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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.04.2002
Aktenzeichen: 3 W 62/02
Rechtsgebiete: GG, BGB, BVormVG, rheinland-pfälzisches AGBGB


Vorschriften:

GG Art. 20
BGB § 1836 a
BVormVG § 1
BVormVG § 2
rheinland-pfälzisches AGBGB § 24 a
Es verstößt nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes, dass der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber die Geltung der Härtefallregelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 BVormVG nicht durch eine auf § 1 Abs. 3 Satz 3 BVormVG gestützte Rechtsverordnung über den 30. Juni 2001 hinaus verlängert hat.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 62/02

In dem Verfahren

betreffend die Festsetzung einer Vergütung für die Betreuung der

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 22. Februar 2002 gegen den ihr am 13. Februar 2002 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 4. Februar 2002

ohne mündliche Verhandlung

am 15. April 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf bis zu 300,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§§ 56 g Abs. 5 S. 2, 69 e S. 1 FGG). Das Rechtsmittel, das die Beteiligte zu 1) wirksam auf die Höhe des Stundensatzes beschrankt hat (vgl. OLG Schleswig SchlHA 2002, 74, 75 m.w.N.), ist auch im Übrigen förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und 4, 20 Abs. 1, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG).

2. In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht - im Umfang der Beanstandung - nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Mit Recht hat das Landgericht dem Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1) gegen die Staatskasse einen Stundensatz von 45,-- DM zugrunde gelegt (§§ 1836 a, 1908 i Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BVormVG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung [im Folgenden BVormVG a.F.]).

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die Beteiligte zu 1) lediglich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BVormVG a.F. erfüllt; dies stellt die weitere Beschwerde nicht in Frage. Die Beteiligte zu 1) ist jedoch der Auffassung, ihr stünde gleichwohl für die berufsmäßige Betreuung der mittellosen Betroffenen in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 30. September 2001 anstelle der festgesetzten Stundenvergütung von 45,-- DM eine solche in Höhe von 60,-- DM zu; dies begründet sie im Wesentlichen damit, dass es das Land Rheinland-Pfalz unter Verstoß gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz unterlassen habe, die in § 1 Abs. 3 BVormVG a.F. bis zum 30. Juni 2001 geltende Übergangsregelung durch Rechtsverordnung zu verlängern.

Hiermit kann sie indes in dem Verfahren auf Festsetzung der Betreuervergütung nach §§ 56 g, 69 e S. 1 FGG schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sich auch aus einem solchen Unterlassen des rheinland-pfälzischen Verordnungsgebers keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Stundensatzes in Höhe von 60,-- DM ergeben würde. Die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 S. 1 BVormVG a.F., nach der der Beteiligten zu 1) zuvor ein Stundensatz von 60,-- DM bewilligt worden war, galt nur bis zum 30. Juni 2001. Daher war die Vergütung wie geschehen auf der Grundlage der zwingenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BVormVG a.F. festzusetzen (vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 8. März 2002 - 5 W 15/02).

b) Der Senat weist allerdings ergänzend darauf hin, dass er - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Landgericht - keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes zu erkennen vermag. Der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber war nicht gehalten, die in § 1 Abs. 3 S. 1 BVormVG a.F. bestimmte Frist durch eine Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3 S. 3 BVormVG zu verlängern. Das Bundesverfassungsgericht hat im Blick auf die Betreuervergütung hervorgehoben, dass die Begrenzung der Staatsausgaben ein legitimer Gemeinwohlzweck ist (BVerfG FamRZ 2000, 1277, 1279); das Gericht hat es (aaO) weiter als "eher fraglich" bezeichnet, ob die bisher erreichbare Vergütungshöhe tatsächlich zu einer verfestigten Rechtsposition der damals beschwerdeführenden Berufsbetreuerinnen geführt hat (vgl. auch BVerfG NJW-RR 2000, 1241, 2142). Der Senat ist mit dem Bayerischen Obersten Landesgericht der Auffassung, dass das Prinzip des Vertrauensschutzes es jedenfalls für die Zeit nach dem 30. Juni 2000 nicht gebietet, einen gegenüber § 1 Abs. 1 BVormVG a.F. erhöhten Stundensatz zu bewilligen (BayObLGZ 2001, 122, 125, 126; vgl. auch BayObLGR 2001, 52, 54, jew. für den Fall einer bemittelten Betreuten). Denn spätestens mit der Verkündung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580), das lediglich eine (zunächst) bis zum 30. Juni 2000 befristete Übergangsregelung - ohne Verlängerungsmöglichkeit - vorsah, mussten die Berufsbetreuer sich auf die Neuregelung einstellen.

Die Argumentation der Beteiligten zu 1), es könne "ernstlich wohl kaum erwartet werden, eine Nachqualifizierungsmaßnahme in einem anderen Bundesland zu absolvieren, ohne zu wissen, ob diese in Rheinland-Pfalz anerkannt wird", vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Sie verkennt zum einen, dass der erfolgreiche Abschluss einer entsprechenden Prüfung in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland die Anwendung der erhöhten Stundensätze des § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG a.F. unabhängig davon rechtfertigt, ob das rheinland-pfälzische Landesrecht eine Anerkennung vorsieht (BVerfG FamRZ 2000, 1277, 1280; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 8. März 2002 - 5 W 15/02; vgl. jetzt § 24 a AGBGB, BS 400-1). Zum anderen hat die Härteregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG a.F. nicht den Zweck, den seit mindestens zwei Jahren vor dem Inkrafttreten des Berufsvormündervergütungsgesetzes tätigen Berufsbetreuern während der gesamten Dauer einer Nachqualifizierungsmaßnahme einen erhöhten Stundensatz einzuräumen; dagegen sprechen schon die unterschiedlichen Zeiträume in § 1 Abs. 3 BVormVG a.F. und § 2 BVormVG (vgl. näher OLG Karlsruhe FGPrax 2001, 117, 118). Ein wesentlicher Zweck der Härteregelung ist es vielmehr, den von ihr erfassten Berufsbetreuern Gelegenheit zu geben, sich durch wirtschaftliche Anpassung (Reduzierung der Kosten, Erhöhung der Einnahmen durch Übernahme weiterer Betreuungen) trotz geringerer Vergütung eine ausreichende Existenzgrundlage zu verschaffen (vgl. BayObLGZ 2000, 136, 138 f.; 331, 334; 2001, 37; 122, 125; BayObLG FGPrax 2001, 243, 244; OLG Schleswig SchlHA 2002, 74, 75 f.; OLG Karlsruhe FGPrax 2001, 117; OLG Braunschweig BtPrax 2000, 130; OLG Düsseldorf FGPrax 2000, 194; OLG Hamm FGPrax 1999, 223, 224; 2000, 20).

3. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1), die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen, folgt aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Ein Fall der Gebührenbefreiung gemäß § 131 Abs. 3 KostO liegt nicht vor. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 30 Abs. 1, 131 Abs. 2, 161 S. 2 KostO nach der von der Beteiligten zu 1) begehrten Mehrvergütung bemessen.

Ende der Entscheidung

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