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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 3 W 19/07
Rechtsgebiete: BGB, VBVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 1
BGB § 1915 Abs. 1
BGB § 1987
VBVG § 3 Abs. 4
FGG § 56 g Abs. 7
FGG § 56 g Abs. 5 Satz 2
FGG § 75 Satz 1
Zur Frage des Anspruchs des Nachlassverwalters auf Abschlagszahlungen auf seine Vergütung.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 19/07

In dem Verfahren

betreffend die Verwaltung des Nachlasses des am 21. Dezember 2004 verstorbenen Dr. H..... M............

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterinnen am Oberlandesgericht Simon-Bach und Stutz auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 19./22. Januar 2007 gegen den ihm am 9. Januar 2007 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. Dezember 2006

ohne mündliche Verhandlung

am 15. März 2007

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2), 3) und 4) im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 139 200,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Landgericht statthaft (§§ 75 Satz 1, 56 g Abs. 7 und Abs. 5 Satz 2 FGG), wahrt die gesetzliche Form und Frist (§ 29 Abs. 1, 2 und 4, § 22 Abs. 1 FGG) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Die angefochtene Entscheidung der Zivilkammer hält der auf eine Rechtskontrolle beschränkten (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) Überprüfung im dritten Rechtszug stand.

1. Die Tatrichter gehen zutreffend davon aus, dass der Beteiligte zu 1) für seine Tätigkeit als Nachlassverwalter wie ein Nachlasspfleger zu vergüten ist, da die Nachlassverwaltung nach der Legaldefinition des § 1975 BGB eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger ist. Als Unterart der Pflegschaft finden auf sie über § 1915 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft entsprechende Anwendung.

Für die Vergütung des Beteiligten zu 1) als Verwalter eines vermögenden Nachlasses, auf die er in angemessener Höhe nach § 1987 BGB einen Rechtsanspruch hat, gelten danach hinsichtlich zu entgeltender Tätigkeiten vor dem 1. Juli 2005 die §§ 1836, 1836 a BGB in der bis zum 30. Juni 2005 maßgeblichen Fassung (Art. 229 § 14 EGBGB) und hinsichtlich vergütungsfähiger Tätigkeiten in der Zeit danach der neu in das Gesetz eingefügte § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 1836 Abs. 1 BGB, §§ 1 bis 3 VBVG. Abzurechnen hat der Nachlassverwalter somit nach seinem tatsächlichen Zeitaufwand für die Verwaltertätigkeit und nach Stundensätzen. Da die Vergütung durch das Nachlassgericht als Zeithonorar festzusetzen ist, kommt - entgegen der Meinung des Antragstellers - mit Blick auf den Wortlaut von § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Vergütung nach Prozentsätzen des Nachlasses nicht (mehr) in Betracht (vgl. zum Ganzen: OLG München Rpfleger 2006, 405; Zimmermann ZEV 2005, 473 ff; Hartig in: juris PK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 1987 BGB Rdnr. 5; Palandt/Edenhofer BGB 66. Aufl., § 1987 Rdnr. 2).

2. Gegenstand der weiteren Beschwerde und damit auch der zulässigen Nachprüfung im dritten Rechtszug ist von vornherein nur der Verfahrensgegenstand, über den das Landgericht in zweiter Instanz zu entscheiden hatte. Das war hier die von dem Antragsteller begehrte Festsetzung von Abschlags- und Vorauszahlungen auf seine Vergütung als Nachlassverwalter für den datumsmäßig genau eingegrenzten Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 31. August 2006 (Erstbeschwerdeschrift vom 14. Dezember 2005, dort Seiten 1 und 17 = Bl. 417 und Bl. 433 der Zweitakten). Im Zeitpunkt der Entscheidung der Zivilkammer am 21. Dezember 2006 war dieser von dem gestellten Antrag umfasste Zeitraum abgelaufen und deshalb auch nicht mehr über Vorschüsse auf künftige Leistungen des Nachlassverwalters zu befinden, sondern allein über die Gewährung von Abschlagszahlungen an den Antragsteller als Gegenleistung für die von ihm bis einschließlich August 2006 erbrachten Teilleistungen. Eine Erweiterung des ausdrücklich begrenzten Antrages ist gegenüber dem Landgericht nicht erfolgt und nunmehr im revisionsähnlichen Verfahren der weiteren Beschwerde aus Rechtsgründen nicht möglich.

3. Zwar kann der Nachlassverwalter nach dem Gesetz grundsätzlich Abschlagszahlungen auf die ihm geschuldete Vergütung verlangen (§§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 3 Abs. 4 VBVG).

Andererseits ist es jedoch anerkannten Rechts, dass wegen des Wesens jeder Abschlagszahlung als Anzahlung auf eine erwartete (höhere) Vergütung der Anspruch auf Abschlag regelmäßig ausgeschlossen ist, sobald der Berechtigte seine Vergütung abschließend berechnen und geltend machen kann. Wenn davon auszugehen ist, dass auch der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters Kraft Gesetzes unmittelbar mit der Erbringung jeder einzelnen vergütungspflichtigen Tätigkeit, also quasi tagweise, entsteht (Palandt/Diederichsen aaO VBVG § 1 Rdnr. 11; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft 3. Aufl., Rdnr. 891; vgl. auch BayObLG Rpfleger 2003, 577 und Rpfleger 2003, 651, jeweils zur Betreuervergütung), hätte der Antragsteller seinen Zeitaufwand für die reine Nachlassverwaltung bis zum 31. August 2006 vor der Entscheidung des Landgerichts unschwer längst endgültig ermitteln und gegenüber dem Nachlassgericht zur Vergütungsfestsetzung anmelden können. Ob im Streitfall bereits dieser Umstand dem Recht des Antragstellers auf Abschlagszahlungen für den geltend gemachten Zeitraum entgegenstand, kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn die Entscheidung des Landgerichts ist auch dann nicht rechtsfehlerhaft, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht bereits erloschen war (dazu Nachstehend 4.).

4. Zur Unterstützung seines Verlangens auf Abschlagszahlungen vor Erteilung und Überprüfung der endgültigen Abrechnung muss der Nachlassverwalter den von ihm behaupteten Zeitaufwand für die Verwaltungstätigkeit in einer Weise plausibel machen, die das Nachlassgericht in die Lage versetzt, die Berechtigung der Abschlagsforderungen nach Grund und Höhe zumindest summarisch zu prüfen. Denn in der Festsetzung liegt die Bestätigung, dass nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen auch das Gericht von einer Vergütung des Verwalters in mindestens dieser Höhe ausgeht. Deshalb unterliegt es dem freien Ermessen des Nachlassgerichts - bzw. des an seine Stelle tretenden Gerichts der Erstbeschwerde - welche Anforderungen es an die notwendige Darlegung der voraussichtlichen Vergütungshöhe stellt (MünchKomm./ Wagenitz, BGB 4. Aufl., § 1836 Rdnr. 56).

Die Entscheidung der Zivilkammer, dass ihr die von dem Antragsteller zur Akte gereichten Tätigkeitslisten diesbezüglich nicht ausreichten, ist aber jedenfalls nicht ermessens- und damit rechtsfehlerhaft.

Ermessensentscheidungen sind auf weitere Beschwerde nur begrenzt nachprüfbar; das Ergebnis der Ermessensausübung ist der Nachprüfung auf sachliche Richtigkeit entzogen. Zu überprüfen ist lediglich, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung vorlagen, falls ja, ob das Beschwerdegericht sein Ermessen ausgeübt oder die Notwendigkeit dazu verkannt hat; ob es die Grenzen des gesetzlichen Ermessens überschritten oder von dem Ermessen einen Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände unerörtert gelassen oder Umstände berücksichtigt hat, die nicht maßgebend sein dürfen (Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, FGG 15. Aufl. § 27 Rdnr. 23 m.w.N.).

Diesem beschränkten Kontrollprogramm hält die angefochtene Entscheidung des Landgerichts stand. Denn die Auflistungen des Antragstellers zu Art und Umfang seiner vielfältigen Aktivitäten unterscheiden, wie von der Zivilkammer zu Recht beanstandet, in der Tat nicht hinreichend zwischen solchen Tätigkeiten, die der Antragsteller in seinem Amt als Nachlassverwalter erbracht hat und deshalb nach § 1987 BGB vergütet haben will und solchen Leistungen, für die er darüber hinaus in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Honorar bzw. Aufwendungsersatz nach §§ 1915, 1835, 670 BGB beansprucht. Weil über die - von den Erben bestrittenen - Honorar- und Aufwendungsersatzansprüche aber nicht das Nachlassgericht, sondern das Prozessgericht zu entscheiden hat, bestünde hier ansonsten auch die Gefahr, dass der Antragsteller für die Leistungen, deren Erbringung er sich berühmt, mehrfach entlohnt würde.

Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller - nach eigener Darstellung (Schriftsatz vom 6. April 2006, dort S. 4 = Bl. 995 der Zweitakten und Schriftsatz vom 19. Januar 2007, dort S. 10 = Bl. 1307 der Zweitakten) - bereits 15 000,00 € ohne gerichtliche Festsetzung als Verwaltervergütung vereinnahmt hat, ohne dass mitgeteilt wäre, welche konkreten Dienste und welcher tatsächliche Zeitaufwand an spezifischer Verwaltertätigkeit damit abgegolten sein sollen.

5. Eine Entscheidung über die gerichtlichen Kosten ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO nicht veranlasst. Die Anordnung betreffend die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) bis 4) beruht auf der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Den Geschäftswert der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO entsprechend der Wertfestsetzung durch das Landgericht bestimmt.

Ende der Entscheidung

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