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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 4 U 192/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 308 | |
BGB §§ 730 ff. |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil
Aktenzeichen: 4 U 192/03
Verkündet am: 9. Dezember 2004
In dem Rechtsstreit
wegen Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab und die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel
auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Kläger und der Beklagten wird das Schlussurteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 13. November 2003 aufgehoben; die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen. II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten seit rund zwanzig Jahren über die Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft und einer Erbengemeinschaft.
Der Kläger zu 1) und der Beklagte zu 1) sind Brüder, welche sich nach dem Tode ihres Vaters (G... J... P...) am 21. Januar 1955 mit ihrer Mutter zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschlossen, deren Zweck der Betrieb des "W... J... P..." war. Später traten die weiteren Parteien des Rechtsstreits in die Gesellschaft ein. Am 4. Juni 1983 kündigten die Beklagten die Gesellschaft zum 30. Juni 1983. Sie gründeten anschließend mit der Mutter des Klägers zu 1) und des Beklagten zu 1) die "W... J... P... KG"; die Kläger bildeten unter dem Namen "W... W... J... P..." eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Mutter des Klägers zu 1) und des Beklagten zu 1) starb am 14. September 1996. Sie wurde von ihren Söhnen je zur Hälfte beerbt.
Zum Zwecke der Auseinandersetzung führten die Parteien mittlerweile mehrere Rechtsstreite, in denen teilweise das Vermögen des früheren "W... J... P..." teils durch rechtskräftige Urteile, teils durch Vergleiche festgestellt wurde. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft u. a. einen abgetrennten Teil aus dem Verfahren 7 O 486/84 Landgericht Frankenthal (Pfalz). Nachdem das Landgericht durch Teilurteil vom 20. Oktober 2000 rechtskräftig den Wert des Weinbestandes der Gesellschaft auf 115 583,50 DM festgestellt und die Parteien weitere Feststellungsanträge übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, haben die Kläger ihr Auseinandersetzungsguthaben auf 1 349 791,23 DM beziffert und beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner, hilfsweise nach Kopfteilen diesen Betrag nebst Zinsen zu bezahlen,
Durch Schlussurteil vom 13. November 2003, auf das zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Beklagten verurteilt, der Auseinandersetzungsbilanz der Kläger gemäß ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2001 zuzustimmen, soweit diese Aktiva von 2 847 860,50 DM und Passiva von 2 435 224,78 DM umfasse, und festgestellt, dass den Klägern aus dem sich aus der Auseinandersetzungsbilanz des Weinguts ergebenden Überschuss ein Anteil von 48,94 % " und hiervon jeweils pro rata 57,664 % gegen den Beklagten zu 1), 28,564 % gegen die Beklagte zu 2), 6,388 % gegen den Beklagten zu 3) sowie 7,384 % gegen die Beklagte zu 4)" zustehe; im Übrigen hat die Kammer die Klage abgewiesen.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Sie rügen übereinstimmend, dass das Landgericht den Klägern verfahrensfehlerhaft etwas zugesprochen habe, was die Kläger nicht beantragt hätten.
Die Kläger beanstanden darüber hinaus die Ausführungen der Kammer zur Bewertung der Positionen in der Auseinandersetzungsbilanz.
Sie beantragen,
das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und wie folgt neu zu fassen:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger insgesamt 690 298,07 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu zahlen in folgenden Teilbeträgen:
a) der Beklagte R... P... 398 053,48 EUR
b) die Beklagte G... P... 197 176,74 EUR
c) der Beklagte R... P... 44 096,24 EUR
d) die Beklagte W... P... 50 971,61 EUR.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass in die Auseinandersetzungsbilanz für das W... J... P... GdbR als Aktiva neben den bereits ausgeurteilten Positionen Weinbestand zu 1 115,583,50 DM = 570 388,78 EUR, Anwesen in H... zu 840 000,-- DM = 429 485,18 EUR sowie den Positionen Kontostand mit 190 624,-- DM = 97 464,50 EUR und Geräte 377 862,-- DM = 193 197,77 EUR, auf die sich die Parteien geeinigt haben, folgende weitere Rechnungsposten aufzunehmen sind:
a) Mehrgewinn 120 678,00 DM = 61 701,68 EUR
b) Kundenkartei 200 000,00 DM = 102 258,37 EUR
c) Gewinn für 1982/83 zu 403 755,70 DM = 206 437,01 EUR.
2. Es wird festgestellt, dass den Klägern von dem sich aus der Auseinandersetzungsbilanz der W... J... P... GdbR ergebenden Überschuss ein Anteil in einer Gesamthöhe von 48,94 % und hiervon jeweils pro rata 57,664 % gegen den Beklagten zu 1), 28,564 % gegen die Beklagte zu 2), 6,388 % gegen den Beklagten zu 3) sowie 7,384 % gegen die Beklagte zu 4) zustehen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) zurückzuverweisen.
Sie beanstanden die Rechtsauffassung des Landgerichts und seine Berechnungen.
Widerklagend beantragen sie,
die Kläger zu verurteilen, der von ihnen in ihrer Berufungsbegründung vom 1. Juni 2004 aufgestellten Auseinandersetzungsbilanz der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "W... J... P... GdbR" zum 30. Juni 1983 zuzustimmen.
Hierzu tragen sie vor, die von ihnen erstellte Abschlussbilanz sei zutreffend.
Die Kläger widersprechen der Erhebung der Widerklage und den Berechnungen der Beklagten.
Sie beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
Auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
II.
Beide Berufungen sind zulässig (§§ 511, 511 a Abs. 1, 516, 518, 519 ZPO) und führen zu einem vorläufigen Erfolg. Die Kläger und die Beklagten rügen zu Recht, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft den Klägern etwas zuerkannt habe, was die Kläger nicht beantragt hätten. Die Kammer hat unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über einen Streitgegenstand entschieden, der nicht Gegenstand der Klage war (vgl. BGH NJW-RR 2002, 540; Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Aufl., § 308 Rdnr. 2 m. w. N.).
Die Kläger haben erstinstanzlich begehrt, die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner, hilfsweise nach Kopfteilen eine bestimmte Geldsumme zu bezahlen. Dazu haben die Kläger vorgetragen, dass keine Passiva der Gesellschaft vorhanden und nur noch das Aktivvermögen zu verteilen sei, was die Beklagten unter Vorlage eigener (fortgeschriebener) Abschlussbilanzen bestritten haben. In seinem Urteil hat das Landgericht unter Einarbeitung des beiderseitigen Parteivortrags selbst eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt, die Beklagten zur Zustimmung zu dieser Bilanz, also zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt und festgestellt, dass den Klägern ein bestimmter Überschussanteil zustehe. Damit hat die Kammer über etwas anderes entschieden, als die Kläger beantragt hatten.
Die von den Klägern erhobene Zahlungsklage hätte allenfalls in eine Feststellungsklage umgedeutet werden können, dass die von den Klägern in ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2001 aufgeführten Positionen als unselbständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien (vgl. BGH NJW 1995, 188). Denn die früheren Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft sind grundsätzlich gehindert, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegeneinander isoliert geltend zu machen. Ein Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens kann allenfalls erhoben werden, wenn sonstiges Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden ist (BGH ZIP 1993, 1307; Ulmer in MüKo, BGB 4. Aufl., § 730 Rdnr. 32 m. w. N.), die Gefahr von Hin- und Herzahlungen nicht besteht, weil schon vor Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter Betrag in jedem Fall zusteht, oder wenn es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht (BGH NJW 1995, 188; NJW-RR 1993, 1187).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist noch erhebliches Gesellschaftsvermögen des früheren Weinguts vorhanden, das nur zum Teil bereits zwischen den Parteien aufgeteilt worden ist. Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Einigung über weitere, in erster Instanz noch umstrittene Aktivpositionen erzielt worden ist, sind insbesondere noch die von den Beklagten behaupteten Passiva, welche mittlerweile mit 2 525 168, 59 DM angegeben werden, im Streit.
Das Landgericht durfte auch nicht den (teilweise) streitigen Kläger- und Beklagtenvortrag zu einer eigenen Auseinandersetzungsbilanz "zusammensetzen". Die Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz ist Sache der Gesellschafter (BGHZ 26, 25). Wenn ein Zusammenwirken nicht möglich ist, kann ein Gesellschafter entweder auf Mitwirkung des anderen klagen, selbst die Auseinandersetzungsbilanz erstellen und von dem anderen die Zustimmung hierzu verlangen, oder von einer etwaigen, vom Gegner erstellten Bilanz ausgehen, darlegen, in welchen Punkten diese unrichtig ist und daraus einen Zahlungsanspruch errechnen (vgl. BGHZ 26, aaO; OLG Koblenz BB 1983, 1304; Staudinger/Habermeyer, BGB 2003, 13. Aufl., § 730 Rdnr. 25; Ulmer in MüKo 4. Aufl., § 730 Rdnr. 51). Die Aufstellung der endgültigen Auseinandersetzungsbilanz ist indes nicht Aufgabe des Gerichts. Sie obliegt im Rechtsstreit einem Wirtschaftsprüfer oder einem anderen Sachkundigen; eine Partei kann deshalb mit einer Feststellungsklage auch nur die Feststellung einzelner Bilanzposten, nicht aber die Erstellung der Bilanz selbst verlangen (vgl. BGHZ 26, aaO).
Davon abgesehen ist die von dem Landgericht erstellte Bilanz auch schon deshalb fehlerhaft, weil das Landgericht darin die von den Beklagten vorgetragenen Passiva als unstreitig angesehen hat. Die Kammer hat dazu ausgeführt, die Kläger hätten die von den Beklagten vorgetragenen Passivpositionen nicht substantiiert bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Sie hat dabei übersehen, dass es sich bei den diesbezüglichen Berechnungen der Beklagten um die Fortschreibung früherer von ihnen erstellter (und fortgeschriebener) Bilanzen handelt, welche die Kammer im Endurteil vom 22. März 1994 (Az. 7 O 486/84) als fehlerhaft bezeichnet hat; sie hat deshalb eine in jenem Verfahren erhobene Widerklage der Beklagten auf "Genehmigung" dieser Bilanzen abgewiesen. Es genügte deshalb, wenn die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit unter Hinweis darauf einer erneuten Fortschreibung dieser Bilanz mit der Begründung entgegentraten, diese enthalte die gleichen schwerwiegenden Mängel wie die Ausgangsbilanz.
Aufgrund des Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 ZPO kann das erstinstanzliche Verfahren keine Grundlage für eine Entscheidung des Berufungsgerichts sein (vgl. OLG Köln JurBüro 1977, 177; Musielak, ZPO 4. Aufl., § 308 Rdnr. 19). Die Sache ist deshalb auf Antrag der Beklagten an das Landgericht zurückzuverweisen, weil über ein etwaiges, den Klägern zustehenden Auseinandersetzungskapital - ggfls. nachdem die Kläger ihren Vortrag den vorstehenden Ausführungen angepasst haben - eine Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) notwendig sein wird (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 940 298,07 EUR (Widerklage 250 000,-- EUR) festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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