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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 3 W 266/03
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 22 Abs. 2 Satz 1
FGG § 29 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 4
FGG § 56g Abs. 5
Von einer Berufsbetreuerin kann erwartet werden, dass sie die formellen Voraussetzungen der sofortigen weiteren Beschwerde kennt. Legt sie gegen einen, die Betreuervergütung betreffenden, Beschluss eine formnichtige sofortige Beschwerde ein, kann ihr trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

3 W 266/03

In dem Verfahren

betreffend die mit den Aufgabenkreisen "Aufenthaltsbestimmung", "Sorge für die Gesundheit", "Vermögenssorge mit Einwilligungsvorbehalt", "Vertretung bei Behörden" und "Entscheidung über Empfang und Öffnen der Post" angeordnete Betreuung für H.... M....., geboren am .....,

wegen Festsetzung einer Aufwandsentschädigung,

hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Landgericht Stutz auf den Wiedereinsetzungsantrag und die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 13. Dezember 2003 gegen den ihr am 23. Oktober 2003 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. Oktober 2003

ohne mündliche Verhandlung

am 14. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Berufsbetreuerin, In einem Vergütungsverfahren, in dem sie unterlegen war, hat das Landgericht in seiner Entscheidung die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Eine Belehrung über Form und Frist des Rechtsmittels sowie über das zuständige Rechtsmittelgericht, enthielt der Beschluss nicht. Die von der Antragstellerin zunächst beim unzuständigen Gericht eingelegte und nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnete, sofortige weitere Beschwerde, hat der erkennende Senat nach Weiterleitung des Rechtsmittels als unzulässig verworfen.

Im Wiedereinsetzungsverfahren hat sich die Antragstellerin auf das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung berufen.

Gründe:

1. Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt nicht zum Erfolg. Die Voraussetzungen des §§ 22 Abs. 2 Satz 1, 29 Abs. 4 FGG sind nicht erfüllt. Danach ist einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten, vom Beschwerdegericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nur in Betracht, wenn der Beschwerdeführer an der Wahrung der Beschwerdefrist unverschuldet gehindert war. Das ist der Fall, wenn hinsichtlich der Einhaltung der Frist die nach den Umständen gebotene und nach den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen worden ist (BayObLG MDR 1984, 1035).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beteiligte zu 1) war nicht unverschuldet an der Wahrung der Rechtsmittelfrist gehindert. Sie ist als Berufsbetreuerin tätig, weshalb es ihr zuzumuten war, sich alsbald nach Zustellung der Entscheidung des Landgerichts Koblenz hinsichtlich der Form und Frist eines beabsichtigten Rechtsmittels kundig zu machen. Dies hatte sie offensichtlich versäumt, weshalb ihre entgegen § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnete und beim (unzuständigen) Oberlandesgericht Koblenz eingereichte sofortige weitere Beschwerde nach deren Weiterleitung an den Senat mit Beschluss vom 1. Dezember 2003 als unzulässig verworfen werden musste. Die nunmehr wegen Fristversäumnis begehrte Wiedereinsetzung scheitert daran, dass sie die zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Die Beschwerdeführerin kann sich im Wiedereinsetzungsverfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr "im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung keinerlei Hinweis darauf erteilt worden sei, wo und mit welchen Voraussetzungen die sofortige weitere Beschwerde einzulegen sei" und ihr auch unbekannt gewesen sei, dass das Rechtsmittel die anwaltliche Vertretung erfordere.

Zunächst ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Rechtsmittelbelehrung - abgesehen von besonderen, im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Ausnahmeregelungen betreffend die Bestellung eines Betreuers, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 69 Abs. 1 Nr. 6 FGG) oder die Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme (§ 70 f Abs. 1 Nr. 4 FGG) - gesetzlich nicht vorgesehen. Das (gänzliche) Unterlassen einer gesetzlich nicht vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung, wovon der Senat vorliegend nach Lage der Akten ausgeht, stellt auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1995, 3173) für sich allein nicht zwingend einen Wiedereinsetzungsgrund dar (Senatsbeschluss vom 25. März 2003, Az: 3 W 33/03). Ob sich für das hier vorliegende Verfahren der Betreuervergütung aus der in einer Wohnungseigentumssache ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2002, 2171) etwas anderes ergeben könnte, kann dahinstehen. Denn auch nach der dort vertretenen Auffassung fehlt es jedenfalls in Fällen, in denen ein juristisch gebildeter Beteiligter seine Rechte verfolgt, an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis (vgl. BGH NJW 2002, aaO, 2174; BayObLG NJW-RR 2001, 444, 445, jeweils m. w. N.; vgl. auch BayObLG NJW-RR 2003, 301; Senat a. a O.). Die Beteiligte zu 1) ist Berufsbetreuerin und als solche mit einer Vielzahl von Betreuungsfällen einschließlich der Abrechnung ihrer Betreuervergütung befasst. Von ihr muss erwartet werden, dass sie sich entweder selbst mit den für das Rechtsmittelverfahren geltenden Vorschriften befasst oder aber sich hierüber fachkundig beraten lässt. Aus diesem Grund kann auch keine Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Rechtsunkenntnis im Hinblick darauf gewährt werden, dass das Amtsgericht eine nicht vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, das Landgericht dagegen nicht (vgl. Keidel/ Kuntze/ Winkler/ Sternal, a.a.O., § 22 Randnr. 70 m.w.N.)

Da es vorliegend bereits an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und der Fristversäumnis fehlt, bedarf es im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 17. Februar 2003 (Az: 15 W 16/03), das die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sinngemäß auf alle Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwenden will, die nur mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden können, nicht der Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG.

Die Tatsache, dass das Landgericht Koblenz die sofortige weitere Beschwerde gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG zugelassen hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese Norm besagt lediglich, dass in Verfahren betreffend die Vergütung von Berufsbetreuern die weitere Beschwerde nur statthaft ist, wenn das Beschwerdegericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat. Zur Wahrung der Formerfordernisse gelten die vorstehenden Ausführungen.

2. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist als unzulässig zu verwerfen, da die mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 23. Oktober 2003 in Lauf gesetzte Zwei-Wochen-Frist des § 22 Abs. 1 FGG bereits mit Ablauf des 6. November 2003 verstrichen war und die -nunmehr formgerecht eingelegte- sofortige weitere Beschwerde erst am 13. Dezember 2003 und damit verspätet bei Gericht eingegangen ist.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO). Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst, da der Senat niemanden außer der Beteiligten zu 1) am Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beteiligt hat.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes erübrigt sich.

Ende der Entscheidung

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