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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 09.11.2009
Aktenzeichen: 2 WF 211/09
Rechtsgebiete: FamFG, ZPO
Vorschriften:
FamFG § 76 Abs. 2 | |
FamFG § 78 Abs. 2 | |
FamFG § 111 Nr. 6 | |
ZPO § 568 Satz 2 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 2 WF 211/09 In der Familiensache betreffend gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen hier: Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe, hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22. Oktober 2009, eingegangen am 23. Oktober 2009, gegen den ihr am 19. Oktober 2009 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 12. Oktober 2009 ohne mündliche Verhandlung am 9. November 2009 beschlossen: Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss geändert: Der Antragstellerin wird der von ihr ausgewählte Rechtsanwalt S..., L..., beigeordnet. II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (Nr. 1912 des KostVerz. zu § 3 Abs. 2 FamGKG); außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO). Gründe: Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG statthafte sofortige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 568 Satz 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 76 Abs. 2 FamRG in Verbindung mit § 569 ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der vom Familiengericht vertretenen Auffassung ist der Antragstellerin der von ihr ausgewählte Rechtsanwalt zu ihrer Vertretung beizuordnen. 1. In Familiensachen des § 111 Nr. 6 FamFG (Gewaltschutzsachen) ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben. Die Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwaltes im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hat daher gemäß § 78 Abs. 2 FamFG nur zu erfolgen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird auch in der Zivilprozessordnung an das Kriterium der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt geknüpft (§ 121 Abs. 2 ZPO). Die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze können daher auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Beiordnung im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe für Verfahren nach dem zum 1. September 2009 in Kraft getretenen Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) herangezogen werden. Bei der Frage der Erforderlichkeit einer Beiordnung ist zu beachten, dass Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet (BVerfG FamRZ 2004, 1013). Eine Beiordnung wird daher regelmäßig dann geboten sein, wenn auch eine bemittelte Partei vernünftiger Weise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte (BVerfG FamRZ 2002, 531 und NJW-RR 2007, 1713). Dabei sind nicht nur (objektiv) Umfang und Schwierigkeit der Sache, von Bedeutung. Vielmehr kommt es auch (subjektiv) darauf an, ob Parteien und Beteiligte nach ihrer Vorbildung, geistigen Befähigung, Schreib- und Redegewandtheit in der Lage sind, ihr Rechtsanliegen dem Gericht schriftlich oder mündlich ausreichend und ohne Gefahr einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung darzustellen (BVerfG a.a.O.; BGH FamRZ 2003, 1547 und 1921). Die Beiordnung darf nicht durch die pauschale Bezugnahme auf den Amtsermittlungsgrundsatz versagt werden (BVerfG a.a.O.).
Als Vertreter des Verfahrensbeteiligten hat ein Rechtsanwalt andere Aufgaben wahrzunehmen als der Richter. Der Grundsatz der Amtsermittlung enthebt die Beteiligten nicht von ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung an der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes. Insbesondere in Antragsverfahren sind von den Beteiligten die Tatsachen vorzubringen, die ihr Rechtsschutzziel stützen, weil das Gericht ohne dieses Vorbringen regelmäßig keine Anhaltspunkte dafür haben wird, in welcher Richtung Ermittlungen zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen angestellt werden sollen. 2. Ausgehend von diesen allgemeinen Kriterien erscheint vorliegend die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Antragstellerin erforderlich. Gewaltschutzsachen sind regelmäßig eilbedürftig. Sie sind schon deshalb nicht einfach gelagert, weil komplexe Sachverhalte zu unterbreiten sind, die es dem Gericht ermöglichen, Ausmaß und Umfang der Gefährdung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin rasch und umfassend zu ermitteln und die zur Abwendung weiterer Verletzungen konkret erforderlichen Maßnahmen auch ohne Nachfragen und dadurch bedingte zeitliche Verzögerungen zu treffen.
Ein nicht rechtskundiger Beteiligter dürfte damit regelmäßig überfordert sein. Das gilt auch für die Antragstellerin.
Bei ihr handelt es sich offensichtlich um eine Beteiligte mit Migrationshintergrund. Nach ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist sie ohne Beruf. Sie ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II. Angesichts all dieser Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie in der Lage gewesen wäre, die gebotenen Schritte zur Wahrnehmung ihrer Rechte eigenständig zu unternehmen und ihr Anliegen dem Gericht ausreichend schriftlich darzulegen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass ein Gewaltschutzverfahren (mit anwaltlicher Hilfe) erst Anfang September 2009 eingeleitet worden ist, obwohl die Antragstellerin nach Darstellung der Antragsschrift bereits seit Beginn des Jahres 2009 massiven widerrechtlichen Angriffen durch den Antragsgegner ausgesetzt gewesen ist.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (vgl. Nr. 1912 des KostVerz. zu § 3 Abs. 2 FamFG); außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Ende der Entscheidung
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