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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 16.10.2001
Aktenzeichen: 3 W 177/01
Rechtsgebiete: InsO, InsVV


Vorschriften:

InsO § 4
InsO § 7 Abs. 1 Satz 2
InsO § 64 Abs. 3
InsO § 66
InsVV § 8 Abs. 1 Satz 3
InsVV § 9
Nach der Entlassung des Insolvenzverwalters aus seinem Amt erlischt dessen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen; er kann und muss die von ihm beanspruchte Vergütung verbunden mit der Einreichung einer Schlussrechnung geltend machen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 177/01

In dem Verfahren

betreffend die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma V

hier: Weiteren Vergütungsvorschuss,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Cierniak sowie die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 10. August 2001 gegen den ihm am 8. August 2001 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 2. August 2001

ohne mündliche Verhandlung

am 16. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

2. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

4. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 159 740,52 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Beschwerdeführer war zunächst von dem Insolvenzgericht als Insolvenzverwalter eingesetzt, mit Beschluss vom 22. März 2000 jedoch wieder aus seinem Amt entlassen worden. Der von ihm in der Folgezeit geltend gemachte Anspruch auf Gewährung eines (weiteren) Vorschusses auf seine Vergütung wurde sowohl von dem Insolvenzgericht als auch von dem Landgericht zurückgewiesen Das Landgericht hat ausgeführt, dem Beschwerdeführer stehe jedenfalls derzeit kein Anspruch auf (weiteren) Vorschuss zu, weil der Ausgang des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens abzuwarten sei, das Einfluss auf die ihm zu gewährende Vergütung haben könne.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen. Sie führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

1.) Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.

a) Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO i. V. m. § 1 a Abs. 2 der rheinlandpfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28. April 1998 (GVBl. S. 134) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen zuständig.

b) Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft. Sie ist auf den gemäß §§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 577 Abs. 1 und 2, 569 ZPO form- und fristgerecht eingereichten Antrag hin zuzulassen, weil die insolvenzrechtliche Ausgangsentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist. Denn auch die Entscheidung über die Gewährung eines Vorschusses gemäß § 9 InsVV ist als eine Festsetzungsentscheidung im weiteren Sinn anzusehen (Kübler/Prütting/Eickmann, InsO - Vergütungsrecht - 1999, § 9 Rdnr. 19). Die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 4 InsO, 577 Abs. 2 ZPO maßgebende Zwei-Wochen-Frist ist eingehalten.

2.) Die sachlichen Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde liegen vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 InsO ist die sofortige weitere Beschwerde nur dann zuzulassen, wenn sie darauf gestützt wird, dass der Beschluss des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und zudem die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass eine Rechtsfrage von allgemeinem Interesse vorliegt, zu der eine wünschenswerte einheitliche Rechtsprechung bislang fehlt. Der Zweck der Zulassung liegt darin, divergierende Entscheidungen über ein- und dieselbe Rechtsfrage zu vermeiden. Solange sich noch keine obergerichtliche Rechtsprechung entwickelt hat, kann im Anwendungsbereich des neuen Insolvenzrechts schon dann die Gefahr einer Divergenz bestehen, wenn abweichende Entscheidungen von Land- und Amtsgerichten oder ernstzunehmende abweichende Ansichten in Rechtsprechung und Literatur die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung insolvenzrechtlicher Normen begründen. Bloße Subsumtionsfehler des Landgerichts bei der Anwendung einer - an sich zweifelsfreien und unumstrittenen - Rechtsnorm oder eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung im konkreten Einzelfall begründen hingegen keine Divergenzgefahr (vgl. dazu zusammenfassend Senat OLGR 2000, 342 und NJW-RR 2001, 631, 632 sowie OLG Köln, Beschluss vom 4. Juli 2001 - 2 W 131/01 -, jew. m.w.N.).

Nach den vorgenannten Grundsätzen ist die sofortige weitere Beschwerde hier zuzulassen.

a) Der Beteiligte zu 1) macht geltend, die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes, weil die Kammer ihm kein rechtliches Gehör gewährt und wegen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens zu unrecht einen Anspruch auf Gewährung weiteren Vorschusses versagt habe.

Es kann hier dahinstehen, ob eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in jedem Fall oder aber nur in ganz besonders krassen Fällen die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde gebietet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 27. September 2000 - 3 W 179/00 - einerseits und OLG Celle, Beschluss vom 18. Juni 2001 - 3 W 63/01 - andererseits). Denn hier kommt - wie nachstehend unter Ziffer 3. ausgeführt wird - eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Kammer nicht in Betracht.

b) Die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses ist hier - im Gegensatz zu dem Verfahren 3 W 240/00, in welchem es allein darum ging, ob konkrete Tatsachen den Verdacht begründen, dass der Beteiligte zu 1) das Verfahren nach Auszahlung nicht mehr ordnungsgemäß abwickelt - auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Denn die Beurteilung der Frage, ob dem entlassenen Insolvenzverwalter ein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Vorschusses zusteht, hat grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt unabhängig davon, dass hier gegen ihn ein seine berufliche Qualifikation betreffendes Ermittlungsverfahren geführt wird.

3.) Die sofortige weitere Beschwerde ist indes nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 550 ZPO).

Dies gilt zunächst, soweit mit der sofortigen weiteren Beschwerde gerügt wird, die Entscheidung des Landgerichts sei unter Verletzung rechtlichen Gehörs ergangen. Denn hier liegt - wie bereits ausgeführt - keine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Kammer vor. Der angefochtene Beschluss ist ausweislich dessen Inhalts (Blatt 5 I. letzter Satz) unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beteiligten zu 1) vom 2. August 2001 zu der Mitteilung der Vorsitzenden Richterin vom 30. Juli 2001 ergangen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Beteiligte zu 1) eine weitergehende Stellungnahme hatte abgeben wollen, ist dem genannten Schriftsatz nicht zu entnehmen. Insbesondere konnte auch die Bitte um Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem die Kammer von dem Ermittlungsverfahren Kenntnis erhalten hatte, nicht dahin verstanden werden, dass eine weitere Stellungnahme beabsichtigt ist.

Die angefochtene Entscheidung beruht im Ergebnis auch nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, soweit sie den Anspruch auf weiteren Vorschuss verneint. Es kann dahinstehen, ob dem Beteiligten zu 1) wegen des gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren ein weiterer Vorschuss versagt werden kann. Denn dem Beteiligten zu 1) steht unabhängig hiervon grundsätzlich kein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Vorschusses mehr zu. Zwar folgt aus dem das gesamte Vergütungsrecht beherrschenden Grundsatz der Angemessenheit, dass der Insolvenzverwalter bezüglich der Vergütung seiner Leistungen nicht in allen Fällen auf das Zuwarten bis zu deren Fälligkeit verwiesen werden kann (vgl. hierzu Eickmann aaO § 9 Rdnr. 1). Im Hinblick darauf, dass der Verwalter nicht nur seine allgemeinen, sondern möglicherweise auch besondere verfahrensbezogene Kosten aufzuwenden hat, erlaubt die Vergütungsverordnung in § 9 InsVV mit Zustimmung des Gerichts die Entnahme von Vorschüssen. Das Gericht hat insoweit die Notwendigkeit des Vorschusses und dessen Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen (Eickmann aaO § 9 Rdnr. 1). Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Vorschuss für die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen nach dessen Entlassung erlischt. Denn eine Entnahme des zugebilligten Vorschusses durch den Verwalter selbst kommt nur in Betracht, solange dieser noch im Amt ist.

Für diese Wertung sprechen auch die von der Rechtsprechung für die Vergütung des Werkunternehmers, Architekten und Steuerberaters herausgebildeten Grundsätze. Die Situation des entlassenen Verwalters ist durchaus vergleichbar mit der des Werkunternehmers im Falle der Kündigung des VOB-Werkvertrages. Auch dort soll der Vorleistungspflichtige Auftragnehmer durch die Leistung von Abschlagszahlungen entlastet und dessen mit der Vorfinanzierung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden (vgl. hierzu etwa BGH NJW-RR 1987, 724 und NJW-RR 1991, 565; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992,, 1373; Werner/Pastor, Der Bauprozess 9. Aufl. Rdnr. 1228). Entsprechendes gilt für die Vergütung von Architekten und Steuerberatern. Diesen stehen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gleichfalls keine Ansprüche auf Abschlags- bzw. Vorschusszahlungen mehr zu (vgl. zur Vergütung des Steuerberaters OLG Köln GI 1995, 78 ff; zum Architektenhonorar BGH NJW-RR 1989, 786, 787). Auch der entlassene Insolvenzverwalter kann und muss dementsprechend die von ihm beanspruchte Vergütung verbunden mit der Einreichnung einer Schlussrechnung (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 InsVV, 66 InsO) geltend machen. Zwar ist die in § 8 Abs. 1 Satz 3 InsVV vorgesehene Verknüpfung mit der Übersendung der Schlussrechnung nicht zwingend. Sie soll aber sicherstellen, dass dem Gericht die für die Feststellung der Berechnungsgrundlagen nach §§ 1, 2 InsVV erforderlichen unterlagen zur Verfügung stehen. Demnach ist ein Vergütungsantrag, der vor Rechnungslegung gestellt wird, mangels Prüfbarkeit als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 2. Aufl. § 8 Rdnr. 7), was hier mit Beschluss des Amtsgerichts vom 31. August 2000 im Ergebnis auch geschehen ist. Nachdem der Beteiligte zu 1) nach mehrfacher Aufforderung des Amtsgerichts den Schlussbericht schließlich am 5. März 2001 vorgelegt hat, wird das Amtsgericht nunmehr darüber zu befinden haben, ob die Voraussetzungen für die Bemessung der Vergütung des Beteiligten zu 1) vorliegen und in diesem Fall abschliessend über dessen Anträge zu entscheiden haben.

Die weiteren Erwägungen der Kammer, wonach die Zahlung eines Vorschusses auch abgelehnt werden kann, wenn die Interessen der anderen Massegläubiger entgegenstehen und ein Schadensersatzanspruch wegen der mangelhaften Leistung des Beteiligten zu 1) in Betracht kommen könnte, bedürfen im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen hier keiner Erörterung.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat entsprechend dem nach der Höhe des weiteren Vorschusses bestimmten Interesse des Beteiligten zu 1) an der Änderung der angefochtenen Entscheidung festgesetzt (§§ 25 Abs. 2, 35 GKG, 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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