsverfahren beansprucht werden können. Verzug läge nicht vor. Vorsorglich werde geltend gemacht, dass (auch) der Zinsanspruch für die Zeit bis 3. April 2002 durch ihre Aufrechnung mit dem (restlichen) Gegenanspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts erloschen sei, da der insoweit noch offen stehende Betrag den mit der Berufung verfolgten Zinsanspruch übersteige.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorausgesetzten Wert von 600,-- EUR. Wird im Fall der Eventualaufrechnung - wie hier - die Klage abgewiesen, weil schon die Klageforderung nicht besteht, ist der Kläger in Höhe der Klageabweisung beschwert (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 511 Rdnr. 34; Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. Vor § 511 Rdnr. 26 a).

II.

Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts steht der geltend gemachte Zinsanspruch dem Kläger auch für die Zeit vom 24. August 2001 bis 3. April 2002 zu. Die (weitergehende)Forderung ist jedoch gleichfalls durch Aufrechnung der Beklagten mit der - nunmehr unstreitigen - Gegenforderung auf Nutzungsentschädigung erloschen.

1. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 291 Satz 1 und 2 i. V. m. §§ 288 Abs. 1, 247 BGB. Danach ist eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an bzw. ab deren - nach Rechtshängigkeit eintretenden - Fälligkeit zu verzinsen, ohne dass es auf einen Verzug ankommt. Ein solcher Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen kann auch - wie hier geschehen - nach dem rechtskräftigen Abschluss des die Hauptforderung betreffenden Verfahrens gesondert mit nachfolgender Klage geltend gemacht werden (vgl. BVerwG 58, 49, 51; BGH FamRZ 1987, 352).

Rechtshängigkeit des Zugewinnausgleichs war bereits mit Zustellung der Klage im Verfahren 1 F 328/00 am 7. März 2001 gegeben. Indes ist die Fälligkeit gemäß § 291 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. BGB erst nachträglich mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils am 23. August 2001 eingetreten; denn der Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns entsteht gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB erst mit der Beendigung des Güterstandes. Das war hier die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs. Diese tritt im Fall der Anfechtung einer durch Verbundurteil entschiedenen Scheidungsfolgesache erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsmittelverfahrens in der Scheidungssache ein (vgl. BGH FamRZ 1986, 37, 40; OLG Köln FamRZ 1988, 174, 175; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1378 Rdnr. 9; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, § 1378 Rdnr. 6). Der demzufolge mit Rechtskraft des Scheidungsausspruchs entstehende Ausgleichsanspruch war sogleich fällig (§ 271 Abs. 1 BGB) und - da schon rechtshängig - sofort verzinslich, § 291 Satz 1 BGB. Sofern Prozesszinsen nach dieser Vorschrift nicht geschuldet sein sollen, wenn die Fälligkeit erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit eintritt (vgl. BVerwG aaO; MüKo/Ernst, BGB, 3. Aufl., § 291 Rdnr. 9), liegt ein solcher Fall nicht vor. Denn auch die Rechtshängigkeit des die Hauptforderung betreffenden Verfahrens endete erst mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs. Fälligkeit und Ende der Rechtshängigkeit traten mithin zeitgleich ein.

2. Die Höhe des Zinssatzes folgt aus § 291 Satz 2 i. V. m. §§ 288 Abs. 1, 247 BGB. Danach ist seit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) und dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) eine Geldschuld für das Jahr mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Auf dieser Grundlage hat der Kläger für die Zeit vom 24. August 2001 bis 3. April 2002 einen Anspruch in Höhe von 2 316,78 EUR errechnet. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

3. Die danach bestehende Klageforderung ist jedoch durch Aufrechnung erloschen, § 389 BGB. Auch in der Berufungsinstanz beruft sich die Beklagte hilfsweise auf einen Gegenanspruch, den sie aus alleiniger Nutzung des den Parteien hälftig gehörenden Anwesens durch den Kläger herleitet. Hieran ist sie durch ihre nach der erstinstanzlichen Verurteilung gegenüber dem Kläger erklärte Aufrechnung dieses Nutzungsentschädigungsanspruchs gegen die Hauptforderung nicht gehindert.

Nach allgemeiner Auffassung kann zwar die Prozessaufrechnung als Prozesshandlung zurückgenommen werden mit der Folge, dass zwangsläufig die Aufrechnung auch materiell-rechtlich unwirksam wird (vgl. BGH NJW-RR 1991,156, 157; OLG Hamburg MDR 1973, 57; MüKo/Schlüter aaO § 387 Rdnr. 42). An einem Widerruf der Prozesshandlung durch die Beklagte gegenüber dem Senat (vgl. Zöller/Greger aaO vor § 128 Rdnr. 17) fehlt es aber. Wie bereits dargelegt, stellt sie in der Berufungserwiderung nach wie vor ihren Gegenanspruch hilfsweise zur Aufrechnung. Die zunächst im Prozess erklärte Aufrechnung bleibt damit wirksam.

Im Übrigen ist der Gegenanspruch - wie schon nach Einholung des Sachverständigengutachtens in erster Instanz - dem Grund und der Höhe nach unstreitig. Abzüglich des Teilbetrages von 3 245,78 EUR, mit dem gegenüber den Zinsansprüchen des Klägers für die Zeit vom 4. April 2002 bis 19. März 2003 die Aufrechnung erklärt wurde, verbleibt ein Restanspruch in Höhe von 2 355,06 EUR; gemäß § 389 BGB sind daher die steitgegenständlichen Forderungen bis zur Höhe der (geringeren) Zinsforderung des Klägers erloschen, was im neugefassten Tenor klarzustellen war. Dem hat der Kläger auf Hinweis des Senats durch sachdienliche Umstellung seines Berufungsantrags Rechnung getragen, ohne dass hiermit ein teilweises Unterliegen verbunden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 9 EGZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO); soweit der Beklagte zur Frage des Zeitpunkts der Fälligkeit die Zulassung der Revision angeregt hat, war dem nicht zu entsprechen. Die Entscheidung des Senats steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Wie bereits ausgeführt, ist ein mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vergleichbarer Sachverhalt nicht gegeben.

Beschluss:

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. d. Weinstr. vom 20. Oktober 2003 wird der Streitwert für das Verfahren erster Instanz für die Zeit bis zum 30. Januar 2002 auf 13 001,-- bis 16 000,- EUR festgesetzt, für die Zeit danach auf 12 003,84 EUR. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2 316,78 EUR festgesetzt, § 12 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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