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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 03.08.2004
Aktenzeichen: 3 W 60/04
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 304 Abs. 4 a.F.
AktG § 305 Abs. 5 Satz 4 a.F.
Im Falle des Delisting beginnt die spruchverfahrensrechtliche Antragsfrist mit der Veröffentlichung des Widerrufs der Zulassung der Wertpapiere zur amtlichen Notierung in mindestens einem (überregionalen) Börsenpflichtblatt.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 60/04

In dem Verfahren

betreffend die Bestimmung einer angemessenen Abfindung für die außenstehenden Aktionäre der Saint-Gobain ISOVER G+H AG in Ludwigshafen am Rhein,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Landgericht Stutz auf die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 11) gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. März 2004

ohne mündliche Verhandlung

am 3. August 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortigen Beschwerden werden zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 15) zu tragen.

Deren im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten sind von den Beteiligten zu 1) bis 11) zu erstatten.

III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren wird auf 228 055,28 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 11) begehren als Aktionäre der Beteiligten zu 15) die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung aus Anlass von deren Delisting. Die Beteiligte zu 15) beantragte mit Schreiben vom 11. Mai 1999 die Einstellung der amtlichen Notierung der Aktien bei der Bayerischen Börse und der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Bayerische Börse widerrief die amtliche Notierung der Aktien mit Bescheid vom 14. Dezember 1999 mit Wirkung zum 30. Dezember 1999. Die Frankfurter Wertpapierbörse widerrief die Zulassung der Aktien mit Bescheid vom 25. November 2002 mit Wirkung zum 25. Mai 2003. Der Widerrufsbescheid der Frankfurter Wertpapierbörse wurde im Handelsblatt vom 25. November 2002 veröffentlicht.

Mit Schriftsatz vom 23./24. April 2003 beantragte die Beteiligte zu 8) die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung durch das Gericht. Dem Antrag haben sich die Beteiligten zu 3), 4) und 11) angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 3. September 2003 stellten die Beteiligten zu 10) einen Antrag auf Durchführung eines Spruchverfahrens. Danach folgten die Anträge der Beteiligten zu 5), 6), 7), 12), 1), 2), 13) und 14).

Das Landgericht hat die Anträge mit dem angefochtenen Beschluss als verfristetet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. November 2002 (II ZR 133/01, "Macrotron") seien auch im Falle des Delisting Konflikte zwischen Minderheitsaktionären einerseits und der Gesellschaft und Großaktionär andererseits in analoger Anwendung der Bestimmungen des aktienrechtlichen Spruchverfahrens auszutragen. Nach den hier analog zur Anwendung kommenden Verfahrensbestimmungen der §§ 306, 305 Abs. 5 Satz 4, 304 Abs. 4 Satz 2 AktG in der Fassung vom 1. Januar 2003 betrage die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens zur Festsetzung einer angemessenen Barabfindung der außenstehenden Aktionäre zwei Monate ab dem Tag, an dem der Widerruf der Börsennotierung veröffentlicht worden sei, also dem 25. November 2002; der Antrag vom 23./24. April 2003 und die darauf folgenden Anträge seien damit verspätet.

Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1) bis 11) mit ihren sofortigen Beschwerden. Sie vertreten im Wesentlichen die Auffassung, die Anträge seien nicht verfristet, da für den Beginn der Antragsfrist nicht auf die Veröffentlichung des Widerrufs der Börsennotierung abzustellen sei, sondern auf den in dem Bescheid genannten Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit des Widerrufs, hier mit Ablauf des 25. Mai 2003.

Zudem sei die Veröffentlichung des Widerrufs der Börsenzulassung nicht in dem richtigen "Organ" erfolgt und könne deshalb für den Fristbeginn nicht maßgeblich sein. Die Veröffentlichung hätte in den Gesellschaftsblättern, insbesondere in dem elektronischen Bundesanzeiger, erfolgen müssen.

Schließlich sei fraglich, ob die §§ 304, 305 AktG auch in Fällen, in denen - wie hier - ein Hauptversammlungsbeschluss nicht vorausgegangen sei, analog angewendet werden könnten.

II.

1. Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1), 3) - 7) und 9) - 11) sind gemäß § 12 SpruchG vom 12. Juni 2003 (BGBl. I, S. 383), das nach § 17 Abs. 2 SpruchG auf das Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, zulässig.

Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerden der Beteiligten zu 1), 3) und 11) nicht entgegen, dass sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist begründet wurden; denn besondere Anforderungen an Form und Inhalt bestehen gemäß dem, nach § 17 Abs. 1 SpruchG ergänzend anwendbaren § 21 FGG nicht. Es ist weder ein bestimmter Antrag noch eine Begründung erforderlich. Die Beschwerde muss lediglich erkennen lassen, dass eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt wird (Klöckner/Frowein, Spruchverfahrensgesetz, § 12 Rdnr. 8; Keidel/Kuntze/Winkler/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 21 Rdnr. 23).

Soweit die Beteiligten zu 2) und 8) ihre Anteilsinhaberschaft im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nur behauptet haben, kann diese hier unterstellt werden, da die sofortigen Beschwerden aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht zum Erfolg führen.

2. Ob das Delisting gegebenenfalls wegen Fehlens eines Hauptversammlungsbeschlusses oder eines Pflichtangebotes rechtswidrig war braucht nicht entschieden zu werden. Diese Frage ist einer Überprüfung im Spruchverfahren nicht zugänglich.

Dahingestellt bleiben kann weiter, ob die Anträge auf Durchführung eines Spruchverfahrens nach den näheren Umständen des vorliegenden Falles statthaft waren. Zweifel daran könnten sich hier daraus ergeben, dass das Delisting-Verfahren möglicherweise bereits vor der Macrotron-Entscheidung des BGH abgeschlossen war, ferner deshalb, weil angesichts des geringen Umfangs der sich zu diesem Zeitpunkt im Streubesitz befindlichen Aktien (1, 19 %) eine ordnungsgemäße Kursbildung gegebenenfalls nicht möglich und ein Marktwert der Aktien nicht zu erkennen war. Ergibt sich in einer solchen Situation aus der Börsennotierung allein kein besonderer Verkehrswert, kann ein Kaufangebot u. U. entbehrlich und ein Spruchverfahren zu dessen Überprüfung nicht statthaft sein.

Offen bleiben kann auch, ob das Spruchverfahren statthaft ist, wenn ein Pflichtangebot, das zur Überprüfung gestellt werden kann, überhaupt fehlt (vgl. LG München I, Beschluss vom 27. November 2003 - 5 HK O 5774/03 -; Schutt ZIP 2004, 533, 539). Denn jedenfalls war -. wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - bereits der Erstantrag auf Durchführung eines Spruchverfahrens verfristet.

Nach der "Macrotron"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 153, 47 ff = NJW 2003, 1032 ff) finden beim regulären Delisting auf das Verfahren zur Festsetzung des den Minderheitsaktionären für ihre Anteile zu gewährenden Verkehrswertes die Vorschriften des Spruchverfahrens entsprechende Anwendung.

Da der (erste) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 bei Gericht eingegangen war, sind gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes auch für die nach diesem Tag eingegangenen Anträge anzuwenden (Klöckner/Frowein aaO, § 17 Rdnr. 23).

Nach §§ 305 Abs. 5 Satz 4, 304 Abs. 4, 320 b Abs. 3 Satz 2, 327 f Abs. 2 Satz 2 AktG a.F., § 305 UmwG a.F. kann der Antrag auf Durchführung des Spruchverfahrens nur binnen zwei Monaten seit dem Tag gestellt werden, an dem die Eintragung der Strukturmaßnahme im Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuches als bekannt gemacht gilt. Diese Vorschriften knüpfen für den Fristbeginn an die Bekanntmachung der Eintragung der die Kompensation auslösenden Maßnahme im Handelsregister an. Die Bekanntmachung der Eintragung im Handelsregister bei den im Aktienrecht und im Umwandlungsrecht geltenden Maßnahmen bewirkt, dass die Öffentlichkeit von der Maßnahme Kenntnis nehmen kann, ohne ins Handelsregister Einsicht nehmen zu müssen.

Da beim Delisting der Widerruf der Zulassung zur Börse nicht im Handelsregister eingetragen wird, fehlt es an einer entsprechenden Bekanntmachung. An die Stelle der Bekanntmachung der Eintragung im Handelsregister tritt hier nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, die Veröffentlichung des Widerrufs in mindestens einem (überregionalen) Börsenpflichtblatt (Klöckner/Frowein aaO, § 4 Rdnr. 10; Fritzsche/Dreier/ Verführt, SpruchG, § 4 Rdnr. 28 und § 1 Rdnr. 106; Heidel, DB 2003, 548, 551; Land/Behnke, DB 2003, 2531, 2534; LG München I, NZG 2004, 193). Durch die Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung haben die Aktionäre eine mit der Registerbekanntmachung vergleichbare Möglichkeit der Kenntnisnahme der Strukturmaßnahme.

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung des letzten Börsenplatzes erscheint auch sachgerecht.

Der Widerruf der Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung auf Antrag des Emittenten ist ein Verwaltungsakt (VG Frankfurt, NJW-RR 2002, 480). Seine Veröffentlichung begründet bereits die "äußere" Wirksamkeit der Strukturmaßnahme gegenüber den Aktionären, auch wenn die materiellen Rechtswirkungen bzw. Rechtsfolgen der Maßnahme infolge einer Befristung zu einem späteren Zeitpunkt eintreten ("innere Wirksamkeit"). Dementsprechend beginnen auch die Fristen für verwaltungsrechtliche Rechtsmittel mit der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung und nicht erst mit Ablauf der Nachfrist (Knack, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rdnr. 2.2; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rdnr. 5).

Diese Sicht ist auch wegen des nach Art. 14 Abs. 1 GG gebotenen Schutzes der Aktionäre gerechtfertigt. Denn deren Rechte werden bereits durch die Veröffentlichung der Entscheidung der Zulassungsstelle tangiert, da in der Regel schon mit dem Bekanntwerden des Delisting ein Kursverfall der Aktien eintritt, der es den Anlegern in der Regel unmöglich macht, die von ihm investierten Vermögenswerte zu realisieren (BGHZ 153, 47 ff "Macrotron").

Zu Recht hat das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass nach § 38 Abs. 4 Satz 4 BörsG der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung und der Wirksamkeit des Widerrufs im Falle des Delisting bis zu 2 Jahre betragen kann. Würde die Antragsfrist für das Spruchverfahren erst mit Ablauf von 2 Jahren beginnen, hätte dies eine dem Grundgedanken der "Macrotron"-Entscheidung des BGH zuwiderlaufende Benachteiligung der Aktionäre zur Folge, da sie erst nach Ablauf dieses Zeitraumes die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Abfindung hätten. Zwar knüpfen die Regelungen im Unternehmens- und Umwandlungsrecht - wie die Antragsteller zu Recht einwenden - grundsätzlich an die (durch Eintragung im Handelsregister) wirksam gewordene Strukturmaßnahme an, während beim Delisting der Widerruf der Zulassung unter Umständen erst nach Monaten wirksam wird und in dieser Zeit seinerseits widerrufen werden kann. Dies rechtfertigt indes keine andere Beurteilung. Denn auch Eintragungen im Handelsregister, an deren Bekanntmachung das Gesetz den Lauf einer spruchverfahrensrechtlichen Antragsfrist knüpft, können unter bestimmten Voraussetzungen nach § 144 FGG gelöscht werden.

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung für den Beginn der spruchverfahrensrechtlichen Antragsfrist verletzt die Aktionäre auch nicht in ihren Grundrechten.

Bedacht ist, dass das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum besonderen (Grundrechts-) Schutz genießt (Art. 14 Abs. 1 GG; Art. 1 des 1. ZP zur EMRK), Minderheitsaktionäre für die Beeinträchtigung ihrer vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll zu entschädigen sind und dass der Schutz ihres Aktieneigentums nicht auf der Rechtsanwendungsebene unterlaufen werden darf (BVerfG NJW 1999, 1699, 1700). Dies führt jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis. Einem Aktionär ist es nicht unzumutbar, die Pflichtblätter der Börsen zu beobachten, bei denen die von ihm gehaltenen Aktien notiert sind, insbesondere dann, wenn er - wie hier - Kenntnis von der Delistingabsicht des Unternehmens und dem Stand des Verfahrens hat. Im Streitfall hatte der Vorstandsvorsitzende ausweislich der Ergänzung zum Protokoll über die Hauptversammlung der Beteiligten zu 15) vom 16. Mai 2002 (zu Punkt 1 der Tagesordnung) ausdrücklich mitgeteilt, dass das Delistingverfahren bei der bayrischen Börse bereits Ende des Jahres 1999 durch den Widerruf der Zulassung der Aktien zum dortigen Handel beendet worden sei und in dem bei der Frankfurter Wertpapierbörse anhängigen Delistingverfahren noch mit einer Entscheidung im laufenden Jahr 2002 gerechnet werde.

Selbst wenn das Delisting letztlich nicht durchgeführt wird, entsteht den Antragstellern eines Spruchverfahrens bei dieser Rechtsauffassung kein Nachteil. Das gilt erst recht, wenn der Auffassung zu folgen wäre, dass auch eine Rückgängigmachung des Delisting - entsprechend den in den Fällen der Beendigung von Unternehmensverträgen, von Verschmelzungen oder von Mehrheitseingliederungen entwickelten Grundsätzen -, keinen Einfluss auf ein rechtshängiges Spruchverfahren hat (LG München I, DB 2003, 476, 479 unter Hinweis auf Schiffer/Roßmeier, DB 2002, 1359).

Die Veröffentlichung des Widerrufs der Börsenzulassung im Handelsblatt hat auch die Antragsfrist in Lauf gesetzt.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 10) ist für den Beginn der Antragsfrist entsprechend §§ 305 Abs. 5 Satz 4, 304 Abs. 4 AktG a.F. § 306 UmwG a.F. auf die Veröffentlichung des Widerrufs in einem (überregionalen) Börsenpflichtblatt i.S. der §§ 38 Abs. 4, 31 Abs. 4 BörsG abzustellen und nicht auf eine Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern. Der Widerruf der Zulassung der Aktien zum amtlichen Markt ist, wie oben ausgeführt, ein Verwaltungsakt der Zulassungsbehörde und keine Bekanntmachung der Gesellschaft. Zudem knüpfen die oben genannten Vorschriften für den Fristbeginn an die Bekanntmachung der Eintragung nach § 10 HGB an, die im Bundesanzeiger und einem anderen nach § 11 HGB vom Gericht bezeichneten Blatt und nicht in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen hat.

Das Handelsblatt ist ein überregionales Börsenblatt im Sinne der §§ 38 Abs. 4, 31 Abs. 4 BörsG.

Auch die inhaltlichen Anforderungen, die an eine Veröffentlichung des Widerrufs im Börsenpflichtblatt zu stellen sind, sind erfüllt. Die Veröffentlichung von "Mindestangaben" betreffend Antragsgegner, Strukturmaßnahme und angebotener Kompensation im Falle der Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung der Zulassungsbehörde ist weder im Gesetz noch in den Börsenordnungen vorgesehen.

Da bereits der Erstantrag nicht innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist gestellt wurde und damit unzulässig war, sind auch die Anschlussanträge unzulässig.

Mit der analog § 306 Abs. 3 AktG a.F., § 306 UmwG a.F. erfolgten Bekanntmachung des Antrages hat das Landgericht keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der es den Antragsgegnern ermöglicht, ein Spruchverfahren nach Ablauf der (Erst-)Antragsfrist der §§ 305 Abs. 5 Satz 4, 304 Abs. 4, 320 b Abs. 3, 327 f Abs. 2 Satz 2 AktG a.F., § 305 UmwG a.F. einzuleiten. Dies folgt schon daraus, dass das Gericht die Zulässigkeit des (Erst-)Antrages vor der Bekanntmachung in der Regel nicht zu prüfen hat. Lediglich bei sachlicher Unzuständigkeit des Gerichts oder evidenter Unzulässigkeit des Antrages hat es von der Bekanntmachung abzusehen (MüKo/Bilda, AktG, 2. Aufl., § 306 Randnr.59). An der erforderlichen Evidenz der Unzulässigkeit fehlt es aber gerade, weil zur Frage des Fristenlaufs bislang keine höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Die Anträge können nicht deshalb als zulässig behandelt werden, weil in derartigen Fällen - so die Beteiligten zu 10) - der "Aktionär nicht vorhersehen kann, wie die analoge Anwendung des § 305 AktG in der Praxis funktionieren soll".

In Übereinstimmung mit dem LG München I (DB 2004, 476) geht auch der Senat davon aus, dass die Antragsfrist für das Spruchverfahren in den Fällen des Delisting jedenfalls nicht vor der "Macrotron"-Entscheidung des BGH vom 25. November 2002 beginnt, die hier am selben Tag erfolgte, wie die Veröffentlichung des Widerrufs der Zulassungsstelle im Handelsblatt. Eine darüber hinaus gehende "Fristverlängerung" bis zu dem Erlass einer höchstrichterlichen Entscheidung kommt jedoch nicht in Betracht.

3. Der auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Delisting gestützte Hilfsantrag des Beteiligten zu 1) auf Wiederherstellung der Börsennotierung der Beteiligten zu 15) bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil diesem Begehren im Rahmen des Spruchverfahrens nicht entsprochen werden kann.

Eine - nach Abweisung des Hauptantrages grundsätzlich zulässige - Verweisung an das zuständige Gericht zur Entscheidung über den Hilfsantrag (BGH NJW 1980, 1283) kommt hier nicht in Betracht. Der von dem Beteiligten zu 1) hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch richtet sich, so er besteht, gegen die Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 15; Geyrhalter/Zirngibl, OstR 2004, 1048, 1051 f). Diese sind jedoch an dem vorliegenden Verfahren nicht selbst beteiligt. Damit ist in Richtung auf den möglichen Anspruchsgegner kein Verfahren rechtshängig, das verwiesen werden könnte.

4. Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist aus den in dem Beschluss genannten Gründen nicht zu beanstanden.

5. Für eine Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof nach § 12 Abs. 2 SpruchG, § 28 Abs. 2 FGG besteht kein Anlass, da der Senat weder von einer auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts noch von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über eine Rechtsfrage abweicht. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof in dem "Macrotron"-Urteil keine Entscheidung zu der hier streitigen Frage des Beginns der Antragsfrist für das Spruchverfahren beim Delisting getroffen.

6. Von einer mündlichen Verhandlung konnte im Streitfall auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK abgesehen werden, da eine solche in erster Instanz stattgefunden hat und in vorliegendem Verfahren allein über eine Rechtsfrage zu befinden war (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, NVwZ 2004, 108 mit Nachw. zur einschlägigen Rechtsprechung des EGMR).

III.

Schuldner der Gerichtskosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Beteiligte zu 15) (§ 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG). Für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG besteht trotz der Zurückweisung der Beschwerden kein Anlass; die Frage des Beginns der Antragsfrist für das Spruchstellenverfahren beim Delisting war bislang obergerichtlich nicht entschieden.

Die angeordnete Erstattung der der Beteiligten zu 15) im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten beruht auf § 17 Abs. 1 SpruchG, § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Danach sind einem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, die er durch die Einlegung eines unbegründeten Rechtsmittels veranlasst hat (vgl. auch: Senat, Beschluss vom 2. März 2004 - 3 W 167/03 -, abgedruckt u. a. in OLGR 2004, 278, 282 f m.z.w.N.).

Den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren hat der Senat in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung durch das Landgericht bestimmt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG, § 30 Abs. 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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