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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 06.01.2002
Aktenzeichen: 2 WF 135/02
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 13 Abs. 3
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 32
Werden in einem Prozessvergleich Ansprüche einbezogen, die Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens sind, erhält der Rechtsanwalt, der in jenem Verfahren bereits die volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO verdient hat, für seine Mitwirkung am Vergleich keine zusätzliche Prozessdifferenzgebühr gemäß §§ 32, 13 Abs. 3 BRAGO.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 135/02

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen

hier: Kostenfestsetzung gemäß § 123 ff BRAGO

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 12. November 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 7. November 2002

ohne mündliche Verhandlung am 6. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht - Familiengericht -Rockenhausen die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 30. September 2002, mit welchem dem Antrag der beigeordneten Rechtsanwältin auf Festsetzung der ihr aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 22. September 2002 nur teilweise entsprochen worden ist, zurückgewiesen.

Festgesetzt wurden vom Urkundsbeamten statt der angemeldeten 5/10-Prozessgebühr aus in den Prozessvergleich einbezogenen Regelungen betreffend - nicht anhängige - Kindesunterhaltsansprüche und - in einem gesonderten Rechtsstreit beim gleichen Gericht (Az.: 3 F 88/02) anhängigen - Trennungsunterhaltsansprüche in Höhe von insgesamt 237,50 DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Gebühr gemäß § 123 BRAGO aus den Teilstreitwerten betreffend Trennungsunterhalt - 12 300,14 DM - und betreffend Kindesunterhalt -5 421,26 DM = insgesamt 17 721,70 DM) lediglich eine 5/10-Prozessgebühr aus dem vorgenannten Teilstreitwert betreffend den Kindesunterhalt, jedoch in Anwendung des § 13 Abs. 3 BRAGO gekürzt auf die Differenz zwischen einer vollen (Prozess-)Gebühr aus dem Gesamtstreitwert der hier anhängigen Verfahrensgegenstände (= 22 212,95 DM) zuzüglich des Gegenstandswertes des nicht anhängigen Verfahrensgegenstandes Kindesunterhalt, insgesamt 27 834,51 DM (= 565,00 DM) und der bereits nach § 31 Abs. 1 BRAGO verdienten vollen Prozessgebühr aus den hier anhängigen Verfahrensgegenständen (= 525,00 DM), also auf 40,00 DM zuzüglich Mwst.

Die gegen die Zurückweisung der Erinnerung gerichtete Beschwerde, über die der Senat gemäß § 568 S. 2 ZPO n.F. in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist statthaft (§ 128 Abs. 4 BRAGO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Zum einen wäre auch unter Beachtung der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin keine zusätzliche 5/10-Prozessgebühr aus der Summe der Gegenstandswerte betreffend Trennungs- und Kindesunterhalt (= 17721,70 DM) neben der vollen Prozessgebühr aus den hier anhängigen Verfahrensgegenständen anzusetzen, sondern lediglich die Differenz zwischen einer vollen Prozessgebühr aus einem Gesamtstreitwert von 40 134,25 DM und der vollen Gebühr der hier anhängigen Verfahrensgegenstände gemäß § 31 Abs. 1 BRAGO, mithin lediglich ein Betrag von (685,00 DM ./. 525,00 DM =) 160,00 DM zuzüglich Mwst. (§ 13 Abs. 3 BRAGO).

Der Senat teilt aber die Ansicht des Erstgerichtes, wonach bei der Bemessung der hier gemäß §§ 32, 13 Abs. 3 BRAGO zusätzlich verdienten Prozess(differenz)gebühr der Teilstreitwert der von der Beschwerdeführerin für die Antragsgegnerin in einem anderen Verfahren anhängig gemachten Trennungsunterhaltsansprüche überhaupt nicht zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beschwerdeführerin in vorliegendem Verfahren lediglich Anspruch auf Festsetzung einer Vergleichsgebühr, die - entsprechend ihrem Antrag - auch erfolgt ist (der Teilstreitwert betreffend der Trennungsunterhaltsansprüche ist im für die Vergleichsgebühr maßgeblichen Gesamtstreitwert von 28 749,62 DM enthalten).

Nach § 32 Abs. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt nur eine halbe Prozessgebühr, wenn der ihm erteilte Auftrag endigt, bevor er die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrages enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat - also bevor er die in § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bestimmte volle Gebühr verdient hat. Das ist hier nicht der Fall, da die Beschwerdeführerin das Trennungsunterhaltsverfahren anhängig gemacht und damit dort die volle Prozessgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für ihre Tätigkeit verdient hat.

§ 32 Abs. 2 BRAGO billigt einem Rechtsanwalt, der lediglich beantragt, eine Einigung der Parteien zu Protokoll zu nehmen, neben der Vergleichsgebühr auch eine halbe Prozessgebühr zu. Diese Vorschrift will eine gebührenrechtliche Lücke schließen. Die anwaltliche Tätigkeit, die von vornherein nur auf die Antragstellung im Sinne des § 32 Abs. 2 BRAGO gestützt war, soll mit mehr als der - im Übrigen nur im Falle des erfolgreichen Abschlusses verdienten - Vergleichsgebühr honoriert werden. Hierfür besteht aber keine Veranlassung, wenn der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit aufgrund anderweitig erteilten Prozessauftrages eine volle Prozessgebühr gemäß § 31 BRAGO bereits verdient hat. Damit ist sein mit dem Betreiben des Geschäftes verbundener Aufwand abgegolten; es ist nicht gerechtfertigt, ihm eine zusätzliche (Prozess-)Gebühr nur deshalb zuzugestehen, weil er an einer gerichtlichen Protokollierung des Vergleiches nicht in dem hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes anhängigen Rechtsstreites, sondern in einem anderen Verfahren mitwirkt. Das vom Rechtsanwalt für einen Mandanten zu besorgende Geschäft ist in beiden Fällen identisch; in derselben Angelegenheit kann ein Rechtsanwalt die Gebühren aber gemäß § 13 Abs. 1 BRAGO nur einmal fordern. Ihm steht daher keine zusätzliche 5/10-Prozessgebühr zu, wenn in einem gerichtlichen Vergleich ein Verfahren einbezogen wird, in welchem er bereits eine volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO verdient hat (so auch: OLG München, JurBüro 1994, 25 und 220 f; OLG Karlsruhe, JurBüro 94, 672; LAG Düsseldorf, JurBüro 94, 672; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 993; OVG Berlin, JurBüro 2000, 303 f).

Der gegenteiligen Auffassung (Hanseatisches Oberlandesgericht, JurBüro 1997, 151 und 1984,1026; KG, JurBüro 1977, 1400 f und 1973, 127 f; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 32, Rdnr. 8), auf die sich auch die Beschwerdeführerin stützt, überzeugt aus Sicht des Senates nicht. Sie ist weder mit § 13 Abs. 2 BRAGO noch mit der Funktion des § 32 BRAGO als Ergänzung zu nach § 31 BRAGO nicht honorierter Tätigkeiten des Rechtsanwaltes vereinbar. Im Übrigen könnten Rechtsanwälte unter Zugrundelegung dieser Auffassung in nicht hinnehmbarer Weise durch gezielte Verlagerung von Vergleichsabschlüssen in andere Rechtsstreitigkeiten Einfluss auf die Höhe der ihnen zustehenden Gebühren nehmen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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