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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 3 W 150/05
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 1
WEG § 10 Abs. 2
BGB § 1004
1. Die im Aufteilungsplan enthaltene Bezeichnung von Teileigentum als "Ladenfläche" kann sich im Einzelfall als Konkretisierung der Teilungserklärung im Sinne einer die Nutzung einschränkenden Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter i.S. der §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 2 WEG darstellen.

2. Wegen Geräuschs- und Geruchsbelästigung überschreitet ein Döner-Schnellimbiss die für einen "Laden" übliche Nutzung.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage W.......................,

wegen Untersagung der Nutzung von Teileigentum als Schnellimbiss,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterinnen am Oberlandesgericht Simon-Bach und Stutz auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 18./19. Juli 2005 gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 8. Juli 2005 zugestellten undatierten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) ohne mündliche Verhandlung am 06. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 1) haben die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10 000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 1, 2 und 4, §§ 27, 22 Abs. 1 FGG).

In der Sache ist das Rechtsmittel nicht begründet; die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 FGG).

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, haben die Vorinstanzen den Antragsgegnern die Einrichtung und den Betrieb eines Schnellimbisses in den in ihrem Teileigentum stehenden Räumen der im Rubrum genannten Wohnungseigentumsanlage untersagt.

Die mit der Rechtsbeschwerde dagegen erhobenen Einwände führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass von den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur ein solcher Gebrauch gemacht wird, wie er dem Gesetz, den getroffenen Vereinbarungen und den gefassten Beschlüssen entspricht. Einer danach unzulässigen Nutzung kann er mit dem Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB begegnen.

Einen solchen Unterlassungsanspruch der Antragsteller haben die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei für begründet erachtet.

Zwar können die Antragsteller aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung einen derartigen Anspruch nicht aus dem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 5. März 2003 herleiten. Jedoch steht die in dem der Teilungserklärung beigefügten Aufteilungsplan getroffene Zweckbestimmung der im Teileigentum der Antragsgegner stehenden Räume als "Laden" deren Nutzung als Schnellimbiss entgegen.

In dem Aufteilungsplan, der als Anlage zur Teilungserklärung (§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG) Inhalt der Grundbucheintragung ist, sind die im Teileigentum der Antragsgegner stehenden Räume als "Ladenfläche" bezeichnet. Die Vorinstanzen haben diesen Begriff als eine die Nutzung einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne der §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 2 WEG aufgefasst. Diese Ansicht teilt der Senat.

Den Inhalt des Grundbuches hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht selbständig auszulegen, wobei - wie das Landgericht bereits ausgeführt hat - auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin zulässiger Weise in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung nebst Anlagen abzustellen ist, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergeben (vgl. BGHZ 113, 374, 378 und 37, 147, 149; Senat, etwa Beschluss vom 11. August 2005 - 3 W 21/05 -). Bei der nach diesen Grundsätzen vorzunehmenden Auslegung kommt der Senat, ebenso wie das Landgericht, zu dem Ergebnis, dass der Aufteilungsplan die Teilungserklärung im Sinne einer Nutzungsbeschränkung dahingehend konkretisiert, dass keine gewerbliche Nutzung zugelassen wird, die mehr stört oder beeinträchtigt als ein "Laden". Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdegerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Teilungserklärung verweist in § 2 (Teilung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück) auf den Aufteilungsplan. Dieser ist überschrieben mit "Aufteilung des Wohn- und Geschäftshauses - Anwesen in 6705 Wachenheim, Weinstraße 30 - in Eigentumswohnungen sowie Ladenfläche". Bereits hieraus ergibt sich für einen unbefangenen Betrachter, dass eine Nutzung der in der Teilungserklärung als " nicht zu Wohnzwecken dienende Raumeinheiten" bezeichneten Räume als "Laden" vorgesehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass in den beigefügten Grundrissplänen des Erdgeschosses einer der Räume als Küche bezeichnet ist. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass dieser Bezeichnung keine Bedeutung im Sinne einer Nutzungsvereinbarung zukommt. Dies schon deshalb nicht, weil Grundrisszeichnungen grundsätzlich nicht den Zweck haben, Vereinbarungen über Nutzungsbeschränkungen zum Ausdruck zu bringen (HansOLG Hamburg ZMR 2003, 770). Im Übrigen zwingt die Möglichkeit der Einrichtung einer Küche nicht zu dem Schluss, dass in den "Ladenräumen" eine Speisewirtschaft betrieben werden soll. Das Landgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass eine Nutzung des Raumes als Küche/Sozialraum für Mitarbeiter in Betracht kommt.

Die Einrichtung und der Betrieb des von den Antragsgegnern geplanten Schnellimbisses sind mit der Zweckbestimmung der Räume als Laden nicht zu vereinbaren. Der Betrieb eines Döner-Imbisses wäre mit Störungen und Beeinträchtigungen verbunden, die gravierender sind, als diejenigen, die bei einer typisierenden und verallgemeinernden Betrachtungsweise von einem Laden ausgehen. Eine solche Störung kann in der Überschreitung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten liegen. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass es sich bei dem beabsichtigten Schnellimbiss um eine Speisewirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 GastG handelt, für die nicht die gesetzlichen Ladenschlusszeiten, sondern die allgemeine Sperrzeit nach § 17 GastVO Rheinland-Pfalz (5.00 bis 6.00 Uhr) gilt. Ob im Streitfall eine Überschreitung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten (6.00 bis 20.00 Uhr) zu befürchten steht - nach dem Vortrag der Antragsgegner, soll der Schnellimbiss neben dem Verkauf von Waren (türkischen Spezialitäten) zu den gewöhnlichen Ladenöffnungszeiten betrieben werden - kann indes offen bleiben. Denn mit Recht haben die Vorinstanzen ausgeführt, dass erfahrungsgemäß von einem Döner-Imbiss intensivere Lärm- und Geruchsbelästigungen ausgehen als dies bei einem Ladengeschäft, bei dem die Veräußerung von Fertigwaren im Vordergrund steht, zu erwarten ist.

Dabei hat das Landgericht nicht seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes (§ 12 FGG) verletzt. Insbesondere musste es sich nicht gedrängt sehen, weitere Nachforschungen zu dem Umfang möglicher Geruchsbelästigungen anzustellen und etwa ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen. Denn es kommt nicht darauf an, ob im einzelnen Fall Immissionen dieser Art tatsächlich auftreten oder nicht. Maßgebend ist vielmehr, dass sich die Unterschiede im Charakter und Ausmaß der Emissionen, mit denen erfahrungsgemäß gerechnet werden muss, begriffsprägend auf die in der Teilungserklärung verwendete Bezeichnung als Laden auswirken (OLG Düsseldorf ZMR 1993, 122). Die vom Landgericht vorgenommene Beurteilung, dass sowohl die durch die Art des Publikumsverkehrs bedingte vermehrte Geräuschbelastung als auch die bei einer Nutzung als Döner-Imbiss entstehende Geruchsbelästigung über die mit einem normalen Warenverkauf verbundenen Geräuschs- und Geruchsemissionen hinausgeht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde entspricht es der Billigkeit, dass alle Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben, § 47 Satz 2 WEG.

Den Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß § 48 Abs. 3 WEG auf der Grundlage der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch die Kammer bestimmt.



Ende der Entscheidung

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