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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 2 WF 5/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1360a Abs. 4
BGB § 1361 Abs. 4 Satz 4
ZPO § 127a
ZPO § 115
ZPO § 120
1. Der Anspruch des getrennt lebenden Ehegatten auf Prozesskostenvorschuss und die zu seiner Durchsetzung bestimmte einstweilige Anordnung können auch dahin gehen, an der Verwertung von in einem gemeinsamen Schließfach lagernden Vermögensgegenständen (hier: Schmuck) mitzuwirken.

2. Wenn es die Prozesskostenhilfe begehrende Partei vorwerfbar unterlässt, einen solchen Anspruch rechtzeitig geltend zu machen, kann dies zur Festsetzung von aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen führen.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 5/02

In der Familiensache

wegen Trennungsunterhalt,

hier: Prozesskostenhilfe für die 1. Instanz,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll

auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 2. Januar 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kandel vom 5. Dezember 2001

ohne mündliche Verhandlung am 14. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin macht Trennungsunterhalt geltend für einen mittlerweile - nach am 17. Oktober 2001 eingetretener Rechtskraft der Scheidung - abgeschlossenen Zeitraum seit Juni 2000, Das Amtsgericht hat ihr die Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten zunächst versagt. Auf ihre Beschwerde hat der damals zuständige 6. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken eine Teilbewilligung für die 1. Instanz ausgesprochen, wobei dem Familiengericht u.a. die Anordnung einer Ratenzahlung vorbehalten wurde (Beschluss vom 16. November 2001, 6 WF 27/01). Der Familienrichter hat hierzu durch den nunmehr angefochtenen Beschluss vom 5. Dezember 2001 entschieden, dass die Antragstellerin auf die bewilligte Prozesskostenhilfe einen Betrag von bis zu 5000 DM zu zahlen habe. Die Antragstellerin könne dieses Geld durch die Verwertung ihres in einem Schließfach lagernden Goldschmuckes aufbringen, wobei sie gehalten gewesen sei, die erforderliche Mitwirkung des daran ebenfalls verfügungsberechtigten Antragsgegners rechtzeitig durch den ihr bis zur Rechtskraft der Scheidung zustehenden Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zu erzwingen. Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde wird insbesondere gerügt, die Antragstellerin sei im Verlauf des sich nunmehr schon längere Zeit hinziehenden Verfahrens niemals ein solcher Hinweis - dem sie selbstverständlich sofort nachgekommen wäre - erteilt worden. Es könne ihr daher nicht vorgeworfen werden, sie habe sich durch ihr Zuwarten bedürftig gemacht.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das vom Amtsgericht getroffene Einzahlungsanordnung besteht zu Recht.

Die Antragstellerin war zur Finanzierung die Prozesses grundsätzlich auf den Einsatz des in dem Schließfach lagernden Goldschmuckes zu verweisen. Dieser hat nach ihrer im Scheidungsverfahren (F 12/01 AG Kandel) gegebenen Darstellung einen Wert von 35850 DM und steht auch nach Behauptung des Antragsgegners der Antragstellerin zumindest zur Hälfte zu. Danach ist das nach § 115 Abs. 2 ZPO, § 88 BSHG zu belassende Schonvermögen jedenfalls deutlich überschritten.

Die Antragstellerin wäre auch in der Lage gewesen, eine Verwertung von Teilen des Schmuckes durchzusetzen und so die jetzt angeordnete Zahlung aufzubringen. Bis zur Rechtskraft der Scheidung hatte sie gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nach §§ 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 4 BGB; dass die Ehe der Parteien nach türkischem Recht zu scheiden war, steht gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB dem Anspruch nicht entgegen (vgl. Palandt, BGB 60. Aufl. Art. 18 EGBGB Rn. 17).

Der Prozesskostenvorschuss konnte auch nach § 127a ZPO durch einstweilige Anordnung alsbald durchgesetzt werden. Der Senat teilt dabei die Auffassung des Erstrichters, wonach der Antragsgegner dabei auch hätte angehalten werden können, an der teilweisen Verwertung des Schmuckes im erforderlichen Umfang - insbesondere auch durch Zustimmung zur Herausnahme aus dem Schließfach - mitzuwirken. Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss und die zu seiner Durchsetzung bestimmte einstweilige Anordnung gehen zwar regelmäßig dahin, dem bedürftigen Ehegatten die anfallenden Kosten vorzuschießen (§ 1360a Abs. 4 BGB). Andererseits richtet sich aber der Umfang des Anspruchs nach dem in der Vorschrift ausdrücklich genannten Maßstab der Billigkeit (vgl. auch Palandt aaO., § 1360a Rn. 15). Danach konkretisierte sich der Anspruch in der hier gegebenen Situation dahin, den Einsatz der in Form des Schmuckes bereitliegenden und für die Finanzierung des Prozesses zu verwendenden Vermögenswerte in dieser Weise zu ermöglichen.

Sonstige Gründe, die einer Verwertung des Schmuckes zur Finanzierung der Prozesskosten entgegen stehen könnten, hat auch die Antragstellerin nicht behauptet; sie hat vielmehr in ihrer Beschwerdeschrift betont, dass dem nur die fehlende Freigabe durch den Antragsgegner entgegen gestanden habe.

Der getroffenen Anordnung steht auch die zwischenzeitliche Rechtskraft der Scheidung, die zum Wegfall des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss geführt hat, nicht entgegen. Die Antragstellerin hätte ihren Anspruch im Rahmen des seit 17. August 2000 anhängigen Verfahrens rechtzeitig geltend machen müssen; die Berufung auf ihre infolge ihres Versäumnisses jetzt eingetretene Bedürftigkeit ist rechtsmissbräuchlich (vgl. OLG Zweibrücken - 5. Zivilsenat - OLGR 1999, 378).

Der Einwand der Antragstellerin, ihr sei damals ein entsprechender Hinweis vom Gericht nicht erteilt worden, verfängt nicht. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand für die Antragstellerin ergibt sich nicht; ihr ist vielmehr anzulasten, dass sie ihren prozessualen Obliegenheiten nur unzureichend nachgekommen ist. Sie war gemäß § 117 Abs. 2 ZPO verpflichtet, sich über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erklären. Sie hat es demgegenüber versäumt, den Schmuck in ihrer mit der Antragsschrift vom 16. August 2000 vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwähnen; dies ist übrigens auch in der später auf Anforderung des Familiengerichts nachgereichten Erklärung vom 28. November 2001 nicht geschehen.

Auf den Schmuck wurde offenbar erstmals in der zum Scheidungsverfahren eingereichten Antragsschrift vom 27. September 2001 hingewiesen; auch damals wurde dies zum vorliegenden Verfahren, das zu dieser Zeit auf die Beschwerde der Antragstellerin beim OLG Zweibrücken anhängig war, nicht mitgeteilt. Die mit der Antragsschrift vorgelegte vorgerichtliche Korrespondenz enthält zwar vage Hinweise auf das Vorhandensein von Hochzeitsschmuck (Schreiben vom 26. Mai und 15. Juni 2000, Bl. 4 f. d.A.); dies reicht aber nicht aus, um die Antragstellerin von dem sie treffenden Vorwurf zu entlasten.

Nach alldem war gemäß § 120 Abs. 1 ZPO ein von der Antragstellerin zu den Prozesskosten zu leistende Beitrag festzusetzen. Die Beschwerdeentscheidung vom 16. November 2001, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, steht nicht entgegen. Nach dem Wortlaut des Beschlusses war zwar dem Familiengericht nur "die Anordnung einer Ratenzahlung" vorbehalten worden. Dem Beschluss kann aber nicht entnommen werden, dass damit die Möglichkeit der Festsetzung von aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen ausgeschlossen werden sollte.

Der Senat sieht auch keinen Anlass, die getroffene Anordnung in der Höhe abzuändern. Die Leistung eines Betrages von 5000 DM wäre der Antragstellerin nach dem Umfang des vorhandenen Goldschmuckes ohne Weiteres zumutbar (§ 115 Abs. 2 ZPO). Die abzuschätzenden Prozesskosten würden zwar - bei einem Streitwert von nur 8538 DM (§ 17 Abs. 1 und 4 GKG) und unter Ansatz von drei Anwaltsgebühren gemäß § 123 BRAGO - nur rund 2200 DM (rund 1125 €) betragen. Je nach Verlauf des Verfahrens ist aber nicht auszuschließen, dass die abzudeckenden Kosten die vom Amtsgericht festgesetzte Größenordnung erreichen.

Nachdem eine weitere Festlegung bisher nicht getroffen ist, wird die Antragstellerin die Einzahlung nach jeweiliger Anforderung durch die Landeskasse zu leisten haben. Nach dem Rechtsgedanken des § 120 Abs. 3 ZPO werden sich die Anforderungen dabei im Rahmen der jeweils abzusehenden Kosten zu halten haben.

Aufgrund der Zurückweisung ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin die Festgebühr gemäß KV Nr. 1952 zum GKG zu tragen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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