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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 05.02.2001
Aktenzeichen: 2 WF 99/00
Rechtsgebiete: BRAGO, BGB
Vorschriften:
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 3 | |
BRAGO § 23 | |
BGB § 1671 |
2. Eine Verständigung der Eltern über das Sorgerecht löst auch auf der Grundlage der Neufassung des § 1671 BGB eine Vergleichsgebühr nicht aus (Bestätigung der ständigen Senatsrechtsprechung, vgl. KostRsp. § 23 BRAGO Nr. 7).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 2 WF 99/00 5 d F 69/00 AG Ludwigshafen am Rhein
In der Familiensache
betreffend die Regelung der elterlichen Sorge für die Kinder
hier: Festsetzung der Vergütung für die der Antragsgegnerin
hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 21. September 2000
ohne mündliche Verhandlung am 5. Februar 2001
beschlossen:
Tenor:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahrens ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die beteiligten Eheleute haben nach ihrer Trennung mit wechselseitigen Anträgen die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden gemeinsamen Kinder verlangt. Das Amtsgericht hat einen Bericht des Jugendamtes eingeholt und Eltern und Kinder mündlich angehört. Schließlich haben die beiderseitigen Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, dass die Eheleute sich auf die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge geeinigt hätten und das Verfahren somit erledigt sei. Die nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Antragsgegnerin beigeordnete Rechtsanwältin betreibt die Festsetzung der ihr aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung. Gegen die Absetzung der von ihr u.a. geforderten Vergleichsgebühr und Beweisgebühr wendet sie sich nunmehr mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 128 Abs. 4 BRAGO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat bereits die Rechtspflegerin die Festsetzung der beiden Gebühren versagt.
Die Anhörung der Eltern und Kinder im selbständigen Sorgerechtsverfahren ist nicht stets als Beweisaufnahme im Sinne des § 118 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO zu bewerten; gleiches gilt für die Anhörung des Jugendamtes, auch durch Einholung eines schriftlichen Berichts.
Gemäß § 621a Abs. 1 ZPO finden u.a. in Verfahren über Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 - Regelung der elterlichen Sorge - die Verfahrensvorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung. Das Gericht hat mithin von Amts wegen und ohne Rücksicht darauf, inwieweit bestimmte Tatsachen zwischen den Beteiligten streitig sind, die erforderlichen Ermittlungen zu treffen (§ 12 FGG). Es hat gemäß §§ 49a, 50a, 50b FGG zwingend das Jugendamt, beide Elternteile und das Kind anzuhören, um sich die für seine Entscheidung erforderlichen Sachkenntnisse zu verschaffen; dabei sind Eltern und Kinder persönlich, d.h. mündlich anzuhören. Dies gilt auch in Fällen, in denen über die Richtigkeit bestimmter tatsächlicher Umstände weder Streit unter den Beteiligten besteht noch konkrete Zweifel des Gerichts vorliegen.
Diese gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Anhörungen sind daher in der Regel keine Beweisaufnahme; sie dienen zunächst nur der Erfassung der möglicherweise entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände, also der sogenannten Stoffsammlung. Nur wenn es im Einzelfall der Klärung bereits bekannter, aber streitiger oder sonst zweifelhaft erscheinender Umstände bedarf, liegt eine Beweisaufnahme vor (allgemeine Meinung; vgl. nur Gerold u.a., BRAGO 14. Aufl. § 118 Rn. 11 und § 31, Rn. 113 bis 120, jew. m.w.N.).
Eine derartige Beweisaufnahme ist hier nicht ersichtlich. Auch die Beschwerdeführerin hat nicht aufzuzeigen vermocht, worin sie bestanden haben und auf welche bereits bekannten, jedoch streitigen oder sonst zweifelhaften Tatsachen sie sich bezogen haben sollte. Aus dem zwischen den Parteien im Grundsatz herrschenden Streit über die Regelung des Sorgerechts allein kann - wie dargestellt - nicht auf eine Beweisaufnahme geschlossen werden. Auch die Tatsache, dass der Familienrichter zur Anhörung der Kinder einen besonderen, weiteren Termin bestimmt hat, ergibt nichts anderes. Diese Gestaltung des Verfahrens war ersichtlich von dem Bestreben geprägt, zunächst möglichst rasch zu einer vorläufigen Regelung zu gelangen und dabei den Kindern die Belastungen einer Anhörung nach Möglichkeit zu ersparen.
Auch hinsichtlich der Vergleichsgebühr (§ 23 Abs. 1 BRAGO) hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Senat vermag in vorliegendem Fall den Abschluss auch eines außergerichtlichen Vergleichs über den Gegenstand des Verfahrens - das Sorgerecht - nicht zu erkennen.
Ein Vergleich im Sinne von § 23 Abs. 1 BRAGO, § 779 BGB liegt vor, wenn der Streit oder die Ungewissheit des Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Vertrag und im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Hier aber haben sich die Parteien darauf beschränkt, ihre wechselseitigen Sorgerechtsanträge nicht weiter zu verfolgen, also zurück zu nehmen. Allein hierdurch ist kein Vertrag über die Gestaltung des Sorgerechts zustande gekommen.
Ein Vergleich scheidet jedenfalls deshalb aus, weil es den beteiligten Eltern an der Verfügungsbefugnis über den Verfahrensgegenstand der elterlichen Sorge fehlt; dieser unterliegt vielmehr der vom Maßstab des Kindeswohls bestimmten amtswegigen Prüfung durch das Gericht. Der Senat ist daher auf der Grundlage der bis 30. Juni 1998 geltenden sachlichrechtlichen Vorschriften in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Verständigung der Eltern über das Sorgerecht eine Vergleichsgebühr nicht auslöst (KostRsp. Nr. 7 zu § 23 BRAGO; ebenso OLG Zweibrücken - 6. Zivilsenat - JurBüro 1980, 1028; vgl. auch Riedel/Sussbauer, BRAGO 8. Aufl. § 23 Rn. 10). Diese Auffassung hat der Senat kürzlich (Beschluss vom 20.11. 2000, 2 WF 81/00, zur Veröffentlichung bestimmt) bestätigt für den Fall der Abänderung einer Sorgerechtsregelung nach § 1696 BGB.
Der Senat hält an seiner Auffassung auch in Bezug auf die am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 1671 BGB fest. Das Vorliegen eines Vergleiches ist auch dann zu verneinen, wenn - wie hier - Anträge nach § 1671 BGB zunächst gestellt und dann zurückgenommen werden. Eine Regelung nach § 1671 Abs. 1 BGB kann zwar nur dann zustande gekommen, wenn ein Elternteil dies beantragt. Hieraus ist aber nicht zu schließen, dass die Eltern über den Gegenstand des Verfahrens frei verfügen und ihn daher auch durch Vergleich regeln können (so aber OLG Bremen OLGR 1997, 147 für § 1672 BGB a.F.; vgl. weiter Gerold aaO., § 36 Rn. 4). Auch die Rücknahme des Antrages lässt nämlich das Recht und die Pflicht des Familiengerichts unberührt, zu erwägen, ob nach §§ 1671 Abs. 3, 1666 BGB zur Wahrung des Kindeswohls von Amts wegen eine Regelung des Sorgerechts veranlasst ist. Die hier getroffene Entscheidung des Gerichts, das Verfahren nicht weiter zu betreiben, setzte die stillschweigende Prüfung dieser Vorschriften voraus und beruhte daher nicht allein auf einem Übereinkommen der beteiligten Eltern.
Auf die Frage, ob der beigeordnete Anwalt die Vergleichsgebühr auch für eine nur außergerichtlich getroffene Vereinbarung aus der Staatskasse beanspruchen kann, kommt es nach alledem nicht mehr an. Nebenentscheidungen sind nicht zu treffen (§ 128 Abs. 5 BRAGO).
Ende der Entscheidung
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