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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 06.06.2005
Aktenzeichen: 3 W 16/05
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 137 Satz 2
BGB § 883
BGB § 2160
GBO § 22 Abs. 1 Satz 1
Eine zur Sicherung eines bedingten Anspruchs auf Grundstücksübereignung im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung ist im Wege der Berichtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu löschen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der gesicherte Anspruch und mit ihm die Vormerkung erloschen sind.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 3 W 16/05

In dem Verfahren

betreffend den im Grundbuch von G....... Blatt.... eingetragenen Grundbesitz Fl.St.Nr....., Gebäude- und Freifläche, H.......... zu 7,61 ar,

hier: Löschung einer Auflassungsvormerkung,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 17./18. Januar 2005 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 3. Januar 2005

ohne mündliche Verhandlung

am 6. Juni 2005

beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 7. September 2004 wird die Sache zur anderweitigen Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Amtsgericht - Grundbuchamt - Sinzig zurückgegeben.

Gründe:

I.

Die Beteiligte ist im Grundbuch als alleinige Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks eingetragen.

In einem notariellen Vertrag vom 5. November 1991 zwischen der Beteiligten und ihrem im Jahr 1998 verstorbenen Ehemann trafen die Eheleute Vereinbarungen u. a. dahin, dass im Falle der Beendigung ihrer Ehe aus anderen Gründen als dem Tod eines Ehegatten der vorbezeichnete Grundbesitz der Beteiligten bei einem Zugewinnausgleich keine Berücksichtigung finden solle. Im Übrigen bestätigten die Eheleute ihren bereits zuvor erklärten gegenseitigen vertraglichen Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsansprüche. Im Weiteren enthält die Notarurkunde eine vertraglich vereinbarte Vermächtnisanordnung der Beteiligten zugunsten ihres Ehemannes, worin sie diesem ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht an näher bezeichneten Räumlichkeiten ihres Wohnhauses zugewandt hat, sowie die vertragliche Verpflichtung der Beteiligten gegenüber ihrem Ehemann, "zu Lebzeiten" nur mit dessen Zustimmung über ihren Grundbesitz durch Veräußerung, Schenkung oder Belastung zu verfügen. Verletzungen dieses Verfügungsverbotes begründen nach dem Vertrag einen unmittelbaren Anspruch des Ehemannes auf kostenfreie Übertragung des Eigentums an dem Grundstück. Zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung bewilligte die Beteiligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung, die am 14. November 1991 unter Bezugnahme auf die Bewilligung im Grundbuch eingetragen wurde.

Nach dem Tod ihres Ehemannes hat die Beteiligte - vertreten durch ihren rechtlichen Betreuer - im August 2004 die Löschung der Vormerkung beantragt. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat mit Zwischenverfügung vom 7. September 2004 die beantragte Eintragung von der Vorlage einer Löschungsbewilligung der Rechtsnachfolger des verstorbenen Vormerkungsberechtigten abhängig gemacht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht am 3. Januar 2005 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde.

II.

1. a) Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 78 Satz 1 GBO), nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei (§§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3, 71 Abs. 1 GBO). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.

b) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht mit Recht von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. Die Berechtigung der Beteiligten zur Einlegung der ersten Beschwerde ergibt sich aus ihrem Antragsrecht (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO). Bei der hier vorliegenden Beanstandung durch das Grundbuchamt handelt es sich auch um eine nach § 18 GBO zulässige und damit rechtsmittelfähige Zwischenverfügung.

c) Verfahrensgegenstand der weiteren Beschwerde ist allein das von dem Rechtspfleger des Grundbuchamts in der Zwischenverfügung vom 7. September 2004 angenommene Eintragungshindernis, also die Beanstandung der fehlenden Löschungsbewilligung durch die Rechtsnachfolger des verstorbenen Vormerkungsberechtigten, nicht hingegen die Entscheidung über den Löschungsantrag selbst (vgl. BayObLGZ 1991, 97, 102 m. w. N.; BayObLG FamRZ 1999, 474, 475).

2. Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 78 Satz 1 GBO, § 546 ZPO) nicht stand.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hängt in dem hier zu entscheidenden Fall der Vollzug der von der Beteiligten als Grundstückseigentümerin beantragten Löschung der zugunsten ihres verstorbenen Ehemannes eingetragenen Auflassungsvormerkung nicht von der Zustimmung (Bewilligung gemäß § 19 GBO) von dessen Rechtsnachfolgern (Erben) ab.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

a) Für die Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Eigentumsvormerkung (Auflassungsvormerkung) bedarf es, wie für deren Eintragung, grundsätzlich einer Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) oder eines Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 GBO). Da vorliegend eine Löschungsbewilligung des Inhabers des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht vorgelegt wurde, war das Begehren der Beteiligten auf Löschung der Vormerkung von vornherein als Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO anzusehen. Hierfür bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, also die Nichtübereinstimmung des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an einem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage (§ 894 BGB). Zwar stellt eine Auflassungsvormerkung selbst kein dingliches Recht dar. Ihre Eintragung unterliegt indes gleichwohl der Berichtigung nach § 22 GBO, sofern in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise der Nachweis geführt wird, dass die wirkliche Rechtslage mit dem Inhalt des Grundbuchs deshalb nicht übereinstimmt, weil der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch auf dingliche Rechtsänderung nicht mehr besteht und auch nicht mehr entstehen kann, so dass die - ursprünglich zu Recht eingetragene - Auflassungsvormerkung das Grundbuch unrichtig macht (vgl. zum Ganzen: BayObLG RPfleger 1980, 278 f; BayObLG NJW-RR 1997, 590; BayObLG NJOZ 2002, 2063, 2064; OLG Hamm, RPfleger 1992, 474; Demharter, GBO, 25. Aufl., § 46 Rdnrn. 3, 7 und § 22 Rdnrn. 4, 18, jew. m. w. N.).

b) Diese Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil mit dem Tod des Ehemannes der Beteiligten der vorgemerkte Auflassungsanspruch endgültig weggefallen und damit das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung der forderungsabhängigen Eigentumsvormerkung unrichtig geworden ist. Das ergibt sich zur sicheren Überzeugung des Senats aufgrund einer Auslegung des im Eintragungsvermerk vom 14. November 1991 in Bezug genommenen notariellen Vertrages vom 5. November 1991, die an Gegenstand und Zweck der Vereinbarung ausgerichtet ist und den gesamten Vertragsinhalt berücksichtigt. Zu einer eigenen und selbständigen Interpretation der darin beurkundeten Abreden der Eheleute ist das Rechtsbeschwerdegericht hier deshalb berechtigt, weil sich die Vorinstanzen mit dem Vertragsinhalt nur in einem einzelnen Punkt auseinandergesetzt und damit nicht alle für die Auslegung des Vertrages in Betracht kommenden Gesichtspunkte umfassend gewürdigt haben (vgl. Demharter aaO § 78 Rdnr. 13; Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 49).

Die Auslegung des notariellen Vertrages vom 5. November 1991 durch den Senat führt dabei zu folgendem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis: Der Ehemann der Beteiligten sollte zu deren Lebzeiten - insbesondere für den Fall einer etwaigen Scheidung - keine wirtschaftliche Teilhabe an dem seiner Ehefrau allein gehörenden Wohngrundstück erlangen. Für den Fall ihres Vorversterbens war zudem ein Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart und ihm dadurch auch insoweit der Zugriff auf den Grundbesitz versperrt. Diese Regelungen belegen, dass nach dem Willen der Vertragschließenden der Ehemann der Beteiligten grundsätzlich gerade keine dingliche (Mit-)Berechtigung, insbesondere kein Eigentum, an dem Grundstück der Beteiligten erwerben sollte. Andererseits wurde ihm für den Fall, dass er sie überleben sollte, von der Beteiligten durch Erbvertrag ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) in dem Hausanwesen vermacht, §§ 1939, 1941 BGB. Bei der letztgenannten Abrede war den rechtskundig beratenen Eheleuten offenbar bewusst, dass die Beteiligte trotz des erbvertraglich verfügten Vermächtnisses wegen § 2286 BGB nicht gehindert war, über den Grundbesitz unter Lebenden zu verfügen und dass von daher ihr Ehemann hinsichtlich des ihm vermachten Wohnungsrechts keine gesicherte Rechtsposition hatte. Im Wissen darum haben die Vertragsparteien deshalb augenscheinlich mit notarieller Hilfe den einzig möglichen Weg gewählt, zu einer Absicherung für den Ehemann durch Vormerkung zu gelangen. Dieser bestand darin, dass sie - wie geschehen - einen Verfügungsunterlassungsvertrag ( § 137 Satz 2 BGB) schlossen und die Beteiligte zusätzlich die Verpflichtung einging, bei einem Verstoß gegen die Nichtverfügungspflicht das Eigentum an dem Grundstück an den Ehemann zu übertragen. Dieser Übertragungsanspruch war sonach von vornherein in zweifacher Weise aufschiebend bedingt: Er sollte nur im Falle der Zuwiderhandlung gegen das schuldrechtliche Verfügungsverbot entstehen und auch nur dann, wenn der Ehemann von dem für diesen Fall vorbehaltenen Recht Gebrauch macht. Ein derartig bedingt gestalteter Anspruch konnte - anders als die Vermächtnisanordnung (vgl. BayObLG NJOZ 2002, 2063, 2066) - durch Vormerkung gesichert werden (vgl. OLG Düsseldorf RPfleger 2003, 290; BGHZ 134, 182 ff; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 883 Rdnr. 9, jew. m. w. N.) und war deshalb ein taugliches Mittel zur Verhinderung vermächtniswidriger Verfügungen der Beteiligten über das Grundstück zu Lebzeiten.

Zweifelsfrei deutlich wird aus der getroffenen Regelung auf der anderen Seite aber auch, dass es den Vertragsparteien mit der gewählten rechtlichen Konstruktion ausschließlich darum ging, Vorsorge gegen eine Vereitelung des dem Ehemann vermachten Wohnungsrechts durch lebzeitige Verfügungen der Beteiligten zu treffen und nicht etwa einen Eigentumsverschaffungsanspruch auch dann zu begründen, wenn der ins Auge gefasste "Sicherungsfall" überhaupt nicht mehr eintreten kann. In diesem Sinne war nach dem Willen der Eheleute der vorgemerkte bedingte Anspruch des Ehemannes auf dingliche Rechtsänderung akzessorisch an die erbvertragliche Vermächtnisanordnung angebunden. Mit anderen Worten: Wenn das Vermächtnis unwirksam ist, ist damit auch der bedingte Eigentumsübertragungsanspruch und mit diesem aus Rechtsgründen zugleich die ihn sichernde forderungsabhängige Auflassungsvormerkung erloschen (vgl. Palandt/Bassenge aaO § 886 Rdnr. 4 m. w. N.). So aber liegen die Dinge hier, weil aufgrund des Vorversterbens des bedachten Ehemannes der Beteiligten im Jahr 1998 das Vermächtnis bezüglich des Wohnungsrechts nach § 2160 BGB unwirksam ist.

Die Löschung der Vormerkung, bei der es sich mithin nicht um eine rechtsändernde, sondern um eine bloß berichtigende Eintragung handelt, hat deshalb nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu erfolgen, ohne dass es der mit der Zwischenverfügung verlangten Bewilligung nach § 19 GBO bedarf.

3. Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO gebühren- und auslagenfrei. Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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