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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 4 U 50/00
Rechtsgebiete: NährwertkennzVO, DiätVO, ZPO


Vorschriften:

NährwertkennzVO § 6
NährwertkennzVO § 6 Abs. 1
DiätVO § 14 a
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 6
ZPO § 713
Leitsatz:

Die begehrte allgemeine Unterwerfung dahingehend, Lebensmittel nicht mit dem Hinweis auf deren schlankmachende bzw. gewichtsreduzierende Wirkung anzupreisen, verstößt gegen das wettbewerbsrechtliche Konkretisierungsgebot.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 50/00 1 HKO 179/99 Landgericht Frankenthal (Pfalz)

Verkündet am: 26. Oktober 2000

Bastian, Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wegen Unterlassung unlauteren Wettbewerbs,

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Dr. Ensthaler und den Richter am Oberlandesgericht Jenet auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 4. April 2000 geändert:

Die einstweilige Verfügung vom 2. November 1999 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg.

I.

1. Zutreffend geht das Landgericht zunächst davon aus, dass die beanstandete Anzeige, welche das Schlankheitsmittel "Citrus-Bioflavonoid" bewirbt, wegen Irreführung der Verbraucher wettbewerbswidrig ist (§ 3 UWG). Die Verfügungsbeklagte hat den diesbezüglichen Unterlassungsanspruch ausdrücklich anerkannt und diesen Umstand dadurch zumindest stillschweigend zugestanden. Wie bereits der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken in einem Parallelverfahren (2 U 32/98, Urteil vom 26. Februar 1999) betreffend ein Schlankheitsmittel "Bonsal" entschieden hat, hält auch der Senat bezüglich der im vorliegenden Fall beworbenen Pillen einen Verstoß gegen § 6 NährwertkennzVO für gegeben. Danach ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittelbezeichnungen mit Angaben oder Aufmachungen zu werben, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt. Die Vorschrift - früher § 7 Abs. 1 der Verordnung - enthält ein grundsätzliches Verbot der Schlankheitswerbung für Lebensmittel (vgl. z. B. OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 1003; OLG Hamburg, GRUR 1988, 66 ff m.w.N.). Die in § 6 Abs. 1 NährwertkennzVO enthaltene Ausnahme, wonach zur Verwendung als Tagesration bestimmte Lebensmittel im Sinne des § 14 a der DiätVO nicht erfasst sind, kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Unstreitig handelt es sich bei den beworbenen Pillen nicht um die Nahrungsmittelzufuhr ersetzende Schlankmacher. Die Verfügungsbeklagte beruft sich auch nicht auf eine derartige Ausnahme.

2. Die Verfügungsbeklagte hat jedoch bereits außergerichtlich, am 12. Januar 2000, eine rechtsverbindliche Unterwerfungserklärung gegenüber dem Verfügungskläger betreffend die beanstandete Anzeige abgegeben. Dadurch hat sie dasjenige erfüllt, was der Verfügungskläger von ihr verlangen kann. Damit erschöpft sie den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers. Die begehrte allgemeine Unterwerfung dahingehend, dass Lebensmittel generell nicht mit Hinweisen auf schlankmachende Wirkung beworben werden, kann er nicht verlangen.

Der Antrag verstößt gegen das wettbewerbsrechtliche Konkretisierungsgebot. Denn bei der Umschreibung des künftig zu unterlassenden Verhaltens ist grundsätzlich auf die konkrete Verletzungsform abzustellen; dementsprechend muss der Klageantrag auch auf das Unterlassen der konkreten Verletzungsform gerichtet sein (vgl. Köhler/Pieper, UWG, 1995, vor § 13, Rdnr. 227). Diesem Erfordernis genügt der Verfügungskläger mit seinem Antrag nicht. Dies gilt insbesondere für den weit gefassten Begriff des Lebensmittels. Im Zweifel kann streitig sein, ob es sich bei dem konkret beworbenen Gegenstand um ein Lebensmittel, ein Arzneimittel oder eine Substanz handelt, die durch Sondervorschriften von dem Werbeverbot gemäß § 6 Abs. 1 NährwertkennzVO ausgenommen ist (vgl. z. B. § 14 a DiätVO). Diese Abgrenzungen erscheinen im Einzelfall schwierig und dem Laien nicht zumutbar (vgl. zur Problematik Zipfel, Lebensmittelrecht, Lose Blattsammlung, zu § 1 LMWG, Rdnr. 2 ff). Wollte man anders entscheiden, so würde man der Verfügungsbeklagten als Zeitungsverlag auferlegen, im Einzelfall zu prüfen, ob das konkret beworbene Produkt überhaupt der Untersagungsverfügung unterfällt. Im Zweifel wird die Beklagte dies aus der Anzeige nicht einmal eindeutig entnehmen können. Der Senat hält demnach auch unter Berücksichtigung dessen, dass leicht abgewandelte Verletzungshandlungen Bestandteil des Unterlassungsantrags sein dürfen, wenn sie im Kern oder Wesen der konkreten Verletzungshandlung entsprechen, den vorliegenden Antrag für zu weitgehend und sieht keine Rechtsgrundlage für das gewünschte generelle Verbot.

3. Auf die Berufung war demnach die angegriffene einstweilige Verfügung aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 6, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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