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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 23.02.2001
Aktenzeichen: 3 W 39/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 3 Abs. 2
WEG § 4
WEG § 7 Abs. 4 Nr. 2
BGB § 873
BGB § 925
BGB § 313
Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Übertragung von Sondereigentum

1. Verändern sich durch die Übertragung von Sondereigentum an einzelnen Räumen die Grenzen des bestehenden Sondereigentums, bedarf es, wie im Fall der Unterteilung, der Vorlage eines neuen bestätigten Aufteilungsplans sowie einer Bescheinigung der Baubehörde über die Abgeschlossenheit der neu gebildeten Einheiten.

2. Werden bereits getrennt gelegene Räumen übertragen, reicht hinsichtlich der Restwohnung die frühere Abgeschlossenheitsbescheinigung jedenfalls dann nicht aus, wenn nach dem neuen Aufteilungsplan Änderungen eingetreten sind, wonach die infolge Übertragung der Räume verkleinerte Wohnung nicht (mehr) als in sich abgeschlossen gelten kann (hier: Bad ohne WC).


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 39/01 5 T 130/00 LG Frankenthal (Pfalz) Sp AG Speyer am Rhein

In dem Verfahren

wegen Anfechtung einer Zwischenverfügung,

hier: Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Cierniak sowie den Richter am Landgericht Edinger auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 24. Januar 2001 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. Januar 2001

ohne mündliche Verhandlung

am 23. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1 000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Die Beteiligte zu 1) ist Sondereigentümerin der im ersten Obergeschoss befindlichen, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Räumlichkeiten; die Beteiligte zu 2) ist Sondereigentümerin der im Dachgeschoss gelegenen, im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Räumlichkeiten. Zum Sondereigentum der Beteiligten zu 1) gehören auch drei eigens zugängliche Räume des ersten Obergeschosses, die durch das - im Gemeinschaftseigentum stehende - Treppenhaus von den übrigen Räumen getrennt und im Aufteilungsplan als Gästezimmer, WC und Abstellraum bezeichnet sind. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung zur Teilungserklärung vom 6. Oktober 1994 weist die mit Nummern 1 bis 3 bezeichneten Wohnungen als in sich abgeschlossen aus.

Die Beteiligte zu 1) hat mit notariellem Kaufvertrag vom 6. Juni 2000 die oben näher bezeichneten drei Räume an die Beteiligte zu 2) veräußert. Nach Ziffer II der notariellen Urkunde sollen die in dem der Urkunde beigefügten Aufteilungsplan nunmehr mit Nr. 3 bezeichneten Räume von der Wohnung Nr. 2 abgetrennt und im Wege der Bestandteilszuschreibung mit der Wohnung Nr. 3 verbunden werden, ohne dass sich an den Miteigentumsanteilen etwas ändert. In der dazu vorgelegten Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 22. Mai 2000 werden die jetzt mit Nr. 3 gekennzeichneten nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume (Nebenräume zu Wohnung Nr. 3) im ersten Obergeschoss als in sich abgeschlossen ausgewiesen.

Mit Zwischenverfügung vom 25. Oktober 2000 forderte die Rechtspflegerin des Gundbuchamts u.a. die Vorlage einer weiteren Bescheinigung, wonach trotz Abtrennung der Räume die Wohnung Nr. 2 noch in sich abgeschlossen sei. Die hiergegen gerichtete Erinnerung und Beschwerde der Beteiligten sind ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde machen sie geltend, hinsichtlich der verbleibenden Räume der Wohnung Nr. 2 ergebe sich die Abgeschlossenheit aus der im Zusammenhang mit der Teilungserklärung erteilten Bescheinigung. Denn diese hätte nur erteilt werden dürfen, wenn die Wohnung auch ohne die außerhalb gelegenen, vom gemeinschaftlichen Flur aus zugänglichen und hier übertragenen, drei Räume in sich abgeschlossen war.

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 80 Abs. 1 und 3 GBO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel indes ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 78 Satz 1 GBO).

1. Zunächst unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, wenn - wie hier - zwei Wohnungseigentümer einzelne Räume ihres Sondereigentums von dem einen auf den anderen übertragen. Dazu bedarf es, wie in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt ist (vgl. BayObLG DNotZ 1984, 381, 382 f; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 11. Aufl. Rdnr. 2968; Bärmann/Pick, WEG 8. Aufl. § 6 Rdnr. 4; Weitnauer, WEG 8. Aufl. § 6 Rdnr. 4 jew. m.w.N.), weder einer gleichzeitigen Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile noch einer Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer. Die Übertragung erfolgt in der Form des § 4 WEG i.V.m. §§ 873, 925, 313 BGB (vgl. BayObLG aaO; Haegele/Schöner/Stöber aaO). Verändern sich die Grenzen des Sondereigentums bedarf es jedoch, wie im Fall der Unterteilung (vgl. dazu BayObLG NJW-RR 1994, 716 m.w.N.), der Vorlage eines neuen bestätigten Aufteilungsplans sowie einer Bescheinigung der Baubehörde über die Abgeschlossenheit der neu gebildeten Einheiten (Rapp, MittBayNot. 1996, 344, 348; Hauger, WE 1991, 66, 67; Bauer/von Oefele, GBO AT V 346). Dabei ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung zwingende Eintragungsvoraussetzung; fehlt sie, so darf Wohnungseigentum durch das Grundbuchamt nicht begründet werden (vgl. BayObLGZ 1990, 168, 170f. sowie NJW-RR 1994, 716; Hauger aaO).

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen haben hier die Vorinstanzen zu Recht die Grundbucheintragung von der Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung zur verkleinerten Wohnung Nr. 2 abhängig gemacht. Umstände, die es rechtfertigen könnten, hierauf ausnahmsweise zu verzichten, liegen nicht vor. Insbesondere kann nicht auf die frühere Bescheinigung nebst Aufteilungsplan abgestellt werden

a) Ohne Rechtsfehler gehen die Vorinstanzen zunächst davon aus, dass der Nachweis für die Abgeschlossenheit im Sinne des § 3 Abs. 2 WEG erbracht ist, soweit es um die durch Übertragung der Räume vergrößerte Wohnung Nr. 3 geht. Für die übertragenen Räume ist mit dem Eintragungsantrag eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 22. Mai 2000 beigefügt. Das Grundbuchamt ist insoweit nicht verpflichtet, die Bescheinigung daraufhin zu überprüfen, ob sie der tatsächlichen Bauausführung entspricht (vgl. etwa Rapp in: Bub (u.a.), WEG § 7 Rdnr. 29). Wie im Fall der Vereinigung mehrerer Wohnungen (vgl. dazu BayObLG ZMR 1999, 266, 267 und ZMR 2000, 468, 469; KG NJW-RR 1989, 1360, 1361; zuletzt BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2000 - V ZB 45/00 -) ist es nicht erforderlich, dass die vom neu gebildeten einheitlichen Sondereigentum erfassten Räume eine in sich abgeschlossene Gesamtwohnung bilden. Das Abgeschlossenheitserfordernis des § 3 Abs. 2 WEG hat den Sinn, die Eigentums- und Benutzungsverhältnisse innerhalb des in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäudes klarzustellen und Streitigkeiten vorzubeugen, die sich aus einer Unklarheit dieser Beziehungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht innerhalb eines Gebäudes ergeben können (vgl. KG aaO m.w.N.). Dem ist genüge getan, wenn hinsichtlich der ursprünglichen Wohnung Nr. 3 die Abgeschlossenheit im bisherigen Sinne fortbesteht und hinsichtlich der dazu erworbenen - außenliegenden - Räume die Abgeschlossenheit gesondert bescheinigt wird (vgl. Bauer/von Oefele aaO AT V. 48).

b) Etwas anderes gilt jedoch für die durch Abtrennung der drei übertragenen Räume verkleinerte Wohnung Nr. 2. In Bezug auf diese haben Grundbuchamt und Landgericht es zu Recht abgelehnt, als Nachweis die ursprüngliche mit der Teilungserklärung vorgelegte Abgeschlossenheitsbescheinigung ausreichen zu lassen.

aa) Von dem Grundsatz, dass bei Teilung bzw. Übertragung von Sondereigentum sich die Grenzen verändern, so dass die Abgeschlossenheit der neu gebildeten Einheiten neu zu bescheinigen ist, gibt es allerdings Ausnahmen, etwa im Fall der Übertragung eines von vornherein in sich abgeschlossenen Raums (Garage oder Keller). Grund dafür ist, dass durch die Übertragung hinsichtlich der Aufteilung der einzelnen Räume keine Unklarheit geschaffen wird (vgl. OLG Celle DNotZ 1975, 42, 44).

bb) Hier kann dahinstehen, ob demgegenüber allein die (frühere) Nutzung zu Wohnzwecken entscheidendes Abgrenzungskriterium sein kann, wie das Landgericht meint. Jedenfalls könnte die ursprüngliche Bescheinigung mit Aufteilungsplan nur dann zum Nachweis herangezogen werden, wenn bezüglich der verbleibenden Wohnung Nr. 2 keine Änderung eingetreten wäre (vgl. zur Auswirkung etwaiger Änderungen tatsächlicher Zustände BayObLG NJW-RR 1994, 716). Das ist nicht der Fall. Denn der zu den Akten gereichte neue Aufteilungsplan stimmt mit dem früheren Plan in einem wesentlichen Punkt nicht überein; in dem "Bad" ist nämlich kein "WC" mehr verzeichnet. Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zu jeder Wohnung eine eigene Toilette gehören muss. Denn als abgeschlossen gelten Wohnungen bei Vorhandensein der übrigen Voraussetzungen nur, wenn das WC innerhalb der Wohnung liegt (vgl. unter Hinweis auf Nr. 5 a Satz 3 AVA OLG Düsseldorf ZMR 1997, 662, 664). Dementsprechend war in dem der früheren Abgeschlossenheitsbescheinigung beigefügten Aufteilungsplan nicht nur außerhalb der nunmehr als Nr. 2 verbleibenden Räume, sondern auch im "Bad" ein "WC" verzeichnet. Da der jetzt vorgelegte Plan nur die Bezeichnung "Bad" enthält, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass mittlerweile eine Änderung eingetreten ist, zumal zu den übertragenden - außerhalb der verbleibenden Restwohnung gelegenen - Räume ein "WC" gehört. Mithin ist die frühere Bescheinigung nicht geeignet, den Nachweis für die Abgeschlossenheit im Sinne des § 3 Abs. 2 WEG zu erbringen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 KostO).

Den Wert des Beschwerdegegenstandes der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Bestimmung durch das Landgericht festgesetzt, §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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