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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 3 W 199/04
Rechtsgebiete: GVG, WEG


Vorschriften:

GVG § 178
GVG § 181
WEG § 8
WEG § 47
1. Das laute Zuschlagen der Tür des Gerichtssaales stellt eine schuldhafte Verletzung der Würde des Gerichts dar.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften des Verfahrens, in dem der Ordnungsgeldbeschluss ergangen ist.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 199/04

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage R.........................,

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung,

hier: Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 178 GVG,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Jenet auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 17. September 2004 gegen den ihm am 11. September 2004 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 6. September 2004

ohne mündliche Verhandlung

am 15. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 200,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 181 GVG zulässige sofortige Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg. Das Amtsgericht hat gegen den Antragsteller zu Recht ein Ordnungsgeld gemäß § 178 Abs. 1 GVG verhängt.

Nach der über § 43 Abs. 1 WEG, § 8 FGG (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FG 15. Aufl. § 8 Rdnrn. 8 ff; Müko/Wolf, GVG 4. Aufl. § 176 Rdnr. 7, § 181 Rdnr. 9) auch für das Wohnungseigentumsverfahren anwendbaren Vorschrift des § 178 GVG kann gegen Parteien, die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, ein Ordnungsgeld bis zu 1 000,- € festgesetzt werden. Ungebühr liegt vor bei einem Verstoß gegen die zur sachgerechten Durchführung der Verhandlung notwendige Ordnung. Diese besteht in der unmittelbaren Beachtung der Ordnungsvorschriften, der Gewährleistung der ungehinderten Wahrnehmung der Verfahrensrechte für alle Verfahrensbeteiligten, der Schaffung und Sicherung einer Atmosphäre ruhiger Sachlichkeit, Distanz und Toleranz, die allein die erforderliche Suche nach der Wahrheit und dem Recht ermöglicht und dem Ernst der Rechtsprechungstätigkeit gerecht wird. Den Tatbestand der Ungebühr erfüllen die persönliche Herabsetzung, die Kundgabe von Missachtung sowie Lärm, da diese den schwierigen und ernsten Vorgang der Wahrheitssuche und Rechtsfindung erschweren (vgl. Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz 4. Aufl. § 178 Rdnr. 10). Das laute Zuschlagen der Tür des Gerichtssaals stellt eine schuldhafte Verletzung der Würde des Gerichts dar (vgl. OLG Stuttgart Justiz 1962, 185; OLG Hamm, JMBlNRW 1975, 106; KG Beschluss vom 6. März 2000 - 1 AR 167/00 -, zitiert nach Juris; Kissel aaO § 178 Rdnr. 12).

Auf der Grundlage des Protokolls vom 6. September 2004 steht der zu ahndende Sachverhalt für den Senat jedenfalls insoweit fest, als dem Beteiligten zu 1) vorgeworfen wird, die Tür des Gerichtssaales beim Verlassen heftigst zugeschlagen zu haben, zumal das Amtsgericht dem Berichtigungsantrag nicht stattgegeben hat und der Beteiligte im Übrigen auch eingeräumt hat, dass die Tür "sehr laut ins Schloss" gefallen ist. Zweck der durch § 182 GVG vorgeschriebenen Protokollierung ist es, die Voraussetzung für die Nachprüfung der Entscheidung ohne weitere Sachaufklärung zu schaffen. Das durch § 182 GVG vorgeschriebene Protokoll schließt deshalb weitere Aufklärungsmaßnahmen aus (vgl. Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 4. August 1989 - 1 Ws 281/89 -; Kissel aaO § 182 Rdnr. 4 m.w.N.).

Ausgehend hiervon steht für den Senat - wie bereits ausgeführt - fest, dass der Antragsteller den Gerichtssaal unter heftigstem Zuschlagen der Tür verlassen hat. Die im Beschwerdeverfahren von dem Antragsteller aufgestellte Behauptung, die Tür sei ihm "aus der Hand gefallen", vermag die Aufhebung des Ordnungsgeldes nicht zu rechtfertigen. Denn er hat zugleich eingeräumt, dass die Tür beim Hinausgehen "sehr laut ins Schloss" gefallen ist. Diese Folge ist - worauf das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung bereits hingewiesen hat - nicht mit einem bloßen "aus der Hand fallen" zu erklären, so dass auch ein Verschulden des Antragstellers zu bejahen ist. Hiergegen hat sich der Antragsteller auch in seiner Stellungnahme zu der Nichtabhilfeentscheidung nicht mehr gewandt. Ob darüber hinaus bei dem Zuschlagen der Tür die Fensterscheiben gezittert haben, spielt im Hinblick darauf keine Rolle.

Nicht ausreichend protokolliert ist jedoch der Vorwurf, der Antragsteller habe den Gerichtssaal "unter lauten Protesten" verlassen. Denn der Vorgang, der die Ungebühr darstellt, ist möglichst konkret ins Protokoll aufzunehmen; beleidigende Äußerungen sowie Zurufe sind wörtlich anzuführen (vgl. Kissel aaO § 182 Rdnr. 3). Diesen Anforderungen genügt das Protokoll im Hinblick auf die dem Antragsteller vorgeworfenen "lauten Proteste" nicht. Denn aus dem Protokoll ist für den Senat als Beschwerdegericht nicht ersichtlich, welche Äußerungen tatsächlich gemacht wurden, ob sie etwa sachlichen oder beleidigenden Inhalts waren. Dieses Verhalten kann deshalb nicht Grundlage der Verhängung eines Ordnungsgeldes sein.

Das verhängte Ordnungsgeld ist ausgehend von dem durch § 178 Abs. 1 GVG vorgegebenen Rahmen in der Höhe dennoch nicht zu beanstanden, obwohl der Vorwurf der "lauten Proteste" nicht berücksichtigt werden kann. Denn das Verlassen des Gerichtssaales unter heftigstem Zuschlagen der Tür bringt eine Missachtung des Gerichts zum Ausdruck, die für sich allein die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 200.-- EUR rechtfertigt. Dass das Ordnungsgeld im Hinblick auf die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers unangemessen wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Unschädlich ist auch, dass dem Antragsteller unmittelbar vor Verhängung des Ordnungsgeldes kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Denn er hat dies ausweislich des Protokolls vom 6. September 2004 unstreitig dadurch vereitelt, dass er den Sitzungssaal und auch den davor befindlichen Flur des Gerichts verlassen hat (vgl. etwa KG aaO).

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller die Gerichtskosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Der Senat vermag sich der Auffassung, das Beschwerdeverfahren sei in jedem Fall gerichtsgebührenfrei (vgl. zum Meinungsstand Kissel aaO § 181 Rdnr. 19 m.w.N.), nicht anzuschließen. Die Kostenfrage richtet sich - wie etwa die Zuständigkeit des Gerichts (vgl. etwa Müko/Wolf aaO § 181 Rdnr. 9; Keidel/Zimmermann aaO § 8 Rdnr. 8 ff) - vielmehr nach den entsprechenden prozessualen Kostenvorschriften des jeweiligen Verfahrens (vgl. Senat NJW 1961, 885; Rehbinder MDR 1963, 640, 646). Denn der Umstand, dass das GVG nicht in den Verfahren nach § 1 GKG aufgeführt ist, belegt nicht die Kostenfreiheit. Er spricht vielmehr dafür, dass sich die Kostenentscheidung nach den jeweiligen Vorschriften des Verfahrens zu richten hat, in dem der Ordnungsgeldbeschluss ergangen ist.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten (§ 47 Satz 2 WEG) ist entbehrlich, da der Senat niemanden außer dem Antragsteller am Verfahren beteiligt hat. Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat auf der Grundlage des verhängten Ordnungsgeldes festgesetzt, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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