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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 30.08.2001
Aktenzeichen: 4 U 90/00
Rechtsgebiete: MarkenG, HGB


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 15
MarkenG § 23
HGB § 30 Abs. 2
HGB § 37 Abs. 2
Unterscheidungskraft von Namenszusätzen im Marken- und Firmenrecht

1. Mit der Hinzufügung des Namenskürzels "H.-I." und dem Zusatz "Innovation" hat der prioritätsjüngere Namensträger alles Erforderliche getan, um Verwechslungen mit dem älteren Namensträger auszuschließen, der dem gleichen Familiennamen seinerseits den Zusatz "Original" beifügt.

2. Allein die Hinzufügung des Namenskürzels "H.-I." durch den prioritätsjüngeren Namensträger genügt dann zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr, wenn der ältere Namensträger seinerseits den Sachzusatz "Maschinenfabrik" beifügt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 90/00

Verkündet am: 30. August 2001

In dem Rechtsstreit

wegen Markenrechtsverletzung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Dr. Ensthaler und Reichling

auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz), Kammer für Handelssachen, geführt beim Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein vom 15. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17 000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft erbracht werden.

IV. Der Wert der Beschwer übersteigt 60 000,-- DM.

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Zerkleinerungsmaschinen. Die Klägerin und die Beklagte zu 1) haben beide ihren Firmensitz in Z. Die Klägerin ist im dortigen Handelsregister seit 1979 mit dem Firmennamen "P... Maschinenfabrik GmbH & Co. KG" eingetragen. Die Klägerin ist Inhaberin der Wortmarke "P..." sowie einer Wortbildmarke "Original P...".

Die Beklagte zu 1) ist seit November 1997 im Handelsregister des Amtsgerichts Z mit dem Firmennamen "H.-I. P... GmbH & Co." eingetragen. Sie hat Markenschutz für die Marke "H.-I. P..." und für das Logo "H.-I. P... Innovation" beantragt; die Klägerin hat hiergegen Widerspruch erhoben. Die Beklagte zu 1) tritt unter dem Namen "H.-I. P... Innovation" im Geschäftsverkehr auf.

Der Beklagte zu 2) ist Kommanditist der Beklagten zu 1) und zugleich Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin "H.-I. P... Verwaltungsgesellschaft mbH".

Die Klägerin ist der Ansicht, die Firmenbezeichnungen "P... Maschinenfabrik" und "H.-I. P... Innovation" seien derart ähnlich, dass eine ständige Verwechslungsgefahr bestehe. Der dem Familiennamen hinzugefügte Begriff "Innovation" deute geradezu auf ein Nachfolgeunternehmen der Klägerin hin. Die Benutzung lediglich der Anfangsbuchstaben des Vornamens des Beklagten zu 2) sei auch nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500 000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) am jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen zur firmenmäßigen, markenmäßigen oder sonstigen Kennzeichnung ihres Unternehmens oder von ihr hergestellter oder vertriebener Waren und Dienstleistungen sich der Kennzeichnung "H.-I. P... Innovation" und/ oder "P... Innovation" zu bedienen;

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, in die Löschung der Firma H.-I. P... & Co. KG in ihrer beim Amtsgericht Z unter HRA Nr. 1372 Z eingetragenen Firma einzuwilligen;

3. die Beklagten zu verurteilen, die Freigabe der für sie registrierten Domain nebst Internet-Adresse "www.p....de" an die Klägerin herbeizuführen,

hilfsweise

in die Neuvergabe an die Klägerin einzuwilligen;

4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten eine Verwechslungsgefahr bei den Firmennamen. Sie sind zudem der Ansicht, dass ihnen die Benutzung des Familiennamens "P..." nach § 23 MarkenG zustehe.

Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat durch Urteil vom 15. Juni 2000 dem Klageantrag zu 3) stattgegeben und im Übrigen die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Bezeichnung "H.-I. P... Innovation" habe gegenüber den eingetragenen Marken "P..." und "Original P..." ausreichende Unterscheidungskraft. Auch die Firmenbezeichnungen seien insbesondere deshalb hinreichend unterscheidungskräftig, weil die Klägerin den Zusatz "Maschinenfabrik" benutze.

Gegen das ihr am 6. Juli 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am Montag, den 7. August 2000 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel innerhalb gewährter Fristverlängerung mit am 9. Oktober 2000 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, die Buchstaben "H.-I." und der Zusatz "Innovation" könnten die Verwechslungsgefahr insbesondere deshalb nicht ausräumen, weil die Bezeichnungen in ihrem aussagekräftigen Bestandteil "P..." immer noch übereinstimmten. Die mangelnde Unterscheidungskraft ergebe sich auch daraus, dass es häufig zu Verwechslungen bei der Postzustellung komme.

Die Klägerin beantragt,

auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz), geführt bei dem Amtsgericht Ludwigshafen, vom 15. Juni 2000 zu ändern und neu zu fassen wie folgt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500 000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) am jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, es zu unterlassen, sich zur firmenmäßigen, markenmäßigen oder sonstigen Kennzeichnung ihres Unternehmens oder von ihr hergestellter oder vertriebener Waren und Dienstleistungen der Kennzeichnung "H.-I. P... Innovation" und/oder "P... Innovation" zu bedienen.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, in die Löschung der Firma H.-I. P... GmbH & Co., eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Z unter HRA 1372 Z, einzuwilligen.

3. Die Beklagten werden verurteilt, die für sie registrierte Domain nebst Internet-Adresse "www.p....de" freizugeben.

4. Es wird festgestellte, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus vorstehend unter 1.) bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Beklagten liegt keine Markenrechtsverletzung vor. § 23 MarkenG erlaube auch der Beklagten zu 1) die Verwendung des Familiennamens "P...". Durch die Zusätze "H.-I." und "Innovation" scheide auch eine Verwechslungsgefahr aus. Das Firmenrecht der Klägerin werde ebenfalls nicht verletzt, weil die Klägerin selbst den Zusatz "Maschinenfabrik" führe, auf den die Beklagte zu 1) verzichtet habe. Die Parteien würden zudem ausschließlich gegenüber einem branchenspezifischen Fachpublikum auftreten, wodurch die Verwechslungsgefahr deutlich gehindert werde.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils sowie die zwischen den Parteien im zweiten Rechtszug noch gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist Verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen der Benutzung der Firmenbezeichnungen "H.-I. P... Innovation" und/oder "P... Innovation" keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 14, 15 MarkenG, 37 Abs. 2 HGB oder aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt.

Der Schutz einer Marke oder geschäftlichen Bezeichnung wird nach § 23 MarkenG dahin eingeschränkt, dass der Berechtigte einem Dritten nicht untersagen kann, im geschäftlichen Verkehr den gemeinsamen Familiennamen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Das Gleichnamigkeitsrecht steht dem prioritätsjüngeren Namensträger zu, wenn er an der Benutzung ein schutzwürdiges Interesse hat, redlich handelt und im Rahmen des Zumutbaren das Geeignete und Erforderliche getan hat, um Verwechslungen nach Möglichkeit zu begegnen (BGH GRUR 93, 579/580 f - "Römer GmbH"; GRUR 1991, 393 - "Ott International"; GRUR 1990, 364/366 - "Baelz"; GRUR 85, 389/390 - "Familienname"). Insoweit trifft regelmäßig den Prioritätsjüngeren die Pflicht zur Verringerung der Verwechslungsgefahr. Er hat alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um die Verwechslungsgefahr zumindest auf ein "hinnehmbares Maß zu vermindern" (BGH GRUR 93, 579, 580 - "Römer GmbH"). Diesen Erfordernissen hat der Beklagte Rechnung getragen.

Zu berücksichtigen ist hier, dass Klägerin und Beklagte zu 1) in derselben speziellen Branche tätig sind und denselben Firmensitz haben. Das erhöht grundsätzlich die Pflicht der Beklagten zur Verringerung der Verwechslungsgefahr. Insofern würde lediglich die Hinzufügung des Namenskürzels "H.-I." nicht ausreichen. Die Beklagte zu 1) hat jedoch zusätzlich den Namenszusatz "Innovation" ihrem Nachnamen angefügt. Für den Leser bzw. Betrachter der Zeichen erscheinen nun einerseits die Begriffe "P..." und "P... Original" und andererseits - gegenüberstehend - der Begriff "H.-I. P... Innovation". Damit hat nach Auffassung des erkennenden Senats der Prioritätsjüngere das Erforderliche getan, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein sehr geringes, hinnehmbares Maß zu vermindern. Dass der Begriff "Innovation" in deutscher Übersetzung "Neuerung" bedeutet, steht der Unterscheidungskraft nicht entgegen. Mit der Verwendung des Begriffs "Innovation" steht nicht im Zusammenhang, dass das Publikum nun zu der Ansicht gelangen wird, es handele sich bei dem Unternehmen, das unter dieser Bezeichnung auftritt, wiederum um die Firma der Klägerin, die sich nun als besonders innovativ vorstellen will. Mit dieser Wertung kann die Klägerin schon deshalb nicht durchdringen, weil anderenfalls nahezu jeder auf ein allgemeines positives Geschehen hindeutende Zusatz zum Familiennamen für die Unterscheidung nicht ausreichen würde; ein negativer Namenszusatz ist aber dem Prioritätsjüngeren nicht zumutbar. § 23 MarkenG würde durch eine solche Wertung, wie sie die Klägerin anstellt, geradezu unterlaufen.

Der Begriff "Innovation" ist mehrsilbig und somit geeignet, vom eigentlichen Markenkern "P..." abzulenken. Er unterscheidet sich außerdem von dem von der Klägerin verwandten Zusatz "Original" vom Wortstamm her.

Da die Beklagten demnach alles Erforderliche und Zumutbare getan haben, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein noch hinnehmbares Maß zu vermindern, ist eine weitere umfassende Interessenabwägung darüber, was im Einzelfall zu tun ist, nicht mehr erforderlich.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Löschung des Firmennamens der Beklagten. Der unzulässige Firmengebrauch richtet sich nach dem Unterscheidungsgebot in § 30 Abs. 2 HGB. Danach hat derjenige, der den gleichen Familiennamen führt und sich auch dieses Namens für seine Firma bedienen möchte, einen unterscheidungskräftigen Zusatz beizufügen. Die Beklagte zu 1) hat dem Familiennamen P... lediglich die Initialen "H.-I." vorangestellt. Dadurch wird keine hinreichende Unterscheidung geschaffen. Der Firmenkern liegt hier deutlich bei dem Nachnamen P... und wird durch die Hinzufügung der Initialen kaum spürbar verändert. Dies kann überhaupt nur dann einmal der Fall sein, wenn die Initialen des Vornamens bzw. der Vorname selbst auf einen ganz bestimmten Zweig der jeweiligen Familien schließen lassen, der sich unter dieser Namensnennung der Öffentlichkeit erfolgreich vorgestellt hat. Dies ist hier nicht der Fall. Das Publikum wird zwischen "H.-I. P..." und "P..." nicht unterscheiden (vgl. auch BGH NJW-RR 1991, 1063/1065 - "Caren Pfleger", nach der ein Vorname "jeglicher Unterscheidungskraft" entbehrt, "wenn die mit dem aus Vor- und Zuname gebildeten Zeichen zu vergleichende Kennzeichnung ihrerseits lediglich aus einem Familiennamen besteht").

Verwechslungsgefahr besteht vorliegend aber dennoch nicht, weil die Klägerin selbst den Namenszusatz "Maschinenfabrik" gewählt hat, so dass nun wiederum für den Betrachter zwei Unterscheidungsmerkmale zusammenkommen, zum einen das weniger bedeutsame Namenskürzel "H.-I." und der für die Unterscheidung in erster Linie taugliche Sachzusatz "Maschinenfabrik". Für die Feststellung der Unterscheidungskraft zweier Firmenbezeichnungen voneinander macht es keinen Unterschied, ob der prioritätsjüngere oder der prioritätsältere Namensträger den Sachzusatz gewählt hat (BGH BB 1990, 948). Zwar lässt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung "Familienname" den Umstand, dass der Prioritätsältere den Familiennamen nicht in Alleinstellung sondern nur mit Zusätzen verwendet, für sich allein noch nicht genügen, um eine Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Im hier zu entscheidenden Falle treten aber weitere Gesichtspunkte hinzu, die eine hinreichende Unterscheidung sicherstellen (BGH GRUR 1985, 389/390 li. Sp.).

Der Name P... erscheint nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten häufig in der Geschäftswelt. Danach kann die Bezeichnung "H.-I. P..." auch ohne jegliche branchenspezifischen Zusätze, nicht mit der Firma "P... Maschinenfabrik" verwechselt werden. Das Publikum erwartet nicht nur eine Firma "P...", die unterschiedliche Zusätze zum Nachnamen verwendet, sondern mehrere Unternehmer bzw. Firmen mit dem Namen P..., die jeweils unterschiedliche Zusätze benutzen. Beide Unternehmen richten ihre Geschäftstätigkeit zudem an ein fachkundiges Publikum und nicht an Letztverbraucher, so dass der Zusatz "Maschinenfabrik" für eine hinreichende Unterscheidungskraft sorgt.

Die von der Klägerin konkret benannten acht Fehlzustellungen seit Anhängigkeit der Klage (August 1999) bis hin zur mündlichen Verhandlung (Juni 2001) sind nicht geeignet, die behauptete Verwechslungsgefahr aufzuzeigen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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