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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 4 U 76/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 234 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil
Aktenzeichen: 4 U 76/05
Verkündet am: 20. Juli 2006
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Bastian-Holler auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 16. März 2005 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe: I.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausanwesens R... in S..., das aufgrund eines Nießbrauchsrechts von ihrer Mutter, der Zeugin W..., bewohnt wird. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks R..., einem ehemaligen Brauereianwesen. Im Jahr 1996 oder 1997 begann der Beklagte in seinem Anwesen Umbauarbeiten. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten u. a. Schadensersatz in Höhe von 96 234,54 € nebst Zinsen, weil durch Erschütterungen, welch die vom Beklagten vorgenommenen Arbeiten hervorgerufen hätten, an ihrem Gebäude Risse entstandenen seien. Daneben hat sie mehrere Feststellungsklagen erhoben.
Durch das angefochtene Urteil vom 16. März 2005, auf das zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. April 2005 zugestellte worden. Sie hat dagegen namens der Klägerin mit Telefax vom 25. Mai 2005, das am selben Tag beim Senat eingegangen ist, Berufung eingelegt. Der Originalschriftsatz ist am 30. Mai 2005 eingegangen. Nach Hinweis des Senats auf die Versäumung der Frist des § 517 ZPO hat die Klägerin beantragt, ihr insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Mit ihrem Rechtsmittel bekämpft die Klägerin das Urteil in vollem Umfang. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und dessen Rechtsauffassung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 96 234,54 EUR nebst 9,5 % Zinsen hieraus seit dem 5. Januar 2000 zu bezahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden an und in dem Haus- und Grundstücksanwesen, belegen in R..., ... S... zu ersetzen, die ursächlich auf die Umbau- und Ausbauarbeiten auf und in dem Haus- und Grundstücksanwesen des Beklagten, belegen R..., ... S... zurückzuführen sind;
3. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die auf dem Grundstücksanwesen R..., ... S..., vorhandene Scheune zu entfernen;
4. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, Wasserrohre auf dem Haus- und Gründstücksanwesen, belegen in R..., ... S... zu entfernen.
Der Beklagte hält die Berufung für unzulässig; im Übrigen beantragt er,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung seines dortigen Vortrags.
Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
II.
Das Rechtsmittel der Klägerin führt nicht zum Erfolg.
(1) Die Berufung ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO eingelegt worden ist.
Das angefochtene Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. April 2005 zugestellt worden; der Berufungsschriftsatz ist erst nach Ablauf der Berufungsfrist am 30. Mai 2005 bei Gericht eingegangen. Ihr (rechtzeitig) am 25. Mai 2005 per Telefax übermittelter Schriftsatz hat die Frist des § 517 ZPO nicht gewahrt, weil er unvollständig war.
Der Berufungsschriftsatz ist ein bestimmender Schriftsatz im Sinne von § 129 ZPO (vgl. Zöller/Greger 25. Aufl., § 129 Rdnr. 3). Die Berufungsschrift muss deshalb von einem postulationsfähigen Anwalt unterschrieben sein (BGH 1985, 328; 1994, 2097; Zöller/Greger aaO § 519 Rdnr. 22 m.w.N.). Das Erfordernis der Unterschrift entfällt auch dann nicht, wenn die Berufungsschrift - was zulässig ist (vgl. Zöller/Heßler aaO Rdnr. 18 a m.w.N.) - durch Telefax übermittelt wird. In einem solchen Fall verzichtet die Rechtsprechung nur darauf, dass bei Gericht eingehende Schriftstücke eigenhändig unterschrieben sein müssen. Erforderlich ist in solchen Fällen aber, dass die Kopiervorlage unterschrieben ist und diese Unterschrift auf der Fernkopie wiedergegeben wird (BGH NJW 1994, aaO; Zöller/Gummer/Heßler aaO). Das am 25. Mai 2005 übermittelte Deckblatt des Berufungsschriftsatzes enthält keine Unterschrift und noch nicht einmal die Erklärung darüber, dass Berufung eingelegt werden soll, sondern nur ein Rubrum. Der Schriftsatz hat deshalb die Berufungsfrist nicht gewahrt.
(2) Der am 30. März 2006 eingegangene Antrag der Klägerin vom selben Tage auf Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil der Wiedereinsetzungsantrag nicht rechtzeitig innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO beim Senat eingegangen ist.
Nach § 234 Abs. 2 ZPO begann die Frist mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben war. Das war hier mit der am selben Tag gegen Empfangsbekenntnis erfolgten Zustellung der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 13. März 2006 der Fall. Die Klägerin ist darin darauf hingewiesen worden, dass ihr per Telefax übermittelter Schriftsatz vom 25. Mai 2005 unvollständig sowie nicht unterschrieben war und ihr (von ihrem Rechtsanwalt unterschriebener) Originalschriftsatz erst am 30. Mai 2005, nach Ablauf der am 27. Mai 2005 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist (§ 517 ZPO) beim Pfälzischen Oberlandesgericht eingegangen ist. Der erst mit Schriftsatz vom 30. März 2006 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher verspätet, weil die mit Zustellung des Hinweisbeschlusses des Senatsvorsitzenden am 13. März 2006 in Gang gesetzte Frist am 27. März 2006 geendet hat (§§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 1 BGB).
Unerheblich ist, dass der Klägerin in der Verfügung vom 13. März 2006 eine Frist zur Stellungnahme bis 31. März 2006 gesetzt worden ist, da die Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 2 ZPO nicht verlängert werden konnte (vgl. Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl., § 234 Rdnr. 2).
Der Klägerin war wegen der Fristsetzung auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Wiedereinsetzungsantrags zu gewähren (vgl. dazu Zöller/Greger aaO § 234 Rdnr. 4, § 236 Rdnr. 5 m.w.N.).
Die Fristversäumnis war für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, für deren Verschulden sie nach § 85 Abs. 2 ZPO einzustehen hat, auch dann nicht unverschuldet, wenn sie die Verfügung dahin missverstanden haben sollte, dass ihr die Frist nach § 234 Abs. 2 ZPO bis 31. März 2006 verlängert werde. Ein Rechtsanwalt muss die Bundesgesetze, welche er gewöhnlich anzuwenden hat, kennen (BGH NJW 1993, 2538; OLG Düsseldorf - Urteil vom 29. März 2004 - I - 5 U 46/04 - m.w.N. bei Juris). Die Vorschriften der Zivilprozessordnung gehören unzweifelhaft zu den Normen, deren Kenntnis bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzen ist. Hatte der Rechtsanwalt Zweifel, wie er die Fristsetzung in der Verfügung verstehen sollte, hatte er die Verpflichtung, sich über den Beginn und den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist Klarheit zu verschaffen (BGH VersR 1995, 112). Er musste deshalb wissen, dass die Verfügung des Senatsvorsitzenden keine wirksame Verlängerung der Frist des § 234 Abs. 2 ZPO bewirken konnte. Wollte man in der Verfügung auch ein gerichtliches Verschulden erkennen, bliebe das aufgezeigte Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zumindest mitursächlich; schon das würde eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließen (BGH VersR 1995, 360).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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