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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 11.04.2002
Aktenzeichen: 4 U 103/01
Rechtsgebiete: BGB, LBO Rheinland-Pfalz


Vorschriften:

BGB § 326 a.F.
BGB § 497 a.F.
LBO Rheinland-Pfalz § 77 Abs. 1
Übernimmt es der Käufer beim Erwerb eines Grundstücks von der öffentlichen Hand, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Rohbau eines Hauses zu beginnen und das Kaufobjekt nicht unbebaut zu veräußern, so kann von einem für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Pflichten vereinbarten Wiederkaufsrecht kein Gebrauch mehr gemacht werden, wenn der Erwerber das Bauvorhaben rechtzeitig durch Ausheben der Baugrube in Angriff genommen hat und das Grundstück erst danach weiterveräußert.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 103/01

Verkündet am: 11. April 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes und Feststellung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 23. Mai 2001 wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien erwarben als BGB-Gesellschaft am 21. Januar 1993 von der Klägerin einen Bauplatz zu einem Preis von 175,-- DM pro Quadratmeter. Der notarielle Kaufvertrag enthält in § 10 folgende als Bauverpflichtung überschriebene Regelung:

"Der Käufer verpflichtet sich, bis zum 1. Januar 1998 mit dem Rohbau des Wohnhauses auf dem Vertragsgegenstand begonnen zu haben.

Der Käufer verpflichtet sich ferner, das Kaufobjekt nicht unbebaut zu veräußern.

Falls der Käufer diese Verpflichtungen nicht erfüllt, ist er verpflichtet, das Vertragsobjekt gegen Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises zuzüglich bezahlter Erschließungskosten ohne Zinsen und einer sonstigen Erstattung bzw. Entschädigung an den Verkäufer zurück zu übertragen.

Alle mit der Rückforderung verbundenen Kosten und Steuern trägt der Käufer.

Zur Sicherung der vorstehenden Verpflichtungen wird hiermit an dem Vertragsgegenstand zu Gunsten der Gemeinde Niederkirchen die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und beantragt."

Die Beklagten wurden als Eigentümer in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen, ebenso die Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Klägerin.

Den Beklagten wurde am 22. März 1996 eine Baugenehmigung erteilt; eine Bebauung des Grundstücks erfolgte zunächst allerdings nicht. Bis zum Jahresbeginn 1998 ließen sie im Wesentlichen nur eine Baugrube ausheben. In der Folgezeit kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien über die Erfüllung der vertraglich übernommenen Bauverpflichtung. Mit Schreiben vom 31. August 1998 setzte die Klägerin den Beklagten eine Frist zur Fertigstellung des Rohbaus bis zum 31. März 1999 und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ausübung des vereinbarten Wiederkaufsrechts an. Diese Androhung wiederholte sie mit Schreiben vom 14. Januar 1999.

Durch Beschluss vom 23. Dezember 1998 hatten die Beklagten einen T P und eine S B (spätere Eheleute T) in ihre BGB-Gesellschaft aufgenommen; eine entsprechende Grundbuchberichtigung erfolgte am 7. Januar 1999.

Am 28. Januar 1999 wurde ein neues Baugesuch eingereicht, welches inhaltlich den Bauvorstellungen der neu in die Gesellschaft aufgenommenen Gesellschafter entsprach.

Mit Schreiben vom 22. Februar 1999 machte die Klägerin Gebrauch von ihrem Wiederkaufsrecht und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 5. März 1999 zur Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages auf. Nach Widerspruch der Beklagten wiederholte sie mit Schreiben vom 15. November 1999 ihr Rückabwicklungsverlangen unter erneuter Fristsetzung zum 25. November 1999, drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ablehnung der Abnahme sowie die Geltendmachung von Schadensersatz in Höhe der Klageforderung an und setze insoweit Zahlungsfrist bis zum 30. November 1999.

Im November 1999 bezogen die Eheleute P das auf dem streitgegenständlichen Grundstück inzwischen errichtete Hausanwesen.

Die Klägerin hat vorgetragen: Der wahre Grundstückswert des den Beklagten verkauften Bauplatzes habe im Jahre 1993 255,-- DM pro Quadratmeter betragen. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Wiederkaufsrechts im Februar sei lediglich die Baugrube ausgehoben gewesen; die vertragliche Bauverpflichtung sei mithin nicht eingehalten worden. Außerdem hätten die Beklagten dem Verbot zuwider gehandelt, das Grundstück unbebaut weiter zu veräußern. Die Aufnahme der Eheleute P in die Grundstücks-GdbR habe lediglich der Umgehung dieses Verbots gedient. Dies werde auch durch die Neuplanung nach den Vorstellungen dieser neuen Gesellschafter und deren Einzug in den Neubau bestätigt. Da die Beklagten dem Rückabwicklungsverlangen nicht nachgekommen seien, stünde ihnen nunmehr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 74 560,-- DM zu, bei dessen Berechnung ein Grundstückswert von 460,-- DM pro Quadratmeter zugrunde gelegt sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 74 560,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Aushändigung einer notariell beglaubigten Löschungsbewilligung für die im Grundbuch von N Blatt in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 eingetragene Rückauflassungsvormerkung für die Gemeinde Niederkirchen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der notariell beglaubigten Löschungsbewilligung für die im Grundbuch von N Blatt in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Gemeinde Niederkirchen in Annahmeverzug befinden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen: Die Bauverpflichtung aus dem Grundstückskaufvertrag hätten sie fristgemäß erfüllt. Das habe die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 1998 sogar bestätigt. Die Fristsetzung zur Fertigstellung des Rohbaus zum 31. März entbehre jeder rechtlichen Grundlage. Zu diesem Zeitpunkt sei der Rohbau allerdings auch schon fertig gestellt gewesen. Die Geltendmachung des Wiederkaufsrechts am 22. Februar 1999 sei schon deshalb ungerechtfertigt gewesen, weil die bis zum 31. März 1999 gesetzte Frist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Aufnahme der Eheleute P in die Grundstücks-GdbR sei nicht als Verstoß gegen das Veräußerungsverbot in dem notariellen Vertrag zu beurteilen.

Durch Urteil vom 23. Mai 2001 hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Beklagten antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hätten zwar nicht gegen die Verpflichtung verstoßen mit dem Bau bis spätestens 1. Januar 1998 zu beginnen, jedoch gegen das Verbot, das Grundstück unbebaut weiter zu veräußern. Nach dem Sinn und Zweck des Veräußerungsverbotes sei die Aufnahme der Eheleute P in die Grundstücks-GdbR ein der Veräußerung des Grundstücks vergleichbarer Übertragungstatbestand. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihnen am 25. Mai 2001 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 23. Mai 2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel innerhalb gewährter Fristverlängerung mit am 6. August 2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagten tragen im zweiten Rechtszug noch vor: Die Aufnahme zweier Gesellschafter in die Grundstücks-GdbR stelle auch nach Sinn und Zweck des vertraglich vereinbarten Veräußerungsverbots keinen rechtsgeschäftlichen Übertragungsakt dar. Sie habe keinerlei Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft als solcher begründeten Rechtsverhältnisse. Die Klägerin habe ihr Wiederkaufsverlangen zudem nicht gegenüber sämtlichen Gesellschaftern geltend gemacht, so dass weder Verzug eingetreten sei noch eine wirksame Nachfristsetzung vorliege. Der von dem Sachverständigen B im Gutachten vom 28. Dezember 2000 ermittelte Grundstückswert von 490,-- DM pro Quadratmeter zum Zeitpunkt November 1999 sei angesichts des angeblichen Wertes von 255,-- DM pro Quadratmeter im Jahre 1993 nicht erklärlich. Das Gutachten sei unbrauchbar, weil der Sachverständige wertmindernde Faktoren wie die Geruchsbelästigung durch eine 400 m entfernte Kläranlage, Licht- und Sichtbehinderungen durch Nachbargebäude, eine geplante Umgehungsstraße und die von einem Entwässerungsgraben ausgehende Überschwemmungsgefahr nicht berücksichtigt habe.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend u. a. vor: Bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Eheleute P in die GdbR sei vorgesehen gewesen, dass die Beklagten nach Fertigstellung des Wohnhauses aus der GdbR ausscheiden und eine Grundbuchänderung zugunsten der Eheleute P vorgenommen werde.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die im zweiten Rechtszug noch gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden und hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB a.F., weil der Klägerin kein Rückübertragungsanspruch nach § 10 des notariellen Kaufvertrages vom 21. Januar 1993 zustand, mit dessen Erfüllung die Beklagten in Verzug geraten wären.

Eine Verletzung der Bauverpflichtung der Beklagten hat nicht vorgelegen. Zwar war bis zum festgelegten Termin am 1. Januar 1998 unstreitig erst die Baugrube für das von den Beklagten ursprünglich geplante Bauvorhaben ausgehoben. Mit der Durchführung der hierfür erforderlichen Arbeiten haben die Beklagten ihre Verpflichtung aus dem von ihnen übernommenen Baugebot jedoch erfüllt. Dies hat die Verbandsgemeinde D, wie sich ihrem an die Beklagten gerichteten Schreiben vom 31. August 1998 entnehmen lässt, ebenso gesehen. Die Richtigkeit dieser Beurteilung ergibt sich auch aus § 77 Abs. 1 LBO von Rheinland-Pfalz, Fassung 1999, wo es unter der Überschrift "Baubeginn" in Abs. 1 heißt: "Mit der Ausführung genehmigungsbedürftiger Vorhaben einschließlich des Aushubs der Baugrube darf erst begonnen werden, wenn ...". Über die bloßen Vorbereitungsmaßnahmen für den Bau, wie beispielsweise Freimachen und Herrichten des Baugrundstücks, das Einzäunen des Grundstücks, die Einrichtung der Baustelle, das Lagern von Geräten, Baumaterial u.a. geht der Aushub einer Baugrube, in dem bereits eine Inangriffnahme von Baumaßnahmen für das Bauvorhaben zu sehen ist (vgl. Stich/Gabelmann/Porger, "LBauordnung", Band 1, § 77, Rdnr. 2), hinaus.

Auch ein Verstoß der Beklagten gegen das in § 10 des notariellen Vertrags vereinbarte Veräußerungsverbot rechtfertigt nicht den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatz. Der Senat tritt zwar der Beurteilung des Erstgerichts insoweit bei, als bei der von den Beklagten gewählten gesellschaftsrechtlichen Variante der Eigentumsbegründung an dem streitgegenständlichen Grundstück ein Verstoß gegen das vereinbarte Veräußerungsverbot auch dann zu sehen wäre, wenn bei Aufnahme der weiteren Gesellschafter (jetzige Eheleute P) die Beklagten von vornherein die Absicht gehabt hätten und dies mit den neuen Gesellschaftern auch so vereinbart gewesen wäre, dass die Beklagten nach Erstellung des nunmehr entsprechend der Wünsche der Eheleute P umgeplanten Hausanwesens aus der Gesellschaft ausscheiden werden. Auch eine solche Form der "Eigentumsübertragung" hätte dem von der Klägerin mit der im notariellen Vertrag getroffenen Wiederkaufsabrede verfolgten Zweck, "das Grundstück einer Bebauung zuzuführen und eine Weiterveräußerung zu Spekulationszwecken zu verhindern" (vgl. BGH DNotZ 95, 244 f), widersprochen.

Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch steht jedoch entgegen, dass die Klägerin von dem Wiederkaufsrecht nicht ordnungsgemäß Gebrauch gemacht hat. Erstmals mit Schreiben vom 22. Februar 1999 (Bl. 33 d.A.) hat sie unter Berufung auf die vermeintliche Verletzung der Bauverpflichtung ihren Rückübertragungsanspruch geltend gemacht und die Beklagten aufgefordert, sich bis 5. März 1999 wegen der Rückabwicklungsmodalitäten mit ihr ins Benehmen zu setzen. Da zu diesem Zeitpunkt, wie bereits oben ausgeführt, eine Verletzung der Bauverpflichtung nicht vorlag, war diese Aufforderung für die Beklagten unbeachtlich.

Das erstmals mit Schreiben vom 16. Juni 1999 (Bl. 40 d.A.) auf den angeblichen Verstoß gegen das Veräußerungsverbot gestützte Rückübertragungsverlangen der Klägerin war jedoch verspätet. Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück nicht mehr unbebaut. Nach der Aussage des im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen H (vgl. Bl. 128 d.A.) war das Bauvorhaben am 31. März 1999 bereits, wie auf dem Foto Bl. 130 d.A. dokumentiert (Keller und Erdgeschoss), realisiert. Damit lagen am 16. Juni 1999 die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Rückübertragungsanspruchs gemäß § 10 des notariellen Vertrages nicht mehr vor. Das Schreiben konnte mithin auch nicht mehr die Rechtsfolgen nach § 326 Abs. 1 BGB a.F. auslösen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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