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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 3 W 167/04
Rechtsgebiete: WEG, ZVG


Vorschriften:

WEG § 16
ZVG § 146 Abs. 1
ZVG § 148 Abs. 2

Entscheidung wurde am 31.01.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
Im Rahmen der Haftung für Wohngeldansprüche tritt bei zwangsverwaltetem Wohnungseigentum der Zwangsverwalter neben den Eigentümer, nicht an dessen Stelle, weshalb die persönliche Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Zahlung rückständiger Beiträge nicht entfällt.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 3 W 167/04

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage S..................,

wegen Wohngeldforderungen,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Jenet auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 12./20. Juli 2004 gegen den ihr am 7. Juli 2004 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 29. Juni 2004

ohne mündliche Verhandlung

am 27. Juli 2005

beschlossen:

Tenor: I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

III. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3 535,60 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) wird als Wohnungseigentümerin von den Beteiligten zu 2), den übrigen Mitgliedern einer Wohnungseigentumsgemeinschaft, auf Zahlung rückständigen Wohngeldes in Anspruch genommen. Sie hält sich nicht für zahlungsverpflichtet, da über die maßgeblichen Wohnungen die Zwangsverwaltung angeordnet ist. Ihrer Auffassung nach müssten sich die Wohnungseigentümer ausschließlich an den Beteiligten zu 3), den Zwangsverwalter, halten.

Das Landgericht hat die Verurteilung der Beteiligten zu 1) durch das Amtsgericht bestätigt; hiergegen richtet sich ihre weitere Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 2, 22 FGG).

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

1. Zwar trifft zu, dass das Landgericht, ebenso wie zuvor das Amtsgericht, nicht sämtliche Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt hat, sondern nur diejenigen, die im Antragsschriftsatz vom 18. August 2003 aufgeführt sind. Dies verstößt gegen § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG, wonach alle Wohnungseigentümer materiell beteiligt und deshalb auch durch das Gericht zum Verfahren hinzuziehen sind. Die Folge dieser Unterlassung ist im vorliegenden Fall aber nicht die Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Denn die unterlassene Beteiligung hat der Senat noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt. Dies ist zulässig, wenn eine weitere Sachaufklärung weder notwendig noch zu erwarten ist und es nur darum geht, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. BGH FG-Prax 1998, 15). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, nachdem sich die Beteiligte zu 1) ausschließlich mit der Begründung zur Wehr setzt, sie sei wegen der bestehenden Zwangsverwaltung über den maßgeblichen Miteigentumsanteil und das Sondereigentum an ihren Wohnungen nicht (mehr) passiv legitimiert. Auch das Vorbringen der übrigen Beteiligten befasst sich lediglich mit der Rechtsfrage der Haftung eines Wohnungseigentümers neben dem Zwangsverwalter.

2. Zu Recht hat das Landgericht die Beteiligte zu 1) zur Zahlung der rückständigen Wohngeldforderungen verpflichtet. Die mit der Rechtsbeschwerde erhobenen Einwände führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

Die Beteiligte zu 1) ist aufgrund der Jahresabrechnung 2000 und den bestandskräftigen Jahresabrechnungen 2001 und 2002 bzw. des Wirtschaftsplans vom 17. April 2003 für die Zeit von Januar 2003 bis August 2003 zur Zahlung des Wohngeldes, wie im angefochtenen Beschluss des Landgerichts festgesetzt, verpflichtet. Dies bekämpft die Beteiligte zu 1) lediglich mit der Rechtsbehauptung, aufgrund der bestehenden Zwangsverwaltung sei sie für die geltend gemachte Forderung nicht passiv legitimiert; gemäß § 16 WEG sei mit Anordnung der Zwangsverwaltung vielmehr ausschließlich der Zwangsverwalter materiell-rechtlicher Rechtsinhaber und damit ausschließlich Schuldner der Wohngelder. Damit kann sie nicht durchdringen. Die Beteiligte zu 1) verkennt die Bedeutung und Tragweite der angeordneten Zwangsverwaltung.

Wird aufgrund eines rechtskräftigen oder durch einstweilige Anordnung für vorläufig vollstreckbar erklärten Titels die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums angeordnet, so gilt dies zugunsten des antragstellenden Gläubigers als Beschlagnahme der Eigentumswohnung (§§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 1 ZVG). Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung der Wohnung entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG), es findet, anders als im Falle des rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergangs und der Zwangsversteigerung, jedoch kein Rechtsübergang statt. Der Zwangsverwalter tritt nicht an die Stelle des Eigentümers, sondern neben diesen (vgl. Wenzel in ZInsO 2005, 113). Aus der Pflicht des Zwangsverwalters zur Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, dass die Haftung des Wohnungseigentümers entfallen würde; dieser haftet darüber hinaus - unabhängig von dem Zwangsverwalter - für die Hausgeldansprüche auch persönlich. Im Gegensatz zum Zwangsverwalter ist dessen Haftung nicht auf (eventuelle) Mietzinseinnahmen beschränkt, sondern bezieht sich auf das gesamte Vermögen. Der Wohnungseigentümer kann neben dem Zwangsverwalter in Anspruch genommen werden (vgl. OLG Köln, Der Wohnungseigentümer 1989, 30, 31; Bärmann/Pick, WEG, 15. Aufl., § 16 Rdnr. 36; Staudinger/Bub, WEG 12. Aufl., § 28 Rdnr. 221; offen gelassen BayObLG NJW-RR 1991, 723, 724). Nur in Höhe der tatsächlich erfolgten Leistungen des Zwangsverwalters wird er von seiner Zahlungspflicht frei (vgl. Staudinger/Bub aaO). Dieses Ergebnis entspricht auch der Billigkeit: Sinn und Zweck des Zwangsverwaltungsverfahrens ist es nicht, den für das Wohngeld haftenden Schuldner auszuwechseln, sondern sicherzustellen, dass die Eigentümergemeinschaft auf die Nutzungen nach der Beschlagnahme zugreifen kann. Gewollt ist also eine Verbesserung der Rechtsposition der Eigentümergemeinschaft als Gläubigerin. Daraus erwächst jedoch dem Wohnungseigentümer als Schuldner keine Besserstellung. Entschließt sich die Eigentümergemeinschaft, diesen allein oder neben dem Zwangsverwalter in Anspruch zu nehmen, so kann er sich lediglich auf die Schuld befreiende Wirkung einer eventuellen Zahlung des Zwangsverwalters berufen, bleibt jedoch in vollem Umfang passiv legitimiert. Dies kann vor allem dann von Bedeutung sein, wenn - wie hier - das Sondereigentum nicht durchgängig vermietet oder streitig ist, ob und in welcher Höhe der Zwangsverwalter Mieteinnahmen tatsächlich erzielt hat.

3. Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Zahlungsanspruch auch nicht verwirkt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss verwiesen.

III.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Beteiligten ihre Kosten selbst zu tragen haben, ist eine Anordnung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 47 Satz 2 WEG nicht veranlasst.

Den Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat entsprechend der Höhe der in der Rechtsbeschwerde noch streitig gebliebenen Wohngeldforderung bestimmt, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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