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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.09.2004
Aktenzeichen: 2 WF 165/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 568 Satz 2 | |
BGB § 1603 Abs. 1 | |
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 1 | |
BGB § 1610 Abs. 2 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 2 WF 165/04
In der Familiensache
wegen Kindesunterhalts,
hier: Prozesskostenhilfe für die erste Instanz,
hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Geib-Doll und Schlachter auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16. Juli 2004, eingegangen am gleichen Tag, gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 5. Juli 2004 (förmliche Zustellung an die Klägerin nicht feststellbar, da Empfangsbekenntnis nicht zu den Akten zurückgesandt),
ohne mündliche Verhandlung am 13. September 2004
beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
Die am 24. März 1982 geborene Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem Vater, Unterhalt seit September 2002. Sie befindet sich seit diesem Zeitpunkt in einer Ausbildung zur Goldschmiedin. Zuvor - nach Ableistung des Abiturs im Sommer 2001 - begonnene Studien (Bauingenieurwesen und deutsche Philologie) hatte sie jeweils bereits kurze Zeit nach Studienaufnahme abgebrochen.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zur Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Beklagten (erneut) verweigert, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Klägerin gegenüber ihren Eltern im Verhältnis zur Prozesskostenhilfe vorrangige Prozesskostenvorschussansprüche zustünden.
Mit ihrer hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe. Eine Prozesskostenvorschusspflicht von Eltern gegenüber ihren volljährigen Kindern bestehe nicht. Darüber hinaus sei jedenfalls ihre Mutter für Prozesskostenvorschuss nicht leistungsfähig. Auch der Beklagte selbst berufe sich auf fehlende Leistungsfähigkeit.
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ist verfahrensrechtich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 2 Abs. 3, 569 Abs. 2 ZPO). Der Senat entscheidet hierüber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
1. Die formell rechtskräftige Abweisung des Prozesskostenhilfegesuchs durch Beschluss des Familiengerichts vom 18. Dezember 2003 i. V. m. der Beschwerdeentscheidung des Senats vom 10. März 2004 (2 WF 42/04) steht der erneuten Geltendmachung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen, da Prozesskostenhilfe versagende Beschlüsse auch nach der Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (ständige Rechtsprechung des Senats; nunmehr auch BGH FamRZ 2004, 940).
2. Das Familiengericht hat der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe allerdings erneut mit Recht verweigert, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Bedürftig im Sinne des Prozesskostenhilferechts ist nur, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 ZPO). Eine Partei hat für die Prozesskosten auch ihr Vermögen einzusetzen (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hierzu gehört nach einhelliger Auffassung - auch des Senats - auch ein Prozesskostenvorschussanspruch.
Hier kommt nach zutreffender Auffassung des Familiengerichts ein Prozesskostenvorschussanspruch der Klägerin gegenüber beiden Eltern in Betracht.
a) Die Volljährigkeit der Klägerin steht einem solchen Anspruch nicht entgegen. Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt Beschluss vom 4. August 2004 - Az. XII ZA 6/04 -) unterhaltsrechtlicher Natur. Er ist vom gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst (§ 1610 Abs. 2 BGB), für den die Eltern - entsprechend ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit, §§ 1606 Abs. 3 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB - aufzukommen haben. Nach dem Rechtsgedanken des § 1610 Abs. 2 BGB, der nicht zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern unterscheidet, besteht ein Prozesskostenvorschussanspruch volljähriger Kinder gegenüber ihren Eltern jedenfalls dann, wenn diese noch keine von den Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt haben, sich also -wie hier die Klägerin - noch in einer Berufsausbildung befinden (ständige Rechtsprechung des Senats und überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung - vgl. hierzu Zöller-Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 115 Rdnr. 67 c und Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdnr. 397, jeweils m. w. N.).
b) Eine Verweisung der Klägerin auf den gegenüber der Prozesskostenhilfe vorrangigen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegenüber ihren unterhaltspflichtigen Eltern ist auch nicht unbillig.
Dabei sind insbesondere die persönlichen Beziehungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin einerseits sowie ihrer Eltern andererseits zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Prozesskosten selbst zu tragen und damit bedürftig im Sinne des Unterhaltsrechts. Die Belastung des Beklagten und der Mutter der Klägerin mit den Prozesskosten ist ebenfalls nicht unbillig, da diese nach Aktenlage mit der Wahrung des ihnen im Verhältnis zur Klägerin zu belassenden angemessenen Selbstbehalts zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses - jedenfalls in Raten (vgl. insoweit die bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. August 2004) - in der Lage sind. Die Berechnungen der Klägerin zur fehlenden Leistungsfähigkeit ihrer Mutter sind unzutreffend, da sie deren Anspruch auf gleiche Teilhabe am in der bestehenden Familie erwirtschafteten Gesamteinkommen nicht berücksichtigen. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten für den Prozesskostenvorschuss ist auf der Grundlage der vorgelegten Verdienstbescheinigungen und dessen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei weiteren Kindern selbst bei einkommensmindernder Berücksichtigung der von ihm dargelegten, den Wohnwert übersteigenden Hausverbindlichkeiten zweifelsfrei gegeben.
3. Zudem sind jedenfalls teilweise die Erfolgsaussichten des Begehrens der Klägerin nicht gegeben. Da das staatliche Kindergeld an die Klägerin ausgekehrt wird, steht es ihr in vollem Umfang zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfes zur Verfügung. Die Klägerin ist daher in geringerem Umfang bedürftig als von ihr angegeben. Bei der Festlegung der Haftungsanteile beider barunterhaltspflichtigen Elternteile dürfte der der Mutter der Klägerin zu belassende (angemessene) Selbstbehalt zu reduzieren sein, da ihr eigener Unterhalt zumindest teilweise durch ihren Ehemann gedeckt sein dürfte (vgl. Nr. 21.5.1 SüdL).
4. Die Klägerin hat die in Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses zum GKG n. F, angesetzte Festgebühr ihres erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
5. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zu, weil die Frage, ob volljährige Kinder, die noch keine von ihren Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt haben, gegenüber ihren Eltern einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss haben, grundsätzliche Bedeutung hat und weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts hierzu erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). In der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur werden insoweit unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Frage ist für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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