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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.10.2009
Aktenzeichen: 4 U 75/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 520
Zur Unzulässigkeit einer Berufung wegen bloß "formaler" Unterzeichnung der Berufungsbegründungsschrift durch den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelführers.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 4 U 75/09

In dem Rechtsstreit

wegen Erteilung von Auskunft über ein Pachtverhältnis u.a.

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Petry, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz

ohne mündliche Verhandlung

am 14. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. April 2009 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Zwangsverwalter eines verpachteten Grundstücks. Er verlangt von dem verklagten Pächter des Objekts im Wege der Stufenklage Auskunft über die Bedingungen des Pachtvertrages, Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt sowie die Zahlung von Pacht in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Teilurteil dem Klagebegehren auf der ersten Stufe entsprochen und den Beklagten zur Erteilung der verlangten Auskunft sowie zur Vorlage des Pachtvertrages samt sämtlicher Nachträge und Zusatzvereinbarungen verurteilt.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

II.

Das Rechtsmittel ist aus unterschiedlichen Gründen unzulässig und deshalb nach § 522 Abs. 1 ZPO im Beschlusswege zu verwerfen.

Zum einen ist die Berufung entgegen § 520 ZPO nicht ordnungsgemäß begründet (dazu nachfolgend 1.). Zum anderen erreicht die Beschwer des Beklagten durch das erstinstanzliche Urteil, welches keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält, nicht die in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO normierte Erwachsenheitssumme von mehr als 600,00 € (dazu nachfolgend 2.).

1. Das Berufungsverfahren ist als Anwaltsprozess zu führen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es ist anerkannten Rechts, dass der anwaltliche Unterzeichner einer Berufungsbegründung die uneingeschränkte Verantwortung für den Inhalt derselben übernehmen und dies auch zum Ausdruck kommen muss. Mit den Regelungen über den Anwaltszwang und über den notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) soll erreicht werden, dass ein mit dem Verfahren vertrauter Rechtsanwalt dem Gericht und dem Gegner den Sachverhalt unter bestimmter Bezeichnung der im Einzelnen auszuführenden Anfechtungsgründe nach persönlicher Durcharbeitung des Prozessstoffs vorträgt. Die Berufungsbegründung muss deshalb Ergebnis der geistigen Arbeit des Berufungsanwalts sein; es muss feststehen, dass der unterzeichnende Anwalt auf Grund selbständiger Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt (vgl. BGH NJW 2008, 1311, 1312 m.w.N. = MDR 2008, 644 = FamRZ 2008, 876).

Zwar begnügt sich das Gesetz hinsichtlich dieser Anforderung grundsätzlich mit dem äußeren Umstand der Unterschrift und hat im Streitfall der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den berufungsbegründenden Schriftsatz vom 4. August 2009 mit seiner Unterschrift versehen.

Eine bloß "formale" Unterschrift des Rechtsanwalts genügt aber dann nicht, wenn auf Grund von als distanzierend zu wertenden Formulierungen anzunehmen ist, dass der anwaltliche Vertreter die in der Rechtsmittelbegründung erhobenen Rügen nicht als eigenverantwortete Berufungsangriffe vortragen will.

So liegen die Dinge hier.

Die Berufungsbegründung verhält sich mit keinem Wort zu den tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, aus denen das Landgericht dem Auskunftsverlangen des Klägers in der Sache entsprochen hat. Stattdessen wird in der Rechtsmittelbegründung (Bl. 106, 107 d.A.) in allgemeinen Wendungen, die zu dem erstinstanzlichen Urteil keinen Bezug haben, unter anderem mitgeteilt, der Berufungsführer (und nicht etwa der unterzeichnende Rechtsanwalt) "(melde) für das gesamte Verfahren grundsätzliche rechtsstaatliche Bedenken an ....", er (der Mandant) lasse Bezug nehmen auf eigene ausführliche Stellungnahmen gegenüber dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein im Zwangsverwaltungsverfahren und werfe zudem die grundsätzliche Frage auf, "ob im derzeitigen Rechtssystem bundesrepublikanischer Prägung überhaupt der gesetzliche Richter nach Art. 101 GG vorzufinden ist". "In diesem Sinne", heißt es abschließend,"(wolle) der (Rechtsmittelkläger) seine Berufungsziele verstanden wissen."

Wegen der nach dem gesamten Inhalt und der Diktion der Berufungsbegründung deshalb entstandenen Zweifel an der Übernahme der Verantwortung dafür durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist diesem mit Verfügung vom 23. September 2009 Gelegenheit zur entsprechenden Äußerung gegeben worden. Auf dieses Befragen durch das Gericht hat der Prozessbevollmächtigte nicht reagiert. Deshalb steht hier zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Rechtsanwalt trotz "formeller Unterschrift" den offensichtlich von der Partei selbst herrührenden Inhalt der Rechtsmittelbegründung gerade nicht in eigener Verantwortung zu Eigen machen wollte.

2. Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Berufung auch deshalb unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht die Berufungssumme von 600,00 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) übersteigt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bemisst sich der Wert der Beschwer für das Rechtsmittel der zur Auskunft verurteilten Partei - auch bei einer Stufenklage, wenn allein über den Auskunftsanspruch entschieden ist - allein nach dem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei - wofür hier nichts spricht - ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (vgl. etwa BGH NJW 2000, 1724, 1725; BGH FamRZ 2005, 104; Zöller/Heßler ZPO 27. Aufl. Vor § 511 Rn. 19 c m.w.N.).

Die Auskunft, zu deren Erteilung der Beklagte verurteilt worden ist, kann dieser jedoch ohne Heranziehung von Hilfspersonen mit einem minimalen eigenen Aufwand an Zeit und Kosten erteilen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat entsprechend der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung für das Auskunftsverlangen in erster Instanz bemessen (§ 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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