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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 65/03
Rechtsgebiete: BGB, RBerG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 705
RBerG Art. 1 § 1
Der auf Grund einer wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksame Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft wirksam, wenn der Beitretende und die für den Beitritt stimmenden Gesellschafter ihn für wirksam gehalten haben und der Beitritt vollzogen worden ist (Anschluss an BGH Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01 = NJW 2003, 1252).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 65/03

Verkündet am: 5. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel

auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer de Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11. April 2003 geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Beitritts der Kläger zu der Beklagten.

Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Kläger wollten sich an diesem Fonds beteiligen. Sie erteilten einer K... St... mbH als Treuhänderin Auftrag und Vollmacht, für sie entsprechende Fonds-Anteile zu erwerben. Die Treuhänderin erklärte den Beitritt der Kläger als Gesellschafter. Im hier vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger den Standpunkt vertreten, ihre an die Treuhänderin erteilte Vollmacht sei nichtig und ihr Beitritt unwirksam. Sie haben deshalb Feststellung beantragt, dass sie nicht Gesellschafter der Beklagten seien. Hilfsweise haben sie Feststellung beantragt, dass sie die Gesellschaft gekündigt hätten und die Verurteilung der Beklagten zur Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Urteil vom 11. April 2003, auf das zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat der Einzelrichter der sechsten Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) der Klage zum Hauptantrag stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die sie jeweils innerhalb gesetzlicher Frist eingelegt und begründet hat.

Die Beklagte wendet sich gegen die Annahme des Landgerichts, die Kläger seien ihr nicht wirksam beigetreten. Sie ist der Auffassung, das Landgericht verkenne die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch Grund und Wesen der fehlerhaften Gesellschaft. Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstoße die der Treuhänderin erteilte Vollmacht bereits nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. In jedem Fall sei die erteilte Vollmacht aber nach Rechtscheingrundsätzen wirksam; Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege ein Fall der Bösgläubigkeit der Beklagten nicht vor. Durch die jahrelange Entgegennahme von Ausschüttungen und Steuervergünstigungen hätten die Kläger ihren Beitritt aber auch konkludent genehmigt. Das Landgericht habe auch die Voraussetzungen einer Duldungs- und Anscheinsvollmacht verkannt. Zudem mache es die Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft von falschen Voraussetzungen abhängig. Die von den Klägern erklärte fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrages komme zu spät.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 12. Juni 2003 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 31. Juli 2003 und tragen noch vor, Treuhandauftrag und Vollmacht seien nicht nur wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz, sondern auch wegen Verstoßes gegen das Steuerberatungsgesetz nichtig. Jedenfalls dies habe der Beklagten bekannt sein müssen. Dies gelte umso mehr, als hier einer Steuerberatungsgesellschaft eine Prozessvollmacht erteilt worden sei.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr.1, 519, 520 ZPO. In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Das angefochtene Urteil ist deshalb zu ändern. Die Klage ist abzuweisen.

1. Entgegen der Auffassung des Erstrichters sind die Kläger Gesellschafter der beklagten Gesellschaft geworden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob - wie das Landgericht meint - der am 18. April 1994 beurkundete Treuhandauftrag und die zugleich beurkundete Vollmacht für die Treuhänderin wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sind (vgl. dazu etwa BGH NJW 2003, 1252; NJW 2003, 1594; NJW 2003, 2088; NJW 2003, 2091; NJW 2002, 66; NJW 2002, NJW 2002, 2325; NJW 2001, 70). Selbst wenn man dem Landgericht in seinem Ausgangspunkt folgt, ist der Beitritt der Beklagten jedenfalls nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft wirksam geworden.

Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade auch dann Anwendung, wenn ein auf die Beteiligung an einem Immobilienfonds gerichteter Treuhandauftrag und die entsprechende Vollmacht wegen Verstoßes gegen § 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig sind. Der fehlerhaft vollzogene Beitritt ist dann regelmäßig nicht von vorn herein nichtig, sondern nur durch eine Kündigung mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (vgl. BGH NJW 2003, 1252, 1254 m.w.N.).

Dem Einwand der Kläger, die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft seien grundsätzlich nicht anwendbar, wenn ein Mangel in der Vertretung vorliege, ist entgegen der Auffassung des Erstrichters nicht zu folgen. Die Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft scheidet zwar regelmäßig aus, wenn der Mangel des Gesellschaftsvertrages gerade darauf beruht, dass ein Teil der Gesellschafter nicht mitgewirkt oder ein Mitgesellschafter die von ihnen erteilte Vollmacht zum Abschluss von Beitrittsverträgen überschritten hat (vgl. BGH NJW 1988, 1321, 1323; BGH NJW 1992, 1501, 1502, jew. m.w.N.). Der hier vorliegende Sachverhalt betrifft aber allein den Fall, dass die Kläger als neu eintretende Gesellschafter nicht wirksam vertreten waren (vgl. dazu auch Senat, Hinweisbeschluss vom 6. November 2003 - 4 U 85/03). Für diesen Fall hat der zweite Senat des Bundesgerichtshofs die grundsätzliche Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft eindeutig bejaht (NJW 2003 aaO m.w.N.).

Zudem sind die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft aber auch deshalb anwendbar, weil die Kläger als Beitretende und die für den Beitritt stimmenden übrigen Gesellschafter den Beitritt für wirksam gehalten haben. Die Beklagte war entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht bösgläubig. Die gesamten Vertragsschlüsse spielen im Jahre 1994. Zur damaligen Zeit war aus den höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nichts zu entnehmen, was für einen Verstoß des Treuhandvertrages gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG hätte sprechen können (vgl. BGH NJW 2001, 3774, 3775; BGH NJW 2003 aaO; BGH NJW-RR 2003, 1203, 1204). Der Bundesgerichtshof hat selbst bei einem Notar, der im Jahre 1993 im Rahmen der Beteiligung an einem Bauherrenmodell einen entsprechenden Geschäftsbesorgungsvertrag beurkundete, eine schuldhafte Amtspflichtverletzung verneint (BGH NJW 2001, 70, 72). Für das schuldhafte Nichterkennen der Nichtigkeitsgründe in der Person der Beklagten kann nichts anderes gelten (vgl. BGH NJW 2001, 3774 aaO). Der Umstand, dass es sich bei der Treuhänderin um eine Steuerberatungsgesellschaft handelte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Anhaltspunkte dafür, dass speziell mit Blick auf Treuhandaufträge gegenüber Steuerberatern ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bereits im Jahre 1994 bejaht worden wäre, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Treuhandaufträgen, die sich vielfach gerade auf Fälle bezieht, in denen Steuerberatungsgesellschaften als Treuhänder eingesetzt waren, nicht entnommen werden, dass an deren Bösgläubigkeit andere, vom Üblichen abweichende Anforderungen zu stellen sind.

Der Beitritt der Kläger ist auch vollzogen worden. Ein Vollzug liegt dann vor, wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. Dafür genügt es, wenn der Beigetretene die Gesellschaft monatelang handeln lässt, ohne sich darauf zu berufen, der Beitritt sei unwirksam (BGH NJW 1992 aaO). Im Hinblick darauf bestehen keine Bedenken, die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Unstreitig haben die Kläger ihre Mitgliedschaft in der beklagten Gesellschaft jahrelang nicht beanstandet. Sie haben Verlustzuweisungen und Ausschüttungen entgegen genommen. Schon deshalb ist ihr Beitritt vollzogen. Darüber hinaus ist er aber auch deshalb vollzogen, weil die Kläger ihre Beiträge eingezahlt haben. Dass die Darlehensverträge ebenfalls über die Treuhänderin abgeschlossen worden sind, ist unerheblich. Die Verträge werden dadurch nicht unwirksam (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1203).

Das auf Feststellung eines von Anfang an unwirksamen Beitritts gerichtete Begehren der Kläger ist nach alledem unbegründet.

2. Die Frage, ob die Kläger später durch ihre Kündigung vom 15. März 2002 aus der beklagten Gesellschaft ausgeschieden sind, kann dahinstehen. Der Senat hat darüber nicht mehr zu entscheiden. Ihre zu Wirksamkeit und Folgen der Kündigung in der Berufungserwiderung vom 31. Juli 2003 angekündigten Hilfsanträge haben die Kläger im Termin vom 15. Januar 2004 nicht mehr aufrechterhalten. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil auch nicht über die nur "ex nunc" wirkende Beendigung der Gesellschaft durch Kündigung mit entschieden. Das durch ihren Haupt- und Hilfsantrag in erster Instanz verdeutlichte prozessuale Vorgehen der Kläger lässt sich sinnvoll nur so auslegen, dass sie mit ihrem Hauptantrag die Feststellung begehrt haben, sie seien schon von Anfang an keine Gesellschafter der Beklagten geworden. Für den Fall, dass sie mit diesem Begehren nicht zum Erfolg gelangen würden, haben sie mit ihrem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, die Gesellschaft sei jedenfalls mit Wirkung zum 15. März 2003 gekündigt worden. Wie aus Einleitung des Tatbestandes und Aufbau der Entscheidungsgründe ersichtlich, ist davon auch das Landgericht ausgegangen. Seine im Urteilstenor ausgesprochene Feststellung muss deshalb - entgegen ihrem weiter gefassten Wortlaut - so ausgelegt werden, dass die Kläger von Anfang an nicht Gesellschafter geworden sind. Allein dieser Ausspruch steht im Berufungsverfahren noch im Streit, nachdem die Kläger ihre Hilfsanträge haben fallen lassen. Der Ausspruch ist unzutreffend. Das angefochtene Urteil ist deshalb zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 19. Januar 2004 gibt dem Senat keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 525, 296 a, 156 ZPO. Gleiches gilt für den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Kläger vom 4. Februar 2004. Soweit sie darin das angefochtene Urteil unter dem Gesichtspunkt der fristlosen Kündigung zu rechtfertigen versuchen, widerspricht dies ihrem bisherigen prozessualen Verhalten und ihren Erklärungen im Termin vom 15. Januar 2004.

3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Da die für den konkreten Einzelfall maßgebenden Rechtsfragen durch die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet werden, hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist keine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich.

Ende der Entscheidung

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