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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.11.2000
Aktenzeichen: 3 W 175/00
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 78
GBO § 80 Abs. 1
GBO § 18
GBO § 35 Abs. 2 Satz 1 2. Alt.
GBO § 35 Abs. 1 Satz 2
BGB § 2208 Abs. 1 Satz 1
BGB § 2205 Satz 2
1. Das Grundbuchamt hat hinsichtlich der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung über den Nachlassgegenstand eine eigene Prüfungskompetenz.

2. Ist die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch eine Anordnung des Erblassers auf Zeit oder dauernd, ganz oder teilweise hinsichtlich aller oder einzelner Nachlassgegenstände beschränkt, so ist er an diese Anordnungen schuldrechtlich gebunden. Sie nehmen ihm auch dinglich das Recht, über die Nachlassgegenstände in einer Weise zu verfügen, die zu den Anordnungen des Erblassers in Widerspruch steht.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 175/00 2 T 308/00 LG Koblenz Grundbuch von Bl. AG Andernach

In dem Verfahren

betreffend die Veräußerung des im Grundbuch von Bl. eingetragenen Grundstückes Flur, zu 0,96 ar,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Landgericht Edinger auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 8./9. August 2000 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. Juli 2000 ohne mündliche Verhandlung am 15. November 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Auseinandersetzungsverbot zu Lebzeiten der begünstigten Tochter M N nur durch deren Zustimmung außer Kraft gesetzt werden kann.

2. Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 220 000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

Das Rechtsmittel ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 78, 80 Abs. 1 GBO). In der Sache führt es jedoch nicht zum Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 Satz 1 GBO). Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 10. Mai 2000 ist jedoch dahin zu ergänzen, dass das Auseinandersetzungsverbot zu Lebzeiten der begünstigten Tochter M N anstelle der mit der Verfügung - möglicherweise - geforderten Zustimmung aller Miterben nur durch die allein erforderliche Zustimmung der begünstigten Tochter außer Kraft gesetzt werden kann (vgl. zur Vollständigkeit der Zwischenverfügung (BayObLG 1986, 208, 211 und 1990, 51, 55; OLG Frankfurt Rpfleger 1993, 147, 148; Demharter, GBO 23. Aufl. § 18 Rdnr. 31).

Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass der beantragten Eigentumsumschreibung sowie der Löschung der eingetragenen Rechte ein Eintragungshindernis im Sinne des 18 GBO entgegensteht. Es fehlt an der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1). Zwar steht einem Testamentsvollstrecker gemäß § 2205 Satz 2 BGB die Verfügungsbefugnis über Nachlassgegenstände grundsätzlich zu. Diese ist jedoch hier durch das im Testament der Erblasserin vom 13. November 1965 enthaltene Auseinandersetzungsverbot beschränkt. Ist die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch die Anordnung des Erblassers auf Zeit oder dauernd, ganz oder teilweise hinsichtlich aller oder einzelner Nachlassgegenstände beschränkt, so ist er an diese Anordnungen schuldrechtlich gebunden. Sie nehmen ihm überdies gemäß § 2208 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dinglich das Recht, über die Nachlassgegenstände in einer Weise zu verfügen (§ 2205 Satz 2 BGB), die zu den Anordnungen des Erblassers in Widerspruch steht. Hat demnach der Erblasser bei mehreren Erben die Art und Weise der Auseinandersetzung in der letztwilligen Verfügung angeordnet oder aber - wie hier - ein Auseinandersetzungsverbot ausgesprochen, so sind hiermit in Widerspruch stehende Verfügungen des Testamentsvollstreckers unwirksam (BGH NJW 1984, 2464; vgl. auch BGH NJW 1971, 1805 = BGHZ 56, 275 ff und NJW 1963, 2320 = BGHZ 40; 115 ff; Bauer/von Oefele/Schaub, GBO § 52 Rdnr. 47; Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2208 Rdnr. 2). Soweit früher dem Auseinandersetzungsverbot teilweise keine dingliche Wirkung zugestanden wurde (Senat - 3 W 137/64 -; KG OLGZ 40, 112, 113; BayObLGZ 67, 230, 237), ist diese Rechtsprechung durch die neuere Entscheidung des BGH (NJW 1984 aaO) überholt.

Das Grundbuchamt hat hinsichtlich der Befugnis des Testamentsvollstreckers gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt., 1 Satz 2 GBO eine eigene Prüfungskompetenz. Es hat danach den Inhalt der letztwilligen Verfügung selbst zu ermitteln (Bauer aaO AT I Rdnr. I 160). Gegenstand der inhaltlichen Prüfung bilden die Erbeinsetzung sowie Beschränkungen durch eine Testamentsvollstreckung; die inhaltliche Überprüfung umfasst auch die Auslegung des Testamentes (vgl. OLG Stuttgart RPfleger 1992, 154; Bauer/Schaub aaO § 35 Rdnr. 143, 144; Demharter aaO § 35 Rdnr. 42). Eine Auslegung kommt allerdings nur dort in Betracht, wo dem Grundbuchamt aufgrund der Eintragungsunterlagen eine abschließende Würdigung möglich ist und nicht Zweifel tatsächlicher Art an der Erbfolge verbleiben sowie dann, wenn die Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (Bauer/Schaub aaO; Demharter aaO). Eine Auslegung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn vom Erblasser getroffene Regelung eindeutig und damit keiner Auslegung zugänglich ist (vgl. BGH ZIP 1997, 2080 zur Auslegung der Eintragungsbewilligung; BGHZ 32, 60, 63; Senat DNotZ 1997, 325, 326 und Beschluss vom 17. Mai 1999 -3 W 82/99-; BayObLGZ 1984, 122, 123 und 1990 aaO, jeweils zur Auslegung von Grundbucherklärungen; Bauer/Kössinger aaO 19 Rdnr. 84, jew.m.w.N.).

Dies ist hier der Fall. Die von der Erblasserin in ihrem Testament vom 13. November 1965 getroffene Anordnung ist eindeutig. Die Erblasserin hat ihrer Tochter M N die lebenslängliche und unentgeltliche Nutznießung an dem Hausanwesen in vermacht. In Ansehung dieses Nachlassgegenstandes hat sie die Auseinandersetzung des Nachlasses zu Lebzeiten ihrer Tochter ausgeschlossen. Diese Regelung dient ersichtlich dem Zweck, der behinderten Tochter zeitlebens ihren Lebensmittelpunkt in dem Anwesen zu erhalten. Dieses Ansinnen der Erblasserin würde durch die von dem Beteiligten zu 1) beabsichtigte Veräusserung zunichte gemacht.

Damit besteht bis zum Tode der durch die Anordnung der Erblasserin begünstigten Tochter M N ein Auseinandersetzungsverbot. Dieses kann entgegen der Auffassung des Landgerichts und - falls die Zwischenverfügung dahin zu verstehen ist - auch derjenigen des Amtsgerichts hier - wie bereits ausgeführt - nicht durch die Zustimmung aller Miterben außer Kraft gesetzt werden. Denn damit würde die Auseinandersetzungssperre zu Lasten einer Dritten, nämlich der begünstigten Tochter, ausgehöhlt werden. Insofern unterscheidet sich der hiesige Fall von Fällen, in denen nur die Miterben selbst von dem Verbot betroffen waren und deshalb die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch ihre Zustimmung wiederherstellen konnten (vgl. BGH NJW 1971 aaO und 1963 aaO). Dies ist hier indes nur bezüglich der begünstigten Tochter der Fall.

Das Auseinandersetzungsverbot nimmt dem Beteiligten zu 1) auch die Verfügungsbefugnis hinsichtlich des hier beabsichtigten Verkaufes des Anwesens an einen Dritten. Denn es hat, wie bereits ausgeführt, den Zweck, der Tochter der Erblasserin den Lebensmittelpunkt zu erhalten. Das Verbot gilt demnach auch bzw. erst recht für einen Verkauf an Dritte. Denn ein solcher Verkauf würde für die Tochter der Erblasserin die gleichen Wirkungen entfalten wie die Auseinandersetzung, so dass es allein darauf, ob der Kaufpreis zu ihren Gunsten verwendet wird, nicht ankommen kann.

Auch aus dem Inhalt der Ziffer 3. des Testamentes, in der der Testamentsvollstrecker ernannt und von allen "gesetzlichen Beschränkungen, auch denen des § 181 BGB" befreit worden ist, ergibt sich nichts anderes. Denn die in Ziffer 2. des Testamentes getroffene Regelung hinsichtlich des Hausanwesens in ist - wie bereits ausgeführt - eindeutig. Darüber hinaus handelt es sich hierbei gerade nicht um eine gesetzliche, sondern um eine rechtsgeschäftliche Beschränkung, die von Ziffer 3 des Testamentes jedenfalls nicht erfasst ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung des Beteiligten zu 1), die Gerichtskosten zu tragen, ergibt sich aus § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO. Eine Entscheidung über die Kostenerstattung nach § 13 a FGG ist entbehrlich, da außer dem Beteiligten zu 1) niemand förmlich am Verfahren der weiteren Beschwerde beteiligt ist.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung des Landgerichts bestimmt, §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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