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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 03.01.2008
Aktenzeichen: 4 W 113/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 435 | |
BGB § 442 | |
ZPO § 114 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen 4 W 113/07
In dem Rechtsstreit
wegen Prozesskostenhilfe
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Friemel als Einzelrichter auf die am 29. November 2007 eingegangene, als sofortige Beschwerde auszulegende "Beschwerde" der Antragsteller vom 28. November 2007 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 21. November 2007 ohne mündliche Verhandlung am 3. Januar 2008
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt; ihnen wird Rechtsanwalt G..., F..., beigeordnet.
Gründe:
Die Antragsteller kauften von der (künftigen) Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 17. September 2003 das Wohnhaus Nr. ... an der P..., .... Das Anwesen war - wie den Antragstellern bekannt war - an die Eheleute H... vermietet. Die Beklagte hatte den Mietern im schriftlichen Mietvertrag vom 28. Mai 1980 zugesichert, dass sie "von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen" werde, es sei denn, dass "wichtige berechtigte Interessen" ihres Unternehmens dessen Beendigung notwendig machen würden. Nachdem die Antragsteller als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden waren, versuchten sie vergeblich, eine Räumung des Hauses zu erreichen. Ihre Räumungsklagen, von denen zwei auf Eigenbedarf und eine auf Mietrückstand gestützt waren, wurden jeweils rechtskräftig abgewiesen. Die Antragsteller begehren deshalb Rückabwicklung des Kaufvertrages,, weil das gekaufte Haus einen Rechtsmangel aufweise. Durch den angefochtenen Beschluss hat der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) das Gesuch der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Hausgrundstücks abgelehnt.
Die dagegen gerichtete, zulässige sofortige Beschwerde (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) führt zum Erfolg.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der beabsichtigten Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages (§§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB) eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.
Grundsätzlich stellt es - wovon auch der Einzelrichter ausgegangen ist - bei einem Kaufvertrag einen Rechtsmangel dar, wenn das verkauftes Hausanwesen vermietet ist, weil der Verkäufer den Kaufgegenstand nach § 435 BGB frei von Rechten Dritter zu verkaufen hat (BGH NJW 1991, 2700; NJW-RR 1988, 79 jew.m.w. N.), es sei denn dem Käufer ist der Mangel bekannt, § 442 BGB. Dass die Antragstellern wussten, dass das Haus vermietet war, schließt jedoch vorliegend den Rechtsmangel nicht aus.
Eine Unkenntnis des Käufers vom Mangel liegt dann vor, wenn er sich über die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite des Rechtsmangels im Unklaren ist (BGH NJW 1979, 713). Er hat folglich erst Kenntnis erlangt, wenn er wenigstens im Kern erkannt hat, welche Ansprüche des Mieters in Betracht kommen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 25. Mai 1990 - 5 U 1348/89 - bei Juris). Es liegt auf der Hand, dass die Antragsteller die Tragweite der ihnen mitgeteilten Vermietung falsch einschätzten, wenn sie nur pauschal davon, nicht aber auf das das besondere Risiko hingewiesen wurden, dass eine Kündigung der Mieter wegen des erklärten weitgehenden Kündigungsverzichtes kaum möglich war. Unstreitig war auch der Beklagten bekannt, dass die Antragsteller mit dem Hauskauf gerade eine Eigennutzung erstrebten.
Nach Aktenlage war den Antragstellern der besondere Kündigungsschutz der Mieter nicht bekannt.
Sie haben unwidersprochen vorgetragen, dass ihnen der Mietvertrag, der die Kündigungsklausel enthielt, erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages bei der Übergabe des Anwesens ausgehändigt wurde.
Der Inhalt des notariellen Kaufvertrages ergibt nichts andere. Er lässt insbesondere nicht den Schluss zu, dass den Klägern bei Vertragsschluss das besondere Risiko bekannt war.
Zwar kann eine Klausel, deren Formulierung darauf hinausläuft, dass dem Käufer nicht nur allgemein das Bestehen eines Mietvertrages, sondern auch dessen Inhalt bekannt ist, für eine Kenntnis des Käufers auch von den Einzelheiten des Mietvertrages sprechen, mit der Folge, dass der Käufer seine Unkenntnis zu beweisen hat (BGH NJW-RR 1988, aaO). Der zwischen den Parteien geschlossene notarielle Kaufvertrag vom 17. September 2003 enthält eine solche Klausel jedoch nicht. In Nr. IV 3. des Vertrages wird lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass das "Vertragsobjekt ... nach Angaben des Verkäufers vermietet" sei und der Käufer "in das bestehende Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten ..." eintrete. Ferner enthält Nr. XV des Vertrages die Formulierung, dass "der Käufer den Text des ... Kaufvertrages bereits mehr als zwei Wochen vor der ... Beurkundung ausgehändigt erhalten" habe. Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass den Antragstellern auch der Inhalt des Dauermietvertrages bekannt war. Auch die für eine Kenntnis der Kläger grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtige (künftige) Beklagte (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 442, Rdnr. 6) hat sich für eine Kenntnis der Kläger lediglich auf Nr. XV des notariellen Kaufvertrages berufen, der zum Mietvertrag jedoch nichts enthält.
Das würde erst recht gelten, wenn den Antragstellern - wie sie von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben - vor Vertragsschluss sogar verharmlosend erklärt wurde, das Mietverhältnis könne ohne Schwierigkeiten wegen Eigenbedarfs gekündigt werden.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechte der Antragsteller deshalb ausgeschlossen sind, weil ihnen die Einzelheiten des Mietvertrages aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben waren (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB). Denn sie durften sich grundsätzlich auf die Angaben ihrer Verkäuferin verlassen und mussten nicht weitere Informationen einholen (vgl. Palandt/Weidenkaff, aaO, § 442, Rdnr. 10 ff).
Da die formellen Voraussetzungen des geltend gemachten Rückgewährsanspruchs (§ 437 Nr. 2 BGB) vorliegen und der Anspruch auch nicht verjährt ist (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB), kann der Klage eine Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO nicht abgesprochen werden.
Ende der Entscheidung
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