Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 31.05.2000
Aktenzeichen: 3 W 94/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 4
ZPO § 7 Abs. 1
ZPO § 59 Abs. 1 und 2
ZPO § 574 Satz 2
Voraussetzungen der Zulassung der sofortigen Weiteren Beschwerde im Verfahren über die Entlassung eine s Insolvenzverwalters

1. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient dem Zweck, divergierende Entscheidungen zu vermeiden. Er setzt voraus, dass eine Rechtsfrage von allgemeinem Interesse vorliegt, zu der eine wünschenswerte einheitliche Rechtsprechung bislang Fehlt.

2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde im Verfahren über die Entlassung eines Insolvenzverwalters geboten ist (hier verneint).


3 W 94/00 4 T 104/00 Landgericht Zweibrücken IN 24/99 Amtsgericht Zweibrücken

PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Beschluss

In dem Verfahren

wegen Entlassung des Insolvenzverwalters,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Reichling sowie die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 9./9. Mai 2000 gegen den ihm am 25. April 2000 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 13. April 2000, ohne mündliche Verhandlung

am 31. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

3. Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

1. Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken ist gemäß §§ 7 Abs. 3 InsO i.V.m. § 1 a Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28. April 1998 (GVBl. S. 134) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen zuständig.

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb gemäß §§ 4 InsO, 574 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Gemäß § 7 Abs. 1 InsO ist eine weitere Beschwerde im Insolvenzverfahren nur dann eröffnet, wenn sie vom Oberlandesgericht zugelassen wird. Dies setzt einen zulässigen und begründeten Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels voraus.

Im hier zu entscheidenden Fall unterliegt zwar die Zulässigkeit des Antrags keinen Bedenken. In der Sache ist der Antrag aber unbegründet.

a. Der Beteiligte zu 1) hat gegen den ihm am 25. April 2000 zugestellten Beschluss des Landgerichts mit dem am 9. Mai 2000 eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde beantragt. Dieses Rechtsmittel und der Zulassungsantrag sind gemäß §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 Satz 1 InsO statthaft, weil die insolvenzrechtliche Ausgangsentscheidung gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist. Die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 4 InsO, 577 Abs. 2 ZPO maßgebende Zweiwochenfrist ist eingehalten.

b. Die sachlichen Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde liegen jedoch nicht vor: Gemäß § 7 Abs. 1 InsO ist die sofortige weitere Beschwerde nur dann zuzulassen, wenn sie darauf gestützt wird, dass der Beschluss des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und zudem die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Im hier zu entscheidenden Falle fehlt es jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung.

aa. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass eine Rechtsfrage von allgemeinem Interesse vorliegt, zu der eine wünschenswerte einheitliche Rechtsprechung bislang fehlt. Der Zweck der Zulassung liegt darin, divergierende Entscheidungen über ein und dieselbe Rechtsfrage zu vermeiden. Solange sich noch keine obergerichtliche Rechtsprechung entwickelt hat, kann im Anwendungsbereich des neuen Insolvenzrechts schon dann die Gefahr einer Divergenz bestehen, wenn abweichende Entscheidungen von Land- und Amtsgerichten oder ernstzunehmende abweichende Ansichten in Rechtsprechung und Schrifttum die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung insolvenzrechtlicher Normen begründen. Bloße Subsumtionsfehler des Landgerichts bei der Anwendung einer - an sich zweifelsfreien und unumstrittenen - Rechtsnorm oder eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung im konkreten Einzelfall begründen hingegen keine Divergenzgefahr (vgl. dazu etwa OLG Köln Beschluss vom 3. März 2000 - 2 W 31/00; OLG Dresden Beschluss vom 8. Februar 2000 - 7 W 135/00; Kirchhof in HK-InsO § 7 Rdn. 23 f.; Schmerbach in FK-Inso, 2. Aufl. § 7 Rdn. 12 ff.; Kübler/Prütting, InsO § 7 Rdn. 7 f.; Smid, InsO § 7 Rdn. 14; Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 7 Rdn. 19 f., jew. m.w.N.).

bb. Nach den vorgenannten Grundsätzen besteht hier kein Anlass zur Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde.

Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit dem Insolvenzgericht die Voraussetzungen für die Entlassung des Beteiligten zu 1) als Insolvenzverwalter bejaht. Den gemäß § 59 Abs. 1 InsO erforderlichen wichtigen Grund für die Entlassung hat es zum einen in erheblichen Zweifeln an der Neutralität und Unabhängigkeit des Beteiligten zu 1) gesehen. Diese Zweifel hat das Landgericht damit begründet, der Beteiligte zu l) habe sich über Monate hinweg in einer Interessenkollision befunden. Er habe gleichzeitig die Insolvenzverwaltung in zwei widerstreitenden Insolvenzverfahren durchgeführt. Dabei habe er Darlehensraten und Nutzungsentschädigungen vereinnahmt, die er einer Gläubigerin des hier vorliegenden Verfahrens vorenthalten habe, um sie dem Insolvenzverfahren der Firma V zuzuführen. Zum anderen hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Vertrauensbeziehung zu dem Insolvenzgericht vom Beteiligten zu 1) zerstört worden sei. Dies werde durch die in hohem Maße unsachlichen Schreiben des Beteiligten zu 1) an den Insolvenzrichter vom 3. März 2000, 8. März 2000 und 10. März 2000 dokumentiert, nach denen eine weitere Zusammenarbeit zwischen Gericht und Insolvenzverwalter schlechthin untragbar erscheine. Insgesamt hat das Landgericht den Umfang der Verletzung der Verwalterpflichten als so schwerwiegend angesehen, dass weniger einschneidende Mittel nicht geeignet seien, die durch den Beteiligten zu 1) verursachte drastische Störung des Insolvenzverfahrens zu beheben.

Diese Entlassungsentscheidung erfordert keine inhaltliche Überprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Dass ein Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund entlassen werden kann, ergibt sich aus § 59 Abs. 1 InsO. Dabei steht außer Zweifel, dass im Einzelfall mangelnde Unabhängigkeit oder Neutralität und Interessenkollisionen eine Entlassung rechtfertigen können (vgl. Hössl in FK-Inso aaO § 59 Rdn. 5; Kübler/Prütting/Lüke aaO § 59 Rdn. 4, jeweils m.w.N.). Ebenso ist anerkannt, dass eine Entlassung in Betracht kommen kann, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Insolvenzverwalter und Gericht in einem Maße gestört bzw. zerrüttet ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich ist (vgl. Eickmann in HK-Inso § 59 Rdn. 3; Nerlich/Römermann/Delhaes aaO § 59 Rdn. 7; Smid aaO § 59 Rdn. 4; Hössl aaO § 59 Rdn. 9, jeweils m.w.N.). Auch der Beteiligte zu 1) stellt im Grundsatz nicht in Frage, dass eine Entlassung aus den vorgenannten Gründen stattfinden kann. Dass zwischen ihm und dem Insolvenzgericht eine tiefgreifende Störung des Vertrauensverhältnisses vorliegt, räumt er sogar ausdrücklich ein. Allerdings meint er, das Landgericht habe die herangezogenen Umstände anders, in einem ihm - dem Beteiligten zu 1) - günstigeren Lichte würdigen müssen. Dies betrifft aber keine Rechtsfrage, die zur Vermeidung einer Divergenz obergerichtlich geklärt werden müsste. Insoweit geht es allein darum, wie die konkreten Tatsachen des hier zur Entscheidung stehenden Einzelfalles bei der Ermessensentscheidung über die Entlassung i.S.v. § 59 Abs. 1 InsO zu gewichten sind. Für die Überprüfung dieser Frage steht das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nach seinem oben zu 2.b.aa aufgezeigten Zweck nicht zur Verfügung.

3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 25 Abs. 2, 35 GKG, 3 ZPO entsprechend der unbeanstandeten Wertfestsetzung der Vorinstanz bemessen.

Ende der Entscheidung

Zurück