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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 03.11.2003
Aktenzeichen: 3 W 198/03
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 15 Abs. 2
BeurkG § 54 c
1. Ein Vorbescheid, mit dem der Notar nur über bestimmte Einzelfragen (Vorfragen) entscheidet, ist unzulässig.

2. Zur Frage, wann eine mehrseitige Verwahrungsanweisung i. S, des § 54 c Abs. 2 BeurkG vorliegt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 198/03

In dem Verfahren

betreffend die mit Bescheid des Notars B....., ....., ....., vom 27. Juni 2003 angekündigte Fortsetzung des Vollzugs des Treuhandauftrages,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) vom 18./19. September 2003 und der Beteiligten zu 2) vom 18. September 2003 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 4. August 2003

ohne mündliche Verhandlung

am 3. November 2003

beschlossen:

Tenor:

I. Der Vorbescheid des Notars B.... vom 27. Juni 2003 wird aufgehoben. Der angefochtene Beschluss wird in Ziffer 1 und 2 des Tenors aufgehoben, soweit darin der vorbezeichnete Vorbescheid bestätigt wird. Die Sache wird insoweit an Notar B..... in ..... zurückgegeben.

Im Übrigen werden die weiteren Beschwerden zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.388.900,30 € festgesetzt; davon entfallen auf den zurückgewiesenen Teil 1.250.010,27 €.

Tatbestand:

Die Beteiligte zu 2) verkaufte der Beteiligten zu 1) Mietforderungen aus einem langfristig mit einem Landkreis abgeschlossenen Mietvertrag über eine Schulsporthalle. Zur Erfüllung des Kaufvertrags überwies die Beteiligte zu 1) 1.388.900,00 € auf ein Notaranderkonto. Später hat die Beteiligte zu 1) den Kaufvertrag angefochten. Sie verlangt die Rückzahlung der überwiesenen Summe. Dem widerspricht die Beteiligte zu 2), die ihrerseits Auszahlung an sich begehrt. Der Notar hat mit Schreiben vom 27. Juni 2003 an die Beteiligte zu 1) angekündigt, den Vollzug des Treuhandauftrages fortzusetzen, wenn nicht binnen zehn Tagen Beschwerde eingelegt werde. Dieses Rechtsmittel hat die Beteiligte zu 1) beim Landgericht eingelegt, sie begehrt die Anweisung des Notars, den Betrag von 1.388.900,00 € an sie auszuzahlen. Die Beteiligte zu 2) beantragt, den Notar zur Auszahlung an sie anzuweisen. Beide Beteiligten hatten beim Landgericht keinen Erfolg. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligten zu 1) ihr Begehren weiter.

Gründe:

I.

Die Rechtsmittel sind als weitere Beschwerden (Rechtsbeschwerden) statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei (§§ 54 c Abs. 5 BeurkG, 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO i.V.m. 27, 29 FGG; vgl. auch Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 5. Aufl. § 15 Rdnr. 80). Die Beschwerdeberechtigung beider Beschwerdeführerinnen ergibt sich bereits daraus, dass ihre jeweiligen Erstbeschwerden erfolglos geblieben sind. Im Blick auf die Beteiligte zu 2) hat der Senat das Rubrum nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs klarer gefasst (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2003 - XII ZR 300/99 -).

Für die Entscheidung über die weiteren Beschwerden ist das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken nach §§ 28 Abs. 1, 199 Abs. 1 FGG, 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a GerOrgG Rheinland-Pfalz zuständig.

II.

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sich ersichtlich lediglich gegen die Entscheidung des Landgerichts in Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses richtet, hat Erfolg, soweit die Kammer den Vorbescheid des Notars vom 27. Juni 2003 bestätigt hat. Insoweit hält die angefochtene Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Eine Anweisung des Notars, den hinterlegten Betrag an sie auszukehren, kann die Beteiligte zu 1) in diesem Verfahren hingegen nicht erreichen.

a) Zutreffend hat die Kammer die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) als zulässig angesehen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, wonach die Beschwerde auch gegen einen unzulässigen Vorbescheid statthaft ist und die gegenteilige Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Juni 1995 (NJW-RR 1995, 1414) keinen Anlass zu einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG gibt (vgl. BayObLGZ 1993, 290, 291; 389, 391 f.; 1997, 340, 343; 2002, 208, 214 ff.; BayObLG FGPrax 2002, 221, 222; ebenso OLG Stuttgart Rpfleger 2002, 203).

b) Das Rechtsmittel ist in dem oben genannten Umfang begründet. Das Landgericht hätte der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) teilweise stattgeben müssen, weil der vom Notar erlassene Vorbescheid unzulässig ist.

aa) Allerdings hat der Senat mit Beschluss vom 13. Dezember 2000 - 3 W 208/99 -(abgedruckt u.a. in FGPrax 2001, 88) in einem Verfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO anerkannt, dass der Notar die von ihm beabsichtigte Auszahlung durch einen beschwerdefähigen Vorbescheid ankündigen kann, wenn zwischen den Beteiligten Streit über die Berechtigung an auf Notaranderkonten hinterlegten Geldbeträgen besteht. Durch den Vorbescheid kündigt der Notar in einem entscheidungsreifen Verfahren an, er werde eine bestimmte Endentscheidung erlassen, wenn gegen die Ankündigung nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rechtsmittel eingelegt werde (vgl. für das Erbscheinsverfahren z.B. BGHZ 20, 255, 257, BayObLG NJW-RR 1996, 7 und Palandt/Edenhofer, BGB 62. Aufl. § 2353 Rdnr. 22, für das Verfahren betr. die Ernennung eines Testamentsvollstreckers BayObLGZ 1993, 389, 392, 393 [insoweit abl.] sowie für das Verfahren auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung BayObLGZ 2002, 208, 212 und BayObLG FGPrax 2002, 221). Er ist seinem Wesen nach zwar keine die Instanz abschließende Endentscheidung, sondern nur eine Zwischenverfügung, durch deren Erlass vor der abschließenden Klärung der Rechtslage Nachteile, die durch eine möglicherweise unrichtige Endentscheidung entstehen könnten, verhindert werden sollen (vgl. BayObLGZ 1981, 69, 70). Er tritt aber gleichsam an die Stelle der abschließenden Entscheidung. Jedenfalls soweit er die Funktion dieser Entscheidung übernimmt, ist er ihr auch verfahrensrechtlich gleichzustellen (BayObLGZ 1997, 340, 343; BayObLG FGPrax aaO).

Für einen Vorbescheid ist daher nur Raum, wenn er die abschließende Entscheidung des Gerichts bzw. des Notars in bestimmter Weise ankündigt. Im Erbscheinsverfahren etwa muss ein Vorbescheid den Inhalt des nach Fristablauf mangels Einlegung eines Rechtsmittels zu erteilenden Erbscheins bezeichnen, ein Vorbescheid, mit dem das Nachlassgericht einstweilen nur über bestimmte Einzelfragen (Vorfragen) entscheidet, ist unzulässig. Allein das Interesse der ersten Instanz, die Auffassung der ihr im Rechtszug übergeordneten Gerichte zu bestimmten Tat- oder Rechtsfragen zu erfahren, rechtfertigt den Erlass eines beschwerdefähigen Vorbescheides nicht (OLG Köln NJW-RR 1991, 1285, 1286 f.; MüKo/Promberger, BGB 3. Aufl. § 2353 Rdnr. 91). Auch in der Literatur zu § 15 Abs. 2 BNotO wird hervorgehoben, der Notar sei befugt, durch einen beschwerdefähigen Vorbescheid anzukündigen, dass er eine bestimmte Amtshandlung vornehmen, bestimmte Weisungen Beteiligter nicht beachten oder einem bestimmten Antrag stattgeben werde (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 49 a; Schippel/Reithmann, BNotO 7. Aufl. § 15 Rdnr. 79; Winkler, BeurkG 15. Aufl. § 54 b Rdnr. 25; ders. MittBayNot 1998, 141, 147). In den bisher entschiedenen Fällen ging es daher immer um bestimmte, vom Notar angekündigte Amtshandlungen (vgl. z.B. Senat aaO; MittBayNot 1995, 162; BayObLGZ 1995, 204; BayObLG FGPrax 1998, 78, 79; NJW-RR 2000, 945; 1231; OLG Schleswig DNotZ 1993, 67, 68; OLG Frankfurt ZNotP 1999, 83; OLG Jena FGPrax 2001, 32, 33; LG Frankenthal [Pfalz] MittBayNot 1996, 321, 322; LG Stuttgart MittBayNot 2003, 158, 159; Beschluss vom 23. November 2001 - 1 T 36/01 - <zit. nach juris>).

An diesen Grundsätzen hat der durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585) eingefügte § 54 c Abs. 5 BeurkG nichts geändert. Denn die Verweisung auf § 15 Abs. 2 BNotO hat lediglich klarstellende Bedeutung (BT-Drucks. 13/4184 S. 39), zumal dann, wenn nicht die abschließende Sachentscheidung angekündigt wird, nicht von einer "Entscheidung" gesprochen werden kann. Ohne die gesetzliche Klarstellung könnten generell Zweifel an der Zulässigkeit einer Notarbeschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO entstehen, da der Notar die Beteiligten nach § 54 c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG auf einen Zivilprozess gegeneinander verweisen kann (Eyl-mann/Vaasen/Hertel, Bundesnotarordnung Beurkundungsgesetz § 54 c Rdnr, 29). Auch im Anwendungsbereich des § 54 c BeurkG bleibt es deshalb dabei, dass ein Vorbescheid nur beschwerdefähig ist, wenn der Notar darin ankündigt, wie er zu verfahren beabsichtigt (Winkler, BeurkG aaO § 54 c Rdnr. 53). Wenn Winkler (aaO) weiter ausführt, Gegenstand der Beschwerde könne sein, dass der Notar angewiesen werde, das auf dem Anderkonto verwahrte Geld auszuzahlen oder nicht auszuzahlen, so setzt dies ebenfalls eine Ankündigung entsprechenden Inhalts im Vorbescheid voraus; denn die Würdigung und Entscheidung des Beschwerdegerichts beschränkt sich immer auf den Gegenstand der erstinstanzlichen - d.h. hier notariellen - Verfügung (KG NJW 1970, 2028 [LS]; Keidel/Kahl, FG 15, Aufl. § 19 Rdnr. 113, Keidel/Sternal aaO § 25 Rdnr. 9, jew. m.w.N.). Schließlich entspricht es der Verfahrensökonomie, auch im Anwendungsbereich der §§ 54 c Abs. 5 BeurkG, 15 Abs. 2 BNotO einen beschwerdefähigen Vorbescheid nur anzuerkennen, wenn dieser die abschließende Sachentscheidung des Notars ankündigt. Ließe man einen Vorbescheid zu, der sich ausschließlich mit der Frage der Wirksamkeit eines Widerrufs gemäß § 54 c BeurkG befasst, könnte es zu mehreren aufeinander folgenden Vorbescheidsverfahren kommen; das gilt insbesondere, wenn die Beteiligten (wie hier) auch über das Ob und Wie einer Durchführung der Verwahrung streiten.

bb) Nach diesen Maßstäben ist der von Notar B..... am 27. Juni 2003 erlassene Vorbescheid unzulässig. Mit ihm kündigt er an, "den Vollzug des Treuhandauftrages fortzusetzen". Welche sachliche Entscheidung er im Vollzug des Treuhandauftrages zu fällen beabsichtigt, wird hingegen nicht angekündigt. Dies ist jedoch nach dem vorstehend Ausgeführten unabdingbare Voraussetzung für den Erlass eines zulässigen Vorbescheids. Der Umstand, der hier zu dem Erlass des verfahrensgegenständlichen Vorbescheids geführt hat - der Streit der Beteiligten darüber, ob ein nach § 54 c BeurkG beachtlicher (einseitiger) Widerruf der Auszahlungsanweisung der Beteiligten zu 1) vorliegt -, betrifft nur eine Vorfrage für die später vorzunehmende Amtshandlung des Notars.

Zwar mag im Einzelfall die Ankündigung, "den Vollzug des Treuhandauftrages fortzusetzen", auf eine bestimmte Amtshandlung hinweisen. So könnte der Fall etwa liegen, wenn nur um die Wirksamkeit eines Widerrufs gemäß § 54 c BeurkG gestritten wird, die Frage, wie der Treuhandauftrag - im Falle der Unbeachtlichkeit des Widerrufs - zu vollziehen ist, jedoch nicht in Zweifel steht. So verhält es sich hier jedoch nicht: Die Beteiligten streiten auch darüber, ob ihre Auszahlungsanweisungen (sowie der Treuhandauftrag der ..... vom 28. Mai 2003) - jedenfalls inhaltlich - übereinstimmen und danach Auszahlungsreife eingetreten ist bzw. überhaupt eintreten kann. Dementsprechend hat der Notar in seinem Schreiben vom 15. Juli 2003 an das Landgericht u.a. ausgeführt: "Sobald mir eine Entscheidung vorliegt, ... werde ich zu prüfen haben, ob und in welcher Weise erteilte Treuhandauflagen erfüllt werden können." Jedenfalls in einem Fall wie dem hier Gegebenen weist daher die Ankündigung, "den Vollzug des Treuhandauftrages fortzusetzen", nicht auf eine bestimmte Amtshandlung des Notars hin.

cc) Auf den Umstand, dass keiner der Beteiligten die Unzulässigkeit des Vorbescheides angesprochen hat, kommt es nicht an (Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 102; Eylmann/Vaasen/Frenz aaO § 15 BNotO Rdnr. 45). Der Senat hat die Beteiligten auf die Unzulässigkeit des Vorbescheides hingewiesen.

dd) Da sich der mit der Beschwerde und weiteren Beschwerde angegriffene Vorbescheid als verfahrensrechtlich nicht zulässig erweist, ist er zusammen mit der ihn bestätigenden Beschwerdeentscheidung ersatzlos aufzuheben (OLG Köln aaO S. 1287; OLG Stuttgart Rpfleger 2002, 203; Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 91; Keidel/Kahl aaO § 19 Rdnr. 7, 15 a). Die Sache ist an den Notar, der im Verfahren nach § 15 BNotO die Stellung einer ersten Instanz einnimmt (Senat, FGPrax 2002, 85; Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 96; Eylmann/Vaasen/Frenz aap § 15 BNotO Rdnr. 33), zurückzugeben (vgl. BayObLGZ 1958, 171, 175; 1993, 290, 294; 389, 393 f.; Keidel/Meyer-Holz aaO § 27 Rdnr. 61; ähnlich für das Gericht der Rechtsbeschwerde Schippel/Reithmann aaO § 15 Rdnr. 88).

ee) Soweit die Beteiligte zu 1) mit der Rechtsbeschwerde weiterhin beantragt, den Notar anzuweisen, den hinterlegten Geldbetrag an sie auszukehren, ist das Rechtsmittel ohne eine Entscheidung in der Sache zurückzuweisen. Denn für eine solche Entscheidung ist beim vorliegenden Verfahrensstand kein Raum (vgl. BayObLGZ 1993, 389, 394). Gegenstand der weiteren Beschwerde kann nur der Verfahrensgegenstand sein, über den in der Vorinstanz - und zwar im erkennenden Teil der Beschwerdeentscheidung - befunden worden ist (Keidel/Meyer-Holz aaO § 27 Rdnr. 3, 15). Das Landgericht hat in Ziffer 1 des Tenors über die Beschwerde gegen den Vorbescheid vom 27. Juni 2003 entschieden; damit stimmt das Ergebnis überein, welches die Vorinstanz am Ende ihrer Ausführungen zur Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) festgehalten hat (S. 9 der Beschlussgründe). Bei dem Vorbescheid handelt es sich in dem hier gegebenen Fall - wie ausgeführt - um eine (unzulässige) Zwischenentscheidung, die nur Vorfragen betrifft (vgl. etwa zum Grundbuchrecht Senat, OLGZ 1991, 153; BayObLGZ 1991, 97, 102; Demharter, GBO 24. Aufl. § 71 Rdnr. 35; § 77 Rdnr. 15). Folglich ist die Hauptsache - die Frage der Auszahlung - nicht in die Rechtsbeschwerdeinstanz gelangt (vgl. BayObLGZ 1981, 69, 70 f.; BayObLG FamRZ 1986, 604, 606; OLG Hamm NJW-RR 1995, 1414, 1415 f.; Kiefner, FS für Lukes, S. 701, 704). Zwar wird für Vorbescheide, die im Erbscheinsverfahren und im Verfahren auf Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ergangen sind, vertreten, das Beschwerdegericht dürfe unter Umständen abschließend entscheiden (BayObLGZ 1994, 169, 175 ff.; 2002, 208, 215 f.; BayObLG FGPrax 2002, 221, 222; a.A. OLG Hamm aaO). Diese Ausnahme wird aber auf den - hier nicht gegebenen - Fall bezogen, dass die erste Instanz ihre abschließende Auffassung in dem Vorbescheid kundgetan hat und dieser daher für das Beschwerdeverfahren an die Stelle der abschließenden Entscheidung tritt (vgl. etwa BayObLGZ 2002, 208, 213, 216). Im vorliegenden Fall wird hingegen zunächst der Notar eine abschließende Sachentscheidung zu treffen haben (vgl. BayObLGZ 1993, 389, 393 f.).

2. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), die sich nach der ausdrücklichen Erklärung in der Einlegungsschrift lediglich gegen Ziffer 2 des angefochtenen Beschlusses richtet, ist begründet, soweit mit ihr der Vorbescheid angegriffen wird. Eine Anweisung des Notars, den hinterlegten Betrag an sie auszukehren, kann auch die Beteiligte zu 2) in diesem Verfahren nicht erreichen.

a) Die angefochtene Entscheidung ist in Ziff. 2 des Tenors schon deshalb aufzuheben, weil das Landgericht über den "Antrag der Beteiligten zu 2) vom 27.6.2003" entschieden hat. Diesen Antrag hat die Beteiligte zu 2) jedoch im Rahmen eines bei dem Präsidenten des Landgerichts anhängigen Aufsichtsverfahrens gestellt. Den Antrag, über den im Erstbeschwerdeverfahren zu entscheiden war, hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 3. Juli 2003 gestellt. Dieser Schriftsatz, der der Beteiligten zu 1) unmittelbar von Anwalt zu Anwalt übersandt worden ist, ist zwar bis zum Abschluss des zweitinstanzlichen Verfahrens nicht zu den Akten gelangt. Die Beteiligte zu 2) hat aber vor dem Landgericht wiederholt auf diesen Schriftsatz - auch auf den dort gestellten Antrag - Bezug genommen. Daher hätte das Landgericht nicht entscheiden dürfen, ohne zuvor den Schriftsatz vom 3. Juli 2003 zu den Akten zu nehmen (§§ 12, 23 FGG). Daran ändert nichts, dass die Beteiligte zu 2) bei Einlegung der weiteren Beschwerde auf den Antrag vom 27. Juni 2003 Bezug genommen hat, zumal sie in der Rechtsbeschwerdebegründung wieder auf den Schriftsatz vom 3. Juli 2003 zurückgekommen ist.

b) Der aufgezeigte Verfahrensfehler nötigt nicht zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Denn das Verfahren ist, ohne dass es weiterer tatsächlicher Erörterungen bedarf, auch insoweit zur Endentscheidung reif (vgl. Keidel/Meyer-Holz aaO § 27 Rdnr. 56). Dem steht der dem Landgericht unterlaufene Verfahrensfehler schon deswegen nicht entgegen, weil die Anträge in den Schriftsätzen vom 27. Juni 2003 und vom 3. Juli 2003 sich inhaltlich entsprechen. Die Kammer hätte der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) stattgeben müssen, soweit sie sich gegen den Vorbescheid richtet.

aa) Aus dem Schriftsatz vom 3. Juli 2003 ergibt sich eindeutig, dass die Beteiligte zu 2) eine selbständige (einfache) Beschwerde eingelegt hat. Dafür spricht schon das eigenständige, vom Schicksal der Beschwerde der Beteiligten zu 1) unabhängige Verfahrensziel, Auszahlung an sich zu erreichen. Der Wille, Erstbeschwerde einzulegen, wird auch durch die Begründung der in zweiter Instanz gestellten Anträge sowie durch die Ausführungen der Beteiligten zu 2) in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung bestätigt (vgl. auch S. 6, 1. Abs. des Schriftsatzes vom 20. Oktober 2003).

Die Aufhebung des Vorbescheids ist denknotwendig von dem weiter gehenden Begehren, den Notar zur Auszahlung anzuweisen, umfasst; sie ist daher ebenfalls Ziel der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde. Denn die Beteiligte zu 2) könnte einen solchen Ausspruch durch das Gericht beim jetzigen Verfahrensstadium allenfalls erreichen, wenn der Vorbescheid, der eine Fortsetzung der notariellen Tätigkeit ankündigt, aufgehoben wird. Ungeachtet einiger Ausführungen der Beteiligten zu 2) im Schriftsatz vom 20. Oktober 2003 richtet sich das Rechtsmittel nicht gegen das Schreiben des Notars vom 16. Juni 2003 an die Beteiligte zu 1). Die Beteiligte zu 2) leitet vielmehr aus dem Ablauf der dort gemäß § 54 c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG gesetzten Frist für sie günstige Rechtsfolgen her (vgl. etwa S. 2, 5 f. des Schriftsatzes vom 3. Juli 2003, S. 3, 4, 6 der Rechtsbeschwerdebegründung vom 26. September 2003 und S. 2, 3 des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2003).

Mit dem Vorbescheid vom 27. Juni 2003 liegt, wie unter Ziff. 1 Buchst. a) ausgeführt, ein beschwerdefähiger Verfahrensgegenstand vor. Die Beteiligte zu 2) war zur Einlegung der Erstbeschwerde befugt (§ 20 FGG). Der Verfahrensgegenstand betrifft die Amtspflichten des Notars bei der Verfügung über ein Notaranderkonto. Die Beschwerdebefugnis ergibt sich daher daraus, dass die Beteiligte zu 2) an dem Hinterlegungsverhältnis materiell beteiligt ist (vgl. OLG Hamm DNotZ 2000, 379, 380 f.; Schippel/Reithmann aaO § 15 Rdnr. 80). Wer als formell Beteiligter die Hinterlegung vorgenommen hat, ist unerheblich (KG MittRheinNotK 1998, 99). Haben - wie hier - mehrere Personen dem Notar Weisungen erteilt, steht das Beschwerderecht grundsätzlich jedem Einzelnen von ihnen zu (OLG Schleswig DNotZ 1993, 67, 68; Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 93, 94). Der Umstand, dass der Vorbescheid nur an die Beteiligte zu 1) adressiert war (vgl. dazu OLG Hamm, Beschluss vom 8. Oktober 1993 - 15 W 74/93 - <zit. nach juris>), steht der Zulässigkeit der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) nicht entgegen (vgl. Eylmann/Vaasen/Frenz aaO § 15 BNotO Rdnr. 40).

bb) Die Beschwerde ist, wie sich aus den Ausführungen unter Ziff. 1 Buchst. b ergibt, begründet, soweit sie sich gegen den Vorbescheid richtet. Der Antrag, den Notar zur Auszahlung anzuweisen, ist hingegen ohne sachliche Prüfung zurückzuweisen. Eine Entscheidung des Senats in der Sache kommt zunächst aus den in Ziffer 1 Buchst. b) ee) dargelegten Gründen nicht in Betracht. Soweit die Beteiligte zu 2) geltend macht, der Notar habe zumindest stillschweigend erklärt, dass er nicht auszahlen werde, er habe die Auskehrung an sie pflichtwidrig unterlassen, vermag dies eine weiter gehende Prüfungskompetenz des Senats nicht zu begründen. Zwar beschränkt sich der Tenor des angefochtenen Beschlusses in Ziffer 2 nicht auf einen Ausspruch zu dem Vorbescheid. Auch ist beschwerdefähig jede Versagung einer notariellen Amtstätigkeit. Dies kann durch ausdrückliche oder stillschweigende Ablehnung geschehen (Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 87). Letzteres setzt aber voraus, dass aus dem Verhalten des Notars zweifelsfrei hervorgeht, dass er den hinterlegten Geldbetrag nicht auszahlen werde (Arndt/Lerch/Sandkühler aaO i.V.m. Rdnr. 46). Der Notar hat es jedoch nicht - auch nicht konkludent - abgelehnt, eine sachliche Entscheidung über den hinterlegten Geldbetrag zu treffen. Im Gegenteil hat er - wenn auch in unzulässiger Form - die Fortsetzung des Vollzugs des Treuhandauftrages angekündigt. Damit hat er eine notarielle Amtstätigkeit nicht abgelehnt. Der Erlass des unzulässigen Vorbescheides kann auch nicht als eine beschwerdefähige Untätigkeit gewertet werden (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 15 Rdnr. 46; Eylmann/Vaasen/Frenz aaO § 15 BNotO Rdnr. 34). Denn damit kündigt der Notar, wenn auch in allgemeiner Form, eine Fortsetzung seiner Amtstätigkeit an.

3. Für das weitere Verfahren des Notars weist der Senat darauf hin, dass die Auffassung des Landgerichts, im Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs der Beteiligten zu 1) habe eine mehrseitige Verwahrungsanweisung i.S. des § 54 c Abs. 2 BeurkG vorgelegen, keinen Rechtsfehler aufweist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen der Kammer Bezug. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Mehrseitig sind im Zweifel im Verhältnis der Kaufvertragsparteien zueinander alle Anweisungen, die dem Schutz des Empfangsberechtigten ab Fälligkeit der Einzahlung bzw. dem Schutz des Einzahlenden bis zum Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen dienen, also insbesondere die Auszahlungsvoraussetzungen selbst sowie die Anweisung zur Ablösung von Grundpfandrechten und anderen Drittberechtigten aus dem Kaufpreis (Eylmann/Vaasen/Hertel aaO § 54 c BeurkG Rdnr. 16; Winkler aaO § 54 c Rdnr. 10; Wegerhoff DNptZ 2001, 867). So liegt es hier, da der Kaufvertrag vom 31. März 2003 zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) abgeschlossen worden ist. Im Zeitpunkt des Eingangs des Widerrufs der Beteiligten zu 1) beim Notar lag diesem auch eine Anweisung der Beteiligten zu 2) vor. Dementsprechend sah der Kaufvertrag in § 2 eine - die Ablösung des Darlehens der ..... umfassende - Abwicklung der Kaufpreiszahlung "gegen wirksame Übertragung der bestehenden Grundschulden an die G....." über ein Notaranderkonto vor. Dessen Einrichtung hat der Notar den Gesellschaftern der Beteiligten zu 2) bereits mit Schreiben vom 17. März 2003, mithin vor Vertragsschluss, "zur Vorlage bei Ihrer Finanzierungsgläubigerin" bestätigt. Die Einrichtung des Anderkontos und die mit der Einzahlung verbundene Übertragung der Verfügungsmacht auf den Notar bezweckten also - für die Beteiligte zu 1) erkennbar - auch den Schutz der Interessen der Beteiligten zu 2). Die Abgrenzung zwischen einseitiger und mehrseitiger Anweisung richtet sich aber nach dem Schutzbedürfnis der Beteiligten (BayObLGZ 1995, 204; KG DNotZ 2001, 865, 866; OLG Hamm DNotZ 2000, 379, 381; FGPrax 2002, 83, 84; Winkler aaO). Hier kommt noch hinzu, dass die Anweisungen der Beteiligten aufgrund der auch für den Notar erkennbaren Interessenlage untrennbar zusammenhängen und das Gesamtverhältnis ohne Einbeziehung der Verkäuferin sachgerecht nicht abgewickelt werden kann (vgl. auch KG MittRheinNotK 1998, 99). Umstände, die der oben genannten Vermutung entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere genügt hierzu nicht der mögliche Widerspruch bei der Einräumung eines Teils der von der Beteiligten zu 2) zu erbringenden Sicherheiten. Das gilt im gegebenen Fall - unabhängig von den weiteren, sich hier stellenden Fragen - jedenfalls deshalb, weil die Beteiligte zu 2) ausdrücklich angeboten hat, Sicherheiten in der von der Beteiligten zu 1) gewünschten Form zu bestellen (vgl. etwa Schriftsatz vom 3. Juli 2003, Seite 10 und 11; s. auch BGH WM 2003, 1116, 1117 f.; OLG Frankfurt DNotZ 1969, 513, 514). Die Möglichkeit, dass die Beteiligte zu 2) ihre Anweisung korrigiert bzw. anpasst, stellt die Beteiligte zu 1) nicht in Abrede (vgl. S. 4 der Rechtsbeschwerdebegründung vom 23. September 2003). Im Übrigen kommt es insoweit nur darauf an, ob die Verwahrungsanweisungen im Ergebnis zusammenstimmen, so dass sie gemeinsam erfüllt werden können; eine wörtliche Übereinstimmung ist nicht erforderlich (vgl. auch Schippel/Reithmann aaO § 23 Rdnr. 50, 51). Auch liegt nicht der bei Eylmann/Vaasen/Hertel aaO § 54 c BeurkG Rdnr. 18 genannte Fall einer einseitigen Anweisung des Einzahlenden vor. Denn die Beteiligte zu 1) hat nicht unter vorheriger oder gleichzeitiger Erteilung zusätzlicher (vertragswidriger) Treuhandauflagen eingezahlt. Die von der Beteiligten zu 1) im Erstbeschwerdeverfahren vorgelegte Fundstelle aus dem Bankrechtshandbuch von Schimansky/Bunte/Lwowski betrifft nicht das hoheitliche Verwahrungsverfahren zwischen dem Notar und den Beteiligten (vgl. BGH NJW 1994,1403; 1996, 3343; 1998, 2134).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO unter Zugrundelegung der unbeanstandeten Wertfestsetzung des Landgerichts bemessen.

Ende der Entscheidung

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