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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: 3 W 34/03
Rechtsgebiete: BVormVG, BGB, FGG


Vorschriften:

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
BGB § 1836 Abs. 1 S. 2
BGB § 1836 Abs. 2
BGB § 1836 a
BGB § 1908 i Abs. 1 S. 1
FGG § 56 g Abs. 5
Die Ausbildung des Betreuers im Rahmen des Lehrganges "Leitung des Pflegedienstes" ist nicht mit einer abgeschlossenen (Fach-) Hochschulausbildung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG vergleichbar.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 34/03

In dem Verfahren

betreffend die Festsetzung einer Vergütung und der zu ersetzenden Aufwendungen für die Betreuung des

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. Dezember 2002 gegen den ihm am 13. Dezember 2002 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 4. Dezember 2002

ohne mündliche Verhandlung

am 6. März 2003

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 229,68 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Für den mittellosen Betroffenen ist der Beteiligte zu 1) als Betreuer bestellt. Dieser ist ehemaliger (Fach-)Krankenpfleger und führt die Betreuung gemäß der Feststellung des Amtsgerichts berufsmäßig. Er ist der Ansicht, dass ihm für seine Tätigkeit ein Stundensatz von 31,00 Euro zustehe, da er über besondere, für die Belegung nutzbare Kenntnisse verfüge, die er durch eine einer (Fach-)Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung erworben habe.

Dementgegen legte das Amtsgericht bei der Festsetzung der denn Beteiligten zu 1) für die Zeit vom 18. April 2002 bis zum 30. Juni 2002 aus der Staatskasse zu bewilligenden Vergütung lediglich einen Stundensatz von 23,00 Euro zugrunde.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§§ 69 e S. 1, 56 g Abs. 5 S. 2 FGG). Das Landgericht hat die weitere Beschwerde nur wegen der "Frage der Einstufung in einen bestimmten Stundensatz" zugelassen. Diese Beschränkung der Zulassung ist wirksam, weil sie sich auf einen selbständigen abtrennbaren Teil des Festsetzungsverfahrens bezieht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 W 68/01 -; Keidel/Engelhardt, FG 14. Aufl. § 56 g Rdnr. 34, Keidel/Kahl aaO § 21 Rdnr. 7, 7 a, jew. m.w.N.). Das dementsprechend nur im zugelassenen Umfang eingelegte Rechtsmittel ist auch im Übrigen förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 und 4, 20, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG).

2. In der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben für den vom Beteiligten zu 1) gegenüber der Landeskasse geltend gemachten Vergütungsanspruch zu Recht einen Stundensatz von 23,00 Euro festgesetzt.

a) Hat das Vormundschaftsgericht - wie hier - festgestellt, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, hat es ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 BGB). Ist der Betreute mittellos, kann der Berufsbetreuer seine Vergütung aus der Staatskasse verlangen (§ 1836 a BGB), und zwar nur jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit den seiner Qualifikation entsprechenden, vom Gesetzgeber in einer typisierten dreistufigen Skala verbindlich festgelegten Betrag (§§ 1836 a BGB, 1 Abs. 1 BVormVG; vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 27). Der Mindeststundensatz beläuft sich auf 18,00 Euro (§ 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG). Die erhöhten Stundensätze von 23,00 bzw. 31,00 Euro setzen voraus, dass der Berufsbetreuer über "Fachkenntnisse" bzw. "besondere Kenntnisse" verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind und die durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben wurden (§ 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG). Um ein zu grobes Raster zu vermeiden (vgl. Barth/Wagenitz BtPrax 1996, 118, 120), hat der Gesetzgeber einer abgeschlossenen Lehre bzw. Hochschulausbildung jeweils "vergleichbare" abgeschlossene Ausbildungen gleichgestellt.

Einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, wenn sie in ihrer Wertigkeit einer solchen Ausbildung gleichkommt. Davon ist auszugehen, wenn sie staatlich reglementiert oder anerkannt ist und wenn das durch sie vermittelte Wissen in Breite und Tiefe dem durch ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium erworbenen Wissen entspricht (BayObLGZ 1999, 275, 276 f.; 200O, 248, 250; BayObLG NJWE-FER 2000, 58; OLG Schleswig SchJHA 2000, 160; vgl. auch § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BVormVG; Barth/Wagenitz aaO). Dabei fallen nach dem Willen des Gesetzgebers unter den Begriff der Hochschule im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BVormVG auch die Fachhochschulen (BT-Drucks. 13/7158 S. 28). Abgeschlossen ist eine Ausbildung, wenn ihr Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist (BayObLGZ 1999, 275, 277; vgl. auch § 2 Abs. 2 S. 1 BVormVG; Barth/Wagenitz aaO).

b) Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraus-set2ungen erfüllt, unter denen ihm gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG eine erhöhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt der Beurteilung des Tatrichters (Senat, FGPrax2001, 21; BayObLG FGPrax 2000, 22; OLG Jena FGPrax 2000, 110). Dessen Würdigung kann im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (Keidel/Kahl aaO § 27 Rdnr. 42; Jansen, FGG 2. Aufl. § 27 Rdnr. 27).

c) Der angefochtene Beschluss, mit dem das Landgericht dem Beteiligten zu 1) den von ihm begehrten Stundensatz von 31,00 Euro versagt hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Würdigung, dass die erfolgreich absolvierte Ausbildung zum "Leiter des Pflegedienstes" einer Hochschulausbildung nicht gleichwertig ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Landgericht die vom Beschwerdeführer behauptete Gleichwertigkeit seiner - vom Träger des "Lehrgangs Leitung des Pflegedienstes" ausdrücklich so bezeichneten - "Weiterbildung"' mit der Ausbildung zum Diplom-Pflegewirt (FH) an einer Fachhochschule rechtsfehlerfrei verneint. Hierbei hat es weder gegen seine Amtsermittlungspflicht gemäß § 12 FGG noch gegen die Pflicht zur Begründung der Beschwerdeentscheidung gemäß § 25 FGG verstoßen:

Aus den vom Beteiligten zu 1) vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass das Studium an der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen im Fachbereich Pflege acht Semester als Regelstudienzeit umfasst. Der Studiengang Pflegeleitung ist untergliedert in Grund- und Hauptstudium, wobei das Grundstudium regelmäßig in drei Semestern zu durchlaufen ist. Es dient u. a. dazu, eine wissenschaftliche Fundierung der Pflege zu erarbeiten und endet mit einer Vorprüfung; diese besteht aus schriftlichen und mündlichen Prüfungen. Das regelmäßig fünfsemestrige Hauptstudium schließt mit einer Diplomprüfung ab, die sich in eine Diplomarbeit sowie in schriftliche und mündliche Prüfungen gliedert. Die in der Regel vierjährige Ausbildung an der Fachhochschule ist somit wissenschaftlich ausgerichtet und wird entscheidend durch die Auswahl der Fachhochschuldozenten nach wissenschaftlichen Maßstäben geprägt. Mit dieser wissenschaftlichen Ausbildung ist der vom Beteiligten zu 1) absolvierte "Lehrgang Leitung des Pflegedienstes" nicht vergleichbar. Aus den von ihm vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Lehrgang zwei Jahre dauerte. Es liegt auf der Hand, dass während des doppelt so lange dauernden Studiums an einer Fachhochschule der Unterrichtsstoff wesentlich tiefgreifender und grundlegender sowie mit wissenschaftlicher Fundierung vermittelt wird. Auf einen Vergleich der Stundenzahlen kommt es hierbei nicht an (ebenso OLG Frankfurt am Main OLGR 2001, 113, 114). Mit diesem Ergebnis stimmt überein, dass die vom Beteiligten zu 1) absolvierte Weiterbildung lediglich die Hochschulzugangsberechtigung vermittelt (vgl. hierzu auch OLG Köln NJW-RR 2000, 1315, 1317); dies hat der Beteiligte zu 1) im Erstbeschwerdeverfahren selbst vorgetragen.

Die ihm mit Urkunde des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung vom 4. Dezember 2001 verliehene Erlaubnis zum Führen der Weiterbildungsbezeichnung "Staatlich anerkannter Pflegedienstleiter" besagt nichts anderes. Sie beruht auf der vom Beteiligten zu 1) absolvierten Weiterbildung und vermittelt keine eigene zusätzliche Qualifikation (vgl. § 2 Abs. 1 des Landesgesetzes über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen [GFBWBG] vom 17. November 1995, GVBl. S. 471).

Das Landgericht hat schließlich nicht verkannt, dass eine durch eine Ausbildung erworbene berufliche Qualifikation, die Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen des öffentlichen Dienstes eröffnet, bei der Frage der Vergleichbarkeit der Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG zu berücksichtigen ist. Das Gleiche gilt, wenn eine berufliche Weiterbildung dazu führt, dass sie dem Absolventen aufgrund gesetzlicher Vorschriften ein berufliches Tätigkeitsfeld eröffnet, das üblicherweise (Fach-)Hochschulabsolventen vorbehalten ist (vgl. BayObLGZ 2000, 248; OLG Hamm OLGR 2002, 181). Dafür, dass die für die Ausgestaltung des Berufszugangs maßgeblichen Stellen, insbesondere der Gesetzgeber oder die Tarifvertragsparteien, die vom Beteiligten zu 1) absolvierte Ausbildung als einer Hochschulausbildung gleichwertig ansehen, haben sich indes keine Anhaltepunkte ergeben. Zwar ist der Beschwerdeführer einmal, nämlich in dem Arbeitsvertrag mit dem Seniorenzentrum...... in die "Vergütungsgruppe 1 b/E" gemäß § 22 BAT eingestuft worden. Diesen Vertrag hat er aber mit einem privaten Heimträger und nicht mit einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber abgeschlossen. Mit der weiteren Beschwerde möchte er erreichen, dass die damalige Eingruppierung stärker gewichtet wird. Damit vermag er jedoch einen Rechtsfehler nicht aufzuzeigen (übereinstimmend OLG Frankfurt am Main aaO). Hinzu kommt, dass die Vergütungsgruppe I b neben Angestellten mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung auch "sonstige Angestellte" erfasst, "die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben" (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Dassau, BAT, B 1.1.4 S. 52.1 ff.). Demgegenüber hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG im Interesse einer problemlosen Handhabung die Qualifikation des Betreuers nach der Art seiner Ausbildung typisiert (Senat, FGPrax 2000, 64).

III.

Die Verpflichtung des Beteiligten zu 1), die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen, folgt aus § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO. Ein Fall der Gebührenbefreiung gemäß § 131 Abs. 3 KostO liegt nicht vor. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO nach der vom Beschwerdeführer begehrten Mehrvergütung bemessen.

Ende der Entscheidung

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