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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: 3 W 100/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 1004 | |
WEG § 15 Abs. 3 | |
WEG § 22 Abs. 1 Satz 2 | |
WEG § 14 | |
WEG § 10 |
Entscheidung wurde am 17.03.2004 korrigiert: Der Entscheidung wurde ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt und die Vorschriften geändert
2. Eine mit "Sonderrechte" überschriebene Regelung in der Teilungserklärung, die neben der Überdachung der Terrasse auch "sonstige bauliche Veränderungen im Bereich der Terrasse, soweit baurechtlich zulässig" beinhaltet, umfasst bereits nach ihrem Wortlaut auch die Errichtung eines Wintergartens.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 3 W 100/03
In dem Verfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage ......
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Jenet auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 8. Mai 2003 gegen den ihr am 25. April 2003 zugestellten Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 14. April 2003
ohne mündliche Verhandlung
am 30. Januar 2004
beschlossen:
Tenor:
I. Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kandel vom 19. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 2) haben die Gerichtskosten beider Beschwerdeverfahren zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet,
III. Der Gegenstandes des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3 000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1, 4, 22 FGG).
In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Die Beteiligten zu 2) haben keinen Anspruch auf Beseitigung des von der Beteiligten zu 1) errichteten Wintergartens gemäß § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG. Aus § 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 10 WEG folgt, dass jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen oder, soweit sich eine Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 W 273/01 - und OLGR 2000, 383 m.w.N.). Bei dem Bau des Wintergartens handelt es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG, die grundsätzlich der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf. Diese ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich, wenn die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Für den vorliegenden Fall kann dahin stehen, ob der von der Beteiligten zu 1) errichtete Wintergarten eine Beeinträchtigung in vorgenanntem Sinne darstellt. Denn die im Rahmen des § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung haben die Beteiligten zu 2) hier mit § 6 der Teilungserklärung in der notariellen Urkunde vom 25. September 1998 bereits erteilt. Danach ist der jeweilige Eigentümer der Einheit Nr. 1 berechtigt, auf seine Kosten und Gefahr die in §4 Abs. 1 erwähnte Terrasse zu überdachen und auch sonstige bauliche Veränderungen im Bereich der Terrasse vorzunehmen, soweit diese baurechtlich zulässig sind. Das Landgericht hat ausgeführt, hierin sei kein vorweggenommenes Einverständnis der Beteiligten zu 2) zur Errichtung des Wintergartens enthalten. Diese sei von der Regelung des § 6 der Teilungserklärung nicht umfasst. Die Regelung stelle auf bauliche Veränderungen im Bereich der Terrasse ab. Durch die Errichtung des Wintergartens sei im vorliegenden Fall die Terrasse jedoch "vernichtet" worden und existiere nicht mehr, so dass es nicht mehr um eine Veränderung "im Bereich der Terrasse" gehe, sondern um deren vollständige Vernichtung.
Diese Auslegung wird der in § 6 der Teilungserklärung enthaltenen Vereinbarung der Beteiligten nicht gerecht. Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums einzutragende Teilungserklärung ohne Bindung an die Auslegung durch die Tatsacheninstanz selbständig auslegen. Abzustellen ist dabei auf den Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (vgl. etwa BGHZ 113, 374, 378 und 37,147,149; Senat NJW 1992, 2899 sowie Beschlüsse vom 17. September 2001 - 3 W 87/01 -, 20. August 2001 - 3 W 24/01 - und 30. April 2003 - 3 W 57/03; Hans. OLG Hamburg ZMR 2002, 621 und 2003, 868 f, jeweils zitiert nach juris; Meikel, Grundbuchrecht 9. Aufl. § 78 Rdnr. 36). Wegen der gebotenen objektiven Auslegung kommt es insbesondere nicht auf die Vorstellungen des teilenden Eigentümers und das Verständnis des beurkundenden Notars an. Ermittlungen in diese Richtung waren deshalb entbehrlich (vgl. Senat, etwa Beschluss vom 30. März 2003 aaO; Hans. OLG Hamburg MDR 1997, 816, 817; BayObLG WE 1996, 191, 192; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 651). Nach diesen Grundsätzen ist für den vorliegenden Fall davon auszugehen, dass dem Eigentümer der Einheit Nr. 1 - hier also der Beteiligten zu 1) - gerade auch die Errichtung eines baurechtlich zulässigen Wintergartens gestattet sein sollte. Denn neben der ausdrücklich erwähnten Überdachung der Terrasse lässt die mit "Sonderrechte" überschriebene Regelung des § 6 der Teilungserklärung auch "sonstige bauliche Veränderungen im Bereich der Terrasse" zu. Diese ohne Einschränkung formulierte Ermächtigung umfasst bereits nach ihrem Wortlaut auch die Errichtung eines Wintergartens. Denn hierbei handelt es sich um eine sonstige bauliche Veränderung im Bereich der Terrasse, deren Überdachung bereits durch den ausdrücklichen Wortlaut der Regelung gestattet war. Auch der Sinn der Regelung, der offensichtlich dahin ging, der Beteiligten zu 1) eine - baurechtlich zulässige - Umgestaltung der Terrasse nach ihren Vorstellungen zu ermöglichen, steht der Errichtung eines Wintergartens nicht entgegen. Der Wintergarten war, worauf bereits die Vorinstanzen zutreffend abgestellt haben, auch baurechtlich genehmigt. Mit Bescheiden vom 11. Mai 2001 und vom 13. Februar 2002 war der Beteiligten zu 1) zunächst die Überdachung der Dachterrasse und sodann die Anbringung von Fenstern genehmigt worden.
Auch die Tatsache, dass die Fensteröffnung des Hauswirtschaftsraumes der Beteiligten zu 2) infolge der Errichtung des Wintergartens nicht (mehr) den Anforderungen des § 29 LBauO entspricht, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Denn es kann nicht zu Lasten der Beteiligten zu 1) gehen, dass die Beteiligten zu 2) bei der Errichtung ihres Wohnhauses bzw. dem Umbau der Scheune nicht den sich aus den ursprünglichen Bauplänen ergebenden Abstand von 2,5 m eingehalten haben.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten der beiden Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung bezüglich der außergerichtlichen Kosten ist nicht veranlasst.
Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Wertfestsetzung durch die Zivilkammer gemäß § 48 Abs. 3 WEG bestimmt.
Ende der Entscheidung
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