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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 01.02.2001
Aktenzeichen: 4 U 114/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 187 | |
ZPO § 929 Abs. 2 | |
ZPO § 936 | |
ZPO § 187 S. 2 | |
ZPO § 187 S. 1 | |
ZPO § 945 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 | |
ZPO § 546 Abs. 2 S. 1 |
Ist nach Erlass einer einstweiligen Verfügung die durch Parteizustellung zu wahrende Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 936 ZPO) nicht gewahrt, so kommt eine Heilung nach § 187 ZPO jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es sich um eine sanktionsbewehrte Untersagungs- bzw. Unterlassungsverfügung aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts handelt.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil
Aktenzeichen: 4 U 114/00 6 O 34/00 Landgericht Zweibrücken
Verkündet am: 1. Februar 2001
Bastian, Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
wegen unlauteren Wettbewerbs
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Jenet
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zweibrücken vom 19. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der Beschwer des Verfügungsklägers wird auf unter 60 000,-- DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Die bei einstweiligen Verfügungen durch Parteizustellung zu wahrende Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 i.V.m. § 936 ZPO ist im vorliegenden Fall seitens des Verfügungsklägers nicht eingehalten worden. Der Erstrichter hat daher seinen Beschluss vom 3. Mai 2000 auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten zu Recht aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Dies folgt aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die sich der Senat zu Eigen macht.
Auch das Vorbringen des Verfügungsklägers in der Berufungsinstanz ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.
Insbesondere vermag sich der Senat der Auffassung, wonach im vorliegenden Fall eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 187 ZPO in Betracht kommt, nicht anzuschließen. Die Problematik der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Vollziehungsfrist im einstweiligen Verfügungsverfahren ist äußerst umstritten (vgl. die Nachweise bei Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 929, Rdnr. 14. sowie die Nachweise in dem angefochtenen Urteil). Der Wortlaut der Vorschrift des § 929 Abs. 2 zwingt indes nicht zu deren Anwendung. Dies folgt zwar nicht aus § 187 S. 2 ZPO, da es sich bei der Vollziehungsfrist nicht um eine Notfrist handelt. Jedoch ist die Heilungsvorschrift ihrem Wortlaut nach an sich auf die Fälle beschränkt, in denen ein Schriftstück unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist. Es wird also zunächst ausschließlich auf Mängel des Zustellungsvorgangs abgestellt, nicht auf solche, die dem zugestellten Schriftstück selbst anhaften (vgl. BGHZ 100, 234, 238 für den Fall des § 9 Abs. 1 VwZG). Soweit die Rechtsprechung über den Wortlaut hinaus § 187 ZPO auch noch auf Mängel erstreckt, die - wie hier - dem zugestellten Schriftstück selbst anhaften, ist eine derartige Ausdehnung jedenfalls für den hier vorliegenden Fall nicht angezeigt. Es geht nämlich um eine sanktionsbewehrte Untersagungs- bzw. Unterlassungsverfügung aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts. Diese entfaltet - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - erhebliche Auswirkungen auf die unternehmerische Handlungsfreiheit. Daher muss für den Schuldner unzweifelhaft feststehen, ob und ab welchem Zeitpunkt er das Unterlassungsgebot zu beachten hat. Darüber hinaus muss er die Gewissheit haben, dass das Verbot so ergangen ist, wie es ihm zugestellt wurde. Diese Gewähr hat er aber nur, wenn die ihm zugestellte Abschrift als mit der Ausfertigung übereinstimmend beglaubigt ist (vgl. OLG Koblenz OLGR 1998, 42; OLG Nürnberg GRUR 1992, 564; OLG Karlsruhe WRP 1989, 744; OLG Hamm MDR 1981, 59, 60).
Zutreffend hat der Erstrichter ferner darauf hingewiesen, dass es mit der erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung der Parteizustellung einer Unterlassungs- oder Untersagungsverfügung außerdem nicht vereinbar wäre, wenn die Feststellung der Heilung einer an sich unwirksamen Zustellung in das nach § 187 S. 1 ZPO auszuübende Ermessen des Gerichts gestellt würde. Denn es entstünde ein für beide Beteiligten nicht hinzunehmender Unsicherheitszustand, der bis zur Entscheidung des Gerichts andauern würde. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass das Gericht sein Ermessen "pflichtgemäß" auszuüben hat. Denn ein gewisser Spielraum haftet jeder Ermessensentscheidung naturgemäß an. Auch auf Seiten des Gläubigers einer Untersagungsverfügung wäre dieser Unsicherheitszustand im Hinblick auf die nach § 945 ZPO ihm drohende Schadensersatzpflicht nicht zumutbar (vgl. OLG Karlsruhe aaO., 746).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Festsetzung des Wertes der Beschwer des Verfügungsklägers war nach § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO geboten.
Ende der Entscheidung
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