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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 17.09.2002
Aktenzeichen: 3 W 74/02
Rechtsgebiete: KostO, UmwG


Vorschriften:

KostO § 44
KostO § 16 Abs. 1 Satz 1
UmwG § 8 Abs. 3
UmwG § 9 Abs. 3
UmwG § 16 Abs. 2 Satz 2
Beurkundet der Notar bei der Verschmelzung zweier GmbHs ohne sachlichen Grund die Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber nach §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3 und 16 Abs. 2 S. 2 UmwG nicht in gemeinsamer Urkunde mit dem Verschmelzungsvertrag, sondern zusammen mit den Zustimmungsbeschlüssen, so liegt darin eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 16 Abs. 1 S. 1 KostO. Ein sachlicher Grund für eine Getrenntbeurkundung besteht nicht bereits dann, wenn keine Personenidentität zwischen dem organschaftlichen Vertreter der Gesellschaft und den Anteilsinhabern vorliegt. Ob zeitliche oder räumliche Hindernisse einer Zusammenbeurkundung entgegengestanden haben, ist eine Frage des Einzelfalls (hier verneint).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 74/02

In dem Verfahren

betreffend die Kostenrechnung des Notars ......... in .............. vom 27. August 1998 zur UR-Nr. ...............

wegen Berechnung der Kosten für die Beurkundung einer Unternehmensverschmelzung

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach, Cierniak und Jenet auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 3./4. April 2002 gegen den ihm am 20. März 2002 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 22. Februar 2002

ohne mündliche Verhandlung

am 17. September 2002

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) beurkundete unter der Urkunden-Nr. 1332..... einen Verschmelzungsvertrag zwischen einer aufnehmenden und einer übertragenden GmbH. Am selben Tag beurkundete er mit der Urkunden-Nr. 1333..... den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter beider GmbHs hinsichtlich der Verschmelzung. In derselben Urkunde haben die Gesellschafter jeweils verzichtet auf eine Prüfung des Verschmelzungsvertrages, die Erstattung eines Verschmelzungsberichts sowie die Anfechtung der Zustimmungsbeschlüsse und die Klage gegen die Wirksamkeit der Verschmelzungsbeschlüsse.

Der Beteiligte zu 1) hat für die Beschlüsse in der Urkunde Nr. 1333..... gemäß § 47 S. 2 a.F. KostO den Höchstwert von 10.000,-- DM berechnet. Für die in dieser Urkunde ebenfalls enthaltenen Verzichtserklärungen der Gesellschafter hat er keine gesonderte Gebühr in Rechnung gestellt. Dies hat der Beteiligte zu 3) anlässlich einer Geschäftsprüfung beanstandet. Nach seiner Auffassung seien die Verzichtserklärungen, da sie nicht im Verschmelzungsvertrag, sondern in einer getrennten Urkunde beurkundet worden sind, nach §§ 47, 36 KostO gesondert zu berechnen. § 44 KostO finde für diesen Fall keine Anwendung. Zu erheben sei neben der Gebühr nach § 47 KostO deshalb eine 10/10-Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO.

Der Beteiligte zu 1) schließt sich dieser Auffassung nicht an. Auch wenn § 44 KostO nicht zur Anwendung komme, sei die Kostenrechnung unter Beachtung von § 16 KostO korrekt erstellt worden. Es hätte nämlich eine Zusammenbeurkundung erfolgen können, was von ihm lediglich aus Gründen der Urkundsklarheit unterlassen worden sei. Hierin liege eine im kostenrechtlichen Sinne unrichtige Sachbehandlung.

Der Beteiligte zu 3) hat den Beteiligten zu 1) angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 22. Februar 2002 die Kotenrechnung des Beteiligten zu 1) bestätigt.

Auf Weisung des Beteiligten zu 3) hat der Beteiligte zu 1) hiergegen weitere Beschwerde erhoben.

II.

Die aufgrund der Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde durch den Notar eingelegte weitere Beschwerde (§ 156 Abs. 2 S. 1 KostO) ist statthaft, weil sie das Landgericht zugelassen hat (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 4 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO, 546 ZPO). Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die von denn Beteiligten zu 3) für zutreffend erachtete Kostenberechnung im vorliegenden Fall wegen § 16 Abs. 1 S. 1 KostO ausscheidet. Denn der von dem Beteiligten zu 1) gewählte Weg der getrennten Beurkundung von Verschmelzungsvertrag und Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber war eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift.

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 KostO wird bei der Zusammenbeurkundung mehrerer Erklärungen in einer Urkunde nur eine Gebühr erhoben, wenn die Erklärungen denselben Gegenstand betreffen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind in diesem Sinne gegenstandsgleich der Verschmelzungsvertrag im Verhältnis zu den auf die Vorschriften der §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3 und 16 Abs. 2 S. 2 UmwG bezogenen Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber (vgl. OLG Hamm DB 2002, 1314, 1315; Tiedtke, MittBay-Not1995, 4f; Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung 5. Aufl. Rdnr. 752). Der Beteiligte zu 1) war deshalb im vorliegenden Fall gehalten, eine Zusammenbeurkundung von Verschmelzungsvertrag und Verzichtserklärungen vorzunehmen, um die Kostenfolge des § 44 KostO auszulösen. Denn der Notar ist nicht nur zur richtigen, sondern auch zur kostensparenden und damit grundsätzlich zur billigsten Sachbehandlung verpflichtet; dies gilt insbesondere für die Zusammenbeurkundung (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, Kostenordnung 15. Aufl. §16 Rdnr. 51 m.w.N.). Der Aufwand höherer Kosten ist nur dann gerechtfertigt, wenn besondere Gründe, etwa berechtigte Interessen eines Beteiligten, zu einer getrennten Beurkundung Anlass geben (vgl. OLG Oldenburg JurBüro 1997, 376, 378).

Ein in diesem Sinne sachlicher Grund einer Mitbeurkundung der Verzichtserklärungen bei den in getrennter Urkunde aufgenommenen Zustimmungsbeschlüssen anstatt bei dem Verschmelzungsvertrag ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die durch den Beteiligten zu 1) angeführten "Gründe des Vertragssystems" tragen dies nicht. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass eine Personenidentität zwischen dem organschaftlichen Vertreter der Gesellschaft und den Anteilsinhabern vorliegt, denn der Begriff der Gegenstandsgleichheit schließt auch Erklärungen Dritter zur Begründung eines Rechtsgeschäfts mit ein (vgl. OLG Hamm aaO, BayObLGZ 1987, 341, 342; Korintenberg/Bengel/Tiedtke aaO § 44 Rdnr. 16). Der Umstand, dass beide Urkunden am selben Tag und mit fortlaufender Urkunds-Nummer erstellt worden sind, zeigt zudem, dass zeitliche oder räumliche Hindernisse einer Zusammenbeurkundung nicht entgegen gestanden haben. Dies hat der Beteiligte zu 1) auch nicht vorgetragen, sondern vielmehr auf eine prinzipielle Handhabung abgestellt.

Nach alledem liegt eine unrichtige Sachbehandlung gemäß § 16 KostO vor. Der Notar durfte die Gebühr deswegen nicht erheben. Das Rechtsmittel hat somit keinen Erfolg.

Das Verfahren ist gebührenfrei, nachdem der Beteiligte zu 1) die weitere Beschwerde auf Anweisung des Beteiligten zu 3) erhoben hat (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke aaO § 156 Rdnr. 119).

Ende der Entscheidung

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