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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: 3 W 208/00
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 15
BNotO § 23
BNotO § 24
BeurkG § 54 a
BeurkG § 54 b
BeurkG § 54 c
Notarieller Vorbescheid

Besteht Streit über die Berechtigung an auf Notaranderkonten hinterlegten Geldbeträgen, kann der Notar die von ihm beabsichtigte Auszahlung durch beschwerdefähigen Vorbescheid ankündigen.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 208/00 2 T 413/00 Landgericht Koblenz

In dem Verfahren

betreffend die mit Bescheid des Notars vom 21. Juni 2000 angekündigte Auszahlung der bei ihm aufgrund des Vergleichs des Oberlandesgerichts Köln - Az.: 10 U 5/99 - hinterlegten Gelder,

hier: Anfechtung eines Vorbescheids,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach, die Richterin am Oberlandesgricht Simon-Bach und den Richter am Landgericht Edinger auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 14. September 2000 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. August 2000 ohne mündliche Verhandlung

am 13. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Koblenz wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung nach Maßgabe der Gründe dieses Beschlusses an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 210 000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) ist der Sohn der Beteiligten zu 2). Zur Beilegung eines Rechtsstreits schlossen sie vor dem Oberlandesgericht Köln am 16. September 1999 einen Vergleich, wonach der Beteiligte zu 1) sich verpflichtet, zum Ausgleich eines Anspruchs der Beteiligten zu 2) bestimmte Geldbeträge auf ein Anderkonto eines von ihr zu benennenden Notars einzuzahlen. Ziff. 2 des Vergleichs lautet:

"Der Notar wird angewiesen, der Klägerin (=Bet. zu 2)) nach Maßgabe des nachstehend bezeichneten Kaufvertrages zur Tilgung der Kaufpreisschuld 196 000,-- DM auszuzahlen, sobald sie ihm einen Kaufvertrag über eine in Bad Honnef gelegene Eigentumswohnung mit mindestens 3 Zimmern, Küche und Bad vorlegt, der sie als Erwerberin ausweist. Der Restbetrag einschließlich der Zinsen ist auf den Nachweis der Erwerbskosten an die Klägerin auszuzahlen. Nicht verbrauchte Erwerbskosten einschließlich Zinsen werden an den Beklagten (=Bet.zu 1) ausgekehrt.

Mit Bezugsfertigkeit der Eigentumswohnung verzichtet die Klägerin auf ihr Nießbrauchsrecht an dem Grundstück in und hinterlegt die Löschungsbewilligung bei dem von ihr gewählten Notar zu treuen Händen;..."

Mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 teilte der von der Beteiligten zu 2) benannte Notar dem Beteiligten zu 1) mit, er habe die Anderkonten angelegt. Während die Beteiligte zu 2) am 21. Oktober 1999 den Notar allgemein angewiesen hat, über die Anderkonten nur gemäß den in dem Vergleich getroffenen Bestimmungen zu verfügen, hat der Beteiligte zu 1), wie bereits bei der Überweisung des Geldes auf die Konten angekündigt, mit Schreiben vom 8. November 1999 eine detaillierte Hinterlegungsanweisung erteilt.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie die Anderkonten abzuwickeln sind. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob der Vergleich oder die dem Notar erteilten Hinterlegungsanweisungen Grundlage für die vorzunehmenden Auszahlungen sind. Insbesondere ist streitig, inwieweit die Verpflichtungen von der Bezugsfertigkeit der Eigentumswohnung abhängen und ob zu den "Erwerbskosten" auch die aufgewandte Maklerprovision zu zählen ist.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2000 hat der Notar angekündigt, "nach Maßgabe des, Vergleichs vom 16. September 1999" im Einzelnen dargestellte Beträge auszuzahlen, sofern bis zum 7. Juli 2000 keine Beschwerden erhoben werden. Daraufhin hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Juli 2000, eingegangen beim Notar am 5. Juli 2000 Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag, die Auszahlung der auf den Notaranderkonten eingezahlten Geldbeträge unter Beachtung der Anweisung des Beteiligten zu 1) vorzunehmen. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Kammer ist der Ansicht, der Beteiligte zu l) sei bereits nicht in seinen Rechten betroffen (§ 19 Abs. 1 FGG), weil die Entscheidung des Notars durch Vorbescheid nicht zulässig sei. Der Notar habe anstelle der ersten Instanz die ihm übertragenen Aufgaben für die Beteiligten zu entscheiden. Es sei ihm deshalb nicht gestattet, rechtlich oder wirtschaftlich schwierige Dinge im Wege des Vorbescheides der Beschwerdeinstanz vorzulegen. Dies gelte jedenfalls für Amtshandlungen des Notars auf dem Gebiet der Tätigkeiten nach den §§ 23, 24 BNotO.

Mit seiner hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Ziel - Auszahlung des hinterlegten Betrages unter Beachtung seiner Hinterlegungsanweisung - weiter.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig ( §§ 15 Abs. 1 Satz 3 BNotO, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG). Gegen die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe der §§ 27-29 FGG eröffnet (vgl. dazu Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG § 1.5 Rdnr. 51). Der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FG 14. Aufl. § 27 Rdnr. 7 mit zahlr.w.N. zur Rspr.).

2. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts durfte der Notar einen Vorbescheid erlassen. Mithin ist der Beteiligte zu 1) durch den Bescheid des Notars vom 21. Juni 2000 in seinen Rechten beeinträchtigt. Dies nötigt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache.

a) Nach der Neufassung von § 15 Abs. 2 BNotO ist die Beschwerde wegen Amtsverweigerung des Notars nicht nur bei Urkundstätigkeit, sondern auch bei Betreuungstätigkeiten nach §§ 23, 24 BNotO - wie hier - ausdrücklich eröffnet (vgl. Eylmann/Vaasen/Frenz aaO § 15 Rdnr. 32; zur früheren Rechtslage: Beschluss des Senats vom 28. Mai 1993 - 3 W 89/93). Die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO ist deshalb auch im Verwahrungsverfahren statthaft. § 54 c Abs. 5 BeurkG stellt dies für den praktischen Hauptfall der Entscheidung des Notars über die Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit des Widerrufs ausdrücklich klar (vgl. Eylmann/Vaasen/Hertel aaO § 23 Rdnr. 49).

b) Die Beschwerdemöglichkeit ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch dann gegeben, wenn der Notar sein beabsichtigtes Vorgehen (Auszahlung oder weitere Verwahrung) ankündigt. In solchen Fällen ergeht nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ein beschwerdefähiger Vorbescheid (vgl. dazu BayObLG NJW-RR 2000, 945 = DNotZ 2000, 376; FGPrax 1998, 78, 79; BayObLGZ 1995, 205, 208; OLG Hamm FGPrax 1995, 171; OLG Frankfurt/M DNotZ 1992, 61; ZNotP 1999, 83; OLG Schleswig DNotZ 1993, 67; LG Frankenthal MittBayNot 1996, 321, 322; Elymann/Vaasen/Frenz aaO § 15 Rdnr. 20 und Hertel § 23 Rdnr. 50; Schippel/Reithmann, BNotO 7. Aufl. § 15 Rdnr. 79; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 4. Aufl., § 15 Rdnr. 91; Haug, DNotZ 1992, 18, 22 auch mit Nw. zur vereinzelt gebliebenen Gegenmeinung des LG Frankfurt/M).

c) Der Senat ist in seinem bereits zitierten Beschluss vom 28. Mai 1993 der ganz herrschenden Meinung gefolgt. Hieran wird festgehalten. Die Ausführungen des Landgerichts vermögen nicht zu überzeugen. Die Situation des Notars ist auch im Rahmen seiner Tätigkeit gemäß §§ 23, 24 BNotO mit derjenigen des Nachlassgerichts bei Erteilung des Erbscheins vergleichbar. Hier wie dort geht es darum, beträchtliche Schäden zu vermeiden, die auch bei Auszahlung hoher Geldbeträge entstehen können, sofern solche verbraucht werden (vgl. zum Erbscheinsverfahren etwa BGHZ 20, 255, 257; Firsching, NJW 1955, 1540, 1541 f.). Ebenso wenig ist zu befürchten, die Notare könnten die Möglichkeit, einen Vorbescheid zu erlassen, missbrauchen und sich auch in einfach gelagerten Fällen zunächst auf eine Vorankündigung beschränken anstatt abschließend Gelder auszuzahlen. Denn wie bei den Nachlassgerichten (vgl. BGHZ 20, 255, 258 f.) kann auch bei den Notaren darauf vertraut werden, dass sie nur in Fällen einer schwierigen Sach- und Rechtslage hiervon Gebrauch machen. Davon, dass eine solche Situation hier gegeben ist, geht ersichtlich auch die Beschwerdekammer aus.

Des Weiteren lässt sich gegen die hier vertretene Ansicht nicht einwenden, dass nach ganz herrschender - vom Senat geteilter - Ansicht in Grundbuchsachen Vorbescheide unzulässig sind. Die Zulässigkeit des notariellen Vorbescheids erscheint zwar danach nicht selbstverständlich (vgl. Winkler MittBayNot 1998, 141, 147). Die Ablehnung für Grundbuchsachen beruht aber auf den besonderen Grundsätzen des Verfahrens (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Januar 1997 - 3 W 180/96 - veröffentlicht OLGR 1997, 1). Für die Tätigkeit des Notars steht demgegenüber - ebenso wie bei der Erteilung des Erbscheins - im Vordergrund, möglicherweise entstehende irreversible Schäden zu verhindern (vgl. Anmerkung Vollhardt MittBayNot 1996, 323, 324). Letztlich geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass es für den Notar im Einzelfall geboten sein kann, der Auszahlung entgegenstehende Amtspflichten über die Beschwerdemöglichkeit des § 15 Abs. 2 BNotO zu klären (vgl. Eylmann/Vaasen/Hertel aaO § 54 c BeurkG Rdnr. 7; Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 21. März 1996, BT-Drucksache 13/4184, S. 38).

3. Erweist sich danach die Erstbeschwerde als zulässig, unterliegt die getroffene Entscheidung des Landgerichts der Aufhebung. Eine eigene Entscheidung des Senats als Rechtsbeschwerdegericht kommt nicht in Betracht, weil der zu beurteilende Sachverhalt nicht feststeht. Im angefochtenen Beschluss wird zwar der Verfahrensablauf dargestellt. Insoweit könnten sich aber Änderungen ergeben haben. Dazu verweist der Senat auf das Schreiben des Notars vom 21. November 2000. Sollten mittlerweile Beträge ausgezahlt worden sein, wird dies im Weiteren bei der Zulässigkeitsprüfung zu berücksichtigen sein (vgl. Eylmann/Vaasen/Hertel § 23 BNotO Rdnr. 49 m.w.N.).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO entsprechend der unbeanstandeten Wertfestsetzung der Vorinstanz bemessen.

Ende der Entscheidung

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