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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 26.08.2003
Aktenzeichen: 3 W 171/03
Rechtsgebiete: GBO, GBV, BGB


Vorschriften:

GBO § 18 Abs. 1
GBO § 19
GBV § 42
BGB § 1365 Abs. 1
1. Eine vom Grundbuchrechtspfleger nicht unterschriebene Zwischenverfügung stellt keine wirksame gerichtliche Entscheidung dar; dies gilt trotz des Wortlauts von § 42 GBV auch für eine maschinell erstellte Zwischenverfügung (im Anschluss an BayObLG FG Prax 1996, 32).

Im Falle der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung wird der Mangel durch eine unterschriebene Nichtabhilfeverfügung die auf die Zwischenverfügung Bezug nimmt, geheilt (Bestätigung von Senat FG Prax 1995, 93).

2. Die Berechtigung und Verpflichtung des Grundbuchamts, Nachweise im Hinblick auf § 1365 Abs. 1 BGB zu verlangen, besteht nur bei konkreten Anhaltspunkten für das Eingreifen der Verfügungsbeschränkung.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 171/03

In dem Verfahren

betreffend den im Grundbuch von Staudernheim Blatt ...... lfd. Nrn. ..... und ..... eingetragenen Grundbesitz Flurstück Nr. ..... und Flurstück Nr. ...... Gebäude- und Freiflächen ......

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury und die Richter am Oberlandesgericht Petry und Jenet auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 15. August 2003 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 29. Juli 2003

ohne mündliche Verhandlung

am 26. August 2003

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts sowie die zugrunde liegende Verfügung des Amtsgerichts Bad Sobernheim vom 14. Juli 2003 werden aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, anderweitig über den gestellten Eintragungsantrag zu entscheiden.

Gründe:

I.

Die an dem Verfahren beteiligte Grundstückseigentümerin hat mit notarieller Urkunde ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29. April 2003 einer Sparkasse ..... eine Buchgrundschuld in Höhe von 50.000,00 € bestellt und die Eintragung des Grundpfandrechtes in das Grundbuch bewilligt und beantragt.

Das Grundbuchamt (Rechtspfleger) hat durch - nicht unterzeichnete - Zwischenverfügung vom 14. Juli 2003 der Beteiligten, die verheiratet ist, unter Hinweis auf § 1365 BGB aufgegeben, die Zustimmung ihres Ehemannes zu der Grundstücksbelastung nachzuweisen. Die von der Beteiligten dagegen eingelegte Beschwerde ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen dessen Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde.

II.

1. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 78 Satz 1 GBO), nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§ 80 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 GBO). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt schon aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde, im Übrigen aus ihrer Antragsberechtigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO.

2. Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Beschluss der Zivilkammer beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 78 GBO, 546 ZPO). Denn der Antrag auf Eintragung der Grundschuld darf vorliegend nicht wegen einer von den Tatsacheninstanzen angenommenen Prüfungspflicht des Grundbuchamts hinsichtlich der Voraussetzungen des § 1365 BGB zurückgewiesen werden.

a) Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt hier nicht schon deshalb der Aufhebung, weil keine wirksame Zwischenverfügung des Grundbuchamtes (§ 18 GBO) vorliegt. Eine solche ist nur gegeben, wenn die bei der Grundakte verbleibende Zwischenverfügung - wie vorliegend nicht - vom Rechtspfleger unterzeichnet ist; mangels Unterschrift liegt keine gerichtliche Entscheidung, sondern nur der Entwurf einer solchen vor. Das gilt entgegen dem Wortlaut des § 42 GBV auch für eine maschinell erstellte Zwischenverfügung; in diesem Fall brauchen lediglich die zum Zwecke der Bekanntmachung versandten Abschriften und Ausfertigungen nicht unterschrieben zu werden (BayObLG FGPrax 1996, 32; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 18 Rdnrn. 30, 35 und § 71 Rdnr. 11).

Der Mangel ist jedoch im Fortgang des Verfahrens jedenfalls dadurch geheilt worden, dass die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes der Erstbeschwerde gegen ihre Zwischenverfügung am 21. Juli 2003 nicht abgeholfen und diese Verfügung, die auf die Zwischenverfügung vom 14. Juli 2003 ausdrücklich Bezug nimmt, unterschrieben hat (Senat, Beschluss vom 28. März 1995 - 3 W 42/95 -, abgedruckt in FGPrax 1995, 93; dem folgend BayObLG FGPrax 1996, 32); ob zur Heilung des Mangels ansonsten auch der Umstand genügt hätte, dass von der Rechtspflegerin die Verfügung über die Anordnung der Zustellung der Zwischenverfügung an den verfahrensbevollmächtigten Notar unterschrieben war (so Thüringer OLG FGPrax 1997, 172), kann deshalb offen bleiben.

b) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 1365 Abs. 1 BGB (objektiv: Vermögensrelation; subjektiv bei wertausschöpfender Belastung eines einzelnen Vermögensgegenstandes: entsprechende Kenntnis des Pfandgläubigers), auf Grund derer das Grundbuchamt von der Beteiligten durch Zwischenverfügung den Nachweis ihrer Verfügungsmacht fordern dürfte, sind in dem hier zu entscheidenden Fall nicht gegeben.

Nach dem - mit im wesentlichen der Ausnahme des Falles der Auflassung eines Grundstücks - im Grundbuchverfahren geltenden formellen Konsensprinzip (§19 GBO) erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Soll -wie hier- eine Grundschuld eingetragen werden, hat das Grundbuchamt danach grundsätzlich nur das Vorliegen der Bewilligung zu prüfen und nicht, ob die dingliche Einigung gemäß §§873 Abs. 1, 1191 Abs. 1 BGB mit materiell-rechtlichen Mängeln behaftet ist.

Andererseits darf das Grundbuchamt nicht bewusst dabei mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen. Wenn es auf Grund feststehender Tatsachen weiß, dass durch die bewilligte Eintragung das Grundbuch unrichtig würde, darf es die Eintragung nicht vornehmen. In derartigen Fällen - dazu zählt auch das Eingreifen der absoluten Verfügungsbeschränkung gemäß § 1365 Abs. 1 Satz 2 BGB - kommt es also trotz § 19 GBO ausnahmsweise zu einem Durchgriff auf das materielle Recht.

Da das Zustimmungserfordernis gemäß § 1365 Abs. 1 BGB eine Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten (§ 1364 BGB) darstellt, hat das Grundbuchamt jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gesamtvermögensgeschäft nicht vorliegt. Es ist deshalb nur dann berechtigt und verpflichtet, durch Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO den Nachweis der Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens zu verlangen, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eintragungsantrag aus den Eintragungsunterlagen oder sonst bekannten bzw. nach der Lebenserfahrung nahe liegenden Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Fall des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben ist (vgl. BGHZ 35, 135, 139 ff.: BGHZ 64, 246, 250: BayObLGZ 1987, 431, 435: Senat, Beschluss vom 13. Juli 1988 - 3 W 72/88 -, abgedruckt in DNotZ 1989, 577, 578: OLG Frankfurt am Main FamRZ 1998, 31, 33; OLG Celle NJW-RR 2000, 384; Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., § 1365 Rdnr. 28, jew. m.w.N.).

Derlei ausreichende Hinweise auf das Eingreifen von § 1365 Abs. 1 BGB lagen - was die Zivilkammer nicht verkannt hat - im Zeitpunkt des Erlasses der Zwischenverfügung durch das Grundbuchamt nicht vor. Entgegen der Meinung des Landgerichts können sie aber auch nicht aus der Tatsache hergeleitet werden, dass die Beteiligte in der von ihrem Verfahrensbevollmächtigten herrührenden Begründung der Erstbeschwerde "auch Angaben zu einfachsten beurteilungsrelevanten Aspekten wie etwa ihrem derzeitigen Familien- und Güterstand verweigert" habe. Dieser Umstand kann zu der Annahme, dass die Voraussetzungen einer Gesamtvermögensverfügung vorlägen, schon deshalb keinen Anlass geben, weil die Beschwerde lediglich darauf gestützt war, dass der in der Zwischenverfügung verlangte Zustimmungsnachweis des Ehegatten aus Rechtsgründen nicht gefordert werden dürfe (vgl. BGHZ 35, 135, 142).

Aus den in der Zwischenverfügung des Grundbuchamtes und den Beschlussgründen des Landgerichts angestellten Erwägungen darf die bewilligte und beantragte Eintragung der Grundschuld somit nicht abgelehnt werden.

3. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf den Erfolg der weiteren Beschwerde nicht veranlasst (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Gegenstandswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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