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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 24.02.2000
Aktenzeichen: 3 W 290/99
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 20 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz
KostO § 20 Abs. 2
KostO § 30
1. Der Wert einer vom Käufer übernommenen Bauverpflichtung ist bei der Berechnung des Geschäftswertes zu berücksichtigen, wenn mit der Übernahme ein eigenes wirtschaftliches Interesse verbunden ist. Wenn sich die Bauverpflichtung auf die Errichtung gewerblicher Objekte bezieht, orientiert sich der Wert an den voraussichtlichen Baukosten.

2. Ein Vorkaufsrecht ist bei der Wertfestsetzung gesondert zu bewerten, wenn sich aus dem Kaufvertrag ergibt, dass es für den Verkäufer einen wirtschaftlichen Gegenwert darstellt.


3 W 290/99 2 T 92/99 Landgericht Koblenz

PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Beschluss

In dem Verfahren

betreffend die Kostenrechnung des Notars hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 22./28. Dezember 1999 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. November 1999 ohne mündliche Verhandlung am 24. Februar 2000 beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 9.034,08 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die weitere Beschwerde ist infolge Zulassung durch das Erstbeschwerdegericht statthaft (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidungszuständigkeit des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken folgt aus § 4 Abs. 3 Nr. 2 b des Landesgesetzes über die Gliederung und die Bezirke der Gerichte (GerOrgG) vom 5. Oktober 1977 (GVBl. S. 333) in der Fassung des dritten Landesgesetzes zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 16. September 1982 (GVBl. S. 337 = BS 300-1).

II.

In der Sache führt die weitere Beschwerde nicht zum Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO i. V. m. 550, 551 ZPO).

1. Das Landgericht hat die von den Beteiligten zu 1) und 2) als Käufer übernommene Bauverpflichtung zu Recht als zusätzliche Leistung für die Überlassung des Grundstückes gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. KostO bewertet und bei der Berechnung des Geschäftswertes berücksichtigt. Dies entspricht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur, soweit mit der Übernahme der Bauverpflichtung entweder ein eigenes wirtschaftliches oder aber ein ideelles Interesse verbunden ist, wobei für die Bemessung des Interesses allein auf die Vorteile des aus der Bauverpflichtung Berechtigten abgestellt wird (Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur Beschlüsse vom 24. November 1998 - 3 W 244/98 und vom 16. September 1997 - 3 W 141/97 -; BayObLG MittBayNot 1993, 226 und MittBayNot 1995, 488; OLG Oldenburg NdsRPfl. 1996, 37, 94, 95; OLG Düsseldorf RPfleger 1994, 520 = MDR 1994, 625; Körintenberg/Lappe/Bengel, KostO, 14. Aufl. § 20 Rdnr. 27; Mümmler, KostO, 12. Aufl. Stichwort "Bauverpflichtung" 1.21; Rohs/Wedewer, KostO, 2. Aufl. 20 Rdnr. 9 und § 30 Rdnr. 14).

Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die veräußerende Stadt mit der den Käufern auferlegten Bauverpflichtung wirtschaftliche Interessen verfolgt. Da ein solches wirtschaftliches Interesse von unterschiedlicher Art sein kann, hat dessen Feststellung im Einzelfall zu erfolgen (Mümmler aaO Stichwort "Bauverpflichtung" 1.21). Bei den in den Kommentierungen aufgezeigten Fällen gesonderter Bewertung handelt es sich lediglich um Beispielsfälle. Die hier zu bejahenden wirtschaftlichen Interessen der Stadt bestehen zum einen in den durch die größere Attraktivität und Verbesserung der Parksituation zu erwartenden Mehreinnahmen an Gewerbesteuer. Zum anderen hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Stadt auch unter Berücksichtigung der gewährten Zuschüsse umfangreiche Bauinvestitionen einspart. Diese Zuschüsse und die Fertigstellungsbürgschaft hat das Landgericht auch in nicht zu beanstandender Weise in die Bewertung einfliessen lassen. Denn beide Aspekte belegen ein wirtschaftliches Interesse an der Realisierung des Projektes, ohne dass insoweit eine Doppelbewertung vorgenommen würde.

Auch die vom Landgericht in Ansatz gebrachte Bezugsgröße ist nicht zu beanstanden. Diese besteht hier ausnahmsweise in den voraussichtlichen Baukosten. Diese Kosten kommen als Bezugsgröße dann in Betracht, wenn sich die Bauverpflichtung auf die Errichtung gewerblicher Objekte bezieht (BayObLG MittBayNot 1995 aaO). Dem schliesst sich der Senat an. Er setzt sich hiermit auch nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 24. November 1998 - 3 W 244/98 -. Denn dieser lag ein Kaufvertrag über einen Bauplatz für ein Wohnhaus zugrunde, zu dessen Errichtung sich die Käufer verpflichtet hatten. Damit ist die hier zu bewertende Bauverpflichtung nicht vergleichbar. Das hier bestehende Interesse der Stadt an der Errichtung eines Projektes dieser Größenordnung ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass diese selbst die Baupläne hat erstellen lassen und eventuell im Rahmen der Bauausführung beabsichtigte Abweichungen ihrer ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung bedürfen. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten hat das Landgericht - wie bereits ausgeführt - zutreffend die an der Bürgschaftssumme orientierten Baukosten abzüglich der von der Verkäuferin zu erbringenden Leistungen in Ansatz gebracht.

Die vom Landgericht gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen getroffene Entscheidung (vgl. BayObLG MittBayNot 1995, 489; OLG Oldenburg aaO; OLG Düsseldorf aaO; Korintenberg/Bengel aaO § 20 Rdnr. 39), den Wert der Bauverpflichtung mit 30 % der reduzierten Baukosten zu bewerten, kann der Senat nur auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen, d. h. ob der Tatsachenrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung erforscht hat, ob die Ermessensausübung auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht, ob Rechtsvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungsgesetze verletzt oder wesentliche Tatumstände außer Acht gelassen worden sind (BayObLG MittBayNot 1995, aaO). Auch insoweit ist kein Rechtsfehler zu erkennen. Insbesondere führt die gesonderte Bewertung des wirtschaftlichen Interesses nicht aufgrund der gewährten Zuschüsse zu einer Doppelbewertung. Denn diese sind - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - von der erwarteten Bausumme bei der Bewertung abgesetzt worden.

2. Das Landgericht hat auch die gesonderte Bewertung des Vorkaufsrechtes ohne Rechtsfehler bejaht. Zwar ist das Vorkaufsrecht nach ganz überwiegender Rechtsprechung und Literatur in aller Regel nicht besonders zu bewerten. Denn nach dem Willen der Beteiligten ist mit dieser Vereinbarung von vornherein nur eine Beschränkung der dem Käufer überlassenen Rechte in Bezug auf den Grundbesitz und damit keine selbständige Leistung des Käufers mit eigenem wirtschaftlichen Wert beabsichtigt (Rohs/Wedewer aaO § 20 Rdnr. 7). Ergibt sich jedoch aus dem Kaufvertrag, dass das Vorkaufsrecht für den Verkäufer einen wirtschaftlichen Gegenwert darstellt, so muss dessen Wert dem Kaufpreis hinzugerechnet werden (Rohs/Wedewer aaO mit zahlreichen Nachweisen; vgl. auch Korintenberg/Bengel aaO § 20 Rdnr. 39). Ausgehend hiervon hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass sich hier aus dem beurkundeten Kaufvertrag Anhaltspunkte für ein wirtschaftliches Interesse des Vorkaufsberechtigten an dem Vorkaufsrecht ergeben. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Die Angriffe der weiteren Beschwerde führen demgegenüber nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass das Vorkaufsrecht hier lediglich der Sicherung des Vertragszweckes dienen soll. Aus dem gesamten Inhalt des Kaufvertrages ergibt sich vielmehr, dass die Stadt durch das Vorkaufsrecht die Realisierung des von ihr geplanten Gesamtkonzeptes sicherstellen will. Denn durch die Ausübung des Vorkaufsrechtes wird sie - worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat - in die Lage versetzt, das Projekt selbst zu realisieren oder aber sich erneut einen Partner zu suchen, der das Konzept nach ihren Plänen verwirklicht.

Auch die Höhe des in Ansatz gebrachten Geschäftswertes ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Bewertung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, hier sei aufgrund der vielfältigen Verpflichtungen der Käufer und der Einschränkungen der Nutzungen durch den Kaufvertrag der nach § 20 Abs. 2 KostO grundsätzlich maßgebliche Verkehrswert nicht mit dem Kaufpreis identisch. Es hat in der Folge als Bezugsgröße den Sachwert des Grund Stücks zuzüglich 10 % der bereinigten hypothetischen Baukosten und mithin einen Betrag von 7.150.000,-- DM als gerechtfertigt angesehen.

Auch der Ansatz von 30% dieses Betrages als Wert des Vorkaufsrechtes ist im Hinblick darauf, dass hier der Eintritt des Vorkaufsfalles aufgrund der vom Landgericht dargestellten Besonderheiten eher unwahrscheinlich sein dürfte, nicht zu beanstanden. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 156 Abs. 4 Satz 3, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erübrigt sich, da außer den Beteiligten zu 1) und 2) niemand formell am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt worden ist.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO entsprechend dem Betrag der im Streit befindlichen Kosten bemessen.

Ende der Entscheidung

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