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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 12.06.2003
Aktenzeichen: 4 U 26/02
Rechtsgebiete: BGB, LWG Rheinl.-Pfalz, EÜVOA Rheinl.-Pfalz


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 1
LWG Rheinl.-Pfalz § 57
EÜVOA Rheinl.-Pfalz § 4 Abs. 1
1. Der Eigentümer, von dessen Grundstück Wurzeleinwachsungen in die Abwasserkanalisation ausgegangen sind, ist der Gemeinde als Eigentümerin des Abwasserkanals zur Erstattung der Beseitigungskosten verpflichtet. Gegenüber dem Beseitigungsanspruch muss die Gemeinde sich in entsprechender Anwendung des § 254 BGB Ursachenbeiträge aus ihrem Verantwortungsbereich als Mitverschulden zurechnen lassen.

2. Ein solches Mitverschulden liegt nicht darin, dass der Stand der Technik zur Zeit der Errichtung des Abwasserkanals Wurzeleinwachsungen nicht vollständig auszuschließen vermochte.

3. Der Mitverschuldenseinwand kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Gemeinde ihrer Pflicht zur Eigenüberwachung von Abwasseranlagen gemäß §§ 57 LWG Rhld.-Pfalz i.V.m. § 4 Abs. 1 der Landesverordnung über die Eigenüberwachung von Abwasseranlagen - EÜVOA Rhld.-Pfalz nicht nachgekommen ist. Der Zweck dieser Überwachungspflicht liegt im Schutz von Boden und Grundwasser. Er dient nicht der Bewahrung des Grundstückseigentümers vor Beseitigungsansprüchen wegen Wurzeleinwuchses.

4. Die Gemeinde ist auch nicht verpflichtet, regelmäßige Inspektionen der Grundstücke sämtlicher Straßenanlieger vorzunehmen, um auf drohende Gefahren hinzuweisen, die sich aus dem dort vorhandenen Pflanzenbewuchs für ihren Abwasserkanal ergeben könnten.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 26/02

Verkündet am: 12. Juni 2003

In dem Rechtsstreit

wegen ungerechtfertigter Bereicherung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel

auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19. Dezember 2001 im Kostenpunkt (Ziffer 2 des Urteilstenors) wie folgt geändert:

Die Klägerin trägt die Kosten der Verweisung. Im Übrigen haben von den Kosten des Rechtsstreit die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10 zu tragen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Die Klägerin stellte in der H...-G...-Straße in N... Wurzeleinwachsungen in der Abwasserleitung fest. Sie ließ vor dem Anwesen Nr. ... den Kanalhausanschluss erneuern. Für dabei angefallene anteilige Untersuchungskosten und für die Reparaturkosten hat sie mit ihrer Klage den Beklagten als Eigentümer des Grundstücks Haus-Nr. ...in Anspruch genommen, weil die Schäden von den Wurzeln einer dort ursprünglich angepflanzten, zwischenzeitlich entfernten Trauerweide herrührten. Die fünfte Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat der Klage nach teilweiser Klagerücknahme im noch verbleibenden Umfang von 11.290,89 DM nebst Zinsen stattgegeben. Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat Bezug auf das landgerichtliche Urteil vom 19. Dezember 2001.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung. Er hat das Rechtsmittel innerhalb mehrfach bewilligter Fristverlängerung begründet, die jeweils auf rechtzeitigen Antrag hin gewährt worden ist. Die Klägerin hat sich dem Rechtsmittel in unselbständiger Weise angeschlossen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin müsse sich ein weitaus überwiegendes Mitverschulden zurechnen lassen. Dazu trägt er vor, sie habe in dem vom Wurzeleinwuchs betroffenen Kanalstück und an dem Hausanschlusskanal diverse Stutzen, unter denen das verdickte Ende des Kanalrohrs zu verstehen sei, nicht fachgerecht eingebaut. Zudem habe die Klägerin die durch öffentlich-rechtliche Verordnungen vorgeschriebenen regelmäßigen Untersuchungen der Abwasserrohre unterlassen und dadurch zumutbare Vorkehrungen zur Schadensabwehr nicht getroffen. Die Klägerin habe auch gewusst, wo Kanalrohre verlegt seien, deren Muffen nicht wurzeldicht und deshalb durch Wurzeleinwuchs gefährdet seien. Deshalb habe sie die Anrainer auf die von ihren Anpflanzungen möglicherweise ausgehenden Gefahren für das öffentliche Leitungsnetz hinweisen müssen. Die Ausführungen des Landgerichts zum Abzug "neu für alt" seien nicht nachvollziehbar, weil nicht nur der streitgegenständliche Hausanschlusskanal, sondern ein Kanalstück von insgesamt 60 m vom Wurzeleinwuchs diverser Anpflanzungen anderer Anlieger betroffen sei.

Der Beklagte beantragt,

1. das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,

2. die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen und

2. auf ihre Anschlussberufung die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils zu ihren Gunsten abzuändern.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 27. Mai 2002 und trägt noch vor, der Kanal sei ordnungsgemäß nach den zur Zeit seiner Errichtung geltenden Regeln der Technik verlegt worden. Einlässe der Hausanschlusskanäle seien bis in die 80'er Jahre des 20. Jahrhunderts von den jeweiligen Hauseigentümern ausschließlich selbst hergestellt worden. Eine Wertsteigerung habe der Abwasserkanal durch die Beseitigung der Wurzeln im Bereich des Hausanschlusses des Beklagten nicht erfahren. Wegen akuter Störungen und auch im Interesse einer Schadensminderung sei es erforderlich gewesen, den Kanal zunächst nur im Bereich des Hausanschlusses Nr. 58 zu sanieren. Die übrigen Wurzeleinwachsungen hätten noch nicht zu einer reaktionspflichtigen Behinderung des Abwasserflusses geführt.

Mit ihrer Anschlussberufung macht die Klägerin geltend, die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils sei falsch. Es sei nicht berücksichtigt, dass sie ihre Teilklagerücknahme vor der streitigen Verhandlung erklärt habe.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Sachverständigenbeweis erhoben. Wegen des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 14. November 2002 und den ihn ergänzenden Beschluss vom 13. Februar 2002 Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H... vom 8. Januar 2003 und dessen Ergänzungsgutachten vom 10. März 2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, §§ 511, 511 a Abs. 1, 516, 518, 519 ZPO a. F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klägerin den geltend gemachten Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu Recht zuerkannt.

Wer auf seinem Grundstück Bäume anpflanzt, deren Wurzeln in die Abwasserleitung eines benachbarten Grundstücks eindringen und dieselbe verstopfen, beeinträchtigt das Eigentum des Grundstücksnachbarn. Er ist deshalb gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung verpflichtet. Beseitigt der Grundstücksnachbar die Störung seines Eigentums selbst, so wird der Störer von der ihm obliegenden Verpflichtung befreit. Er ist dadurch in sonstiger Weise i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bereichert und hat den Wert dieser Bereicherung zu ersetzen (vgl. BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235, 238; BGH NJW 1991, 2826 und NJW 1995, 395, jew. m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe zu.

1. Der Sachverständige Prof. Dr. F... hat in seinem Gutachten vom 7. April 2000 festgestellt, dass die Ursache der Wurzeleinwachsungen in den Abwasserkanal vor dem Anwesen H...-G...-Straße in einer Trauerweide lag, die der Beklagte ursprünglich auf seinem Grundstück angepflanzt und später entfernt hatte (vgl. Bl. 45 d. BeiA). Dies stellt der Beklagte auch nicht in Abrede. Die Verwurzelung hatte den im Eigentum der Klägerin stehenden Kanal verstopft. Demzufolge war der Beklagte Störer des Eigentums der Klägerin.

Dafür, dass die Klägerin die Eigentumsstörung hätte i.S.v. § 1004 Abs. 2 BGB dulden müssen, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Somit war der Beklagte gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung der Störung verpflichtet.

Der Beklagte hat die Störung nicht beseitigt. Vielmehr hat die Klägerin die Beseitigung vornehmen lassen und dadurch die Verbindlichkeit des Klägers erfüllt. Dadurch ist der Beklagte bereichert. Den Wert dieser Bereicherung hat er zu ersetzen.

2. Der vom Beklagten mit seiner Berufung weiter verfolgte Mitverschuldenseinwand gibt keinen Grund, den Zahlungsanspruch der Klägerin einzuschränken.

Es trifft im Ausgangspunkt allerdings zu, dass die Regelung des § 254 BGB bei einem Beseitigungsanspruch i.S.v. § 1004 BGB entsprechend herangezogen werden kann (vgl. dazu BGHZ 135 aaO S. 239 ff. und NJW 1995 aaO S. 396, jew. m.w.N.). Soweit der Beseitigungsanspruch des in seinem Eigentum Beeinträchtigten dadurch eingeschränkt wird, entfällt auch ein Bereicherungsanspruch gegen den Eigentumsstörer, der die Darlegungs- und Beweislast für den Mitverschuldenseinwand trägt (vgl. dazu BGHZ 106 aaO S. 144).

Im hier vorliegenden Fall ist der Einwand des Mitverschuldens aber nicht gerechtfertigt.

a. Soweit der Beklagte auf den TV-Untersuchungsbericht (Bl. 6 der BeiA 5 OH 4/00) und auf die Skizze (Bl. 22 der BeiA) verweist, aus denen er herleiten will, dass in dem vom Wurzeleinwuchs betroffenen Teil des Kanals diverse Stutzen nicht fachgereicht eingebaut gewesen seien, vermag dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Mitverschulden der Klägerin zu begründen. Voraussetzung dafür wäre, dass gerade auch bei dem hier streitgegenständlichen Hausanschlusskanal des Anwesens H...-G...-Straße Fehler in der Verlegung vorgelegen haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich dies nicht feststellen. Der Sachverständige Dr. H... hat nach Auswertung der vorliegenden TV-Untersuchungsberichte zwar Merkmale gefunden, die für eine fehlerhafte Verlegung des Abwasserkanals sprechen (vgl. dazu das Gutachten vom 8. Januar 2003, Bl. 183 ff. d.A.). Diese Merkmale in Form unterschiedlicher Spaltbreiten und nicht bündig verlegter Rohrleitungsenden beziehen sich aber allesamt auf Stellen im Kanalverlauf, die für den hier in Rede stehenden Wurzeleinwuchs nicht maßgebend waren. Konkret für den betroffenen Hausanschluss vor dem Anwesen H...-G...-Straße 58 konnte der Sachverständige keine entsprechenden Feststellungen treffen. Dies hat er in seinem Ergänzungsgutachten vom 10. März 2003 (Bl. 212 ff. d.A.) ausdrücklich klargestellt. Die Entscheidung geht somit in diesem Punkte zu Lasten des Beklagten, der den Nachweis für seine Behauptung nicht hat führen können.

b. Im Übrigen ist für ein Mitverschulden der Klägerin nichts erhebliches dargetan.

aa. Der Beklagte wendet ein (Bl. 126 d.A.), es gebe erst seit 20 bis 25 Jahren wurzeldichte Muffenabdichtungen. Bei dem hier in Rede stehenden, im Jahre 1957 verlegten Kanal sei es hingegen noch Stand der Technik gewesen, Muffen mit Teerstricken, Gummirollen oder ähnlichem abzudichten. Eine solche Abdichtung sei nur bedingt und zeitlich befristet wirksam gewesen.

Dies ist indes kein Gesichtspunkt, der zu einem Mitverschulden der Klägerin führt. Wenn die Klägerin die Rohrleitung entsprechend dem damaligen Stand der Technik errichtet hat, war das nicht zu beanstanden. Auch wenn nach diesem Stand der Technik Wurzeleinwachsungen nicht vollständig ausgeschlossen werden konnten, lag es allein im Risikobereich des Beklagten, Pflanzungen vorzunehmen, die zu solchen Wurzeleinwachsungen führten.

bb. Der Beklagte wendet des Weiteren ein, die Klägerin habe diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die nach Sachlage erforderlich gewesen sei, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Auch dies verhilft der Berufung jedoch nicht zum Erfolg.

Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 135 (aaO) kann der Beklagte für seinen Standpunkt nichts herleiten. Sie befasst sich mit einem Fall, in dem die Anpflanzungen des Störers (eine Pappelreihe) bereits vorhanden war, bevor auf dem beeinträchtigten Grundstück Tennisplätze errichtet wurden. In diesem Falle hat es der Bundesgerichtshof als Mitverschulden des Berechtigten gewertet, dass er nicht schon vor der Bebauung rechtliche Maßnahmen zur Schadensabwehr ergriffen hatte. Mit dem hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hat dies nichts gemeinsam. Die Bepflanzung des Grundstücks und die Verlegung der Rohre erfolgten nach den Feststellungen des Landgerichts in etwa zeitgleich, so dass die Klägerin eine von der Trauerweide des Beklagten ausgehende Gefahr für ihren Abwasserkanal nicht erkennen konnte.

cc. Auch aus § 57 LWG i.V.m. § 4 Abs. 1 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die Eigenüberwachung von Abwasseranlagen - EÜVOA - vom 27. August 1999 lässt sich kein Mitverschuldenseinwand herleiten. Nach diesen Vorschriften hat der Betreiber einer Abwasseranlage dieselbe zu überwachen. Abwasserkanäle und -leitungen sind dabei mindestens alle zehn Jahre einer optischen Prüfung ihres ordnungsgemäßen Zustandes zu unterziehen. Zwar hat die Klägerin diese Regelungen aus Haushaltsgründen nicht beachtet. Dies vermag den Beklagten aber nicht zu entlasten. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt der Zweck der Überwachungspflicht nach §§ 57 LWG, 4 EÜVOA im Schutz von Boden und Grundwasser. Der Sinn liegt dagegen nicht im Schutz von Eigentumsstörern vor (übermäßigen) Aufwendungen zur Beseitigung der durch sie veranlassten Störung. Zwischen solchen Aufwendungen und der verletzten Pflicht der Klägerin besteht kein innerer Zusammenhang, sondern lediglich eine zufällige äußere Verbindung. Der Beklagte kann sich deshalb nicht auf eine Verletzung gewässerrechtlicher Pflichten durch die Klägerin berufen. Ihm dadurch entstandene Nachteile liegen nicht im Schutzbereich der verletzten Norm (vgl. dazu etwa BGH NJW 1999, 3203, 3204; Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. vor § 249 Rdn. 62, jew. m.w.N.).

dd. Der Beklagte meint schließlich, die Klägerin habe bis zur Fällung des Baumes, der 35 Jahre gestanden habe, genügend Zeit gehabt, die Gefahr zu erkennen. Bei der Klägerin habe man gewusst, wo Kanalrohre verlegt gewesen seien, deren Muffen nicht wurzeldicht und die deshalb durch Wurzeleinwuchs gefährdet gewesen seien. Den fachkundigen Mitarbeitern der Klägerin habe auch bekannt sein müssen, welche Baumarten auf Grund ihres Wurzelverhaltens eine Gefahr für den Abwasserkanal darstellten. Deshalb habe die Klägerin ihn - den Beklagten - rechtzeitig auf die drohende Gefahr hinweisen müssen. Auch damit vermag die Berufung nicht durchzudringen.

Der Beklagte war Störer. Er hätte sich vor Vornahme des störenden Eingriffs gegebenenfalls selbst darüber Gewissheit verschaffen müssen, ob die von ihm vorgenommene Pflanzung ohne Gefährdung der Abwasserleitungen möglich sein würde. Demgegenüber würde es eine Überspannung der Sorgfaltspflichten der Klägerin darstellen, wollte man von ihr verlangen, dass sie - letztlich in ihrem gesamten Stadtgebiet - regelmäßige Inspektionen der Grundstücke sämtlicher Straßenanlieger vornimmt, um deren Eigentümer vor Beseitigungskosten der hier in Rede stehenden Art zu bewahren.

c. Der Beklagte wendet sich auch ohne Erfolg dagegen, dass das Landgericht bei dem ihm in Rechnung gestellten Kosten keinen Abzug "neu für alt" vorgenommen hat.

Ob grundsätzlich ein solcher Abzug bei dem hier in Rede stehenden Bereicherungsanspruch für die selbst vorgenommene Beseitigung einer Störung denkbar ist, kann dahinstehen. In jedem Fall hätte ein solcher Abzug zur Voraussetzung, dass durch die Beseitigungsmaßnahme auf Seiten der Klägerin eine Vermögensmehrung eingetreten ist, die sich wirtschaftlich vorteilhaft auswirkt. Dafür ist hier nichts dargetan oder sonst ersichtlich. Nach dem Inhalt der Rechnung der Fa. B... vom 11. Februar 1999 (Bl. 20 d.A. unter Pos. 007.1) sind Steinzeugrohre in einer Länge von 4,50 m erneuert worden. Dass durch diese Maßnahmen der Schadensbeseitigung das gesamte Kanalsystem der Klägerin eine nennenswerte Steigerung seines Wertes erfahren hätte, ist nicht zu erkennen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, müssen die vergleichsweise lange Nutzungsdauer einer Straßenkanalisation und der im Gesamtzusammenhang geringfügige Umfang der Erneuerung in Rechnung gestellt werden. Diese Gesichtspunkte sprechen gegen eine messbare Wertsteigerung.

d. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat, weil sie nicht das ganze Kanalnetz in einem Zuge hat erneuern lassen. Dies wäre allenfalls dann denkbar, wenn eine solche Gesamtreparatur notwendig gewesen wäre und zu einer Minderung der Belastung des Beklagten geführt hätte. Dafür bestehen nach dem Vorbringen des Beklagten keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat vielmehr unwidersprochen vorgetragen, dass die weiteren in der H...-G...-Straße festgestellten Wurzeleinwachsungen noch nicht zur Behinderung des Abwasserflusses geführt haben.

3. Hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Anspruchs ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Dem Betrag nach sind die einzelnen Aufwendungen nicht streitig. Sie gehören sämtlich zu dem Aufwand, der gemäß §§ 1004 i.V.m. 812 BGB zu ersetzen ist. Er umfasst die Kosten für die Freilegung der verstopften und Neuverlegung der zerstörten Leitung sowie die (anteiligen) Kosten für die Untersuchung der Verstopfungsursache (vgl. BGHZ 97 aaO).

II.

Die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin ist förmlich nicht zu beanstanden, § 521 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO. Dass sie sich auf den ohnehin von Amts wegen zu überprüfenden Kostenpunkt beschränkt, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO 22. Aufl. § 521 a.F. m.w.N.). Sie führt in der Sache insoweit zu einer Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung, als das Landgericht übersehen hat, dass ein Teil der Klage bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist. Dadurch hat sich die Verhandlungsgebühr auf den Betrag aus dem niedrigeren Streitwert reduziert. Dem ist bei der gemäß §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO gebotenen Quotelung der erstinstanzlichen Kosten Rechnung zu tragen.

III.

Im Übrigen ist bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung auch der Vorschrift des § 17 b Abs. 2 GVG Rechnung zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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