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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 22.08.2001
Aktenzeichen: 2 WF 67/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 123
GKG § 58 Abs. 2 Satz 2
GKG § 54 Nr. 1
GKG § 54 Nr. 2
Ist der Kläger wegen eines Teiles der Gerichtskosten in Anspruch genommen worden, der nach der Kostenregelung des von den Parteien geschlossenen Vergleichs dem Beklagten zur Last fällt, so kann er diese Kosten auch dann gegen den Beklagten festsetzen lassen, wenn diesem die Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist (Bestätigung der in Rechtspfleger 1987, 128 abgedruckten Senatsentscheidung); der Beschluss des BVerfG vom 23.6.1999 (1 BvR 984/89; FamRZ 2000, 474) hat an dieser Rechtslage nichts geändert, da er sich nur auf den Fall einer Kostenregelung durch gerichtliche Entscheidung bezieht.
Aktenzeichen: 2 WF 67/01 5c F 381/99 Amtsgericht - Familiengericht Ludwigshafen am Rhein

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In der Familiensache

wegen Trennungsunterhalt; Abänderungsklage

hier: Kostenfestsetzung

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll

auf die Beschwerde der Beklagten vom 26. Juli 2001, bei Gericht eingegangen am 27. Juli 2001,

gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 13. Juli 2001, der Beschwerdeführerin zugestellt am 24. Juli 2001

ohne mündliche Verhandlung am 22. August 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 131,25 DM festgesetzt.

Gründe:

1. Die Beklagte wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung von durch den Kläger vorgelegten Gerichtskosten zu ihren Lasten, weil damit die ihr durch Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe zukommende Kostenbefreiung unterlaufen werde; sie beruft sich insoweit auf eine Entscheidung des BVerfG vom 23.6.1999 (1 BvR 984/89, FamRZ 2000, 474).

2. Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung des BVerfG betrifft nur den Fall der Kostenregelung durch gerichtliche Entscheidung; hat sich - wie hier - der mittellose Beklagte durch einen Vergleich zur Übernahme von Kosten verpflichtet, ist nach Auffassung des Senats anders zu entscheiden.

Gemäß § 123 ZPO hat die Bewilligung der PKH auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss. Zu diesen Kosten gehören hier auch die vom Kläger einbezahlten Gerichtskosten, die das Amtsgericht - entsprechend der in dem von den Parteien geschlossenen Vergleich festgelegten Kostenquote - zu 3/4 gegen die Beklagte festgesetzt hat. Das BVerfG (aaO.) hat allerdings entschieden, dass es gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoße, wenn ein mittelloser unterlegener Beklagter gegenüber dem obsiegenden Kläger zu einer solchen Kostenerstattung verpflichtet sei, während eine entsprechende Verpflichtung den unterlegenen mittelloser Kläger aufgrund der Regelung des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG nicht treffen könne.

Diese letztgenannte Vorschrift betrifft jedoch, da sie ausschließlich auf den § 54 Nr. 1 GKG verweist, nur den Fall der Kostenregelung durch gerichtliche Entscheidung; diejenige Partei, die sich - als sog. Übernahmeschuldner gemäß § 54 Nr. 2 GKG - durch Vergleich zur Tragung von Gerichtskosten verpflichtet hat, kann sich dagegen hierauf nicht berufen.

Bereits früher (JurBüro 79, 486) hatte das BVerfG entschieden, dass die dem zugrunde liegende gesetzgeberische Differenzierung zwischen Entscheidungs- und Übernahmeschuldner mit dem Grundgesetz vereinbar sei; daher sei es auch zu billigen, dass die mittellose Partei in derartigen Fällen vom Gegner für Gerichtskosten in Regress genommen werden könne. Der gesetzlichen Regelung liege das berechtigte Anliegen zugrunde, missbräuchliche Kostenregelungen der Parteien zu Lasten der Staatskasse zu vermeiden. Es bestehe zwar ein Spannungsverhältnis zu der sich aus § 279 ZPO ergebenden jederzeitigen Pflicht der Gerichte, auf einen Vergleich hinzuwirken, das sich aber letztlich nicht völlig vermeiden lasse. In der o.a. aktuellen Entscheidung (aaO. S. 476) hat das BVerfG diesen früheren Beschluss erwähnt und bekräftigt.

Nach verschiedenen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur sollen gleichwohl die Grundsätze der aktuellen Entscheidung des BVerfG auch auf den Fall einer vergleichsweisen Regelung von Kosten anwendet werden, wobei eingeschränkt wird, dass dies bei erkennbar missbräuchlicher Kostenregelung nicht gelten solle (OLG Frankfurt am Main NJW 2000, 1120; Egon Schneider MDR 1999, 1090; s.a. LG Berlin JurBüro 99, 200). Eine entsprechende Anwendung des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG auf den Übernahmeschuldner sei geboten aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und aufgrund des § 279 ZPO.

Dem vermag sich der Senat jedoch auch auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG nicht anzuschließen (vgl. schon früher Rechtspfleger 1987, 128). Zuzustimmen ist vielmehr der entgegen gesetzten h.M. in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Karlsruhe NJW 2000, 1121; OLG Koblenz NJW 2000, 1122; OLG Nürnberg MDR 2000, 1034; OLG Bamberg JurBüro 2000, 88; Zöller, ZPO 22. Aufl. § 123 Rn. 6 f.; Hartmann, Kostengesetze 30. Aufl. § 58 GKG Rn. 23). Diese Auffassung verweist zu Recht auf den eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG und auf die erneute Billigung der zugrunde liegende Differenzierung durch das BVerfG. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist auch nicht zu der Prüfung geeignet, ob eine von den Parteien getroffene Kostenregelung der Prozesslage entsprochen hat.

Der Senat - der für eine solche Entscheidung allerdings nicht zuständig wäre (§ 8 Abs. 2 GKG) - hat auch überlegt, ob den Belangen der Beklagten durch eine (teilweise) Nichterhebung von Gerichtskosten entsprechend § 8 Abs. 1 GKG Genüge zu tun sein könnte, wenn das Amtsgericht vor Abschluss des Vergleiches erforderliche Hinweise an die Parteien auf die Kostenfolgen unterlassen haben sollte (in diese Richtung LG Berlin JurBüro 199, 200, 201).

Ein derartiges Versäumnis des Amtsgerichts könnte hier aber jedenfalls nicht festgestellt werden. Es kann zunächst nicht darin gesehen werden, dass den Parteien nicht vorgeschlagen wurde, die Kostenregelung von dem Vergleich auszunehmen und einer gerichtlichen Entscheidung nach § 91a ZPO zuzuführen. Ein solches Verfahren hätte nämlich insgesamt Kostennachteile geboten, weil durch einen nur zur Hauptsache geschlossenen Vergleich die Ermäßigung um 2 Gebühren für das Verfahren 1. Instanz gemäß KV Nr. 1211 zum GKG nicht eintritt (vgl. dazu Hartmann aaO., Rn. 15; Egon Schneider MDR 1999, 1090, 1091).

Dem Amtsgericht kann auch nicht vorgehalten werden, es habe vor Vergleichsabschluss auf die zu Lasten der Beklagten jetzt eingetretene Kostenfolge hinweisen müssen. Diese Entwicklung war nämlich aus damaliger Sicht nicht vorhersehbar. Der Beklagten ist vielmehr - erst nach dem Verhandlungstermin vom 8. Mai 2000 - auf der Grundlage der von ihr ursprünglich gemachten Angaben die PKH zunächst nur gegen Ratenzahlung bewilligt worden. Die Nachzahlungsanordnung ist erst später aufgehoben worden, nachdem die Beklagte nachträglich noch zwei Privatdarlehen behauptet hatte.

Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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