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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 02.03.2000
Aktenzeichen: 3 W 35/00
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 68 b | |
FGG § 13 |
2. Dem Betroffenen steht im Betreuungsverfahren das Recht zu, zu einer Untersuchung durch den Sachverständigen seinen Verfahrensbevollmächtigten als Beistand hinzuzuziehen.
3 W 35/00 3 T 448/99 LG Landau in der Pfalz
PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN
Beschluss
In dem Verfahren
betreffend die Aufhebung der mit den Wirkungskreisen der Gesundheitsfürsorge, des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Vermögenssorge angeordneten Betreuung für
hier: Beschwerde gegen die Versagung der Teilnahme des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen an der ärztlichen Begutachtung,
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weitere Beschwerde des Betroffenen vom 2./7. Februar 2000 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 6. Januar 2000 ohne mündliche Verhandlung am 2. März 2000 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Dem Betroffenen wird gestattet, sich bei der vormundschaftsgerichtlich angeordneten Untersuchung durch den ärztlichen Sachverständigen des Beistandes seines Verfahrensbevollmächtigten zu bedienen.
Gründe
I.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, weil das Landgericht die (Erst-)Beschwerde als unzulässig verworfen hat (BayObLGZ 1995, 222 und 1993, 253, 255). Sie ist nicht an eine Frist gebunden und auch im übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Insbesondere lässt die vor Eingang der weiteren Beschwerde ergangene Verfügung des Amtsgerichts Kandel vom
3. Februar 2000 das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen nicht entfallen. Denn mit damit räumt das Amtsgericht dem Betroffenen nicht grundsätzlich ein Recht auf Beistand durch seinen Verfahrensbevollmächtigten bei der ärztlichen Begutachtung ein. Es überträgt die Entscheidung hierüber vielmehr dem Sachverständigen, so dass der Anspruch des Betroffenen auf gerichtliche Klärung seines Begehrens fortbesteht.
II.
Die weitere Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, § 27 Abs. 1 FGG. Das Landgericht hätte die Erstbeschwerde nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Die Vorschrift des § 68 b Abs. 3 Satz 2 FGG findet hier keine Anwendung. Nach § 68 b Abs. 3 Satz 2 FGG ist eine Anordnung des Gerichts, wonach der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht werden soll, nicht anfechtbar. Die Bestimmung erfasst zwar auch die im Anwendungsbereich des § 68 b Abs. 3 Satz 1 FGG ergehenden Nebenentscheidungen des Vormundschaftsgerichts unterhalb der Schwelle der befristeten Unterbringung nach dem Abs. 4 der Vorschrift (Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FGG 14. Aufl. 68 b Rdnr. 13). Bei der hier vom Amtsgericht mit Verfügung vom 11. November 1999 erfolgten Zurückweisung des Antrages des Betroffenen, die Begutachtung nur in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten durchzuführen, handelt es sich jedoch nicht um eine Nebenentscheidung in vorgenanntem Sinne. Diese stellt vielmehr eine vorbereitende Zwischenverfügung des Gerichts dar.
Vorbereitende Zwischenverfügungen sind zwar grundsätzlich ebenfalls nicht anfechtbar (BayObLG NJW-RR 1998, 437, 438 und 1987, 136, 137; BayObLGZ 1995, 222, 224; Keidel aaO § 68 b Rdnr. 13; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. § 68 b Rdnr. 45). Die Beschwerde gegen solche Verfügungen ist aber ausnahmsweise dann statthaft, wenn sie - für sich allein betrachtet - von dem Betroffenen ein bestimmtes Verhalten verlangen und damit in so erheblichem Maße in seine Rechte eingreifen, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist (BayObLG NJW-RR aaO; KG FamRZ 1988, 1207; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 442; Keidel aaO § 68 b Rdnr. 13; Bienwald aaO).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angefochtene Verfügung verlangt von dem Betroffenen, ohne rechtlichen Beistand bei der ärztlichen Begutachtung zu erscheinen und verletzt ihn dadurch in seinem durch § 13 Satz 1 FGG normierten Recht. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Beiständen erscheinen. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich in jedem Verfahrensstadium in Gegenwart einer oder mehrerer solcher Personen, zu denen auch von ihnen beauftragte Rechtsanwälte gehören, vor Gericht erscheinen können. Das Recht, mit einem Beistand zu erscheinen, ist nicht auf die Abgabe von Erklärungen oder die Vornahme von Prozesshandlungen gegenüber dem Gericht beschränkt. Es erstreckt sich vielmehr auf alle verfahrensbezogenen Maßnahmen, die den Beteiligten betreffen. Kann sich der Betroffene demnach im gerichtlichen Verfahren eines Beistandes bedienen, so muss dies auch für die Begutachtung durch einen Sachverständigen gelten. Denn dieser wird nach §§ 15 FGG, 404 Abs. 1 Satz 1, 404 a ZPO als "Gehilfe" des Gerichts tätig, weil dem Gericht die Sachkunde für den zu begutachtenden Bereich fehlt. Da nach inzwischen herrschender Meinung auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit bzw. Beteiligtenöffentlichkeit gilt (vgl. nur BayObLG NJW 1967, 1867; OLG Hamm RPfleger 1973, 172; KG OLGZ 1969, 88; Keidel aaO § 15 Rdnr. 13), der den Beteiligten und damit auch ihren Verfahrensbevollmächtigten bzw. Beiständen die Anwesenheit im Rahmen der förmlichen Beweiserhebung gestattet, kann sich für den hier vorliegenden Fall, dass der Beteiligte selbst das "Beweismittel" ist, nichts anderes ergeben.
Darüber hinaus sind auch hier die vom Bundesverfassungsgericht zu den Rechten des Zeugen im Strafverfahren entwickelten Grundsätze (BVerfG NJW 1975, 103 f) heranzuziehen, da der Betroffene in einem Betreuungsverfahren nicht minder schutzwürdig ist als ein Zeuge im Strafverfahren. Zu diesen Grundsätzen gehört das Gebot des fairen Verfahrens, dem die Forderung nach verfahrensmäßiger Selbständigkeit des in ein justizförmiges Verfahren hineingezogenen Bürgers immanent ist. Diese Stellung umfasst beispielsweise bei einem Zeugen das Recht, bei der Wahrnehmung ihm eingeräumter prozessualer Rechte und Möglichkeiten gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsbeistand seines Vertrauens hinzuzuziehen, wenn er dies für erforderlich hält, um von seinen prozessualen Befugnissen selbständig und seinen Interessen entsprechend Gebrauch zu machen. Diese Befugnis hat auch - wie bereits ausgeführt - der Betroffene in einem Betreuungsverfahren. Auch diesem ist das Recht zuzubilligen, zu einer bevorstehenden Untersuchung einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen, der seine Rechte wahrnimmt. Da eine zwangsweise Untersuchung im Betreuungsverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. Keidel aaO § 68 b Rdnr. 12; Bienwald aaO § 68 b Rdnr. 58), kann der Betroffene z. B. seine zur Untersuchung erteilte, Einwilligung jederzeit ganz oder teilweise widerrufen. Die Entscheidung hierüber wird er in der Regel nur unter Hinzuziehung eines rechtskundigen Beistandes sachgerecht treffen können.
Eine andere Beurteilung- des Rechtes auf Hinzuziehung eines Beistandes kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn der Verfahrensbevollmächtigte die Begutachtung stören sollte. In diesem Fall kommen - nach entsprechender Mitteilung des Sachverständigen an das Gericht - Anordnungen durch das Gericht entsprechend §§ 176, 177, 180 GVG in Betracht. Die- se Vorschriften finden gemäß § 8 FGG auf das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung, wobei 177 GVG auch die gesetzlichen Vertreter und Beistände betrifft (OLG Düsseldorf Recht 1932, Nr. 812; Kissel, GVG, 2. Aufl. § 177 Rdnr. 13; Zöller/Gummer, GVG, 21. Aufl., 177 Rdnr. 2; a. A. Keidel aaO § 8 Rdnr. 4).
III.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 131 Abs. 3 KostO, weshalb sich auch die Festsetzung des Beschwerdewertes erübrigt.
Ende der Entscheidung
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