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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 24.09.2001
Aktenzeichen: 3 W 201/01
Rechtsgebiete: FGG, HGB


Vorschriften:

FGG § 142
HGB § 131
Das Bestehen einer Personenhandelsgesellschaft setzt nicht das Vorhandensein von Vermögenswerten voraus. Vielmehr hat der Vollbeendigung infolge fehlenden Aktivvermögens die Auflösung und Liquidation vorauszugehen. Die Enteignung einer in der ehemaligen DDR ansässigen Firma durch Überführung des Unternehmens nebst Vermögenswerten in Volkseigentum führt deshalb für sich allein betrachtet noch nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (hier: verneint mit Blick auf eine nur kurze Zeit nach Enteignung vorgenommene Sitzverlegung in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland).
Aktenzeichen: 3 W 201/01

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In dem Verfahren

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury sowie die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Jenet auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 13. August 2001

gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 19. Juni 2001 ohne mündliche Verhandlung am 24. September 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5 000,- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die beteiligte Firma wurde seit 1922 in der Rechtsform einer oHG in betrieben. Nachdem die Gesellschafter die ehemalige DDR verlassen hatten, ist am 23. Januar 1953 das Unternehmen nebst Vermögenswerten in Volkseigentum überführt worden. Auf den Antrag der Gesellschafter wurde sodann am 12. November 1953 im Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz die Firma mit dem Vermerk eingetragen: "Die Gesellschaft hat ihren Sitz von nach verlegt". Nach dem Tod der beiden Gesellschafter ist am 4. November 1965 im Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz die Auflösung und das Erlöschen der Firma eingetragen worden.

Bezüglich der früher in ansässigen Firma hat das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Teilbescheid vom 5. Mai 1995 die Berechtigung an einem Firmengrundstück festgestellt. Daraufhin ist auf Antrag der Erben des letztverstorbenen Gesellschafters mit Eintragung im Handelsregister vom 22. Juni 1999 die Löschung der Gesellschaft wieder aufgehoben worden.

Die Erbin des erstverstorbenen Gesellschafters, die Antragstellerin, erstrebt demgegenüber die Löschung der Gesellschaft. Das Amtsgericht hat ihren Antrag zurückgewiesen, weil das Bestehen einer Personenhandelsgesellschaft nicht das Vorhandensein von Vermögenswerten voraussetze. Die Gesellschaft erlösche erst nach erfolgter Auflösung und Beendigung der Liquidation. Hieran fehle es; die Anmeldung der Sitzverlegung kurze Zeit nach Enteignung dokumentiere gerade den gegenteiligen Willen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Ziel der Rechtsbeschwerde ist weiterhin die Löschung der Firma. Sie rügt die fehlerhafte Anwendung des § 131 HGB und macht geltend, die Enteignung sei ein Auflösungsgrund im Sinne dieser Vorschrift.

II.

1. Die - an keine Frist gebundene (Keidel/Kuntze/Winkler, FG 14. Aufl. § 142 Rdnr. 22) - weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) sowie formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1, 2 und Abs. 4, 21 Abs. 1 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Antragstellerin folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Ungeachtet dessen treffen sie als Erbin des früheren Mitgesellschafters beim Fortbestand der Firma Pflichten, deren Nichtbeachtung bereits zur Verhängung von Zwangsgeldern geführt hat; auch hieraus ist ihre Beschwerdebefugnis herzuleiten (§§ 29 Abs. 4 i.V.m. 20 Abs. 1 FGG).

2. In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, 550 ZPO).

Das Registergericht kann eine Eintragung im Handelsregister nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG löschen, wenn sie bewirkt wurde, obgleich sie wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war. Danach kann die Löschung einer Firma im Handelsregister auch gelöscht und die frühere Eintragung wieder hergestellt werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Firma, weil noch abzuwickelndes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, in Wirklichkeit nicht erloschen und daher im Handelsregister zu Unrecht gelöscht worden ist (vgl. BGH NJW 1979, 1987; BayObLGZ 1978, 353, 355; BayObLG BB 1983, 82 = Rpfleger 1983, 73). Dementsprechend hat hier das Amtsgericht mit Eintragung vom 22. Juni 1999 die vorausgegangene Löschung der Firma wieder aufgehoben. Die Firma wäre somit - wie angestrebt - erneut gelöscht, wenn die zuletzt erfolgte Eintragung (Aufhebung der Löschung) ihrerseits zu löschen wäre. Dies haben das Registergericht und das Landgericht zu Recht verneint.

a) Voraussetzung für eine solche Löschung ist, dass die Eintragung der Löschungsaufhebung zur Zeit ihrer Vornahme unzulässig war oder nachträglich unzulässig geworden ist und diese Unzulässigkeit auf einem wesentlichen Mangel beruht (vgl. etwa BayObLGZ 1978, 353, 354; Keidel/Winkler, aaO § 142 Rdnr. 10 ff). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

aa) Ohne Rechtsfehler haben nämlich die Vorinstanzen angenommen, dass die Enteignung des Gesellschaftsvermögens im Januar 1953 der nachfolgenden Firmensitzverlegung nicht entgegensteht. Denn das Bestehen einer Personenhandelsgesellschaft setzt nicht das Vorhandensein von Vermögenswerten voraus. Da die Eintragung der Löschung einer Firma im Handelsregister nur rechtsbekundende, nicht rechtserzeugende Wirkung hat, erlischt sie nicht schon mit der Löschung, sondern erst im Augenblick der tatsächlichen Beendigung der Liquidation oder einer das gesamte Gesellschaftsvermögen umfassenden anderen Art der Auseinandersetzung (vgl. BGH NJW 1979, 1987; BayObLG BB 1983, 82 = Rpfleger 1983, 73 sowie NJW-RR 2000, 1348). Dahingehende Umstände sind weder ersichtlich noch werden solche von der Rechtsbeschwerde dargetan.

bb) Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang auf die Kommentierung von Schmidt (in Schlegelberger, HGB 5. Aufl. § 131 Rdnrn. 1 und 6) verweist, verkennt sie, dass der Vollbeendigung infolge fehlenden Aktivvermögens (vgl. Schmidt aaO i.v.m. § 155 Rdnr. 52 ff) die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft vorauszugehen hat. Dass eine der in § 131 HGB aufgezählten Auflösungsgründe hier vorliegt, wird von der Rechtsbeschwerde nicht einmal behauptet. Selbst wenn in Ergänzung der vorgenannten Aufzählung die Enteignung als Auflösungsgrund angesehen werden könnte, weil die Gesellschaft über kein weiteres Vermögen außerhalb der früheren DDR verfügte (vgl. dazu einerseits BGHZ 17, 209, 213; WM 1955, 973, 974; 1971, 723, 724; Schmidt aaO § 131 Rdnr. 35; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 131 Rdnr. 30; zum vergleichbaren Fall der Vermögenslosigkeit jedoch andererseits BGHZ 82, 323, 326; die Entscheidung BGH WM 1991, 14 f betrifft hingegen eine Kapitalgesellschaft), führte dieser Umstand für sich allein betrachtet noch nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Eine aufgelöste Gesellschaft ist nämlich nicht ohne weiteres erloschen. Sie kann daher fortgesetzt, d.h. in eine werbende Gesellschaft zurückverwandelt werden (vgl. Schmidt aaO § 131 Rdnr. 60; Emmerich aaO § 131 Rdnr. 31 m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Davon, dass hier nach der Enteignung keinesfalls eine Abwicklung gewollt war, sind die Vorinstanzen mit Blick auf die nur kurze Zeit nach der Enteignung vorgenommenen Sitzverlegung der Gesellschaft ausgegangen. Diese Schlussfolgerung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

b) Schließlich unterliegt es keiner rechtlichen Beanstandung, dass das Landgericht wegen des im Verwaltungsstreitverfahren ergangenen Urteils keine Bindungswirkung für das FGG-Verfahren angenommen hat. Denn in Bezug auf das betroffene Firmengrundstück fehlt es bereits an einer Sachentscheidung. Entsprechendes gilt für den vorausgegangenen Teilbescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen. Darin wird zwar hinsichtlich des Grundstücks die Berechtigung der Firma in " in Auflösung" festgestellt. Das hier zu entscheidende Registerverfahren betrifft aber die Frage, ob die nach verlegte Firma wegen noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens zu unrecht gelöscht war. Insoweit besteht kein Widerspruch zu der mit Teilbescheid getroffenen Feststellung; allein die Gründe der Verwaltungsentscheidung vermögen keine Bindungswirkung zu entfalten (vgl. zur Bindungswirkung von Verwaltungsakten Keidel/Kayser aaO § 12 Rdnr. 49).

III.

Stellt demnach die Aufhebung der Löschung durch das Registergericht keine unzulässige Eintragung dar, weil die Firma in Wahrheit noch nicht erloschen ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass es auf die weitere Voraussetzung eines wesentlichen Mangels ankommt.

Die Kostenfolge beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO, die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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